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Liebe in Gold gewogen

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In New-York hat dieser Tage eine Hochzeit stattgefunden, der eine eigenthümliche Liebesqeschichte vorherging. Ein Kaufmann in der Amty-Street daselbst, Namens Bischof, hatte eine reizende Tochter von 17 Jahren, Ida. und einen Clerc namens John Brown, 24 Jahre alt. Die jungen Leute liebten sich und den letzten Winter hielt Brown bei Ida's Vater um ihre Hand an. Der wohlhabende Kaufmann wies den Bewerber höhnisch ab und sagte dabei, da er wußte, daß Brown kaum mehr als 200 Dukaten von seinem Gehalte erspart hatte, vor mehreren Zeugen: „Ich gebe Ihnen meine Tochter nur, wenn Sie im Stande sind, sie mit Gold aufzuwiegen." Brown griff diese Idee auf und verlange diese Zusage schriftlich. In einer übermütigen Laune und in der Ueberzeugung. daß der Clerc niemals so viel Geld zusammenbringen werde, wurde die schriftliche Zusicherung gegeben, von Bischof und zwei Zeugen unterfertigt, und kaum hatte Brown sie in der Tasche, so reiste er nach Californien ab, um Goldgräber zu werden. Mehrere Monate lang erwarb er sehr wenig, aber er blieb in steter Korrespondenz mit Ida, und versicherte dieser allen Ernstes, er werde nicht ruhen, bis er im Stande sei, sie mit Gold aufzuwiegen. Das Mädchen ließ sich insgeheim abwiegen und sendete ihm die Ziffer ihres Gewichtes. Das gleiche Gewicht in Gold hätte an 36.000 Dollars betragen. Plötzlich machte Brown einen großen Goldfund zu dem Werthe von 20.000 Dollars und gewann einige Tage darauf 3000 Dollars im Spiele. Nachdem er von dem letzteren Betrage 2000 Dollars verloren, schwur er sich zu, nie wieder zu spielen, sondern arbeitete in den Goldminen. Als Ida's Vater erfuhr, daß Brown bereits eine ansehliche Summe erworben habe, meinte er: „Hm! Ich halte mein Wort, aber ich lasse keinen Dollar nach.“ – Nun begann das Mädchen, sich nur auf die nothwendigste Nahrung zu beschranken, um ihr Gewicht herabzubringen. So gelang es ihr ihrem Geliebten nach einiger Zeit zu melden, daß er schon 3900 Dollars weniger brauche. Darauf sendete Brown die zärtlichsten Bitten, diese Abmagerung ja nicht fortzusehen, und endlich kam er plötzlich mit 30.000 Dollars in New-York an. Das Mädchen wurde jetzt gegen Gold abgewogen und es stellte sich heraus, daß sie nur 30.000 Dollars schwer war. Zu diesem Gelde legte Bischof jetzt seinerseits 30.000 Dollars Aussteuer und die Glücklichen wurden vermählt. Die Firma heißt jetzt: „Bischof und Brown" und sie führt das Schild: ,Zum richtigen Gewicht." Der Laden ist voll Kundschaft, welche die Neugier, das junge Paar zu sehen hinführt.

Quelle: Innsbrucker Nachrichten, Nr. 217, 21.9.1872, Beilage

Wolfgang (SAGEN.at)
 
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