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Mit dem Frühling kommt nun wieder die Zeit, wo die Menschen und die Häuser stärker möglichen Wetterkapriolen ausgesetzt sind.

An manchen Orten (wie hier in Tirol) wird das Wetter mit Flugzeugen gesteuert (sog. "Hagelflieger") und gegen Gewitter werden bis heute geweihte Glocken geläutet.

Wetterkerzen sind an allen Wallfahrtsstätten erhältlich.



Wer weiß etwas über weitere Praktiken oder Vorstellungen und Bräuchen zur Beeinflussung von Wetter?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Hier zum Thema passend, eine kurze Untersuchung zum Wettersegen von der Volkskundlerin Marie Andree-Eysn aus dem Jahr 1910:

Dieser Wettersegen trägt in der Mitte das Wachsbild einer gekrönten Muttergottes mit dem Christkinde — meist aber eines Agnus Dei — umgeben von einer Goldspirale, an welche sich Reliquien von Heiligen und geweihte Kleinigkeiten anschließen. Da sind die schwarze Muttergottes von Alt-Ötting, das Filzmoser- und das Lorettokindl, die Wetterheiligen Medardus und Urbanus, Paulus und Johannes, das Scheyern- und das Zachariaskreuz, oben die Nepomukszunge, Nägel vom Kreuze Christi, unten das Schweißtuch der hl. Veronika, der hl. Rock, eine stigmatisierte Hand und ein solcher Fuß, ein Agnus Dei neben den Attributen der vier Evangelisten, von denen in dreieckigen Päckchen Reliquien derselben und mit ihren Namen überschrieben angebracht sind. Rechts und links von der Muttergottes aber sind zwei von Goldspiralen umgebene dreieckige Päckchen, deren Inhalt wohl das Wichtigste und Hauptsächlichste des Wettersegens enthält, denn ihre Überschriften lauten: contra Ignem und contra Fulgura. Mannigfache heilige Sächelchen füllen die Zwischenräume, den Außenrand bilden 16 kleine Rollen, welche je Teilchen aus Reliquien Heiliger enthalten, deren Namen darauf angebracht sind.

Die Inschriften in den verschiedenen Kreisen sind ziemlich gleicher Art. Der eigentliche Zweck erhellt aus der Anrufung im ersten (beschriebenen) Ringel A Domo tua Quaesumus Domine Spirituales Nequitiae Repellantur † et aerarum Discedat Malignitas Tempestatum Per Christum Dominum Nostrum † Caspar † Melchior † Balthasar. (Von Deinem Hause, bitten wir, o Herr, mögen alle geistigen Schlechtigkeiten abgehalten werden, und aus der Luft entferne sich das Schlimme der Unwetter usw.)

Ebenso ist der Inhalt des folgenden Kreises (des zweiten beschriebenen) aus einer Beschwörungsformel gegen Blitz und Unwetter und einem Zitat aus der Bibel und der Formell I. N. R. I. zusammengesetzt: A Fulgure et Tempestate † Libera nos usw. (Von Blitz und Unwetter befreie uns usw.) Im dritten Ringe: „Benedictio † et Nomen Die Patris † et Fily † et Spiritus Sancti † Descendat Super nos † Domos Nostras † Fructus Terrae † et maneat Semper † Amen usw. (Lobpreisung des Namens Gott Vaters, des Sohnes und hl. Geistes, komme herab über unsere Häuser, Feldflüchte und bleibe immer usw.) Der vierte Kreis enthält Sprüche, der fünfte eine Spirale, bringt eine lange Anrufung Gottes in allen möglichen Namen und Bezeichnungen (zum Teil griechischer Text) und eine Beschwörung, Bann gegen die nächtlichen Stürme, gegen die verfluchten Dämonen, die Geister der Hölle.

Die Gewitter kommen von Hexen, die den Menschen schaden wollen; um den Schaden abzuhalten, läutet man geweihte Wetterglocken, zündet geweihte Wetterkerzen an, schießt nach den Wolken, betet den Kulmoni=(Kolmani)Segen, „von dem man aber kein Wörtchen auslassen darf, sonst erschlägt das Wetter den Beter“), oder bittet den Geistlichen, dass er durch Gebet und seinen Segen angehende Gewitter zerstreuen möge.

Herrscht doch der Glaube, dass bestimmte einzelne Geistliche „wetterg'recht" sind und dies vermögen. Als wirksam gelten auch die gedruckten Wettersegen, welche den Haussegen gleichen, besonders aber jene, bei denen auf einer Scheibe die mannigfachsten Schutz- und Abwehrmittel zusammen befestigt sind, wie im Bild (Anhang).

Nicht minder wichtig als „Wettersegen" ist die Rückseite desselben mit seinen konzentrischen Kreisen, mit in lateinischer Sprache angebrachten Anrufungen, Schutzsprüchen, Segnungen, Beschwörungen, biblischen Zitaten, griechischen Wörtern und Initialen. Das Ganze stellt einen regelrechten Exorzismus dar. Bild im Anhang Rückseite.

Häufiger als diese Art, selbst auch als die gedruckten Wettersegen, findet man als Schutz gegen Blitz und Unwetter, vorzugsweise aber gegen den Hagel, das Gotteslamm, Agnus Dei. Es ist dies ein ovales, mittelstarkes Wachsplättchen, auf dessen Vorderseite stets das Lamm Gottes, auf der Rückseite das Bild eines Heiligen, eines Papstes oder dessen Wappen eingepresst ist. Alle die mir vorliegenden tragen im Avers: „Ecce Agn. Die Qui tol. Pec. Mun.“ (Sieh hier das Lamm Gottes, welches die Sünden der Welt trägt.) Im Revers des einen: S. Franc. De Paula, Conf. Ord. M. F. mit dem Bilde des hl. Franziskus, ein anderes trägt ein Papstbild mit der Unterschrift: „Innocen(tius) XI Pont(ifex) Max(imus).

[…]

Wie der Agnus Dei als ein Schutzmittel gegen Blitzgefahr gilt, so auch bei unseren Bauern die Schwalbe, denn ein Haus wird „nie vom Feuer zerstört, das Vieh nie von Seuche befallen, wo die Schwalbe nistet", und darum lässt man sie gewähren, mag sie sich an den unbequemsten Orten ihr Nest bauen, nagelt ihr ein Brettchen hin und lässt Tag und Nacht ein Fenster offen, damit sie freien Flug hat.

Wie die Schwelle und Tür, so ist auch der Giebel des Hauses besonders geschirmt. Die Firstpfette, dieser weit vorspringende Mittelbalken des Dachstuhls, trägt außer Hausmarke und Jahreszahl stets auch Schutz- und Abwehrmittel. Ein frommer Spruch steht oft auf ihrer Langseite, die Stirnseite zeigt das Pentagramm, welches der „g'rechte" (richtige) Trudenfuß genannt wird, im Gegensatz zu dem auch nicht selten vorkommenden Hexagramm, oder es ist das christliche Kreuz oder das Monogramm Jesu oder Marias eingeschnitten.

In dieses Balkenende wird auch schon beim Zimmern eine kleine Höhlung gestemmt, worin ein Antlass-Ei und einige geweihte Palmtätzchen geborgen werden, und hierauf das kleine Behältnis geschlossen. Dass dieser Brauch auch in Westfalen, Hannover, ja in ganz Niedersachsen besteht, dafür gibt es zahlreiche Belege. In Holstein nimmt man das am Gründonnerstag gelegte Ei, zumeist aber nimmt man eines jener kleinen oder missgestalteten Eier, wie sie Hühner zuweilen legen, bohrt ein Loch in Schwelle oder Balken des Hauses, in welches es dann eingepflockt wird, wo es Krankheit und Hexen abhält. Vielfach werden durch das ganze oben genannte Gebiet beim Abbruch alter Häuser solche gefunden. In Mecklenburg heißen sie Stänner-(Ständer-) Ei, in Westfalen Spauksei (Spukei), in Oldenburg Dwarksei (Zwergei), in Dithmarschen Spärei (Sparrenei). in Braunschweig und Hannover Näberei (Näber = Bohrer).
In den salzburgischen Gebirgstälern (so Gasteiner-, Raurisertal usw.) wird heute noch das Ei in die Firstpfette geborgen, wo man es auch beim Abbruch alter Dachstühle findet, dem aber meist noch eine Bohnenschote beigegeben ist. Die Bohne wird in den Tauerntälern hoch gehalten und es heißt dort, man darf sie nicht auf dem Boden liegen lassen, selbst der Reiter soll vom Pferde steigen, um sie aufzuheben.

Dass es sich hier aber nicht bloß um ein Bauopfer handelt, sondern ebensowohl um ein Schutzmittel des Hauses, geht daraus hervor, dass man durch diese eingelegten Gegenstände das Haus gegen Wasser-, Feuer- und Lawinengefahr geschützt hält.

Quelle: Marie Andree-Eysn, Schutzmittel für Haus und Hof, in: Volkskundliches aus dem bayrisch-österreichischen Alpengebiet, Braunschweig 1910, S. 103 - 108.


Wolfgang (SAGEN.at)
 

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geweihtes wasser, heiliges wasser, räucherwerk, palmkätzchen, messer werfen, messerwenden, gebete, zaubersprüche, glocken läuten, wetterkerzen in diversen farben, feuer entzünden, wetter füttern, hagelhexe ausfindig machen und vertreiben, wetter rufen, etc...

jep, fällt mir noch einiges ein.
 
Im Jahre 2001 konnten in der Pfarrkirche der Stadt Horn (Georgskirche) gedruckte Wettersegen festgestellt werden. Etwa zehn Exemplare waren zur freien Entnahme im Zeitschriftenstand der Kirche vorrätig.
Es handelt sich dabei um den Neudruck (Zahl GD 47) eines Wettersegens (Imprimatur: Salzburg, 14. Juli 1927. F. e. Ordinariat) durch den Mediatrix-Verlag Zischkin & Co., GmbH., A-3423 St. Andrä Wördern, Gloriette 5, NÖ., gedruckt und ausgegeben wohl irgendwann in den letzten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts.
Das Faltblatt enthält ein "Uraltes kräftiges Gebet und Segen gegen das Unwetter" und anschließend folgt ein "Kurzer Bericht über den Ursprung und die große Kraft dieses Segens".
Als Schluß folgt noch eine Werbeeinschaltung: "Passend zu diesem Gebet können Sie unter der Bestell-Nummer WK 17 auch Wetterkerzen bei uns beziehen!"
Original in Sammlung Prof. Hermann Maurer, Horn.
 

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Ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass der im niederösterreichischen St. Andrä-Wördern befindliche Mediatrix-Verlag sich selbst im Internet (https://www.mediatrix-verlag.at/) als österreichischen Verlag darstellt, der sich dem katholischen Glauben verschrieben hat. Dieses Unternehmen verlegt zwei Zeitschriften, handelt aber auch unter anderem mit Devotionalien, Kerzen und dem Haussegen-Kalender. Niederlassungen gibt es auch in Wien und in Altötting.
Als Nachdruck einer Veröffentlichung aus dem Jahre 1948 erschien in diesem Verlag im Jahre 1982 die Schrift "Das Pulkaubründl", eine Darstellung dieses Wallfahrtsortes durch P. Hugo Pfundstein O.S.B. auf 36 Seiten.
 
Ich finde das alles furchtbar spannend und bin total fasziniert davon, aber ich habe bei uns ind er Gegend noch nie was darüber gehört, daß jemand das Wetter beeinflussen wollte.
Ich selebr kann nur sagen, daß ich vor einigen Wintern als kein Schnee kommen wollte, kurz vor Weihnachten ein Ritual machte, bei dem mein Mann mir geholfen hat, wir haben eine dreiviertel Stunde getrommelt udn dabei eine schamanische Reise zur Frau Holle gemacht, haben dazu auch unter den Hollerbusch vor dem Haus Milch hingestellt und wir haben uns beide bildlich vorgestellt, wie es zu schneien beginnt, bis wir eben die Schneeflocken fühlen konnten, den Schnee sahen, usw....

Es hat dann wenige Tage später auch zu schneien begonnen, blöderweise hat es aber nicht mehr aufgehört und wir hatten so viel Schnee, daß es Dächer eindrückte, und die Leute alle schon fluchten wegen dem vielen Schneeschaufeln.
Meine Mama und meine Schwägerin haben mir angedroht, mich mit Schneeschaufeln zu erschlagen, sollte ich noch einmal Wetterzauber betreiben.

Ich habe es ein Jahr später noch einmal gemacht, da rief mich meine Schwägerin von einem verregneten Konzert in St. Pölten an. Ich hab dann um Sonne gebeten und es hat auch geklappt, diesesmal hab ich aber nur ganz kurz (vielleicht 10 Minuten getrommelt) und es riss wirklich auf dort (die Gegend habe ich mir in Gedanken vorgestellt) und es schien eine Stunde lang die Sonne, danach zogen sich die Wolken weider zusammen und es regnete weiter.

Diese Art des Wetterzaubers habe ich auch schon öfter genutzt wenn ich draussen trommeln wollte- die Natur spielt eigentlich immer mit, wenn man sie drum bittet.

Aber ich glaube man muss wohl sehr vorsichtig damit umgehen, weil es schnell zu viel oder zu wenig ist und dadurch Schaden entstehen kann.

Mein Großvater saß früher in seiner Stube immer am Fenster, die Füsse in einem Schafwoll-gefütterten Fuss-Sack, schaute raus und wenn man ihn fragte wie das Wetter wird, dann sagte er oft mit einem Zwinkern:

"Naujo.... kunnt regnat werd`n.... kunnt owa a d`sunn kumma!"

:floet:
 
Hallo Sonja,

vielen Dank für Deinen Hinweis auf Konzerte! Ich erinnere mich bei vielen ziemlich großen Rockkonzerten auf kollektiven Wetterzauber. Zum Beispiel in Köln am 20. Juni 1999 mit gut 60.000 Stimmen war das ziemlich beeindruckend...

Ich glaube, der erste gemeinsame Wetterzauber anläßlich eines Konzertes in der neueren Zeit mit 400.000 Stimmen war das berühmte "No rain no rain no rain" am Woodstock-Festival (15. bis 17. August 1969):




Wolfgang (SAGEN.at)
 
Wetterkerzen sind an allen Wallfahrtsstätten erhältlich.

Wer weiß etwas über weitere Praktiken oder Vorstellungen und Bräuchen zur Beeinflussung von Wetter?

Wolfgang (SAGEN.at)
In Aachen hatte ich eine etwa 1946 geborene Freundin, an der mir ihre extreme Angst beim Gewitter auffiel. Auf Befragen berichtete sie: In ihrem Elternhaus sei es üblich gewesen, bei Gewitter auf einer eisernen Handschaufel Kräuter anzuzünden und damit betend durchs ganze Haus zu gehen. Das habe sie als Kind immer so entsetzt (weil es den Eindruck einer schrecklichen drohenden Gefahr machte), daß ihr diese Gewitterangst geblieben sei. Natürlich habe das Haus einen Blitzableiter gehabt, aber das sei ja nur Menschenwerk, hätte die Mutter gesagt ...

Als ich Mariaort bei Regensburg sah, wie an Mariä Himmelfahrt in der Kirche Kräuterbuschen gesegnet wurden und wie danach meine Hotelwirtin ihren Strauß im Hotelflur aufstellte, fragte ich sie nach der Bedeutung und hörte, es gelte als Schutz für das Haus ganz allgemein, vor allem aber gegen Unwetter und Blitzschlag.

Eine Wetterkerze besitze ich auch, wenn auch nicht als Gewittervorsorge, sondern nur als Teil meiner Devotionaliensammlung. ;)
 

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Heute besuchte ich am Land einen kleinen Markt, auf dem Frauen ihre Handarbeiten feilboten und entdeckte diesen "Wettersegen gearbeitet nach einem Vorbild" aus Klosterarbeit. Leider hatte ich nur mein Handy dabei, daher bitte ich die schlechte Aufnahmequalität zu entschuldigen.
 

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Bittgänge, bei denen um das für eine gute Ernte nötige Wetter gebeten wird, sind mir ein Begriff – ob (und wenn ja, wo) sie noch üblich sind, weiß ich nicht. Aber offensichtlich gibt es heute andere Anlässe, denen man per Bittgang gutes Wetter sichern will. In Mindelheim (Kreis Unterallgäu, Bayerisch Schwaben) findet heute ...

" ...der traditionelle Bittgang um schönes Wetter für das kommende Frundsbergfest statt. Treffpunkt ist um 18.30 Uhr an der Katharinenkapelle an der Memminger Straße. Der Bittgang führt von dort zur Burgkapelle auf der Mindelburg, wo eine Messe gefeiert wird. Danach besteht Einkehrmöglichkeit in der Burggaststätte, bevor der Rückmarsch zur Katharinenkapelle angetreten wird. Wir bitten um rege Beteiligung." (Quelle)​
 
Bei mir regnet es immer im Urlaub. Seit gestern habe ich Urlaub und mit etwas Verspätung zieht morgen die Regenfront heran:smi_mitha
 
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