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Trinkrituale/Trinkbräuche

Folker

Member
D' Ehre!

Nach langer Zeit melde ich mich einmal wieder. Ich suche z.Z. ältere Bräuche und/oder Rituale die sich mit dem Thema "Trinken" beschäftigen. Es muss nicht unbedingt Alkohol im Spiel sein.

Freue mich auf Antworten und Hinweise!

Danke!
-Christopher-
 
Hallo Christopher,

in der Europäischen Ethnologie (Volkskunde), sowie in allen Forschungsgebieten der Geschichte, also von der Archäologie bis zur Zeitgeschichte ist der Untersuchungsgegenstand des Essens und Trinkens ein riesiger Bereich. Darüber gibt es unendlich viel Literatur, auch am Institut für Europäische Ethnologie in Innsbruck wird darüber geforscht.

Da gibt es eine Menge faszinierende Aspekte und Details, an die man im ersten Augenblick gar nicht denken würde: ich erinnere mich einmal von einem Kollegen einen Vortrag über den "Knochenteller" gehört zu haben oder an einen anderen Vortrag über die Integration der Fast-Food-Ketten (McDonalds & Co) in Österreich. Natürlich sind auch die Aspekte "Hunger" oder Tierseuchen, Getreidekrankheiten und viele andere mehr hier interessante Untersuchungsgegenstände.

Für meinen Teil betreibe ich vor allem den Nachmittags-Tee als Trinkritual und den Morgen-Kaffee mit Kollegen an der Uni als "Ritual".

Vielleicht können wir über Beiträge über weitere Rituale hören?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Danke für deine Antwort, Wolfgang!

Ein spezielles Trinkritual, dass mir sehr wichtig ist, nennt sich Sumbl.

Es handelt sich um eine Gedenkrunde in der ein Trinkhorn, aus dem alle trinken, weiter gegeben wird.

Es gibt drei hauptrunden:
1. Man trinkt auf etwas das einem sehr, sehr wichtig ist
2. Man trinkt auf einen oder mehrere verstorbene/n Verwandte
3. Man trinkt auf eine Tat, die als wichtig erschien oder gibt ein Versprechen ab

In weiteren Runden kann man eine Diskussion anzetteln oder weitere Dinge sagen die einem am Herzen liegen.

Es gibt noch weitere Details,... aber die will ich jetzt nicht aufzählen ;)


-Christopher-
 
Hallo Folker!

Morgenkaffee (oder-Tee) scheint tatsächlich ein wichtiges Ritual der Neuzeit zu sein. So sitzen wir (meine Kollegen und ich) täglich sofort nach Dienstbeginn (6 Uhr 30 morgens :smi_im_be) bei einer Tasse Kaffe beisammen und besprechen zwanglos das Anliegende für diesen Tag. Der Tag gleitet geruhsam ein und man ist ohne Stress über alles informiert.
 
Folker schrieb:
Ich suche z.Z. ältere Bräuche und/oder Rituale die sich mit dem Thema "Trinken" beschäftigen.

Der Minnetrunk, z.B. die Gertrudenminne. Mit dem Minnetrunk wurden oft Menschen, die sich auf eine Reise begaben, verabschiedet.
 
SAGEN.at schrieb:
Dafür gibt es aber keine Belege... Schaut eher nach Spekulation aus.

Wolfgang (SAGEN.at)

Beweisen kann ich's natürlich auch nicht (ich war ja nicht dabei) ;-)
Ich habe es aber immer wieder in diversen Volkskunde-Büchern gelesen. Mir fällt bloß leider nicht ein, wo genau (hab halt sooo viele Bücher daheim!).
 
ein schwedischer Brauch fällt mir grad noch ein: im August ist in Schweden immer großes Krebsessen. Und beim Auszuzeln der Krebsscheren wird kräftigst Schnaps (Akvavit) dazu getrunken - so nach dem Motto: "Jede Schere - ein Schnaps".

Wie alt der Brauch ist, kann ich nicht sagen. Ich vermute, doch ein paar Jahrhündertchen. Genau wissen tu ich's halt nicht.
 
Morgenkaffee (oder-Tee) scheint tatsächlich ein wichtiges Ritual der Neuzeit zu sein

Stimmt, gavial! Bei uns in der Firma: Morgentee bzw. Kaffee zwischen 08.00-08.30, dann um 10.00. (das zweite lässt sich einfach erklären – bei uns in der Mensa werden jeden Tag schmackhafte Kuchen gebacken, die gerade um 10 Uhr verkauft werden, danach machen alle für 15 Minuten Pause :smiley_da ).

Wenn wir schon eine Feier nehmen, dann wird der dritte Trinkspruch bei uns auf die Liebe ausgebracht :smi_blume , dabei hält man das Glas immer in der linken Hand.

Ich arbeite in einer Fischfangflotte und die Seeleute haben den oben genannten Trinkbrauch etwas verändert – das dritte Mal wird bei uns in der Firma immer auf die Menschen getrunken, die auf Meer sind. Daran wird fest gehalten.

Ein Trinkspruch wird auch in der Regel auf die Eltern ausgebracht. Und auf den Gastgeber bzw. Gastgeberin. Aber nur am Ende der Feier, denn das Gegenteil wäre eine Anspiegelung darauf, dass die Gäste schon gehen wollen. Aber die wollen sicher noch nicht gehen :smi_prost

Liebe Grüße aus Russland, das gerade mit Spannung auf die Ergebnisse von Eurovision wartet,

Oksana
 
Wie sieht es mit den Trinkritualen bei studentischen Verbindungstreffen aus? An der Theke oder am Stammtisch?
Ich meine auch in der Edda und der altgermanischen Mythologie ist einiges über Trinkrituale zu finden. Beim Abendmahl.

Grüße

Klaus
 
Bei uns in Österreich ist es üblich, bei alkoholischen Getränken die gefüllten Gläser in der Runde zusammenzustossen.

Was hier banal klingt, ist mit einer Reihe von relativ harten Traditionen umgeben:
- genau im Augenblick des "Klirrens" der Gläser muss man dem anderen in die Augen starren
- der übliche Ruf zum "Klirren" bei uns ist P r o st, wer kennt anderes?
- Frauen in der Runde sind dezent zu bevorzugen
- die Reihung erfolgt auch nach Alkoholgehalt des Getränks, Mineralwasser-Trinker sind leider (!) später gereiht

Soweit nur meine eigenen Beobachtungen, ich bin sicher kein Experte für Trinkrituale. Es gibt da noch eine Menge Nuancen, vor deren Bedeutung ich selbst ratlos bin: Manche stossen das Glas nach dem "Klirren" und dem Proscht-Ruf etwa auf den Tisch, bevor sie trinken. Keine Ahnung, was das soll?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Ich denke besonders bei den alkoholischen Trinkritualen spielt das männliche Imponiergehabe eine große Rolle. Hier würde ich auch das 'auf den Tisch hauen' gefühlsmäßig einordnen. Ich kenne diese Form zu Trinken besonders von studentischen Verbindungen, wo das mit dem Glas auf den Tisch schlagen, in Verbindung mit markigen Trinksprüchen, im 'militärischen Gleichschritt' zelebriert wird. Wer's dabei am lautesten kann und wer am meisten schlucken kann, der ist der Größte.

Mit teeinhaltigen Morgengrüßen

Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein besonders köstliches Exempel für Trinkrituale ist der Sketch von Freddie Frinton und May Warden "Dinner for one". Für die verschwindende Minderheit, die ihn noch nicht kennt: Jedes Jahr zu Silvester kurz vor Mitternacht in den Dritten Programmen der ARD, im Kinderkanal, EinsFestival und ORF "same procedure as every year".
 
... unser freundeskreis hat seine eigenen anstoßsprüche ... aber wolfgangs regeln "befolgen" wir auch ... außer dass mit antialkoholischen getränken gar nicht angestoßen wird ... alk mit alk ... antialk mit anitalk ... ja und außerdem stoßt man nicht überkreuz an ...
 
Nicht in die Augen starren, lieber Wolfi, sondern in die Augen blicken - da ist ein großer Unterschied!

Und in Südtirol wird einem bei Nichtbefolgen dieser kleinen Höflichkeit 5 (7) Jahre schlechter Sex vorausgesagt...

Übrigens gibt es auch Trinklieder, in Norddeutschland z.B. "Hermann Löns, es brennt die Heide" oder "PROST, PROST, PROST, nun geit dat supen wedder los".

Und dann soll es noch welche geben, die niemals aus einer Bierdose trinken ohne sie vorher abzuputzen, es könnten ja Mäuse oder ähnliches Getier darüber gepinkelt haben und so käme man(n) mit dem Mund in Berührung mit dem angetrockneten Unrin. Übrigens eine Moderne Sage...

http://sagen.at/texte/gegenwart/schweiz/leptospirose.html

Tja, außerdem empfinde ich "PROST" als wirklich deutschen Trinkspruch, "zum Wohle" dann süddeutsch.... dann gibt es da noch "Skol" (Skandinavien), "Cin Cin" oder "Salute" (Italien), "Salud" (Spanien), "Santé" (Frankreich), "Nastrovje" oder [tschäistja] in Rußland. Wenn die unterschiedlichsten Völker nur öfter so schnell zusammen kommen würden wie beim Trinken...

Und in dem Alpenländischen Raum gibt es natürlich auf jeder Alm einen Schnaps!

Und, fast vergessen, natürlich sagt der Hausherr oder in Stellvertretung die Dame des Hauses "PROST" und erst dann darf getrunken werden. Sollte es aber keinem von beiden einfallen das gewünschte Wort zu sagen, so muß der Gast halt still und heimlich trinken und darf eigentlich keine Trinksprüche von sich aus sagen, da es unhöflich wäre. Und in einer Trinkrunde gebührt natürlich dem Ältesten die Ehre und erst wenn dieser nichts sagen möchte, darf ein jüngerer einen Trinkspruch sagen.

Ich erinnere mich auch schwach daran, dass man in Köln (?) sein Bier (Kölsch)nicht ganz austrinken darf, sonst bekommt man sofort ein frisches serviert. Und in Bayern gibts "Bierwärmer mit Ständer" - was es nicht alles gibt!

Berit
 
SAGEN.at schrieb:
- der übliche Ruf zum "Klirren" bei uns ist P r o st, wer kennt anderes?
-

Beim Trinken von Sturm und dem vorausgehenden gegenseitigen Gläser-aneinander-klirren darf man auf gar keinen Fall PROST sagen, sondern man muss unbedingt MAHLZEIT rufen!

Das ist ausschließlich beim Sturm-Trinken so (zumindest in Wien). Warum, weiß ich nicht - hab zwar schon oft bei mehreren Leuten nachgefragt, es konnte mir aber bis dato leider niemand erklären.
 
dolasilla schrieb:
Das ist ausschließlich beim Sturm-Trinken so (zumindest in Wien). Warum, weiß ich nicht - hab zwar schon oft bei mehreren Leuten nachgefragt, es konnte mir aber bis dato leider niemand erklären.
In manchen Gegenden um Wien sagt man beim Sturm trinken auch "KRI-KRI" (keinesfalls "PROST").

Das ist ein Aberglaube, der daher rührt, dass man sich ausschließlich mit alkoholischen Getränken (Wein) zuprostet. Der Sturm jedoch ist noch kein fertiger Wein. Da würde dann der Wein missraten. So hat es mir jedenfalls einmal ein Hauer (= Weinbauer) erklärt
 
Da fällt mir noch ein Sprücherl über die Sorgen der Weinhauern ein, das ich einmal in einem Winzerhaus sah:

Im Winter de G’frier
Im Fruahjoar koa Blüah
Im Sommer de Dürr
Im Herbst håm’s z’weng G’schirr

Hochdeutsch:
Im Winter der Frost
Im Frühling keine Blüte
Im Sommer die Dürre
Im Herbst haben sie zu wenig Gebinde [für den vielen Most;) ]

Dazu passt auch das "Käferkreuz", ein Bildstock in Klosterneuburg bei Wien.
 
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