Ein Gang durch eine Flugzeugfabrik.
Es gibt wohl niemanden unter unsern Lesern, der nicht schon ein Flugzeug gesehen hat. Aber nur wenigen wird es vergönnt gewesen sein, in die Geheimnisse seines Entstehungsortes einzudringen; denn mehr als in anderen Industriezweigen wird im Flugzeugbau Geheimhaltung geübt. Das ist ganz erklärlich. Noch gibt es viele unerforschte Gebiete im Flugwesen. Vieles ist noch unklar, manches fast rätselhaft. Emsiges Versuchen, glückliche Zufälle bringen es dahin, dass sich einzelne Firmen besonders hervortun. Ihren Vorteil geheim zu halten, um ihn möglichst lange ausnützen zu können, ist nun ihr selbstverständliches Bestreben.
Wenn wir eine Flugzeugfabrik betreten dürfen, so können wir sicher sein, nur allgemein gültige und bekannte Arbeitsverfahren und Bauarten kennen zu lernen. Unsere Abbildungen führen uns in eine solche Fabrik, deren Einrichtung in den folgenden Zeilen geschildert wird.
Draußen vor der Stadt in der Nähe des Flugfeldes erhebt sich der moderne Bau. Unser Führer zeigt uns zunächst den Holzplatz mit den Lagerstätten und Trockenschuppen für die verschiedenen Holzarten. Lange Eschenbretter und -balken, astfreie, ausgesucht schöne Fichtenpfosten, Kiefer-, Linden- und Nussholz bilden den Bestand.
Eines muss hier besonders bemerkt werden. Wohl in keinem Industriezweig wird die Qualität des Baustoffes so gewissenhaft geprüft wie im Flugzeugbau. Sie ist auch nirgends von so großer Wichtigkeit. Flugzeuge sollen leicht sein, da heißt es also alle Stäbchen möglichst dünn und schwach halten. Und doch müssen sie fest sein. Nur allerbestes Material kann diesen Ansprüchen genügen. Und um die Konstrukteure sicherzustellen, werden immer wieder Materialstichproben auf den Zerreißmaschinen gemacht.
In eigenen Räumen sind die Sperrholzplatten untergebracht. Unter Sperrholz versteht man kreuzweise verleimtes Holz in Plattenform, dem durch diese Bauart die Neigung genommen wird, nach der Faserrichtung aufzuspringen. Das Holz wird auf diese Weise also gewissermaßen homogen gemacht. In allen möglichen Dicken, bis zu einem Millimeter herab, wird es im Flugzeugbau verwendet.
Nächst dem Holze bildet der Stahl in allen möglichen Querschnitten das wichtigste Baumaterial. Im Hauptmagazin nimmt er den größten Teil des vorhandenen Raumes ein. Volle Stahlstangen in allen Abmessungen und noch mehr Stahlrohre in allen Größen und Wandstärken, runde und ovale, sind hier schön geschichtet und verstaut. Des weiteren sehen wir unzählige Fächer mit Schrauben aller Art. Trommeln mit Drahtseilen für die Verspannung der Tragflächen, Spannschlösser, Drähte; ferner die Blechtafeln für die Benzinbehälter, Aluminiumbleche für die Motorverschalungen, Messing- und Kupferrohre für die Leitungen, elektrische Kabel und dergleichen; endlich die Ausrüstungsteile: Manometer, Benzinhähne, Luftpumpen, Drehzähler, Höhenmesser, Kühler für die Motoren und anderes.
An das Magazin schließt sich die Schlosserei. Drehbänke, Stanz-Maschinen, Hobel- und Fräsmaschinen stehen hier in Reih' und Glied. Nur der Schmiedehammer steht abseits. Ihm obliegt es, jene Schmiedestücke zu formen, die wegen ihrer hohen Beanspruchung „aus dem Vollen“ gearbeitet werden.
Die meisten Metallbeschläge werden jedoch aus Blechen hergestellt. Oft kunstvoll zusammengesetzte Teile, mit allen erdenklichen Winkeln und Bogen werden durch autogenes Schweißen miteinander verbunden.
Auch die Steuerflächen werden auf diese Art durch Zusammenschweißen von Stahlrohren zu Rahmen hergestellt.
Neben der Schlosserei ist die Klempnerei die wichtigste Metallbearbeitungstätte. Die Benzinbehälter, Blechgehäuse und dergleichen werden hier zusammengesetzt.
Alle leichtrostenden Metallerzeugnisse werden sofort nach ihrer Herstellung gereinigt und hierauf mit Rostschutzlack überzogen oder mit einem Nickel- oder Zinküberzug versehen.
Nun gehen wir in die Tischlereien. Schon von weitem machen sich die große Hobelmaschine und die Kreissäge geräuschvoll bemerkbar. Diese stehen neben der Bandsäge, der Fräsmaschine und der Dekupiersäge in einer Reihe.
Die Anordnung aller dieser mit Staubsaugevorrichtungen laufenden Maschinen ist derart, dass von. der einen Seite das rohe Holz aus den Magazinen herbeigeschafft und dann gleich nach der Bearbeitung auf der anderen Seite in Empfang genommen und in die Rumpfbau- oder Flächenbauabteilung gebracht wird.
Die Flügelholme in unserer ersten Abbildung werden zur Erleichterung U-förmig hohlgefräst. Jeder Holm besteht aus zwei Hälften von U-förmigem Querschnitt, die nebeneinander laufen. Die Höhlungen kommen beim Verleimen nach innen. Man spricht dann von einem Kastenholm. Es gibt auch Holme von I-Querschnitt.
Die Bandsäge liefert aus Lindenholz geschnittene Blöcke, deren Umriss der Rippenform entspricht. In diese Blöcke schneidet die Dekupiersäge jene großen Erleichterungslöcher, die wir auf unseren ersten drei Abbildungen deutlich sehen. So ein fertiger Holzblock wird hierauf auf der Kreissäge in dünne Blätter zerlegt, lauter Stege für die Tragflächenrippen. Werden nun oben und unten auf jene Stege die Deckleisten genagelt, so sind die Rippen fertig; sie besitzen I-Querschnitt.
In dem in unserer ersten Abbildung dargestellten Flügelbauraum werden die Holme sowie Rippen hergestellt und auf besonderen Böcken zu Tragflächen zusammengesetzt. Gleichzeitig werden die verschiedenen Eisenbeschläge eingebaut, die in der zweiten Abbildung deutlich sichtbaren Spanndrähte im Innern gezogen und das Flügelgerüst fertiggestellt. Es wandert sofort durch die Tür in die anschließende Tapeziererei. Hier wird der Flügel, wie die zweite Abbildung zeigt, oben und unten mit dichtem, leichtem Stoff bezogen und dann in der Lackiererei mit wasserdichtem Lack bestrichen. Mit der Anbringung der Kennzeichen ist die letzte Arbeit am Flügel getan.
Betreten wir nun den Rumpfbauraum, so sehen wir eine ganze Reihe von Schablonen ausgestellt und auf diesen die Rumpfgerüste auf Stapel. Zuerst bloß Holme und Querhölzer. Zum Schluss den fertig mit Draht verspannten Rumpf. Dieser wird später in der Tapeziererei verkleidet.
Wir sehen zugleich Rümpfe eines anderen Flugzeugtyps. Bei diesen fehlen die Drahtverspannungen und Stoffverkleidungen, und an deren Stelle tritt ein nur wenige Millimeter starkes Sperrholz als Beplankung. Diese Holzrümpfe werden jetzt fast allgemein gebaut.
Über die Lackiererei gelangt der Rumpf nun in die große Montagehalle, die uns die dritte und vierte Abbildung zeigen.
Von jetzt an geht's, rasch vorwärts. Aus der Schlosserei werden die Beschläge, das Fahrgestell, der Verspannungsturm herbeigeschafft und eingebaut, aus der Tapeziererei sowie Lackiererei kommen die Flügel und Steuerflächen heran; ein fahrbarer Kran hebt den Motor in den Rumpfvorderteil, der Kühler, die Behälter, Rohrleitungen, die Sitze, Steuerung und Ausrüstungsteile werden angebracht, die Flügel genau eingestellt, und das Flugzeug ist fertig.
Ganz unabhängig von den übrigen Abteilungen arbeitet die in unserer letzten Abbildung dargestellte Propellertischlerei. Hier werden die Propeller, die im allgemeinen von eigenen Firmen erzeugt werden, geschnitzt.
Nussbretter oder auch solche von Esche werden auf genau vorher bestimmte Dicke zugeschnitten, staffelförmig, dem Krümmungsverlauf des Propellers entsprechend übereinander geleimt und dann mit der Hand zu geschnitzt. Schablonen dienen zur Kontrolle, ob der Krümmungsverlauf richtig ist. Die Propeller werden geglättet, poliert, ausgewuchtet und endlich mit einer Bohrung zur Aufnahme der stählernen Achse versehen.
Quelle: Ein Gang durch eine Flugzeugfabrik, in: Das Neue Universum, Die interessantesten Erfindungen auf allen Gebieten, sowie Reiseschilderungen, Erzählungen, Jagden und Abenteuer, 40. Jahrgang, 1919, S. 115 - 120.
Wolfgang (SAGEN.at)
Es gibt wohl niemanden unter unsern Lesern, der nicht schon ein Flugzeug gesehen hat. Aber nur wenigen wird es vergönnt gewesen sein, in die Geheimnisse seines Entstehungsortes einzudringen; denn mehr als in anderen Industriezweigen wird im Flugzeugbau Geheimhaltung geübt. Das ist ganz erklärlich. Noch gibt es viele unerforschte Gebiete im Flugwesen. Vieles ist noch unklar, manches fast rätselhaft. Emsiges Versuchen, glückliche Zufälle bringen es dahin, dass sich einzelne Firmen besonders hervortun. Ihren Vorteil geheim zu halten, um ihn möglichst lange ausnützen zu können, ist nun ihr selbstverständliches Bestreben.
Wenn wir eine Flugzeugfabrik betreten dürfen, so können wir sicher sein, nur allgemein gültige und bekannte Arbeitsverfahren und Bauarten kennen zu lernen. Unsere Abbildungen führen uns in eine solche Fabrik, deren Einrichtung in den folgenden Zeilen geschildert wird.
Draußen vor der Stadt in der Nähe des Flugfeldes erhebt sich der moderne Bau. Unser Führer zeigt uns zunächst den Holzplatz mit den Lagerstätten und Trockenschuppen für die verschiedenen Holzarten. Lange Eschenbretter und -balken, astfreie, ausgesucht schöne Fichtenpfosten, Kiefer-, Linden- und Nussholz bilden den Bestand.
Eines muss hier besonders bemerkt werden. Wohl in keinem Industriezweig wird die Qualität des Baustoffes so gewissenhaft geprüft wie im Flugzeugbau. Sie ist auch nirgends von so großer Wichtigkeit. Flugzeuge sollen leicht sein, da heißt es also alle Stäbchen möglichst dünn und schwach halten. Und doch müssen sie fest sein. Nur allerbestes Material kann diesen Ansprüchen genügen. Und um die Konstrukteure sicherzustellen, werden immer wieder Materialstichproben auf den Zerreißmaschinen gemacht.
In eigenen Räumen sind die Sperrholzplatten untergebracht. Unter Sperrholz versteht man kreuzweise verleimtes Holz in Plattenform, dem durch diese Bauart die Neigung genommen wird, nach der Faserrichtung aufzuspringen. Das Holz wird auf diese Weise also gewissermaßen homogen gemacht. In allen möglichen Dicken, bis zu einem Millimeter herab, wird es im Flugzeugbau verwendet.
Nächst dem Holze bildet der Stahl in allen möglichen Querschnitten das wichtigste Baumaterial. Im Hauptmagazin nimmt er den größten Teil des vorhandenen Raumes ein. Volle Stahlstangen in allen Abmessungen und noch mehr Stahlrohre in allen Größen und Wandstärken, runde und ovale, sind hier schön geschichtet und verstaut. Des weiteren sehen wir unzählige Fächer mit Schrauben aller Art. Trommeln mit Drahtseilen für die Verspannung der Tragflächen, Spannschlösser, Drähte; ferner die Blechtafeln für die Benzinbehälter, Aluminiumbleche für die Motorverschalungen, Messing- und Kupferrohre für die Leitungen, elektrische Kabel und dergleichen; endlich die Ausrüstungsteile: Manometer, Benzinhähne, Luftpumpen, Drehzähler, Höhenmesser, Kühler für die Motoren und anderes.
An das Magazin schließt sich die Schlosserei. Drehbänke, Stanz-Maschinen, Hobel- und Fräsmaschinen stehen hier in Reih' und Glied. Nur der Schmiedehammer steht abseits. Ihm obliegt es, jene Schmiedestücke zu formen, die wegen ihrer hohen Beanspruchung „aus dem Vollen“ gearbeitet werden.
Die meisten Metallbeschläge werden jedoch aus Blechen hergestellt. Oft kunstvoll zusammengesetzte Teile, mit allen erdenklichen Winkeln und Bogen werden durch autogenes Schweißen miteinander verbunden.
Auch die Steuerflächen werden auf diese Art durch Zusammenschweißen von Stahlrohren zu Rahmen hergestellt.
Neben der Schlosserei ist die Klempnerei die wichtigste Metallbearbeitungstätte. Die Benzinbehälter, Blechgehäuse und dergleichen werden hier zusammengesetzt.
Alle leichtrostenden Metallerzeugnisse werden sofort nach ihrer Herstellung gereinigt und hierauf mit Rostschutzlack überzogen oder mit einem Nickel- oder Zinküberzug versehen.
Nun gehen wir in die Tischlereien. Schon von weitem machen sich die große Hobelmaschine und die Kreissäge geräuschvoll bemerkbar. Diese stehen neben der Bandsäge, der Fräsmaschine und der Dekupiersäge in einer Reihe.
Die Anordnung aller dieser mit Staubsaugevorrichtungen laufenden Maschinen ist derart, dass von. der einen Seite das rohe Holz aus den Magazinen herbeigeschafft und dann gleich nach der Bearbeitung auf der anderen Seite in Empfang genommen und in die Rumpfbau- oder Flächenbauabteilung gebracht wird.
Die Flügelholme in unserer ersten Abbildung werden zur Erleichterung U-förmig hohlgefräst. Jeder Holm besteht aus zwei Hälften von U-förmigem Querschnitt, die nebeneinander laufen. Die Höhlungen kommen beim Verleimen nach innen. Man spricht dann von einem Kastenholm. Es gibt auch Holme von I-Querschnitt.
Die Bandsäge liefert aus Lindenholz geschnittene Blöcke, deren Umriss der Rippenform entspricht. In diese Blöcke schneidet die Dekupiersäge jene großen Erleichterungslöcher, die wir auf unseren ersten drei Abbildungen deutlich sehen. So ein fertiger Holzblock wird hierauf auf der Kreissäge in dünne Blätter zerlegt, lauter Stege für die Tragflächenrippen. Werden nun oben und unten auf jene Stege die Deckleisten genagelt, so sind die Rippen fertig; sie besitzen I-Querschnitt.
In dem in unserer ersten Abbildung dargestellten Flügelbauraum werden die Holme sowie Rippen hergestellt und auf besonderen Böcken zu Tragflächen zusammengesetzt. Gleichzeitig werden die verschiedenen Eisenbeschläge eingebaut, die in der zweiten Abbildung deutlich sichtbaren Spanndrähte im Innern gezogen und das Flügelgerüst fertiggestellt. Es wandert sofort durch die Tür in die anschließende Tapeziererei. Hier wird der Flügel, wie die zweite Abbildung zeigt, oben und unten mit dichtem, leichtem Stoff bezogen und dann in der Lackiererei mit wasserdichtem Lack bestrichen. Mit der Anbringung der Kennzeichen ist die letzte Arbeit am Flügel getan.
Betreten wir nun den Rumpfbauraum, so sehen wir eine ganze Reihe von Schablonen ausgestellt und auf diesen die Rumpfgerüste auf Stapel. Zuerst bloß Holme und Querhölzer. Zum Schluss den fertig mit Draht verspannten Rumpf. Dieser wird später in der Tapeziererei verkleidet.
Wir sehen zugleich Rümpfe eines anderen Flugzeugtyps. Bei diesen fehlen die Drahtverspannungen und Stoffverkleidungen, und an deren Stelle tritt ein nur wenige Millimeter starkes Sperrholz als Beplankung. Diese Holzrümpfe werden jetzt fast allgemein gebaut.
Über die Lackiererei gelangt der Rumpf nun in die große Montagehalle, die uns die dritte und vierte Abbildung zeigen.
Von jetzt an geht's, rasch vorwärts. Aus der Schlosserei werden die Beschläge, das Fahrgestell, der Verspannungsturm herbeigeschafft und eingebaut, aus der Tapeziererei sowie Lackiererei kommen die Flügel und Steuerflächen heran; ein fahrbarer Kran hebt den Motor in den Rumpfvorderteil, der Kühler, die Behälter, Rohrleitungen, die Sitze, Steuerung und Ausrüstungsteile werden angebracht, die Flügel genau eingestellt, und das Flugzeug ist fertig.
Ganz unabhängig von den übrigen Abteilungen arbeitet die in unserer letzten Abbildung dargestellte Propellertischlerei. Hier werden die Propeller, die im allgemeinen von eigenen Firmen erzeugt werden, geschnitzt.
Nussbretter oder auch solche von Esche werden auf genau vorher bestimmte Dicke zugeschnitten, staffelförmig, dem Krümmungsverlauf des Propellers entsprechend übereinander geleimt und dann mit der Hand zu geschnitzt. Schablonen dienen zur Kontrolle, ob der Krümmungsverlauf richtig ist. Die Propeller werden geglättet, poliert, ausgewuchtet und endlich mit einer Bohrung zur Aufnahme der stählernen Achse versehen.
Quelle: Ein Gang durch eine Flugzeugfabrik, in: Das Neue Universum, Die interessantesten Erfindungen auf allen Gebieten, sowie Reiseschilderungen, Erzählungen, Jagden und Abenteuer, 40. Jahrgang, 1919, S. 115 - 120.
Wolfgang (SAGEN.at)