So viele Hausinschriften in einem einzigen (doch wohl nicht sehr großen) Ort? Das ist eindrucksvoll. Ich kenne solche Inschriften aus Waldeck, wo ich sie als Kind, 1951, in ein Heftchen abschrieb. (Diesem Heftchen habe ich neulich die hier eingestellten Inschriften entnommen.)
Damals waren viele Inschriften schon in einem Zustand, daß ich nichts mehr entziffern konnte. Sie waren in den Balken eingeschnitten, und man hat zwar die Balken regelmäßig gestrichen (in Adorf war man der Meinung: Wer nicht jedes Jahr zu Viehmarkt seine Balken neu streicht, ist schon so gut wie asozial), aber die Inschriften wurden von vielen einfach überstrichen. Wenn man das einige Male macht, sind die Buchstaben mit der Zeit so mit Farbe ausgefüllt, daß sie höchstens noch der Fachmann wieder restaurieren kann.
Schriften über dem Türstock sind oft einer Vergrößerung der Tür zum Opfer gefallen. Das ist wohl auch der Grund, warum die Inschriften in meinem Heftchen oft nicht mehr datiert sind (ein anderer Grund ist, daß ich die Besitzervermerke weggelassen habe, deren Bestandteil die Jahreszahlen meist sind).
Inzwischen ist das Interesse an solchen Inschriften zweifellos wieder gewachsen; viele sind wieder schön weiß ausgemalt (in den rotgestrichenen Balken). Aber die meisten sind wohl verloren. Ich unterhielt mich vor ein paar Jahren mit dem Besitzer eines Hauses über seine wunderbar restaurierte Hausinschrift. Er war stolz darauf, daß er das hatte machen lassen, und freute sich über mein Interesse - hatte aber keine Ahnung, was da geschrieben stand!
Was mir an den Hausinschriften aus Ergste auffällt, ist, daß zwar genauso viel von Gottes Segen die Rede ist wie in Waldeck, daß aber die Hinweise auf die "Ungunst der Leute" fehlen, die in Waldeck so gebräuchlich sind und die auch anderswo in Hessen, etwa in Fritzlar, ständig gebraucht werden. Waren die Leute in Hessen so viel neidischer und streitsüchtiger?