• Willkommen im SAGEN.at-Forum und SAGEN.at-Fotogalerie.
    Forum zu Themen der Volkskunde, Kulturgeschichte, Regionalgeschichte, Technikgeschichte und vielem mehr - Fotogalerie für Dokumentar-Fotografie bis Fotogeschichte.
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst Du eigene Beiträge verfassen und eigene Fotos veröffentlichen.

SAGEN.at

Administrator
Teammitglied
Schleifmittel zum Schärfen von Werkzeugen begleiten seit jeher die Menschheit und die Werkzeuggeschichte.

Wetzsteine, Schleifsteine, Abziehsteine oder Mühlsteine werden heute als "synthetische Schleifsteine" industriell gefertigt.

Bis in das erste Drittel des 20. Jahrhunderts wurden die Steine oft in regionalen Kleinstbergwerken abgebaut.

Wer kann etwas über regionale Aspekte zu Schleifsteinen berichten?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Wer kann etwas über regionale Aspekte zu Schleifsteinen berichten?
Zu Schleifsteinen habe ich nichts, aber zu Mühlsteinen, und zwar ein Votivbild, das sich heute im Innschifffahrtsmuseum Neubeuern befindet. (Aus welcher Kirche es stammt, weiß ich nicht.)

Das winzige Städtchen Neubeuern am Inn liegt in Oberbayern, 10 km von der Tiroler Grenze entfernt. Es wurde durch die Innschiffahrt mit Flößen und Pferden reich. Bei Neubeuern liegt der Mühlsteinbruch Hinterhör.

Der Text auf dem Votivbild lautet:
1777 auf einen Schiff, daß mit Müllsteinen beladen war. Nebst Vogterreit*) begab sich sich das Unglück, daß aus Unvorsichtikeit der Schiffleute, das Schiff an einen im Wasser befündlichen Stock prellte, es bekam auf der Voderseite dadurch ein Loch worein das Wasser wallte. Im Schiff kam ich schon bis Mitte im Wasser zu stehen, ich sprang in den Strom, und wurde eine starke Viertlstunde dahin getragen. Durch Anruffung unserer liebvollen Gnadenmutter durch ihre Fürbitte, kam ich aus der Todtesgefahr und an das Land. Zur schuldigsten Danksagung habe ich nebst andern Verlobnissen diese Tafel malen lassen.
*) Vogtareuth, ein Ort etwa 23 km nördlich von Neubeuern
 

Anhänge

  • Wasser,Neubeuern,Mus.jpg
    Wasser,Neubeuern,Mus.jpg
    375,5 KB · Aufrufe: 11
Danke für Deinen großartigen Beitrag!

Das sind wirklich sehr beeindruckende Fotos von Irmtraud Reck die sie in ihrem "Video" eingearbeitet hat. Höchst bemerkenswert sind die belegten Sprengungen der Mühlsteine mittels der hölzernen Keile und Wasser! Das Verfahren ist ja seit Menschengedenken in der Technikgeschichte belegt und in Verwendung, ich wusste aber nicht, dass es bis im 19. Jahrhundert in unserer Region üblich war.

Dein Votivbild ergänzt wunderbar die Zusammenhänge.

Dazu sei noch angemerkt, dass der Inn ganzjährig (wegen Schmelzwasser) ein äußerst kalter Fluss ist, der bei überraschendem Eintauchen sehr häufig zu raschem Tod durch Herzinfarkt in jedem Alter führt. Schwimmkenntnisse waren zu der Zeit auch nicht verbreitet. Insofern ist es erstaunlich, dass der Votivbild-Spender den Inn überhaupt eine Viertelstunde lang überlebt hat.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Es ist wieder mal ein typisches Beispiel dafür, daß Reiseführer das Nutzloseste sind, das es gibt ;) – ich war in Neubeuern, weil ich gelesen hatte, daß es ein hübsches Städtchen ist, und das ist es wirklich. Das kleine Museum fand ich nur im Vorbeigehen, und von dem Steinbruch, der mich mehr als alles andere interessiert hätte, wußte ich nichts. Ich werde nochmal in die Gegend fahren müssen, um ihn zu sehen.
 
In Wallsee in Niederösterreich gab es eine Mühlstein-Industrie am Felsen unterhalb des Schlosses. Leider hab ich kein Foto davon.
 
Auf diesem Fresko an einem Haus in Oberammergau trägt der Tod nicht nur die Sanduhr und die übliche Sense, sondern er hat auch den Kumpf mit dem Wetzstein umhängen. Daß dieses wichtige Gerät nicht vergessen wurde, mag daran liegen, daß im Nachbarort Unterammergau bis in die 1960er Jahre Wetzsteine hergestellt wurden. Die letzte Schleifmühle ist restauriert worden und kann heute besichtigt werden; gelegentlich wird auch das Wetzsteinmachen vorgeführt.
 

Anhänge

  • UhrTodOberammergau.jpg
    UhrTodOberammergau.jpg
    210,7 KB · Aufrufe: 10
Das ist ein beeindruckendes Bilddetail, das ohne Deine Erklärung sicher niemand erkennen würde.

Ich habe bisher gar nicht daran gedacht, dass der Tod mit seiner Sense diese wie der Landwirt gelegentlich auch neu schleifen muss. Es bleibt zu hoffen, dass er das auch in Zukunft nur recht selten tun muss...

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Zurück
Oben