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Garten im Märchen - gibt es da irgendeine Symbolik dazu?

Huber

Member
Im neuen Jahr muß ich gleich mal das sagen.at-Forum aufscheuchen, weil mir wieder einmal einer meiner seltsamen Fragen in den Sinn gekommen ist.

Die Vorgeschichte:
Ich habe mit einer Freundin und Kollegin aus Anlass eines von ihr zu schreibenden Artikel über das Thema "Garten" in Kinderbüchern (belletristisch) gesprochen. Über dieses sind wir, no na, bei Märchen und Sagen gelandet und dahintergekommen - he, das Thema gibt's dort aber oft.
Kluge Kinder, wie wir sind, haben wir beschlossen, das müsste symbolische Gründe haben.

Darum große große Frage-Bitte an euch: Wisst ihr hier genaures? Gibt es Untersuchungen und/oder Kategorisierungen? Oder was euch immer einfällt zu einer eventuell vorhandenen Symbolik des Gartens in Märchen und Sage.

Danke/Bitte
Erich
 
Hallo Erich, zur Gartensymbolik habe ich momentan nichts parat, schicke aber
auf diesem Wege ein schönes Gartenmärchen, das ich besonders liebe:
Der wunderschönen Tochter des Königs von Kaschmir, Prinzessin Faruknas,
widerfuhr eines Tages etwas höchst Sonderbares. Niemand fand eine
Erklärung dafür. Was war geschehen?
Die Prinzessin erging sich eines schönen sonnigen Vormittags im Rosengarten
des Palastes, der ringsum durch eine hohe Steinmauer von der Welt
abgeschlossen war. Wie sie so hin und her spazierte, kam plötzlich ein
leichter Wind, der den Schleier von ihrem Gesicht wehte. Sie schloß für
einen Moment die Augen. Als sie sie wieder öffnete, waren der Palast und
der Rosengarten verschwunden, sie stand ganz alleine auf einer Blumenwiese.
"Wo bin ich?" fragte sie ganz benommen. Da erklang hinter ihrem Rücken eine
wohlklingende Männerstimme:"Wer bist du, schönes Mädchen?" Als sie sich
umdrehte stand kaum zwei Schritte entfernt ein stattlicher Jüngling in fürst-
lichen Gewändern. Er hielt einen Strauß frischer Feldblumen in der Hand.
Der Fremde war offensichtlich genauso verwundert wie die Prinzessin.
Dann lächelte er aber , verneigte sich wohlerzogen und überreichte ihr den
Feldblumenstrauß. "Und wer bist du?" Bevor er antworten konnte, kam
erneut ein leichter Windhauch. Faruknas schloß für einen Moment die Augen,
als sie sie wieder öffnete, stand sie in dem von der Mauer umgebenen
Rosengarten des Palastes. ...
Dies ist die Rahmenerzählung von 1001 Tag, Pers. Märchen. Das Wunder des
Rosengartens findet sein glückliches Ende, nachdem die Amme dem traurigen
Mädchen 1001 Tage lang Geschichten erzählte. Das bekannteste Märchen
dieser Sammlung ist wohl Turandot.
Nun noch alle guten Wünsche für das neue Jahr! Ulrike
 
Wenn schon sonst niemand etwas sagt...

Ich denke, der wesentlichste auch symbolisch aussagekräftige Aspekt des Gartens ist seine Abgeschlossenheit, die seit der ersten Erwähnung eines Gartens in der abendländischen Tradition (von anderen weiß ich weniger) in der Odyssee (VII 112 ff. mit Bezug auf den Garten des Phäakenkönigs Alkinoos) immer besonders hervorgehoben wird.
Damit wird er ein Stück abgegrenzter, gesicherter, gepflegter, aber auch pflegebedürftiger "Natur", anders als die "wilde" Natur etwa des Waldes und die "geknechtete"* des Ackers.

Einen ganz guten Text dazu gibt es hier:
(Admin: externer Link existiert nicht mehr)
(Hätte die Autorin auch noch einen einzigen Gedanken darauf verschwendet, daß die Regeln der Zeichensetzung nicht nur eine Erfindung bösartiger Lehrer/-innen sind, sondern die Lesbarkeit eines Textes wesentlich erleichtern können, wäre er noch besser geworden!)

Schönen Abend
D.F.


* Die "wilde" Natur des Waldes ist ein gängiger und einleuchtender Begriff, die "geknechtete" des Ackers im Unterschied zur "gehegten" des Gartens ein Vorschlag, der zu diskutieren wäre.
 
Das sind ja schon mal schöne Antworten.

Aber ich kann mir aber auch gut vorstellen, daß die Unberührbarkeit eine nicht unwichtige Rolle spielt, auch der Paradiesgedanken.
Was meint ihr dazu?

LG
Erich
 
"Paradies" ist ein äußerst komplexes Thema, da traue ich mir im Forum nur einen Hinweis auf die Etymologie zu machen...:

Winkler im HdA, Band 6, Sp. 1400:

Das Wort geht letztlich auf das awestische pairidaeza »Umwallung« zurück. Im Griechischen benutzen es Xenophon und andere als paradeisos hauptsächlich zur Bezeichnung der großen Parks der persischen Könige. Die Bedeutung »Baumgarten, Park« hat das Wort als pardes auch im Alten Testament. Im römischen Heidentum bezeichnet paradeisos gelegentlich die Gartenanlagen um ein Grab, in denen Totengedächtnismahlzeiten eingenommen wurden. Im Neuen Testament bezeichnet das Wort den Ort der Seligen. Im Deutschen findet sich das Wort seit dem Heliand in gleicher Bedeutung. Im Mittelalter bezeichnet Paradies auch die Vorhallen oder Vorlauben der Kirchen. Auch sonst wird im Deutschen das Wort oft in übertragenem Sinne gebraucht zur Bezeichnung eines schönen gesegneten Landstriches, der Jungfrau Maria, des Zustandes höchster Unschuld und Reinheit und profanerer Dinge. Endlich ist es als deutscher Ortsname nicht selten.

Pfeifer, Ethymologisches Wörterbuch des Deutschen, S. 969:

Paradies im Alten Testament die 'Stätte des Friedens, der Ruhe, des immerwährenden Glücks' (des ersten Menschenpaares), nach neutestamentlicher Vorstellung 'das Jenseits, der himmliche Aufenthaltsort der Seligen', übertragen 'Ort, Zustand ungetrübten Glücks', ahd. paradis(i) (8. Jahrhundert), mhd. paradis(e), asächs. mnd. paradis (wie nl. paradijs, engl. paradise, frz. paradis, ital. paradiso, span. port. paraiso) entlehnt aus kirchenlat. paradisus, paradisum, griech. parádeisos, im Alten Testament (Septuaginta) 'Garten Eden' (für hebr. gan 'Garten', zu ganan 'beschützen'), im Neuen Testament 'Garten der Seligen'. Xenophon gebraucht griech. parádeisos von den Parks der pers. Könige und Adligen. Die Bezeichnung stellt sich als Gräzisierung eines dem awest. pairidaeza- 'eine ringsum, rundumgehende, sich zusammenschließende Umwallung, Ummauerung' entsprechenden mitteliran. pardez 'Garten' (woraus auch hebr. pardes 'Garten' dar.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Zu diesem Thema fällt mir noch mein Lieblingsmärchen "der selbstsüchtige Riese" (Oscar Wilde) ein - ein schönes Erinnerungsstück aus meiner Kindheit!
 
Ich weiss noch was zu dem Thema. Bin deswegen auch auf die Seite gekommen weil ich was zu Garten als Ort der Liebe in Märchen suche. Also da gibts noch ein Buch von Robert Bly, das heisst Eisenhans, ein Buch für Männer und das hat einen Teil wo der Jüngling im Garten arbeiten muss. Dazu gibts auch eine Interpretation von Robert Bly z.b.: welcher Entwicklungsschritt das für den Jüngling ist. Ich hoffe das hilft dir weiter.

Und es gibt eine Diplomarbeit über "Der Garten in Märchen" von Jutta Fischel, an der Boku verfasst. Sie kategorisiert und ordnet verschiedene Märchen den Kategorien zu. Ich habe nicht viel damit anfangen können, aber es sei erwähnt dass es das Werk gibt.
 
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