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Richter in Sagen

Hallo zusammen

Weiss jemand von euch, ob es ein Werk über das Bild von Richtern in Sagen gibt? In Rechtssagen scheinen Richter oft vorzukommen, doch gibt es bereits eine wiss. Publikation, die aufzeigt, aus welcher Perspektive sie in den Sagen beschrieben werden?
 
Hallo Sagensammler,

ich denke, zu Deiner Fragestellung gibt es Literatur im Bereich der Strafgerichtsbarkeit und natürlich der Todesurteile.

Als ein Beispiel möchte ich einen "Klassiker" aus Tirol bringen:
Pfeifer Huisile, Der Tiroler Faust
der entsprechende Gerichtsprozess und die Vollstreckung des Urteils erfolgt dann in einer "Sagen"-Variante und in einem wissenschaftlichen Beleg naturgemäß am Schluss des Buches...

Und noch ein Buch-Tipp:

Ludwig, O.: Richter und Gericht im deutschen Märchen. Bühl 1935

Noch ein Tipp:
den Index zur Zeitschrift "Fabula - Zeitschrift für Erzählforschung" hast Du durchgesehen?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Hallo Sagensammler,

habe eben in der "Schweizer Volkskunde" 5, 1955, S. 78 noch eine Buchbesprechung gefunden, die Dich vielleicht interessieren könnte:

Hans Fehr, Das Recht in den Sagen der Schweiz. Frauenfeld, Verlag Huber & Co., 1955. 149 S. Fr. 9.90.

Wenn Hans Fehr, der hochverdiente Schweizer Rechtshistoriker, uns einen Aufsatz darbietet oder ein Buch schenkt, dann ist es jeweils gewiss, dass er aus dem reichen Material, das er übersieht und beherrscht, und aus der Einsicht eines langen Lebens uns Wesentliches zu sagen hat. Diesmal geht es ihm darum, die eigentlichen Volkssagen der Deutschschweiz zu analysieren und so die lebendigen Rechtsanschauungen zu gewinnen, welche die Auffassung des Volksrechtes früherer Zeiten darstellen und als solche häufig genug im Gegensatz zum Juristenrecht stehen. Fehr ist sich dabei durchaus der Gefahren bewusst, welche eine derartige Auswertung der Sagen bieten; vor allem äußert er seine große Skepsis, was die Beziehungen der Sagen zur germanischen Mythologie angeht. Was die verschiedenen Gebiete des Rechtes betrifft, ist zu bemerken, dass „Sagenrecht“ weitgehend „Sagen-Strafrecht“ ist. Nicht umsonst werden denn auch immer und immer wieder Selbstmord, Grenzstein-Verrücken und Diebstahl als schwere Vergehen gegen Gottes Weltordnungsplan und die menschliche Gemeinschaft angesehen und in den Sagen entsprechend bestraft. Sehr beachtenswert ist Fehrs Ablehnung der Auffassung, es habe sich bei bestimmten Sagentypen um altes Herrenrecht (ius primae noctis) gehandelt. In verschiedenen Kapiteln geht der Verfasser auf Gottesurteil und Gottesgericht, Geister und Gespenster, Hexen und Teufel, Zwerge und starke Männer ein; er behandelt aber auch die Strafen, die Tiere und zum Abschluss die treibenden Kräfte in der Rechtswelt der Sagen. Wildhaber


Wolfgang (SAGEN.at)
 
Hallo Sagensammler,

Du solltest vielleicht bei Deiner Suche auch das Stichwort "Rechtsbrauch" beachten - der Rechtsbrauch spiegelt sich dann auch in Volkserzählungen.

Hier dazu ein Hinweis aus der Schweiz:

Wasserprobe

Zur Geschichte der Kunigunde von Hungerstein, welche im Jahr 1487 ihren Mann ermordete.
Die Hungersteinerin sollte zu Leimen im Birsig ertränkt werden, kam aber lebend aus dem Wasser und wurde hierauf lebenslänglich eingesperrt. Siehe Basler Chroniken V. 193. Es handelt sich um eine Anwendung des Rechtsbrauches, wonach eine mißlungene Hinrichtung nicht wiederholt werden darf. Im Falle der Hängung kommt es auch vor, daß der Delinquent, wenn der Strick reißt, nicht ein zweites Mal gehängt wird. Der Rechtsbrauch beruht ohne Zweifel auf der Anschauung, daß die Hinrichtung durch unmittelbares Eingreifen Gottes verhindert worden sei.
(Quelle: Karl Stehlin, Basel, Wasserprobe, in: Schweizer Volkskunde, Folk-Lore Suisse, Korrespondenzblatt der Schweiz. Gesellschaft für Volkskunde, 16. Jahrgang, Heft 4/5, 1926, S. 40)

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Wolfgang

Vielen Dank für Deine ausführlichen Hinweise. Da werde ich unserer Univ.-Bibliothek wieder einen "kleinen" Besuch abstatten können.
 
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