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Pfennige für die Brautschuhe

Babel

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Hat eine von euch Pfennige für die Brautschuhe gesammelt bzw. einer eine Frau geheiratet, die ihre Brautschuhe mit Pfennigen bezahlt hat? Wie wurde das begründet?
 
Hat eine von euch Pfennige für die Brautschuhe gesammelt bzw. einer eine Frau geheiratet, die ihre Brautschuhe mit Pfennigen bezahlt hat? Wie wurde das begründet?

Würde mich auch interessieren, ob es jemanden hier gibt, der das in der Familie oder im Bekanntenkreis erlebt hat. Oder einen anderen (Hochzeits-) Brauch aus dem familiären Umfeld kannte.
 
In meiner Oberschulzeit (Mädchenoberschule, Nürnberg) haben wir alle Pfennige gesammelt. Allerdings haben wir uns schon gefragt, ob es sich die Verkäuferinnen im Schuhgeschäft gefallen lassen würden, wenn man mit einem Sack voll Pfennigen bezahlen will – man würde also wohl vorher zur Sparkasse zum Umtauschen gehen müssen ...

Bei mir hat sich die Sache damit erledigt, daß ich Stadt und Schule gewechselt habe und auf ein Gymnasium mit überwiegend Jungens kam; und zum Abiturball bekam ich nicht nur ein Ballkleid, sondern auch neue Schuhe – weiß und so schön, daß ich dachte: schönere werde ich nie wieder bekommen, also werde ich in denen auch heiraten. (Habe ich auch.) Somit gab ich meine Pfennigsammlung nach und nach wieder aus.

Die Schuhe kosteten 1958 etwa 35 DM. Das war viel; wenige Jahre später habe ich für ein Anfangsgehalt von 280 DM monatlich gearbeitet. Das Sammeln von Pfennigen war in der Schulzeit auch nicht so einfach: einkaufen ging meist die Mutter, selbst hatten wir wenig Taschengeld, an "Shoppen" zum Vergnügen war nicht zu denken. Es waren auch noch nicht die heutigen Preise von 0,99, 2,99, 5,99 etc. üblich, die dazu führen, daß man ständig das Portemonnaie voller Pfennige/Cent hat.

Im Internet findet man massenhaft Hinweise dafür, daß heute noch Pfennige für die Brautschuhe gesammelt werden. Ich weiß tatsächlich von keiner Frau meiner Generation, die ihre Schuhe wirklich mit Pfennigen bezahlt hätte. Ich habe das Sammeln immer für eine Jungmädchen-Albernheit gehalten.

Zu weiteren Hochzeitsbräuchen: Polterabend natürlich, was aber einfach ein lautstarkes Besäufnis im Freundeskreis war (um der eigentlichen Hochzeit, die steif im Familienkreis begangen wurde, doch auch was Fröhliches abzugewinnen); man hatte damals kein Geschirr zum Zerschlagen übrig. Daß es hier und da die Sitte gab, die Braut zu entführen, war vage bekannt, aber ich weiß von keinem Fall, da es wirklich praktiziert wurde.
 
Den Brauch mit den Schuhen kenne ich nicht, aber das "Braut stehlen" wurde/wird bei uns am Hochzeitstag gemacht. Sie wird meist vom Tanzen oder eben wenn der Bräutigam nicht aufpasst (weil er sie dann ja auslösen muss :D) weg in ein anderes Lokal gebracht.
 
Bei uns ist es üblich, dass der Bräutigam seiner jungen Frau während ihres ersten Tanzes, dem Brauttanz, den Schleier abnimmt. Erst dann gehört sie "richtig" ihm. Wird die Braut vorher entführt, muss der Brautführer - er ist bis zu diesem Zeitpunkt für sie verantwortlich - die Zeche zahlen. Danach ist der frischgebackene Ehemann fällig.
Der Brautstrauß muss immer bei der Braut sein. Eine Entführung ohne diesen ist daher ungültig und die Entführer müssen für die Kosten selbst aufkommen.
 
Bei uns ist es üblich, dass der Bräutigam seiner jungen Frau während ihres ersten Tanzes, dem Brauttanz, den Schleier abnimmt. Erst dann gehört sie "richtig" ihm. Wird die Braut vorher entführt, muss der Brautführer - er ist bis zu diesem Zeitpunkt für sie verantwortlich - die Zeche zahlen. Danach ist der frischgebackene Ehemann fällig.
Der Brautstrauß muss immer bei der Braut sein. Eine Entführung ohne diesen ist daher ungültig und die Entführer müssen für die Kosten selbst aufkommen.
Schön, wenn diese "Feinheiten" noch beachtet werden – d. h. ab wann die Braut dem Ehemann "gehört". Ich kenne diese Unterscheidungen zwar aus volkskundlichen Büchern, aber in der Realität scheint es heute weitgehend üblich zu sein, daß der Ehemann die entführte Frau auslöst. In einer Zeit, in der man sich zur Hochzeitsvorbereitung den "ultimativen Hochzeitsplaner für die Traumhochzeit" im Buchladen kauft, kommt es wohl nur darauf an, daß das Event so toll, ereignisreich und perfekt organisiert über die Bühne geht wie möglich ... :D

Von einer Frau aus dem bayerischen Schwaben hörte ich kürzlich, in ihrer Gegend habe der frisch verheiratete Mann früher während der ganzen Hochzeitsfeier nicht neben seiner Frau sitzen dürfen – auch das offenbar eine dieser Unterscheidungen, ab wann sie ihm erst "wirklich" gehört.
 
Ich durfte schon an vielen Hochzeiten teilnehmen (als "Fotografierbeauftragter"). Leider habe ich keine Bilder mehr davon, da ich immer ein Abum daraus machte und es samt Negativen - es war noch in der prädigitalen Ära - dem jungen Paar als Hochzeitsgeschenk weitergab. Ich erinnere mich, dass im ländlichen Raum damals, in den 70er und 80er Jahren, diese Bräuche sehr genau beachtet wurden.
Ein Beispiel: Wenn die Braut aus dem Ort hinausheiratete, von der Dorfjugend vor der Kirche der Weg mit einem Baumstamm versperrt. Das Hochzeitspaar musste diese Sperre nach der Trauung gemeinsam mit einer Zugsäge offnen und dann den Burschen des Dorfes eine kräftige Maut bezahlen. Dass die säge meistens stumpf war ist natürlich immer nur ein Zufall gewesen. :D
 
Ich durfte schon an vielen Hochzeiten teilnehmen ...

Wenn die Braut aus dem Ort hinausheiratete ...
Meine Hochzeitserfahrungen sind dagegen minimal. ;)

Ich kenne nur verbales Gemäkel, wenn eine Auswärtige ins Dorf einheiratete. Im Erzgebirge zerriß sich dann alle Welt das Maul: "So eine hätt' er auch bei uns im Dorf finden können!" Und die "Fremde" wurde noch jahrelang behandelt, als hätte sie die Krätze.
 
Ich kenne dafür das Sprichwort: Man muß erst einen Sack Salz gegessen
haben - dementsprechend hat erst die nächste Generation Chancen, als
einheimisch betrachtet zu werden! -Ulrike
 
Wie ein Kollege von mir - aus Osttirol zugezogen - gehört hat: ein echter Zillertaler wird man, wenn überhaupt, erst in der 3. Generation.

Übrigens wird im Zillertal nicht nur die Braut bei der Hochzeit gestohlen, sondern auch der Bräutigam. Das führte dazu dass mein Zillertaler Vater bei seiner Hochzeit zwar gestohlen wurde, aber niemand hat ihn gesucht - meine Verwandten mütterlicherseits kannten den Brauch nicht. ;)

Die Braut hätte ihn wohl gesucht, aber die war selber nicht da, weil gestohlen.
 
Ein beliebter Brauch bei uns ist das Brautnachtsingen. Eine Gruppe von FreundInnen und / oder Verwandten kommt am Abend vor der Hochzeit zur Braut heim und trägt das Brautnachtlied vor. Darin wird sie noch einmal ermahnt, sich das mit der Ehe gut zu überlegen. Anschließend werden die Sänger von der Braut und ihren Eltern bewirtet.
 
... Das führte dazu dass mein Zillertaler Vater bei seiner Hochzeit zwar gestohlen wurde, aber niemand hat ihn gesucht ... Die Braut hätte ihn wohl gesucht, aber die war selber nicht da, weil gestohlen.

... Darin wird sie noch einmal ermahnt, sich das mit der Ehe gut zu überlegen.
Da fragt man sich ja doch, wie die zwei je zusammengekommen sind. :D

Sehr vernünftig, aber wahrscheinlich fruchtlos, weil zu spät ... ;)
 
Nicht nur zusammengekommen sondern inzwischen fast 40 Jahre verheiratet. Sie müssen es wohl ernst gemeint haben mit der Heiraterei. ;)
 
Den Brauch mit den Schuhen kenne ich nicht, aber das "Braut stehlen" wurde/wird bei uns am Hochzeitstag gemacht. Sie wird meist vom Tanzen oder eben wenn der Bräutigam nicht aufpasst (weil er sie dann ja auslösen muss :D) weg in ein anderes Lokal gebracht.

Ich kenne diesen Brauch so, dass die Braut nicht vom Bräutigam sondern von ihrer Trauzeugin ausgelöst werden muss, dieser wird auch so in meinem Bekanntenkreis praktiziert. Genau so wird der Bräutigam entführt und dessen Trauzeuge muss ausgelöst werden.

Ich befasse mich ein bisschen mehr im Moment mit diesen Bräuchen, da ich heuer im September heirate ;-)
 
Viel Glück! -
Wir sind übrigens auch 40 Jahre verheiratet, waren Nachbarskinder
(4./5. Generation einheimisch) - so blieben uns manche Probleme
erspart. -Ulrike
 
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