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Almerkost in Tirol
Speisezettel einer Alpbacher Alpe von Ludwig Weinold

Das Essen auf der Alpe unterscheidet sich wesentlich von dem im Bauernhaus. Zur Zubereitung werden die aus der Alpe zur Verfügung stehenden Produkte Milch, Butter und Käse verwendet, dazu braucht man noch Mehl, Kartoffel und Brot. Mehl und Kartoffel kommen bei der Auffahrt mit dem notwendigen Salz auf die Alpe. An Brot herrscht regelmäßig Mangel. Die Almleute haben besonders in den ersten Monaten des Almaufenthaltes sehr viel zu tun und finden keine Zeit, um ins Tal zu gehen und sich Brot zu holen. Auch die Heimleute kommen zur Zeit der Heu- und Getreideernte selten auf die Alm. So stehen zum Kochen hauptsächlich Milch, Butter, Käse, Mehl und Kartoffel zur Verfügung.

In der Frühe gibt es eine Milchsuppe. Mit Butter und Mehl wird ein Brennat (Einbrenne) gemacht, dann die Milch darangeschüttet. Nach einem kurzen Aufkochen wird die Milch in eine Schüssel geleert, in der Brotbrocken aufgeschnitten sind. Zur Milchsuppe wird Graukäse gegessen.

Mittags stehen Melchermus, Kasnocken, Preßknödl und Wasserspatzen zur Auswahl. Der Senner richtet sich nach der zur Verfügung stehenden Zeit, um für sich und dem Hüterbuben, also meistens zwei Personen, das Essen herzurichten.

Zum Melchermus gibt er zirka 15 dkg Butter in eine Eisenpfanne, lässt sie zergehen, dann kommt ¼ kg schönes Mehl (Weizenmehl) dazu und macht ein helles Brennat. Nun wird ¾ Liter Buttermilch dazu gegossen und so lange gerührt, bis es ein dickes Mus wird. Es kommt dann vom Feuer herunter und das Schmalzpfandl kommt aufs Feuer. (Für das Kochen und Backen der Speisen in Fett wird stets ein eigenes eisernes Schmalzpfandl verwendet, das nie ausgewaschen wird, weil sonst die Speisen sehr leicht ankleben und anbrennen.) Da hinein kommen 10 dkg Butter und das (rohe) Melchermus. Nun braucht man ein sehr starkes Feuer, denn das Mus wird so lange geschwungen, bis es durch und durch brinzig (knusperig angekocht) wird. Dies geschieht dadurch, dass durch sehr häufiges Schwingen der Pfanne die angekochten Außenränder des Muses nach innen umgeschlagen werden. Zuletzt muss durch einen geschickten Wurf das ganze Mus auf die andere Seite umgeworfen werden, damit es auf beiden Seiten ziemlich gleich braun ist. Vor diesem Wurf muss flüssiges Fett aus der Pfanne heraus geleert werden, damit es nicht verspritzt, und wird nachher wieder hineingegeben. Das Melchermus ist eine sehr geschätzte Almerkost und wird heiß mit Buttermilch gegessen. Kalt ist es nicht zu „mögen".

Für die Kasnocken werden vier mittelgroße gesottene Kartoffel und ¼ kg Graukäse „klug" (fein) zusammengehackt, mit ¼ kg schiacherem Weizenmehl ein Teig bereitet wie bei Knödln. Aus diesem Teig werden Nocken gemacht (wie flachgedrückte Knödl) und in der Schmalzpfanne mit zirka 30 dkg Butter heraus gebacken. Die Kasnocken werden mit guter Milch (Vollmilch) sofort vom Herd weg gegessen.

Die Preßknödl werden gleich angemacht, geformt und gebacken wie die Kasnocken. Man nimmt etwas weniger Butter, doch müssen sie beim Backen mehr braun gemacht werden. Dann kommen sie aber von der Schmalzpfanne in eine Wasserpfanne und werden mit Wasser übergossen, bis sie bedeckt sind. Wenn das Wasser kocht, werden sie heruntergenommen. Die Preßknödl werden mit guter Milch gegessen.

Bei den Wasserspatzen wird zuerst Wasser über das Feuer gestellt. Dann wird mit schönem Mehl ein ziemlich starker Teig (dicker als ein Schmarrenteig) angemacht. In das kochende Wasser wird der Teig löffelweise in Form ganz kleiner Nöckchen (eben der Spatzen) hineingegeben und eine Zeitlang gekocht. Mit der Kasgatz (dem Käseseiher) werden die Spatzen abgeseiht, ins Schmalzpfandl zirka 10 dkg Butter gegeben, Zwiebel etwas braun gemacht und darin die Spatzen heraus gebacken. Dazu isst man Buttermilch.

Ein Marend, eine Jause, gibt es eigentlich nicht, wer Hunger hat, schneidet sich ein Stück Käse ab. Käse steht immer zur Verfügung.

Abends ist meistens mehr Zeit zum Kochen und da gibt es dann häufig Milchnocken. In der Wasserpfanne lässt man 2 bis 3 dkg Butter zergehen, damit die Milch nicht so leicht anbrennt, und gibt zirka einen Liter Vollmilch hinein. Dann macht man mit etwa 20 dkg Mehl einen „lehnen" Teig an (dünnflüssig wie ein Omelettenteig). Wenn die Milch zu kochen beginnt, wird der Teig hinein geleert und fest umgerührt. Man lässt bei sehr großem Feuer eine Stunde kochen. Dann werden die Nocken herunter gestellt. Durch das starke Feuer (besonders geeignet ist der offene Herd) hat es auch rund herum an den Seitenteilen der Pfanne eine Brinze (das Angekochte) gegeben. Damit sich nun diese Brinze löst, wird sie mit einem Butterstückchen bestrichen. Auch die Nocken werden mit Butter bestrichen, damit sich keine Haut bildet. Die Milchnocken brauchen eine Stunde zum Auskühlen und können dann gegessen werden. Aufgewärmt schmecken sie besser. Zu diesem Zwecke gibt man Butter hinein, schert die Brinzen mit dem Muser auf und dreht die Nocken um.

An vielen Tagen hat der Senner wegen der Anhäufung der Arbeit nicht Zeit, etwas Ordentliches zu kochen. Da gibt es dann nur Milch mit Käse und Butter.

Quelle: Ludwig Weinold, Almerkost. Speisezettel einer Alpbacher Alpe. In: Tiroler Heimatblätter, 27. Jahrgang, Heft 7/9 - 1952, S. 112 - 113.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Darf ich ein paar Fotos dazustellen? - Damit erspar ich mir die "eigene Doku" ;)

Zum Melchermus gibt er zirka 15 dkg Butter in eine Eisenpfanne, lässt sie zergehen, dann kommt ¼ kg schönes Mehl (Weizenmehl) dazu und macht ein helles Brennat. Nun wird ¾ Liter Buttermilch dazu gegossen und so lange gerührt, bis es ein dickes Mus wird. Es kommt dann vom Feuer herunter und das Schmalzpfandl kommt aufs Feuer.
Da hinein kommen 10 dkg Butter und das (rohe) Melchermus.
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Nun braucht man ein sehr starkes Feuer, denn das Mus wird so lange geschwungen, bis es durch und durch brinzig (knusperig angekocht) wird. Dies geschieht dadurch, dass durch sehr häufiges Schwingen der Pfanne die angekochten Außenränder des Muses nach innen umgeschlagen werden.
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Zuletzt muss durch einen geschickten Wurf das ganze Mus auf die andere Seite umgeworfen werden, damit es auf beiden Seiten ziemlich gleich braun ist.
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Das Melchermus ist eine sehr geschätzte Almerkost und wird heiß mit Buttermilch gegessen.
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