Ein Artikel, der mein Heimatdorf in Bezug auf Hexerei betrifft, ist auch mir untergekommen:
Ein politischer Zaubereiprozess
Einzelne Grundherren benutzten den Hexenwahn, um ihre Untertanen einzuschüchtern. Um 1670 leisteten die im Dorf Altenmarkt bei Fürstenfeld ansässigen Untertanen den Versuchen des Herrschaftsverwalters Martin Griesperger, neue Abgaben und Dienste einzuführen, erbitterten Widerstand. Einer ihrer Anführer war der Bauer Thomas Kolb. Nachdem Kolb aber 1673 gestorben war, kam es zwischen seiner Witwe Elisabeth und dem Nachbarn Georg Kapfensteiner zu Streitigkeiten. Der Haß des Nachbarn nahm schließlich solche Formen an, dass er Elisabeth Kolb beim Herrschaftverwalter als Hexe oder Zauberin anzeigte. Er behauptete, dass die Witwe eine geröstete Kröte auf ihren Krautacker geworfen hätte, um mit Hilfe dieses Zaubermittels Diebstähle zu verhindern. Zwei Soldatenfrauen hätten dann von diesem Acker Kraut gestohlen und wären erkrankt bzw. gestorben.
Der Verwalter benutzte sofort die Gelegenheit, um zwischen die aufsässigen Untertanen einen Keil zu treiben. Er ließ die Witwe festnehmen und in Fürstenfeld einkerkern. Nachdem sie monatelang im Kerker gelegen war, gestand sie, dass sie tatsächlich eine Kröte mit heißem Schmalz übergossen und auf den Krautacker geworfen hätte. Sie bestritt aber jeden Zusammenhang mit der Erkrankung der beiden Frauen, da diese das Kraut von einem anderen Feld gestohlen hätten. Es zeigte sich nun, daß der Prozeß nur ein Vorwand war, um die Familie Kolb einzuschüchtern. Weder Georg Kapfensteiner noch ein anderer Zeuge konnten nämlich den Nachweis erbringen, dass tatsächlich jemand nach dem Genuß der Krautköpfe gestorben war.
Das von Griesperger beeinflusste Gericht ordnete nun die Folterung der Frau an. Die Witwe beharrte aber weiterhin auf ihrer Aussage, weshalb sie schließlich vom Vorwurf der Zauberei freigesprochen wurde. Es ist nun auffällig, dass das Gericht nur die ersten Foltergrade anwenden ließ und darauf verzichtete, den Willen der Frau durch schärfere Foltermethoden zu brechen. Der Verwalter hatte aber auch so sein Ziel erreicht. Elisabeth Kolb mußte sich nämlich vor ihrer Entlassung verpflichten, sämtliche Gerichtskosten zu übernehmen und sich an keiner der am Prozeß beteiligten Personen zu rächen. Außerdem mußte sie versprechen, falls neue Indizien gegen sie auftreten sollten, sich sofort dem Gericht zu stellen. Als Sicherstellung mußte sie ihr gesamtes Hab und Gut dem Verwalter überschreiben und noch zwei andere verwandte Bauern als Bürgen stellen. Dies bedeutete nichts anderes, als daß die Familie Kolb wirtschaftlich ruiniert war und der Verwalter der Witwe jederzeit mit der Einleitung eines neuen Verfahrens drohen konnte.
(aus: Steirisches Volksbildungswerk (Hrsg.), Steirische Berichte 2/3 87 )
far.a, 8. Juni 2008