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Erntedankfest, Körnerteppiche

Babel

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Zum Erntedankfest wird die Kirche mit Feldfrüchten ausgeschmückt. Auch wenn dieser Brauch alt sein mag (wie alt?) - seit einigen Jahrzehnten wird dieser Schmuck immer reicher - obwohl tatsächlich immer weniger Gemeindeangehörige in der Landwirtschaft tätig sind.

Mittlerweile sind einige Kirchen so berühmt für ihre Dekoration, daß sich bereits ein gewisser Tourismus entwickelt und Busfahrten dorthin angeboten werden. Berühmt für ihren Ernteschmuck ist die Kirche St. Martin in Gundelfingen an der Donau (Kreis Dillingen, Bayerisch Schwaben).

1. Der Viehheilige Wendelin inmitten von Blumen, Feldgerätschaften und bunten Kürbissen
2. Kirchendekoration mit "fließend Wasser": Eine alte Pumpe mit Wasserbecken
3. Ein riesiger "Kronleuchter" aus Früchten
4. Ein ortsansässiger Bäcker beteiligt sich mit diesem Brotaltar
5. Dieser Wagen wurde in der Erntedank-Prozession mitgeführt.
 

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Eine jüngere Art der Erntedankfest-Dekoration scheint in die 50er Jahre zurückzugehen: Die Körnerteppiche. Der erste soll 1956 in Hilzigen (Kreis Konstanz am Bodensee, Baden-Württemberg) entstanden sein auf Anregung der Pfarrers, den das Foto eines Blumenteppichs zu Fronleichnam auf den Gedanken brachte. 1972 gab es das erste Körnerbild in Otterswang, einem heute in Schussenried (Kreis Biberach, Baden-Württemberg) eingemeindeten Dorf. Seither verbreitet sich diese Sitte immer weiter, vor allem im schwäbischen Süddeutschland, aber auch schon darüber hinaus.

Körnerteppich in der Gundelfinger Kirche im „Elisabeth-Jahr” 2007 (die Heilige wurde 1207 geboren).
Verwendet wurden (lt. Angaben auf einem Täfelchen in der Kirche):
Linsen (für den Hintergrund), Schwarzer Tee (für die Konturen),
für Elisabeth: Kokosflocken (Haube), Mohn, Dill, Paprika (Kleid, Kragen),
für den Bettler: Muskat (Gesicht), Basmatireis (Hemd), Majoran (Kleid, Schattierungen), gemahlener Milchreis (Schattierungen).
 

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Berühmt für seine Körnerbilder ist aber vor allem Otterswang. Das diesjährige Bild (2013) zeigte Daniel in der Löwengrube. Vorlage war ein Holzschnitt von Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872).

Die „Teppichfrauen” von Otterswang berichten über die Entstehung ihres Bildes:
„Mitte des Jahres treffen wir uns, um uns auf das jährliche Motiv zu einigen. 2013 haben wir uns für die Geschichte Daniels in der Löwengrube aus dem Alten Testament entschieden. Anfang September begannen wir, dieses Motiv mit unseren zur Verfügung stehenden Materialien auf große Platten zu legen und zu kleben. Wir verwenden dazu ausschließlich Samen und Früchte aus der Natur, wir färben nichts ein. Mit den Jahren haben wir eine breite Palette an Samen gesammelt. Obwohl jeder an einem anderen Ausschnitt des Bildes arbeitet, sind wir immer selbst überrascht, wie sich alles zum Schluss harmonisch in ein Ganzes fügt. Die Platten werden dann vorsichtig in die Kirche getragen und mit einem Rahmen aus größeren Samen und Früchten verziert.”

Ich habe noch nie eine Angabe über die genaue Größe der Bilder gefunden. Da sie flach auf dem Boden hinter einer Absperrung liegen, sind sie allenfalls von der (freilich für Besucher gesperrten) Orgelempore aus vollständig zu fotografieren. Die Maße kann man nur schätzen: Der Rahmen des Daniel-Bildes beispielsweise ist 55 Äpfel breit.

Das Material wird - wie aus dem Text der Otterswanger Frauen hervorgeht - teilweise das Jahr über gesammelt; das allein wird aber kaum genügen. Im Internet fand ich diese Anzeige aus einer anderen Gemeinde: „Auch in diesem Jahr wollen wir zum Erntedank wieder einen Körperteppich gestalten. Hierzu benötigen wir verschiedene Naturmaterialien. Wenn Sie abgelaufene Lebensmittel haben, verwenden sie bitte vorwiegend diese.” (Jettinger Anzeiger, 18.9.2008)

Über die Bilder von Otterswang hat der Münchner Kunsthistoriker Johannes Goldner geschrieben: „Wenn auch an anderen Orten Früchteteppiche nachgestaltet werden, so bleibt es den Otterswangern vorbehalten, daß sie neben einer gewissen Perfektion und Fantasie bei der Auswahl der Materialien und Früchte einen unbestreitbaren künstlerischen Grad erreicht haben. Obwohl es die Kunstgattung ,Früchteteppich’ bisher nicht gibt, müßte in dieser Hinsicht bald von einer ,Otterswanger Schule’ gesprochen werden.” (Zit. nach Otto Beck, Otterswang im Ernteschmuck, Kunstverlag Josef Fink, 3., erw. Aufl., Lindenberg 2006)

1-3 Das Körnerbild "Daniel in der Löwengrube" und Detailaufnahmen
4 Die Vorlage: Bibelillustration von Julius Schnorr von Carolsfeld
5, 6 Details von der Umrahmung des Bildes
7 Die Otterswanger "Teppichfrauen" bei der Arbeit
 

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Gefällt mir sogar sehr! Eine Erntekrone kenne ich aber war auch wieder viel neues dabei - Danke hierfür!
 
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