• Willkommen im SAGEN.at-Forum und SAGEN.at-Fotogalerie.
    Forum zu Themen der Volkskunde, Kulturgeschichte, Regionalgeschichte, Technikgeschichte und vielem mehr - Fotogalerie für Dokumentar-Fotografie bis Fotogeschichte.
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst Du eigene Beiträge verfassen und eigene Fotos veröffentlichen.
In meiner Heimatstadt lebten 1719 : 900 Einwohner, davon Handwerker
in folgenden Berufen
1. stärkste Gruppe waren die Weber: 40 Leineweber, 28 Wollenweber
(man sagte auch Wandmacher
oder mundartl. Wüllner-Wollstoff wurde bis ins 16. Jht. nicht Tuch
sondern Wand, Gewand oder Laken genannt)
2 Strumpfweber
2. 30 Schuhmacher. Ohne Meisterstück sagte man wohl Schuster, ein
Flickschuster hatte das geringste Ansehen (wahrscheinlich reparierte
er nur u. fertigte keine neuen Schuhe an)
3. 14 Schreiner, evtl. gehörten Holzschuhmacher dieser Zunft an, denn bei
den Schuhmachern werden sie nicht erwähnt
4. 25 Bäcker
5. 8 Krämer
6. 8 Schlächter
7. 21 Schneider
8. 2 Glaser
1620/21 hatte die Stadt übrigens die Hälfte Bürger durch die Pest
verloren!
- Unter dem "Alten Fritz" (Preuß. König) gab es eine Zwangsmühle, dort
mußten die Leute ihr Getreide mahlen lassen, also gab es auch den Beruf
des Müllers (darüber gibt es die heimische Sage: Spuk in der Mühle)-
Viele Grüße von Ulrike!
 
Wer hat vom Beruf des "fahrenden Glockengießers" gehört?

Josef Tremmel, Ein Glockenguß in Zell am Ziller 1631, in: Tiroler Heimatblätter, Heft 7/8, 1950, S. 102 -104:

"[...] ein Glockenguß am Ort seiner Bestimmung selber ist eigentlich keine gar so große Seltenheit. Die Schwierigkeit, große Glocken per Fuhrwerk oder Floß an sein Ziel zu bringen, wegen allzu weiter Entfernung des Bestimmungsortes, schlechter Wege dorthin, in unserm Falle auch die häufigen Ausbrüche des Zillers über sein Ufer, sowie auch der Freude darüber, dem Glockenguß beiwohnen zu können, waren Gründe dafür.

Man sprach früher von Gießern auf Wanderschaft, „fahrenden" Gießern. Diese verließen am Aschermittwoch ihre Heimat und kehrten erst auf Allerheiligen in die Heimat zurück. Wie die „fahrenden Sänger" und Vaganten des Mittelalters in den Burgen und adeligen Sitzen mit Vorliebe vorsprachen, so hatten die „fahrenden" Glockengießer Klöster und Stifte, Städte und größere Ortschaften zum Ziel ihres Besuches, um zu Arbeit zu gelangen. Berühmte Persönlichkeiten unter ihnen waren längst im vornherein bestellt und verpflichtet worden. Wenn dann zu Allerheiligen, wo manchmal schon gar kühle Winde wehen, die Heimkehr erfolgt war, wurde zur Winterszeit in der eigenen Gießstätte am Gusse großer prunkvoller Leuchter, am Guß eherner Taufbecken, Altarleuchten, Statuen und weltlichen Gebrauchsgegenständen gearbeitet, um am nächsten Aschermittwoch die Wanderfahrt neuerdings aufzunehmen.

Die alten Glockengießer gingen da gewissermaßen "auf die Stöhr", wie heute noch manchmal bei den Bauern der Schneider, Schuster, die Nahterin und andere Professionisten eine Zeitlang beim Bauern gewissermaßen ihr Zelt aufgeschlagen haben, nur mit dem Unterschied,, daß der Bauer es ist, der sie bittet, zu ihm ins Haus zu kommen,, indessen die alten Glockengießer sich selber mit ihren Diensten anboten.

In der nächsten Nähe der Kirche, oft im Friedhof, wurde die Gußstätte errichtet, in Städten auch manches Mal außerhalb der Stadtmauern.

War der Gießer bereits eine Berühmtheit und schon im vorherein bestellt worden, dann hatte man auch das nötige Material an Kupfer und Zinn bereits herbeigeschafft gehabt.

Oft wollten die Leute, vor allem die Glockenpatinnen noch eigens persönliche Opfer an Gold und Silber der Glockenspeise einverleiben, dann konnten sie ihre Gaben zum Guße — es herrschte ja sehr lange und bei manchen Leuten auch heute noch der Glaube, daß das Beifügen von Silber der Glocke einen extra schönen Ton verleihe — in ein Loch im Gußofen hineinwerfen, welches Loch aber nicht zur glühenden, brodelnden Gußmasse führte, sondern glatt ins Feuer darunter ging. Dort konnten es der Gießer mit seinen Helfern als nettes Trinkgeld aus der Asche heraus holen.

Über Durchmesser, Größe, Gewicht und Ton der Glocke hatte Dekan Stephan nichts in seinen Aufschreibungen hinterlassen. Heute würde uns das alles höchst interessieren. Wir können nach zwei Weltkriegen nicht einmal annehmen, daß von genannter Glocke noch etwas zu sehen oder zu finden wäre.

Ich bin überzeugt, daß auch manchen archivarischen Berichten, sowie aus Chroniken u. dgl. noch manchmal der positive Beweis gebracht werden könnte, daß am eigenen Heimatsort da oder dort eine Glocke in alter Zeit gegossen worden war."

Soweit Josef Tremmel 1950. Eigentlich eine sehr naheliegende Theorie, auch wenn ihm leider Beweise fehlen. Wer kennt dazu Hinweise?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Wir sprechen hier immer von sehr alten Berufen, die untergegangen sind.
Aber auch mit der politischen Wende in Deutschland sind viele Berufsbilder verschwunden.
Einige wenige Beispiele dazu:
* Pionierleiterin - Fachschulabschluss
* Kulturwissenschaftler - Fachschulabschluss
* Diplomkulturwissenschaftler - Universitätsabschluss
* Ingenieurökonome verschiedener Fachrichtungen - Fachschulabschluss
* Diplomlehrer für das MLG - Universitätsausbildung in Leipzig in vier Studienrichtungen
* Diplomstaatswissenschaftler - Abschluß an Weiterbildungseinrichtungen der Parteien
* Diplomgesellschaftswissenschaftler - Abschluß an Weiterbildungseinrichtungen der Parteien
Dresdner
 
Bei uns gab es einen Glockenplatz, im Jahre 1660 aber erst der erste schriftl.
Beleg: Anthonius Paris aus Lotharingen, ein Klockengießer, so sich im Jahre
1660 allhie niedergeschlagen ...
Im Jahre 1906 schrieb ein Pfarrer über die Glocken unserer Heimat: "Altena:
Brandglocke, 15. Dez. 1660 zu Schwerte durch den aus Lothringen stammenden
Anth. Paris gegossen (dieser verstarb in Schwerte 1669)
1652 hat der gleiche Glockengießer eine Glocke für die Kirche in Deilinghofen
und 1662 eine für Hattingen gegossen.
Man nimmt an, daß der auswärtige A. Paris gerufen wurde, um in der
bereits vor Ort (Schwerte/Ruhr/Westfalen) bestehenden Gießerei zu arbeiten.
Eine zerborstene große Kirchenglocke (St.Viktor) wurde von einem in Soest
ansässigen Glockengießer namens Stühl vor Ort umgegossen. Er arbeitete
in Schwerte daran vom 19. Aug. bis St. Andreas (30. Nov.). 1732?
Insgesamt sind die Nachrichten spärlich. Meine Infos stammen aus einem
kleinen Heft unseres Heimatmuseums von 1942.
Viele Grüße von Ulrike
 
Aus Wietzendorf in der Lüneburger Heide wird berichtet:
Ferner zählt die St.-Jacobi-Kirche zu Wietzendorf zu den Sehenswürdigkeiten
der Gemeinde. Sie wurde 1876 im neugotischen Stil errichtet.
Den aus Holz erbauten Kirchturm von 1746 hat man wieder benutzt. Er trägt
drei große Glocken. Die älteste Glocke wurde 1564 von einem durchreisenden
Glockengießer gegossen.
Dresdner
 
(Admin: externer Link existiert nicht mehr) schreibt zum fahrenden Glockengießer:
Angelsächsische Mönche brachten im 5. Jahrhundert die Glockengießerkunst aus Nordafrika nach Europa.
Im 13. Jahrhundert ging die Fertigung von Glocken dann auf weltliche Handwerker über. ...
Nach 3-jähriger Lehrzeit mußte der Geselle weitere 3 Jahre auf Wanderschaft gehen, bevor er Meister werden konnte. Da es lange Zeit unmöglich war, Glocken wegen ihres Gewichtes zu transportieren, erfolgten Formherstellung und Guß vor Ort. Die Auftraggeber sorgten für Unterkunft und Verpflegung, Material und Zubehör.
Dresdner
 
Hallo,
ich habe die Tage was interessantes in diesem Zusammenhang gefunden.
In einem Nachbarort, heute Kleinstadt arbeiteten etwa 1850:
-425 Landwirte
-17 Adlige
-28 Förster
-? Jäger
- 43 Gerichtsleute
- ? Notare
- 24 Hofleute
- ? Büttel (Gerichtsdiener)
- ? Boten
- 79 Knechte
- ? Tagelöhner
- 33 Müller
- 7 Bäcker
- 37 Steinmetzen
- ? Maurer
- 22 Schmiede
- ? Schlosser
- 16 Erzgräber
- 6 Soldaten
- 27 Schuster
- 7 Schreiner
- ? Tischler
- 10 Küfer
- 1 Seeler
- 1 Schuldiener
- 1 fürstlicher Strohschneider :kopfkratz
- 1 Rothgerber
- 1 Scherenschleifer
- 1 Hutmacher
- 18 Glasmacher
- 1 Hintersasse :kopfkratz
- 2 Dreher
- 1 Schürer :kopfkratz
- 2 Papierer
- 2 Puddler
- 378 Bergleute Prost
- 51 Verwaltungsbeamte
- 24 Meyer
- ? Heymeier (Gehilfe des Bürgermeisters)
- 5 Uhrmacher
- 35 Pfarrer
- 34 Lehrer
- 13 Wagner
- 11 Zimmerleute
- 25 Fuhrleute
- 1 Tabellion :kopfkratz
- 1 Eremit
- 20 Schneider
- 1 Postmeister
- 2 Wirte
- 1 Balgmacher
- 5 Metzger
- 1 Nachtwächter
- 3 Gerber
- 1 Landmesser :stolzbin:
- 1 Drucker
- 4 Kaufleute
- 12 Holzhauer
- 2 Blaufärber
- 1 Leyendecker :kopfkratz
- 2 Sattler
- 6 Schiffer
Die Liste macht lediglich eine Aussage über die Vielseitigkeit der Berufe und damit die soziale Struktur. Es können keine Prozentzahlen abgeleitet werden, da bei 2/3 der familienkundlichen Angaben (Kirchbücher und Standesamteinträge) die Berufsbezeichnung fehlt.

Also es sind einige Berufe dabei über die ich mich noch schlau machen muss. Oder weiß jemand, was ein Tabellion macht? Das gleiche Problem habe ich bei Hintersasse und Leyendecker.
Und wo sind eigentlich die Frauen(berufe)? :Fluester: :bistjaliab:

Volker
 
Hallo Volker,

vielen Dank für die interessante Liste, die neben den offenkundig vielfach ausgestorbenen Berufen auch ein Bild auf die Sozialstruktur dieses Ortes wirft. Da gibt es ja tatsächlich eine ziemlich spannende Vielfalt.

Unklar ist mir neben Deinen Anmerkungen auch der Beruf des "Seelers", des "Puddlers" und der Beruf des "Meyers" (Molkerei?) ?

Erstaunlich erscheint mir auch die feine Differenzierung zwischen "Erzgräbern" und "Bergleuten".

Bemerkenswert weiters die hohe Anzahl an Glasmachern und die niedrige Beschäftigungsanzahl im Bereich Postwesen, diesen Bereich hätte ich gerade um 1850 wesentlich wichtiger eingeschätzt.

2 Wirte ist auch nicht gerade viel für so eine emsige Stadt...

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Und wo sind eigentlich die Frauen(berufe)? :Fluester: :bistjaliab:
Volker

Möglichkeit 1)
Im Nachbarort gab es um 1850 gar keine Frauen.
Höchst unwahrscheinlich.

Möglichkeit 2)
Im Nachbarort gab es um 1850 zwar Frauen, aber sie arbeiteten nicht.
Ebenfalls höchst unwahrscheinlich.

Möglichkeit 3)
Im Nachbarort gab es um 1850 Frauen, und diese arbeiteten auch, allerdings unbezahlt und deswegen scheinen sie in der Liste nicht auf.

Höchst wahrscheinlich.

Zu den unbezahlten Arbeiten gehören u.a. Essen kochen, Tiere versorgen, Kinder kleiden, ernähren und großziehen, usw usf (alles Weiberkram, mit dem sich Männer üblicherweise nicht so gern abgeben, weil eben unbezahlt).

Möglichkeit 4)
Im Nachbarort gab es um 1850 Frauen, die zusätzlich zu unbezahlter Arbeit auch einer bezahlten Arbeit nachgingen, z.B. als Weberinnen, Färberinnen, Wirtinnen, Hutmacherinnen, Dachdeckerinnen, Tagelöhnerinnen, Schneiderinnen, Lehrerinnen, Uhrmacherinnen, Kaufladen-Besitzerinnen usw usf.

Ebenfalls höchst wahrscheinlich.

Warum all diese Frauenberufe dann nicht auf der Liste aufscheinen? Doch, das tun sie, aber die Frauen dürfen sich bei Begriffen wie „Hutmacher, „Lehrer“, „Weber“, „Schneider“, „Müller“, „Uhrmacher“ mitgemeint fühlen - sie wurden also durch konsequentes Nicht-Benutzen von gerechter Sprache unsichtbar gemacht.

Wie in diesem Forum übrigens auch: Würden aufmerksame Menschen eine Analyse über www.forum.sagen.at durchführen, kämen sie zu dem Ergebnis, dass hier keinerlei Frauen vorhanden sind. Warum? Die aufmerksamen Menschen sehen die Profile hier durch und - ungeachtet dessen, dass hier etliche Frauen schreiben – finden sie lediglich Begriffe wie „Administrator“, „Benutzer“ o.ä. Die aufmerksamen Menschen ziehen daraus also den Schluss: Hier gibt's offenbar keine Frauen – ganz genau wie Volker es bei der Berufsliste aus dem Jahr 1850 folgert.

Bei dieser sehr speziellen Art der Geschichtsforschung- und -schreibung werden Frauen und ihre Leistungen ignoriert und der Anteil der Frauen an der gemeinsamen Geschichte übersehen: Frauen bleiben unsichtbar. Weil sie erstens sprachlich nicht miteinbezogen werden und zweitens ihre Geschichte männlichen Historikern und Forschern häufig schlichtweg zu unwichtig erscheint, um die Frauen überhaupt zu erwähnen.

Weiters hält dieser selektive Blick starr an männlichen Lebensentwürfen als Norm, die als Maßstab für alle gilt, fest - und übersieht dabei, dass alles, was Frauen geleistet haben - egal, ob sie Tagelöhnerinnen, Wirtinnen, Künstlerinnen oder ganz was anderes waren - nur im ständigen Widerstand gegen die konventionelle Auffassung der Rolle als Frau möglich war. Eine Rolle, die sie - im Unterschied zu Männern - zwang, ihren Aktivitäten zusätzlich zu ihren Pflichten wie Haushaltsführung, Versorgung und Ausbildung der Kinder u.v.m. nachzukommen.

Volkers Beispiel zeigt - obwohl das vermutlich nicht seine Absicht war – sehr deutlich, wie schwierig es für Frauen damals und auch heute noch ist, als Akteurinnen in von Männern fixierten und tradierten Quellen aufzuscheinen.

LG,
Dolasilla

PS: In meinem Profil hier steht „Erfahrener Benutzer“ - was unmöglich stimmen kann. Ich plane auch keine geschlechtsumwandelnde Operation.
 
Bei dieser sehr speziellen Art der Geschichtsforschung- und -schreibung werden Frauen und ihre Leistungen ignoriert und der Anteil der Frauen an der gemeinsamen Geschichte übersehen: Frauen bleiben unsichtbar. Weil sie erstens sprachlich nicht miteinbezogen werden und zweitens ihre Geschichte männlichen Historikern und Forschern häufig schlichtweg zu unwichtig erscheint, um die Frauen überhaupt zu erwähnen.

Weiters hält dieser selektive Blick starr an männlichen Lebensentwürfen als Norm, die als Maßstab für alle gilt, fest - und übersieht dabei, dass alles, was Frauen geleistet haben - egal, ob sie Tagelöhnerinnen, Wirtinnen, Künstlerinnen oder ganz was anderes waren - nur im ständigen Widerstand gegen die konventionelle Auffassung der Rolle als Frau möglich war. Eine Rolle, die sie - im Unterschied zu Männern - zwang, ihren Aktivitäten zusätzlich zu ihren Pflichten wie Haushaltsführung, Versorgung und Ausbildung der Kinder u.v.m. nachzukommen.

Volkers Beispiel zeigt - obwohl das vermutlich nicht seine Absicht war – sehr deutlich, wie schwierig es für Frauen damals und auch heute noch ist, als Akteurinnen in von Männern fixierten und tradierten Quellen aufzuscheinen.

LG,
Dolasilla

PS: In meinem Profil hier steht „Erfahrener Benutzer“ - was unmöglich stimmen kann. Ich plane auch keine geschlechtsumwandelnde Operation.
Lieber Dolasilla, darf ich aus deinen Äusserungen schliessen, dass du kein Mann bist? :nixweiss:

Gruss gropli

.
 
Mein Vater war ein "Jünger Gutenbergs", will heißen, er erlernte den Beruf des Schriftsetzers.

Dieses Handwerk ist mit der zunehmenden Computerisierung verschwunden,
genauso wie sein Zugang zu dem Beruf, zu dem er sich
spätere entwickelte.
Auch als diplomierter Graphiker war es reine Handarbeit
in der seine Entwürfe entstanden.
Etwas was heutige Graphiker nicht mehr zuwege bringen. :nono:
 
Mein Großvater war Sensenschmied, hat am Schmiedehammer des "schwarzen Grafen" hier im Ort gearbeitet und Sicheln, Sensen und Gabeln gemacht.

Meine Großmutter war Magd am selben Hof, wusch das Pferdegeschirr der Kutschen die das Eisen vom Erzeberg brachten und war zuständig für Milchausgabe an die Leute die sich in Kannen früher die Milch noch jeden Tag holten. Sie hat auch die vielen Kühe noch mit der Hand gemolken.
Dafür bekam unsere ganze Familie gratis Milch und Fleisch.

Später hat Opa als Holzknecht unter den Rothschilds gearbeitet.
Er ist noch mit dem "Goaßschlitt`n" gefahren, mit dem das Holz transportiert wurde, hat die Rinden der Bäume mit einem "Sappe`l" abgeschält und roch immer gut nach Baumharz wenn er nach Hause kam.

Auch meine andere Oma war Magd auf verschiedenen Höfen, da sie in einem Waisenhaus aufgewachsen ist, wurde sie von einem Bauern zum anderen "weiter gereicht" und musste immer hart arbeiten. Der Lohn für zwei Jahre Arbeit auf einem Hof in Seeburg im Ybbstal war ein Fahrrad.
Sie hatte das getragene Gewand der Altbäurin zu tragen. Nicht selten gab es sexuelle Übergriffe des Bauern auf die Mägde, wurde eine schwanger, wurde sie meist vom Hof vertrieben oder umgebracht. Auch Beziehungen unter den Mägden und Knechten waren nicht erwünscht. Zog eine Magd oder ein Knecht an einen anderen Hof, passte sein ganzes Hab und Gut in eine hölzerne Kiste. Solche Kisten findet man heute noch oft bei Altwarenhändlern, innen steht oft noch das Datum am Deckel.

In Waidhofen gab es in der Stadt früher einen Nachtwächter.
Für Touristen werden deshalb heute noch in Waidhofen Nachtwächter-Führungen angeboten.

Sonja (Erfahrene Benutzerin)
 
Beruf Schindelhacker - auf die Frage von far.a zum Bild Radlberger Alm - Schindeldach (1) bezüglich Haltbarkeit:

Die gehackten (so sagt man hier bei uns in OÖ) Schindeln halten besser, weil sie der Holzfaser folgen, die beim Schnitt durchtrennt werden und so dem Wasser vermehrt Angriffsfläche bieten, weil sie sich aufstellen, wenn sie nass werden (Wer ein Fichtenbrett lackiert, weiß, dass man dann "drüberschleifen" muß, um die "Borsten" wegzubekommen!)
Es wird bei uns zwischen Brett- und Spanschindel unterschieden. Das "Brettl" wird jeweils vom Mittelpunkt des Stammstücks aus gehackt, der "Span" parallel zum Mittelpunkt ... und wer jetzt fragt was die bessere Schindel ergibt? Da sind sich auch die Schindelhacker nicht einig ....

Anregung: Bei meinen Bergfahrten konnte ich verschiedene Arten der Deckung (Einfach, zweifach, lange und kurze Schindel, geformte Kleinschindel....) beobachten. Vielleicht könnten wir in der Fotogalerie entsprechende Bilder sammeln bzw. bereits vorhandenen Bildern das Schlagwort "Schindel" zuordnen (nicht "Schindeldach", weil ja auch Hauswände geschindelt wurden und werden ...)

LG Norbert
 
Nur als Anregung: könnte man das Kapitel untergegangene Berufe nicht auch alphabetisch ins Lexikon übernehmen? Das wäre bestimmt eine sinnvolle Auflistung, zudem, wenn man sie ergänzen könnte.
Dresdner
 
Einen Nachtwächter haben wir neuerdings wieder (allerdings nur für
touristische Altstadtführungen). Auch Frauen sind dabei aktiv, dies war
sicherlich früher nicht möglich! - Es gab auch Berufe der "Schieferverarbeitung",
denn viele Häuser z.B. im Bergischen Land waren damit verkleidet. -
Besenbinder und Bürstenmacher kenne ich noch aus einer Werkstatt für
Blinde, früher kamen sie von Haus zu Haus, die Ware zu verkaufen (hervor-
ragende Qualität). Der letzte Korbflechter hat auch vor einiger Zeit sein
Ladengeschäft geschlossen. - Dies so meine Erinnerungen, viele Grüße von
Ulrike
 
Hallo Ihr Alle!

Gibt es den "Moorstecher" noch irgendwo? Bekam gerade ein Buch zur "internen Rezension", da ist dieser Beruf aufgeführt ...

Aus Reinhold Gayl, Fazination Moor, Lebensraum und Kultur, öbv&hpt, Wien (kurzgefaßt mit eigenen Worten):
früheste Torfstiche und Werkzeugfunde sind bereits um 800 v.Chr. datiert, die beginnende Holzknappheit durch Erzverhüttung und Glasindustrie bewirkte stärkeren Torfabbau im Mittelalter, 1658 kam ein "Torflehrbuch" von Martin Schook heraus. Anwendungen als Brenntorf zum Malzdarren, Branntwein-Destillation, Glasschmelze, Salz- und Seifensieden, sogar als Brennstoff für Lokomotiven (! um 1830) wurde er vorgeschlagen!
Mit dem Spaten wuren viereckige Löcher senkrecht ausgestochen, der Torf zu Ziegeln geschnitten, den "Torfsoden", die einen Sommer lang gedörrt wurden (auf Trockengestellen, auf Stangen gesteckt, ...)
Der tiefer liegende "Schwarztorf" wurde mit Wasser getränkt und "gepettet", also gestampft, um das Überschußwasser wieder herauszubekommen. Erwachsene taten dies mit Holzschuhen, die Kinder barfüßig ...
Akkordarbeit war auch hier scheinbar schon Mode: bis zu 12.000 Torfziegel wurden von einem 4-er-Team pro Tag gefördert.

Wie komm' ich zu dem Buch: Bei uns im Nationalpark Kalkalpen gibts einige Moore, von denen auch Pollenanalysen vorliegen, mittels derer die Vegetation ab der Eiszeit bestimmt werden konnte ... daher das Interesse am Moor-Thema. Ein Moor wurde dabei auch als Themenweg gestaltet - Orchideenwiese pur!

Liebe Grüße
Norbert
 
Torfstecher war der Vater einer Freundin! Nach dem Krieg kam die Familie
aus dem Norddeutschen ins Ruhrgebiet, es gab "bessere" Arbeit in der
Fabrik, eine Wohnung in der Arbeitersiedlung. Diese Wohnungen hatten
2 Zimmer: Wohnküche u. Schlafzimmer. Waschhäuser und Plumpsklos draußen
(dieses Thema hatten wir schon mal). Natürlich nur Kaltwasser und Kohleherd
oder -ofen (im Wohnraum). Bescheidene Verhältnisse! Aber vielen ging es nicht
besser. - Viele Grüße von Ulrike
 
Zurück
Oben