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Sachsen und der Kaffee

Dresdner

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Im Thema "alte Worte" wird auf das "Kaffee trinken" verwiesen.
Bei uns in Sachsen ist das Kaffeetrinken Lebensart, hier wird es zelebriert, ist Bestandteil der Lebenskultur.

Sprachlich wird dies schon dadurch deutlich, dass dem Sachsen als einziger deutschsprachiger Gruppe der Name eines Getränkes vorangestellt wird. Man spricht weder vom Weißbierbayern, vom Teefriesen oder vom Obstlertiroler - wohl aber vom Kaffeesachsen.

Die Kaffeekultur der Sachsen geht dabei bis in die 1690er Jahre zurück - zu dieser Zeit wurde in Leipzig erstmals ein Kaffeegetränk ausgeschänkt.
Zentren sächsischer Kafee- und Kaffeehauskultur waren Leipzig und Dresden.

Drei exemplarische Beispiele zum Beitrag Sachsens zur europäischen Kaffeekultur:

Einer der bedeutendsten Thomaskantoren, Johann Sebastian Bach, schrieb 1734 seine Kaffeekantate (BWV211) anlässlich der Eröffnung des Zimmermanschen Kaffeehauses:



1708 erfanden Böttger und von Tschirnhaus zudem in Dresden und Meißen das europäische Porzellan - Kenner sagen, Kaffee aus Meißner Porzellan schmecke besonders gut.

1908 schließlich erfand die Dresdner Hausfrau Melitta Benz den Kaffeefilter.
Im Spätherbst 1908 läutete die Dresdener Hausfrau Melitta Bentz ein neues Kaffeezeitalter ein: Sie erfand den Melitta-Filter. Seither gehört der Satz in der Kaffeetasse der Vergangenheit an. Nur noch Wahrsagerinnen sehen in ihm die Zukunft.

Wie so vielen ihrer Zeitgenossen hatte bis dato ein bitterer Nachgeschmack auch Melitta Bentzens Kaffeefreuden getrübt. Man pflegte damals eben entweder das gemahlene Kaffeepulver einfach ins Wasser zu schütten, das Ganze aufzubrühen und dann durch ein gemeines Sieb zu filtern, oder aber man goss den Sud durch immer denselben muffigen Kaffeebeutel, was begreiflicherweise dem Aroma nicht gerade förderlich war.

Eines schönen Tages beschloss Frau Bentz, der Sache auf den Grund zu gehen. Sie brütete eine Weile über ihrer Kaffeekanne - und plötzlich hatte sie die Lösung gefunden. Bei ihrem Sohn Willy borgte sie sich ein Löschblatt. Mit Nagel und Hammer durchlöcherte sie siebartig den Boden eines alten Messingtopfs und schnitt dann das Löschpapier so zu, dass es in den Topf passte. Rasch war Kaffeepulver daraufgeschüttet und siedendes Wasser darübergegossen. Langsam tropfte die braune Brühe in die untergeschobene Kanne. Tatsächlich: Das Getränk erwies sich als absolut satzlos und von klarer, tiefbrauner Färbung. Und erst das Aroma!

Melitta Bentz und ihr Gatte Hugo, hocherfreut ob der geglückten Erfindung, waren sich bald einig, dass auch der Rest der kaffeetrinkenden Menschheit an ihrem Kolumbusei teilhaben sollte. Zielstrebig nahm der Herr des Hauses das weitere in die Hand.

Rechtzeitig zu Weihnachten 1908 gründeten Melitta und Hugo Bentz ihre Firma. Im Jahr darauf stellten die Bentzens ihren Filter auf der Leipziger Messe aus - mit durchschlagendem Erfolg. Aus allen Teilen des Reichs hagelte es Aufträge.
Zitatquelle: (Admin: externer Link existiert nicht mehr)

Der Mythos vom Kaffeesachsen geht auf den siebenjährigen Krieg zurück; Preußenkönig Friedrich II. soll ihn geprägt haben.
Ohne Kaffee mangelte es den sächsischen Soldaten an Kampfmoral und sie verweigerten den Einsatz mit dem Argument, „Ohne Gaffee gönn mer nich gämpfn!“ (Ohne Kaffee können wir nicht kämpfen!) So seien umfangreiche Kaffee- und Kuchengelage der sächsischen Soldaten erfolgt, die ihnen auch an anderen Kriegsschauplätzen Europas zudem bekömmlicher als der Waffengang gewesen seien.
Zitatquelle: wikipedia

Der Sachse selbst zelebriert das Kaffeetrinken möglichst an allen arbeitsfreien Tagen. Dabei trinkt er sein Scheelchn Heesn, sein Gäffchn.
Wert legt er auf die Qualität des Getränks, deshalb auch die Betonung auf den Bounngaffee (Bohnenkaffee!!). Qualitativ minderwertigen Kaffee bezeichnet der Sachse als Blimchengaffee (Blümchenkaffee - man sieht die Blümchen im inneren Tassenrand) und ganz dünner Kaffee ist Schwerterkaffee - man sieht das Zeichen des Meißner Porzellans, die gekreuzten Schwerter, auf dem Tassengrund.
Sein Gäffchn trinkt der Sachse darheeme (zu Hause) oder aber beim Gaffegrändzchn (Kafekränzchen zumeist älterer Damen) im Cafe. Bekannt sind in Leipzig die innerstädtischen Kaffehäuser, besonders das "Kaffeebaum" mit seinem Kaffeemuseum sowie in Dresden das direkt am Blauen Wunder gelegene Cafe Toskana.


Lobhymmnen auf den sächsischen Kaffeegenuss sind von der sächsischen Mundartdichterin Lene Voigt überliefert:

Dr Morchengaffee

Das is doch jeden Daach ä wahres Fest,
wenn mer sich frieh sein Gaffee schmecken läßt.
Da liecht so richtich alle Wärze drin,
die fier dn Daseinsgamf dut neetich sin.
Mer nubbelt alle Eichenschaften draus,
die härzhaft machen fier ä jeden Schtrauß,
dän´s auszufechten gilt in sein Biro
un ooch fier alle Gämfe anderschwo.
Solange noch dr Maachen nichtern hängt,
fiehlt sich der Mensch belämmert un bedrängt,
doch gaum gluckst änne Dasse Gaffee nein,
da zuckt ä Gräfteschtrom durch Mark un Bein.
Drum lob ich mir mein Morchen-Gettertrank
Un saache jeder Bohne eenzeln Dank.
Denn was mir ooch geglickt is in mein Lähm,
das hat mei Gaffeedobb mir eingegähm.

Hymne an den Kaffee

„Dr Gaffee is fier alles gut“,
belehrte mich Frau Grassen,
„´ s gibbt nischt, wo där nich hälfen dut,
se genn sich druff verlassen.
Bei galten Fießen, Liewesweh,
bei Gobbschmärz un bei Reißen,
da is ä Schlickchen Bohngaffee
nich hoch genug zu breisen.
Im Lähm gibbt´s geene Laache, wo
Dr Gaffee dät verfählt sin,
de ältsten Baare machtr froh,
wie lang se ooch vermählt sin.
Un schteht dr Mänsch vor ä Entschluß
Un gann sich schwär entscheiden,
ä richtcher Gaffee-Iwerguß
wärd sei Gehärne leiten.
Solange noch mei Gaffeedobb
Schteht in dr Ofenrähre,
find ich de ganze Wält dibbdobb,
da schert mich gee Gemähre.“

S´ GAFFEELIED

Gaffee, Gaffee, edler Drobben,
Gedderdrank so wunderscheene!
Mancher schwärmt fier Malz un Hobben,
Doch ich lobe dich alleene.
Grone der Familchenfeste,
Lindrer aller Seelenschmärzen,
Bist der liebste, bist der beste
Dresder fier de Sachsenhärzen.
Manches Mädchen, dem de Treie
ward gebrochen von ä Manne,
Drank sich Lebensmud uffs Neie
Aus der edlen Gaffeeganne.
Un ham Zwee´e in der Ehe
Noch so große Differenzen,
Fudsch is all sei Groll un Wehe,
Dud sie Gaffee ihm gredenzen.
Liecht ä Sachse jüngst im Stärben,
Guckt bedebbert rum im Kreise,
Winkt dann näher seine Ärben
Un meent feierlich un leise:
„Deirer Emil, deire Hanne,
Eenes mißt ihr mir noch schwären:
Haldet de Familchenganne
Wie mich sälwer stets in Ähren.“

´s Gaffeegeschbänst

Am Lilichenschteene um Middernacht
Da laatscht ä Geschbänst dorchn Fälsenschacht.
Das rasselt mit ärchendwas forchtbar dort rum,
De Leite, die flistern: „Jetz geht’s wieder um !“
Nu hätte ja mancher rächt gärne erfahrn,
Was bloß där Geist rumwäärcht schon seit so viel Jahrn.
Gee Mänsch aus dr Geechend gonnt sich das erglärn,
Was där in dr Schlucht drinne hatte zu mährn.
Bis endlich mal eener, Baul Borbsig aus Bärne,
Sich ranschlich voll Mud un Verdraun zu sein Schtärne.
Gaum dasses vom Gärchdorm dat Middernacht schlaachen,
Gam binktlich ´s Geschbänst in ä Hämd ohne Graachen.
De gnochigen Finger umgramften ä Dobb,
Ä Schbiritusgocher drugs ohm uff sein Gobb.
Dann hockte sich´s hin untern Lilichenschteen
Un braute sich Gaffee . Nee roch där bloß scheen!
Befeiert vom Dufte dr geddlichen Drobben
Fing Baul an zu bläken : „Heh, mir ooch ä Schobben!“
Hieruff gabs ä Gnall un dr Geist war verschwunden.
Baul Borbsigen hammse am Morchen gefunden.
Där saß schwär verbrieht in ´ner Gaffeelache.
Das war däm geschteerten Geschbänst seine Rache.
Zitatquelle: (Admin: externer Link existiert nicht mehr)

Dresdner
 
Wieso ist mir dieser Beitrag bisher entgangen? Als alte Kaffeetante muß ich
fragen: Habe ich vielleicht sächsische Vorfahren? Danke für den Bericht (sehr
verspätet): Ulrike
 
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