ENGERWITZDORF. Die findigsten Maibaumdiebe im Land kommen aus Engerwitzdorf (Bez. Urfahr-Umgebung). Aus 15 kräftigen Burschen, der jüngste 18, der älteste 31, besteht die Stammtischrunde „Stammkiste“, die in drei Nächten zwölf Maibäume mitgehen ließ: Ein Rekord für Oberösterreich.
Neun waren es bis zum Mittwoch, in der Nacht zum Donnerstag lieferten die Burschen um Stammtisch-Leiter Philip Rittberger (23) ihr Meisterstück: Drei weitere kamen dazu, um Mitternacht der Maibaum in Ruhstetten bei Katsdorf, dann der Gallneukirchner, zuletzt das Wahrzeichen in Katsdorf. „Um halb sechs in der Früh sind wir heimgekommen“, sagt Rittberger. Der Landarbeiter und passionierte Traktorfahrer, Sohn eines Beamten der Bundespolizeidirektion, ist jetzt stolz auf die neue Maibaum-Plantage auf dem Gelände der „Naturgas Engerwitzdorf“. Dort kann man das zwölfstämmige Beutegut bewundern.
„Jetzt is’ aber umi“, sagt Rittberger. Muss es auch, denn der Brauch erlaubt das Maibaumstehlen nur in den ersten drei Tagen nach dem Aufstellen. Und den „Stammkistlern“, die sich jeden Sonntag um 19 Uhr im Gasthaus Plank in Schweinbach treffen, steht ein Rollentausch ins Haus: „Jetzt müssen wir selber drei Nächte lang unsere Maibäume bewachen.“ Wer sich da seinen Baum zurückholen möchte, sollte sich keine großen Hoffnungen machen: „Jede Nacht werden fünf, sechs Leute von uns aufpassen“, sagt Rittberger.
Möglich wurde der Rekord durch generalstabsmäßige Planung und technische Raffinesse: Rittberger hatte einen „Maibaumpflücker“ besorgt, einen Greifarm aus Eisen, angebracht am Frontlader. Damit benötigte er für das Ausheben eines Maibaums nur eineinhalb Minuten. Vor dem Einsatz kundschaftete ein Spähtrupp die Lage aus. Entdeckten sie ein unbewachtes, gut zugängliches Exemplar, wurde über Telefon das Rollkommando in Gang gesetzt.
Natürlich sei es den „Stammkistlern“ um den Rekord gegangen, gibt Rittberger zu. Aber auch um den damit verbundenen Kick, die Spannung („ich hab’ vorher ja nie gewusst, ob ich den Baum gleich erwisch’“), das Gefühl der Verbundenheit und des Teamworks.
„Das gibt’s doch net!“
Der Maibaum ist futsch: Bei der Feuerwehr Gallneukirchen und Bürgermeisterin Gisela Gabauer schlug die Nachricht gestern Vormittag wie eine Bombe ein. „Das gibt’s doch net!“ war die erste Reaktion von Feuerwehr-Kommandant Martin Purner. „Zwei Nächte hat ihn unsere Feuerwehrjugend bewacht, in der ersten haben wir den Diebstahl verhindern können, in der zweiten war’s dann ruhig, danach haben wir uns wohl zu sicher gefühlt.“ In der fatalen dritten Nacht standen keine Wächter mehr parat, „die mussten ja am nächsten Tag wieder zur Arbeit“. Vor vier Jahren ist den Gallneukirchnern schon einmal der Maibaum stibitzt worden: vom Sparverein Treffling.
Bürgermeisterin Gabauer wird jetzt mit den Dieben verhandeln: „Wir werden sie zu einem Fest mit einem Fass Bier einladen und den Baum dann hoffentlich neu aufstellen können.“ Sie habe gespürt, dass begehrliche Blicke auf den Baum gerichtet waren. Nun ist es tatsächlich passiert, und Gabauer kann’s „einfach nicht fassen“.
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