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Burg Persen
Burg Persen, Castel Pergine, über der Stadt Pergine Valsugana in der Provinz Trient.
Ansichtskarte gelaufen am 11. September 1912.

Aufnahme: Dr. Haass, Traunstein 22.

© Bildarchiv SAGEN.at
Guten Tag

Persen = Pergine

Was berichtet uns Johann Etzel * 26 April 1870 + 24 August 1937, von der Burg Persen?
Um 1909

Im südöstlichen Hintergründe des Marktfleckens Persen erhebt sich zuerst fast steil ein kegelförmiger: Hügel. Der alte Weg, allenthalben mit antiken, halbzerfallenen Mauern umgeben, steigt zuerst ziemlich stark an, bis wir anmutige Wiesen erreichen. Da biegt er nach Nordosten ein und wir gelangen, etwas sanfter ansteigend, durch ein Rastanienwäldchen und ein altertümliches Tor in den Burghof. Vom einstens üblichen freien Halbringhof von uns getrennt, liegt die gut erhaltene Burg mit ihren stattlichen Räumen und der Kapelle. In den letzten Zeiten ist die Burg durch ihre neuen Besitzer, eine Münchener Genossenschalt, wohnlich eingerichtet worden Auch für Pension und Unterkunft ist jetzt vorzüglich gesorgt.

Unwülkürlich denkt sich der Wanderer, daß hier auf diesem stolzen Schlosse einstens mächtige Herren ihren Sitz gehabt haben, und das entspricht auch der Geschichte. Den jeweiligen Besitzern der Burg Persen war einst das ganze Gebiet untertan, welches sich über das Fersental bis Cirè und bis in die Mitte des Caldonazzosees, wo ihr Bereich an jenes der Herren von Caldonazzo grenzte, ausdehnte. Auch das schöne Mittelgebirge zwischen dem Caldonazzo- und Levicosee gehörte zum Großteile ihnen. Nur das hochgelegene Palai war im oberen Fersentale nicht ihnen untertan, sondern es gehörte zu Caldonazzo.

Das Schloß Persen soll aus einem römischen befestigten Wachturme entstanden sein. Sicherlich wurde es von deutschen Lehensherren frühzeitig gebaut.

Die erste historische Nachricht über die Burg und Persen haben wir aus dem Jahre 845. In der Herzogburg Trient waren nämlich damals in der Versammlung auch zwei fränkische Vasallen aus Pergine vertreten, von denen einer Carantanus (Kärntner) hieß. Ob dieser nicht ein kärntnerischer Burgherr von Persen war?

Die unmittelbaren Nachfolger sind uns nicht bekannt. Im Jahre 952 kamen das Schloß und Gebiet an Herzog Heinrich von Baiern, dann für kurze Zeit (976—1004, besser 1027) an Kärnten und blieb bei diesem Herzogtume längere Zeit. Im Jahre 1027, wo bekanntlich die geistlichen Fürstentümer Trient und Brixen errichtet worden sind, kamen sie an Trient. Während dieser Zeit haben wir eine starke Einwanderung von Deutschen in Südtirol zu verzeichnen; die zweite bedeutende nach der gothischen, alemanischen und longobardischen; Die Burgherren dieser Periode waren sicherlich Deutsche. Bekannt ist uns von ihnen jedoch kein Name. Es ist überhaupt schwer oder gar unmöglich, einen genauen Abriß der Geschichte dieser Burg und seiner Gerechtsamkeit zu schreiben, weil das Schloßarchiv ganz abhanden gekommen ist und sich auch in Feltre und in Trient wenig auffinden läßt, was sich auf die Burg bezieht. Wir können daher nur aus indirekten Quellen schöpfen.

Von 1027—1305 war das Schloß in den Händen der Fürstbischöfe von Trient, welche dasselbe untergeordneten Burgherren verliehen. Es scheint, daß manche von diesen die Bevölkerung arg bedrückt haben. Heute noch erzählt nämlich das Volk von damals durch die Schloßherren begangenen Grausamkeiten und wie sich einige dieser Dynasten geradezu widernatürliche Rechte mit Gewalt aneignen wollten und so das alte Gewohnheitsrecht mit Füßen traten. Besonders war es Gunibald aus Baiern, der in der Mitte des 12. Jahrhunderts auf Persen residierte, welcher alle Stände seines Gebietes gleich hart behandelte. Er zwang u. a. die Leute, für ihn gegen jegliches Recht und Herkommen ohne Entgeld zu arbeiten und wenn sie sich weigerten, ließ er sie blutig schlagen oder einkerkern. Kaufleute wurden von ihm abgefangen und ihrer Waren beraubt.

Im Jahre 1166 benützte die unzufriedene Gesamtbevölkerung die Abwesenheit
Gunibalds, der sich eben in Baiern aufhielt, und ihre rechtmäßigen Vertreter kamen im Kloster Walda bei Persen zusammen und beschlossen, sich durch Gesandte an die Stadt Vicenza zu wenden, damit diese ihnen den Gunibald und seine Nachkommen von Persen endgültig entfernen helfe und so die Bürger nach dem salischen, longobardischen Rechte auch weiterhin leben könnten.

Welchen Erfolg diese Aktion hatte, ist nicht bekannt. Im Jahre 1305 belehnte der
Fürstbischof von Trient die Grafen von Tirol, Heinrich und Otto, mit der Burg und
dem Gebiete von Persen. Zwischen den Jahren 1349 und 1355 kam die Burg in die Hände Ezzelinos da Romano, der sie wahrscheinlich mit seinen Mannen erstürmt haben dürfte. 1356 hatte Franz von Carara das Schloß inne; es wurde ihm jedoch von Ludwig dem Brandenburger weggenommen. Von da an blieb es direkt unter den Grafen von Tirol bis 1531. Aus dieser Zeit haben wir folgende Ereignisse hervor: Im Jahre 1407 verteidigte die Burg ein Nikolaus Trachter, bischöflicher Hauptmann, gegen die von Rudolf Belenzani angeführten Truppen der Stadt Trient, die auch durch Leute von Caldonazzo wahrscheinlich unterstützt wurden. Die gegen Bischof Georg revoltierende Stadt Trient hatte nämlich am 17. Juli 1407 beschlossen, die Belagerung dieser ihrem bischöflichen Herrn treu gebliebenen Burg fortzusetzen. Von da an datiert auch das Wappen der Stadt Trient. Belenzani hatte als erster mit dem Trentiner-Adler versehene Fahnen auf die Mauern der Stadt gehißt, als die aufrührerischen Bürger ihren rechtmäßigen Herrn, Bischof Georg, besiegt hatten.

Von 1419—1425 war Johann Feiler oder Gfeller Schloßhauptmann der Grafen von Tirol auf Persen, welcher zugleich (1420—1421) Hauptmann des Schlosses Ivano in Sugana war, welches den Grafen Erasmus Thun als Pfandherrn hatte. Fellers Nachfolger auf der Burg Persen war Johann von Königsberg (1428—1445). Reich sagt in seinem oft zitierten Buche, daß nach Kunigsberg die Schloßhauptleute von Persen (und auch die Fürstbischöfe von Trient) bis zum Jahre 1600 hinauf Deutsche gewesen seien. Im Jahre 1453 war der Generalhauptmann Vigolasus Gredener von Persen, der „tapfere Krieger“, wie er in einer Pachtvertragsurkunde, datiert Caldonazzo, am 15. Dezember 1453, heißt, zugleich Hauptmann von Caldonazzo des Herzogs Siegmund.

Unter dem Schloßhauptmann Johann Feiler wollte Herzog Friedrich 1420 kurze Zeit auf der Burg. Anläßlich eines Zuges gegen die Venezianer hielt sich auch Kaiser Maximilian I. im Jahre 1511 in den stattlichen Räumen des Schlosses auf und hier war es, wo er sich erstlich mit dem Plane befaßte, sich als Papst wählen zu lassen, und manche Urkunde fertigte, so die Adelsbestätigung der Meraner Familie von Kalmünz.

Als im Jahre 1525 in fast allen deutschen Landen der Bauernaufstand wütete,
erhoben sich auch die Bauern und Knappen des Gebietes von Persen und zogen,
mit allen moglichen Waffen ausgerüstet, gegen die Burg. Die Schloßtruppen jedoch schlugen den Angriff zurück. Hiebei muß man bemerken, daß viele Knappen des Fersentales von den neu angekommenen Arbeitsgenossen aus Schwaz und Hall, die von der neuen protestantischen Lehre der Wiedertäufer angesteckt worden waren, vielleicht nicht wenig beigetragen haben mochten, die Bauern gegen die Lehensherren aufzuwiegeln. Etliche Jahre vorher (1519) hatte nämlich in Wittenberg die Reformation ihren Anfang genommen und sich infolge der geradezu trostlosen Verhältnisse, die damals in Deutschland auf kulturellem, sozialem und religiösem Gebiete herrschten, ungemein rasch ausgebreitet; Unter den Bergknappen Tirols hatte daneben auch die Sekte der Wiedertäufer Eingang gefunden. Diese Lehre wurde auch im Fersentale propagiert, ja in Serso zeigte man noch vor kurzem das Haus, wo einstens die protestantische Schule untergebracht war. (So teilte mir wenigstens der Herr Kaiserliche Rat Dr. Prünster-Meran mit.)

Mehrere Anhänger der neuen Lehre hatten sich auch in Palai niedergelassen,
wie z. B. nach der Volkstradition die Familie Moer. Es scheint aber, daß dort der
Zwist alsogleich beim Ausbruche aus dem Wege geräumt worden sei. Die größere der beiden früheren Glocken — diese wurden 1906 eingeschmolzen und ein neues Geläute aufgestellt — wurde, wie ihre Inschrift besagte, im Jahre 1521
gegossen. Des weiteren tat uns die in gothischen Buchstaben und lateinischer
Sprache abgefaßte Inschrift kund, daß sie durch den gesunden, freien Sinn zum
Danke für die Befreiung des Vaterlandes (Heimat?) gegossen worden sei. Ein
anderer als der religiöse Zwist herrschte damals in der Heimat nicht, so daß
man obiger Inschrift keine andere Deutung geben kann. Sollte aber die Glocke
früher in einem anderen Turme gehangen haben und von Palai erst aus zweiter
Hand angekauft worden sein, so könnten wir uns freilich keine Erklärung der
Inschrift geben.

Im Jahre 1531 gingen das Schloß und Gebiet wieder in den Besitz der Fürstbischöfe von Trient über. Sie hatten von da an daselbst ihren Vertreter und schlugen später in dessen stattlichen Räumen ihre Sommerresidenz auf. Aus dieser Zeit hört man von den Burgleuten überhaupt wenig.

Nach der Säkularisierung der geistlichen Fürstentümer blieb die Burg im Besitze
der Fürstbischöfllchen Mensa, welche sie später mit den dazu gehörigen Grund-
stücken an Bauern verpachtete. Mit diesen zog der Vandalismus im Wahren Sinne des Wortes in das Schloß ein, wodurch das Archiv und manch wertvolles Kunststück zu Grunde ging. Die Kinder fertigten sich, wie auch Bottea berichtet, aus den gelben Pergamenten Soldatenmützen u. dergl. an, manche Sachen und Schriften dürften „unter der Hand“ an fremde Antiquitätenhändler verkauft, besser gesagt, verschleudert worden sein.

fersen.jpg


Touristenkarte um 1905 von dem Gebiet der Fersen und Brenda

Pergine-Persen-mit-der-Burg-Persen-um-1905
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Mo, 11 April 2022 5:53 PM
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