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Lebendiger Volksglaube

chamaeleon

New member
In diesem Forum habe ich gerade erst angefangen und ich beginne mit einer Episode, die vielleicht interessant sein dürfte.

Das war in Bosnien, allerdings noch vor dem Balkankrieg und damals war das Reisen noch sicher. Ich wollte mir Land und Leute anschauen und hielt es nicht für sinnvoll, bei Nacht zu reisen, denn in der Dunkelheit sieht man ja nichts. Auf der Landkarte suchte ich mir ein unbekanntes Dorf aus, von dem ich nie etwas gehört hatte, und das ging rein nach der geographischen Entfernung, wobei ich schätzte, dass der Bus am Nachmittag ankommen würde. Dann könnte ich mich noch etwas umschauen und anschließend dort übernachten.

Als ich aus dem Bus ausstieg, winkte mir eine Frau zu, drehte sich um und ging langsam ein paar Schritte. Das ist allgemein eine Geste, welche besagt, dass ich ihr folgen soll. Das kannte ich aus anderem Zusammenhang. In der Region gibt es vielfach Privatleute, welche Fremdenzimmer an Touristen vermieten. Die erscheinen zum passenden Zeitpunkt an der Bushaltestelle und holen sich ihre Kunden auf die Weise. Das es so kommen würde, hatte ich eigentlich gehofft. Deshalb folgte ich dieser Frau.

Nach kurzer Zeit bog sie von der Strasse ab und ging in einen Wald. Das wunderte mich etwas, doch da ich ein Mann bin, muss ich wohl vor einer Frau keine Angst haben. Außerdem war noch heller Tag. Ich weiß nicht mehr, wie weit wir gegangen waren, jedenfalls kamen wir an einer Lichtung heraus und aus der Ferne dachte ich zunächst an einen Brunnen. Jedenfalls ein kreisförmiges Gebilde, das aus Natursteinen zusammengefügt ist. Beim Näher kommen bemerkte ich, dass das Wasser auffällig hoch steht und nun schätze ich, dass es eine eingefasste Quelle ist. Das Wasser wird etwas gestaut, damit man leichter herankommt.

Andächtig schaute sie auf den Spiegel des Wassers. Ihrer Miene entnahm ich, dass sie damit religiöse Vorstellungen verbindet und dachte bereits an eine heilige Quelle. Mit der hohlen Hand schöpfte sie etwas Wasser und trank es. Dann griff sie mit beiden Händen ins Wasser und benetzte ihr Gesicht. Daraufhin gab sie mir zu verstehen, dass ich es ihr gleichtun sollte. Das tat ich.

Nachdem ich dieses Ritual absolviert hatte, führte sie mich zurück ins Dorf und zeigte mir - wie gewünscht - ein Fremdenzimmer.

Dieser kleine Ausflug erfolgte mit so einer spontanen Selbstverständlichkeit, dass ich auf einen sehr lebendigen Volksglauben schließe. Außerdem wurde ihr Vorgehen von der gesamten Dorfbevölkerung als normal angesehen. Ich nehme stark an, dass im Voraus abgesprochen war, wer an welchem Tag Fremde empfängt und zur Quelle begleitet. Diese Leute müssen tatsächlich geglaubt haben, dass ich von der heiligen Quelle wusste und deswegen ins Dorf gekommen bin. Das werden sie wohl allen Fremden unterstellt haben.

Mit dieser Quelle verbindet sich bestimmt eine Sage, die ich leider nicht kenne. Als ich dort war, sprachen die Einwohner nur Bosnisch und dies zählt nicht zu meinen Sprachkenntnissen.

Da leider ein Krieg dazwischen kam, bin ich nicht sicher, ob sich der Brauch gehalten hat. Ein Krieg kann vieles verändern. Deshalb nenne ich vorerst keinen Namen.

Somit eröffne ich einen neuen Thread, denn es wäre mal interessant, Orte zusammenzustellen, an denen sich solch ein Glaube bzw. Brauch noch erhalten hat. Da ich mich so etwas mit der Legendenbildung beschäftige, kann ich mir schon vorstellen, wie so ein Verhalten zustande kommt. Das heilige Wasser schützt vor einem bösen Geist / Dämon / Ungeheuer. Man will ja nichts riskieren und deshalb soll erstmal jeder Fremde von dem guten Wasser trinken und sich symbolisch reinigen. Dann passiert nichts und in meinem Fall ist auch nichts passiert.

Dabei möchte ich bewusst zwischen heiligen Quellen und Heilquellen unterscheiden. Aus der Quelle habe ich ja getrunken und das ist völlig reines Trinkwasser. Eine Heilwirkung hat es nicht - es sei denn, man glaubt an Dämonen.
 
Auch Serbien ist voller solcher Bräuche! Gerade in den Dörfern hat sich der "Aberglaube" gehalten, die Zeit scheint dort einfach stehen geblieben zu sein. Auch der Glaube an Geister, Hexen und Dämonen ist sehr stark ausgeprägt. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was alles Glück bzw. Unglück bringt! Ich gehe mal in mich und schaue, was ich dazu beitragen kann.

Eine kleine Geschichte habe ich jetzt schon: Jede Familie hat ihre/n Schutzpatron/in, dem je ein Tag des Jahres zugeordnet wird. An dem Tag des/der jeweiligen Schutzpartron/in werden Blumen vor den Altaren/Bildern in den Kirchen gelegt und im Gegenzug dazu nimmt man einen anderen Blumenstrauss mit. Dieser Blumenstrauss bring Glück und schützt die Familie.
 
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