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Frau auf Kuhrücken...!?

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TheRevo

Guest
Hallo,

ich bin seit längerer Zeit in einer Geschichtsgruppe meines Heimatortes und bei unserem letzten Treffen sind wir durch Zufall auf einen Eintrag in einem Kirchenbuch gestoßen.
Dieser Eintrag handelt von einem Mädchen, dass 20 Jahre alt und unverheiratet (vermutlich auch Jungfrau) ist. Diese sitzt auf dem Rücken einer Kuh, welche 5 Jahre alt sei. Bei der Befragung gibt es noch folgende Hinweise: Sie sitzt mittig und nach vorne auf dem Rücken der Kuh, ist vollständig angezogen auf dieser. Dies geschieht am Abend. Als sie gefragt wird, sagt sie, sie habe die Kuh nur umarmt. Sie muss eine Strafe von ca. 6 Gulden zahlen. Das ganze hat sich im Stall des Elternhauses im Jahre 1764 abgespielt.
Jedoch wird an keiner Stelle des Eintrages erwähnt, was für eine "Straftat" sie begangen hat. Wir sind uns nicht sicher, ob es hier um Hexerei (Hexenkult, etc.) oder um Sodomie geht.
Da ich selber keine Informationen gefunden habe, wollte ich euch um Informationen (falls ihr etwas wisst) bitten...manchmal sehen 4, 6 oder noch mehr Augen mehr als ich mit meinen 2 :p Und manchmal sind ja vielleicht auch andere schon zu solch einen Eintrag gestoßen und haben schon die Lösung ;-)
Also, wäre nett, wenn ihr mir weiterhelfen könntet...

MfG Benedikt
 
Hallo, Benedikt,

es muß nicht immer gleich "Hexen"kult sein, was bestraft wurde - (heilige) Kühe werden oft auch mit Fruchtbarkeitskulten in Verbindung gebracht; vielleicht ist das ein Denk- und Suchansatz?

In meiner Heimatstadt Steyr in Oberösterreich gibts eine Sage in Verbindung mit Kühen und einer - allerdings nackten - Frau (die auch gleich als Hexe benannt wird ... ) siehe hier

Liebe Grüße
Norbert
 
Vielleicht war es damals auch einfach nur "unschicklich" für ein "Frauenzimmer", rittlings (also nicht im Damensitz) - und noch dazu auf einer Kuh - zu reiten.

Obwohl: 6 Gulden, das war schon ein kleines Vermögen.
 
In der Tat gibt es zahlreiche Sagen von Jungfrauen und Stieren (bitte die Suchfunktion von SAGEN.at verwenden), aber die Betonung liegt auf Stier und nicht auf Kuh und besonders die Landbevölkerung hat hier sehr deutlich unterschieden!

Vielleicht ist es die einfachste und für mich naheliegendste Lösung: eine Kuh ist eben kein Reittier!?

Berit
 
Ganz abwegig erscheint mir die Möglichkeit nicht, dass das Reiten auf einer Kuh zumindest einen gröberen Frevel bedeutete. 1764 wäre für Hexenverfolgungen schon sehr spät, aber eine Freveltat könnte sich hier schon ausdrücken.

Einen ähnlichen Fall beschreibt Wilhelm Gottlieb Soldan in seiner "Geschichte der Hexenprozesse", München 1911, allerdings beachten, der Fall war fast 200 Jahre früher:

Zu Wallerstein im Bayreuthischen wurden im Jahre 1591 auf einmal 22 Hexen verbrannt. Unter den »Hochangesehenen Personen«, die man vor Gericht zerrte, war die siebzigjährige Erbmarschallin Caecilie von Pappenheim in Ansbach. »Ein Schäfer verlangte von ihr einen Gulden, weil er in einer Nacht, als sie beim Teufel zu Gevatter gestanden, zum Hexentanze geblasen habe. Mit der Forderung abgewiesen, machte er das Vorkommnis im Lande bekannt, und veranlaßte, daß einige Hexen, die zu Schwabach, Abensberg und Ellingen gerade hingerichtet werden sollten, von neuem auf die Folter gespannt und befragt wurden, ob sie nichts über die Erbmarschallin anzuzeigen hätten. Auf die Auskunft einer Ellinger Hexe: Caecilie reite gemeiniglich, von ihrer Kammerfrau begleitet, auf einer Kuh zu den höllischen Versammlungen, erfolgte die Verhaftung der Greisin. Sie wurde jedoch nicht mit dem Feuer gerechtfertigt, weil die juristische Fakultät zu Altdorf dahin entschied: die Aussage der Ellinger Hexe, die ohne Konfrontation hingerichtet worden, sei nicht sattsam begründet; dagegen sei die Aussage des Schäfers, daß er zum Hexenball geblasen, solchermaßen wichtig, bedenklich und gravierend, daß die Angeschuldigte solche nur mit einem Reinigungseid abwenden könne. Um ihre Freiheit wieder zu erlangen, mußte Caecilie diesen Eid schwören und sämtliche Kosten des Prozesses tragen.


Noch viel weiter zurück in der Geschichte kennt die Lex Baiuvariorum aus dem frühen 8. Jahrhundert:

Titel XIV cap. 15. De iniuste usis:
Und wenn jemand in gesetzwidriger Weise die Kuh eines anderen gefährdet, was wir »sweizcholi« nennen, unterliegt er demselben Richterspruch. (Anm. W.M. = der büße mit 12 Schillingen. Und er muß für ein Jahr dessen Familie, dessen ganzes Anwesen und das Vieh versorgen.)

Wolfgang (SAGEN.at)
 
harry schrieb:
Vielleicht war es damals auch einfach nur "unschicklich" für ein "Frauenzimmer", rittlings (also nicht im Damensitz) - und noch dazu auf einer Kuh - zu reiten.
Berit (SAGEN.at) schrieb:
Vielleicht ist es die einfachste und für mich naheliegendste Lösung: eine Kuh ist eben kein Reittier!?

Es wurde eigentlich nicht richtig das Reiten erwähnt...eher das "auf der Kuh sitzen" (und zwar IM Stall)...und ich meine, das es komisch erscheint, 6 Gulden zu zahlen, weil man, bzw. diese Frau auf einem Kuhrücken SITZT...!
Klar, es war nicht sittlich und dann auch noch rittlings...aber meiner Meinung muss da was dahinter stecken, dass das Fräulein 6fl. zahlt, oder!?
 
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