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Das Phänomen "Höhle" hat in der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit Sicherheit einen großen Stellenwert.

Der erste Mensch, der nach der Eiszeit unsere Gegend betrat, war Jäger. Und die Höhle war für den Jäger der damaligen Zeit die geeignetste Wohn- und Schlafstätte. Auch unter einem großen Felsblock findet der des Feuermachens fähige Mensch bald sichere Unterkunft. Mit Feuer hält er sich auch gefährliche Tiere vom Leib. Seine Wohnverhältnisse zu verbessern und zu sichern war nach der Nahrungsbeschaffung sein erstes Bemühen. So entstanden allmählich die ersten Formen von Wallburgen: Durch einen Steinwall befestigte Hügel oder Kuppen, außer dem Wall ein Graben.

Im Gegensatz zur Felsenhöhle ist die Grotte durch lose Steinblöcke eines Bergsturzes gebildet; der Wohnstein ist ein großer Felsblock, der durch seine Lage unterhalb einen Hohlraum hat, der durch weniges Vermauern mit Steinen in kürzester Zeit zu einem sicheren Unterschlupf gestaltet werden kann.

Höhlen als Zufluchtsorte bzw Fluchthöhlen, als Schlupfwinkel bzw zeitlich begrenzte Lagerplätze ist über Jahrtausende sicher. Weitere Funktionen der Höhle sind Wohnhöhlen, Depots, Opferhöhlen und Kulthöhlen.

Höhlen als wesentliche Orte unserer Kulturgeschichte sollten auch in diesem Forum besprochen werden.
Berichte, Dokus und Fotos sind willkommen!

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Im niederösterreichischen Kremstal gibt es die sogenannte Gudenushöhle. Diese wurde in der Eiszeit mehrmals vom Menschen begangen oder in irgend einer Art benützt. Der Vorplatz der Höhle diente dem Neandertaler und dem Magdalenienmenschen wahrscheinlich kurzfristig als Siedlungsplatz. Aus der Zeit des Magdaleniens wurden hier eine Knochenpfeife, ein Kommandostab und eine Rentierzeichnung gefunden. Dieses Inventar gehörte vermutlich zur Ausstattung eines Schamanen, der hier seinen Arbeitsplatz hatte. Die Höhle als vermeintlicher Eingang zur Unterwelt stellte dafür sicherlich eine geeignet Kulisse dar. Hier konnte der Zauberer seine "Geisterpfeife" dank der gebotenen Akustik sicherlich eindrucksvoll einsetzen. Für diese Zeit ist anderenorts auch der Tanz eindeutig belegt, wie Gravierungen auf Schieferplatten von Gönnersdorf (Deutschland) zeigen.

Literatur:
Hermann Maurer, Nachweise prähistorischer Musikausübung im Waldviertel. Bilderbuch der Musik, Horn 1992, S. 120ff.
 
In Vent in Tirol gibt es einen großen Felsen unter dem sich ein Platz befindet an dem schon in der Steinzeit Menschen gelebt haben sollen, es wurden dort wohl Werkzeuge von Jägern gefunden.
Iiiirgendwo hab ich ein Foto davon... *suchen geht*
 
Die sogenannten "Wohnsteine" sind auch das Thema, auf das ich hier abzielen möchte. Zu den Wohnsteinen in den Alpen gibt es bisher im Internet kaum Informationen.

Es gibt zwar gedruckte Informationen in volkskundlichen Periodika, allerdings haben wir das Problem, dass die historischen geographischen Angaben und Koordinaten fast nicht auf WGS-84 umzurechnen sind :smi_heult

Der "hohle Stein" in Vent, Tirol, ist zweifellos einer der herausragendsten Beispiele eines Wohnsteines.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Hier ein weiteres Beispiel eines (sehr eindrucksvollen) Wohnsteines im alpinen Bereich, aufgenommen in Hintertux, Tirol:





Leider konnten wir bisher keine archäologischen Ergebnisse oder volkskundliche Untersuchungen zu diesem Stein auffinden.

Bemerkenswert auch das Bild im Anhang, welches Heil?-Quelle, Wohnstein und christliches Symbol bringt.

Wolfgang (SAGEN.at)
 

Anhänge

  • Wohnstein_Tux_Tirol_3.jpg
    Wohnstein_Tux_Tirol_3.jpg
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Es handelt sich dabei anscheinend um eine Halbhöhle, ein Abri, wie solche im Paläolithikum gerne vom Menschen benützt wurden. Eine spätere (zeitweilige?) Nutzung ist eher selten und die Ausnahme, weil die Menschen ab der Jungsteinzeit bereits feste, dauerhafte Häuser bauen konnten.

Für Niederösterreich liegt ein solcher typischer Nachweis in der Wachau vor. Es handelt sich um die Paläolithstation Spitz - Mießlingtal, die über ein Felsschutzdach verfügte (heute zerstört). Literatur: Fritz Felgenhauer, Mießlingtal bei Spitz an der Donau, N.-Ö., ein Siedlungsplatz des oberen Paläolithikums. Archaeologia Austriaca 5, 1950, S. 35ff.
 
Zuletzt bearbeitet:
... allerdings haben wir das Problem, dass die historischen geographischen Angaben und Koordinaten fast nicht auf WGS-84 umzurechnen sind :smi_heult

...

Wolfgang (SAGEN.at)

Hallo Wolfgang!
Bei geografischen Angaben haben wir (oft) das gleiche Problem - aber bei Koordinaten? Um welche Art von Koordinaten handelt es sich hierbei?
Manchmal haben aber auch Umwege zu exakten geografischen Angaben geführt; alte Almrechtsgrenzen konnten fallweise durch Begehung von "neuzeitlichem" Grundbesitzer, Jäger, Forstwirt und Sachbearbeiter ermittelt werden, weil jeder den Text zwar für sich anders interpretiert, aber gemeinsam die alte Denkweise nachvollzogen werden konnte .... Natürlich ist das Ergebnis auch mit Vorsicht zu genießen - bei einer Alm, die keine "Nachbarn" hat, habe ich 3 Grenzvarianten im hauseigenen GIS :down:
Bezüglich Koordinaten bitte Info, vielleicht kann ich helfen ....

LieGrü
Norbert
 
Dieses "Felsdach" von Hintertux, Tirol, weist sicherlich die erforderliche Schutzfunktion auf, um für den steinzeitlichen Menschen als Zufluchtsort in Frage zu kommen. Ob der Urzeitmensch hier zeitweilig Unterschlupf gesucht und gefunden hat, könnte nur eine Grabung nachweisen. Vielleicht gibt es bereits diesbezügliche Ergebnisse? Walter Leitner vom Innsbrucker Institut für Ur- und Frühgeschichte müßte doch da weiterhelfen können.
Die Quellenfassung und das hier montierte Heiligenbild weisen auf eine neuzeitliche Begehung des Ortes und zwar auf die zeitweilige Benützung des Unterschlupfes durch Waldarbeiter, Hirten oder sonstige hier vorbeikommende Menschen hin!
Eine Kontinuität nachzuweisen wird wohl nicht möglich sein. Auch sagenhafte Überlieferungen, wenn solche vorliegen sollten, füllen die Tiefe der Zeit nicht aus. Ein Anknüpfen rezenter Situationen an urzeitliche Ergebnisse ist nur ganz selten möglich und ist auch dann wohl unsicher.
Gibt es hier solche Diskussionsmöglichkeiten?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

nach längeren Schweigen wieder einmal etwas von mir und ich hoffe zum Thema

Vor ein paar Jahren war ich wieder einmal auf Ruinen-Höhlen-Landschaften usw.-Tour und da bin ich im Gebiet Dreistetten (Piestingtal) auch zu der "Steinernes Dachl" (obwohl ich peinlicherweise nicht garantieren kann, dass das so hieß)-Wohnhöhle gekommen. Sie war ziemlich ähnlich den Fotos von Wolfgang und riesig. Man erzählte mir, dass es hauptsächlich von Menschen mit Nutzvieh bewohnt wurde. Angeblich (behauptet das Internet) gibt es in der Gegend Dreistetten mehrere Wohnhöhlen ähnlicher Mach- respektive Naturart, die ich allerdings nicht gesehen habe.

Dann kann ich noch von einer anderen Wohnhöhle berichten, die allerdings ziemlich sichtlich künstlich hergestellt wurde und definitiv neueren Datums sein muss. In der Region Kaltenleutgeben gibt es die bekannte Kletterstätte Mitzi-Langer-Wand und in eben dieser prangt ein Loch. Sozusage als eine Art Mutprobe haben ich und andere Kids vor nun schon etwas über zwanzig Jahren dieses Loch erklettert und uns durchgezwängt (das Klettern war weniger gefäährlich als das Durchquetschen) und zu unserer Überraschung ein Mini-Höhlensystem entdeckt, in dem sich künstlich nachbearbeitete Nischen bis hin zu Wohnzimmergröße waren und dort zu unserer noch größerer Überraschung stand ein Heurigentisch und waren Bettlager angerichtet. Obwohl wir uns nicht annähernd ausrechnen konnten, wie den da ein zwar klappbarer aber dennoch klobiger Tisch hineingebracht wurde, wenn unsere noch einigermaßen geschmeidige Jugend-Körper mit Müh und Not durch das blöde Loch gekommen sind. Jedenfalls haben wir aus Sicherheitsgründen schnellstmöglich die Szenerie verlassen. Ich war zu späteren Zeitpunkten auch dort, konnte immer Bett- und Deckenlager finden, niemals einen Bewohner und leider auch keinen rätselhaften Heurigentisch mehr sehen.
Fazit: Wohnhöhlen sind und waren zu allen Zeiten eine Alternative (mindestens)

lg
erich
 
@ Hornarum:

ich habe den hier abgebildeten Wohnstein mit Prof. Walter Leitner auf Grund meiner Fotos ausführlich besprochen, damals war es Zeitmangel das sein Interesse leider bremste. Ich werde bei ihm in den nächsten Tagen zu dieser Höhle nochmals nachfragen, wie die Zeitlage nun wäre.

Eine neue Recherche in 4 volkskundlichen Büchern zum Tuxertal an unserer Bibliothek blieb leider wieder ohne Beleg oder geringsten Hinweis.

@ Erich:

vielen Dank für Deine Hinweise auf Höhlennutzung auch in der aktuellen Zeitgeschichte und Gegenwart.
Ich könnte mir vorstellen, dass viele Menschen bei der Nutzung von Höhlen gerne an eine Grillparty denken. Ist ja auch was schönes.

Ich denke, man könnte ein ziemlich spannendes Buch über wahre Beispiele der Schutzfunktion von Höhlen den letzten 100 Jahren schreiben. Es gibt sehr eindrucksvolle Erzählungen von in Höhlen-Überlebenden etwa im 2. Weltkrieg bis hin zu selbstgewählten Einsiedeleien bis in die Gegenwart.

Kurz gesagt: es gibt eine Magie der Höhle, trotz 7°.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Hier eine Teilansicht des urgeschichtlichen Siedlungsplatzes "Neuräutl" in Naturns, Vinschgau, Südtirol:



Hier befindet sich ein Felsendach, das auf eine Besiedelung seit mehreren tausend Jahren hinweist.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
In Vent in Tirol gibt es einen großen Felsen unter dem sich ein Platz befindet an dem schon in der Steinzeit Menschen gelebt haben sollen, es wurden dort wohl Werkzeuge von Jägern gefunden.
Iiiirgendwo hab ich ein Foto davon... *suchen geht*

Hier mal ein Foto vom hohlen Stein in Vent

1269363412D_vent_hohler_stein.jpg

hoffe ich habe keine Copyright Verletzung begangen, sonst bitte von Admin löschen.

Gruss Robert
 
AW: Höhlen an der Enns - bewohnt bis in die 50er Jahre

Heute ist in "mein Bezirk" (Admin: externer Link existiert nicht mehr), der Nachfolgerin der betrauerten Steyrerzeitung ein interessanter Artikel über die Höhlenhäuser entlang der Enns.

Bis zur Flutung derselben in den 50er-Jahren - es wurden Enns-Kraftwerke errichtet - waren die Konglomerathöhlen und Überhänge bewohnt. Teilweise waren Fronten aus Holz vornedran gebaut, teilweise waren diese gemauert.

Ein Bild in der Druckausgabe der Zeitschrift zeigt eine hübsche Holzfassade mit Balkon, auf dem die abgelichteten Bewohner stolz posieren.

Zitate:
"Kapfers ausführlicher und reich bebilderter Bericht über „Die letzten Höhlenmenschen Österreichs“ erschien im Oktober 2010 im deutschen Tauchmagazin „unterwasser.de“. "

und

"Die Felshöhlen wurden als Wohnstätten genutzt und dürften eine Seltenheit im Voralpenland gewesen sein. „Nach meinen Nachforschungen waren es die einzigen dieser Art in Österreich“, berichtet Gerald Kapfer."

Gruß
althea
 
Ja - auch weil der Sohn eines sehr guten Freundes da unten ist als einer der Daktaris! Jakob: :smiley_da!
 
Die Riesendinghöhle ist aber aufgrund ihrer Beschaffenheit, im Gegensatz zu anderen Höhlen, nie ein Siedlungsplatz und Kulturraum gewesen!
 
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