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Ich bin gerade in der Literatur zur Burg Lockenhaus im Burgenland gestossen.

Das ist ja tatsächlich sehr erstaunlich! Über die Burg Lockenhaus gibt es eine ganze Reihe Rätsel, die offenkundig bis heute nicht geklärt sind.

Der Dehio Burgenland (1976, S. 174) schreibt zur Burg Lockenhaus ua.:

"Burg Lockenhaus, auf einem vom Günsbach in enger Schlinge umflossenen Felsriegel. Im 13. Jahrhundert als Talsperre erbaut, urkundlich erwähnt 1242. [...]
Durch das Untergeschoß des Bergfrieds Zugang zu einem unterirdischen Raum mit Tonnengewölbe und 2 Rundapsiden aus behauenem Quadermauerwerk. Ursprünglicher Einstieg nur durch Öffnung im Scheitel des Gewölbes, genau darunter im Boden eingelassene flache, wassergefüllte Schale. Schlußsteine mit Kreuz. "Kultraum", Verwendungszweck bis jetzt rätselhaft."

Karl Lukan schreibt in seinem "Burgenlandbuch" (Wien 1998, S. 187 f.):

"Ein Besuch von Lockenhaus ist zugleich auch eine Begegnung mit dem Geheimnisvollen, dem Grausamen und dem Tragischen."

Lukan schreibt über den unterirdischen Saal, dass dieser viel zu groß für die eher kleine Burg sei und ein Drittel der Grundfläche einnehme. 1968 wurde bei einer Restaurierung auch ein Zugang zu jenem Raum geschaffen.

Seriös beschreibt Lukan sowohl jene Gruppen, die in diesem Raum ein Gefängnis sahen, einen Raum für astronomische Beobachtungen, einem geheimen Raum der Templer oder diesen Raum schlicht und einfach als Zisterne betrachten.

Architektonische Details, wie Fünf- oder Sechsecke erinnern an die Tempelritter. Ähnliche astronomische Oberservatorien befinden sich angeblich in der Kathedrale zu Chartres und in der Burg Montségur in den Pyrenäen.

Gräfin Elisabeth Báthory-Nádasdy (1560 - 1614) massakrierte mehr als 600 junge Frauen auf ihren Burgen, von denen eine auch Lockenhaus war, bestialisch zu Tode. Sie schnitt den nackten Frauen Fleisch aus dem Körper und zwang sie, dieses dann roh oder gebraten zu essen. Sie erfand hunderte verschiedenartigste Qualen oder nähte den Opfern vorher den Mund zu, damit sie nicht schreien konnten. Im Prozess wurde sie später zu Zimmerarrest (= auf ihrer Burg Cachtice bis zu ihrem Lebensende eingemauert, sie hatte nur durch ein kleines Loch in der Mauer Kontakt zur Außenwelt) verurteilt.

Auch soll es in Lockenhaus laut Lukan die unheimlichste Wallfahrtsstätte Mitteleuropas geben: ein Gnadenbild in einer düsteren Krypta zwischen Särgen, Sarkophagen und einem Totentanz aus holzgeschnitzten Gerippen.

Bis 1875 wurde auf Burg Lockenhaus von den Mesnern in den Sarkophag des geköpften Graf Nádasdy gegriffen, um den durch Verschwörung der Habsburger im Schnellprozess abgeschlagenen Kopf des Grafen für sensationslüsterne Besucher herauszuziehen.

Burg Lockenhaus scheint also ein ergiebiger Ort zu sein...

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Hier zur Illustration der Grundriss von Burg Lockenhaus und der unterirdische Raum nach Schmeller 1965, S. 146.

Schmeller schreibt:
"Durch einen Torturm gelangt man in den unteren Burghof, von dem aus die Burgküche, Kasematten und ein eigenartiger unterirdischer Raum mit Tonnengewölbe und zwei gestelten Rundapsidien zugänglich sind. Er ist aus gut behauenen Quadern erbaut und stammt nach neueren Untersuchungen [1965] aus dem 13. Jahrhundert. (Schatzkammer?)"

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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Die seit der Barockzeit bekannte Wallfahrt Lockenhaus verfügt über mehrere Gnadenbilder! Zu den bei Gugitz (Gustav Gugitz, Österreichische Gnadenstätten in Kult und Brauch. Band 2, Niederösterreich und Burgenland. Wien 1955, S. 231) angeführten, kommen noch ein Maria Hilfbild und eine Maria vom Guten Rat dazu, wie im 20. Jahrhundert ausgegebene Wallfahrtsbildchen zeigen. Durch diese Bildchen ist auch das Weiterleben dieser Wallfahrt bis in die unmittelbare Gegenwart dokumentiert.
In der Barockzeit waren in Gruftkapellen eingerichtete Wallfahrten nichts Ungewöhnliches, sie sollten wohl die Menschen an die Vergänglichkeit des Lebens mahnen. Eine solche Wallfahrt bestand auch in Mistelbach (Niederösterreich), für die im 18. Jahrhundert Andachtsbildchen mit Darstellung des Kultgegenstandes ausgegeben wurden. Auf dem Bildchen wird die Wallfahrt "Maria in der Gruft" genannt. Unterhalb des Gnadenbildes ist das Innere der Gruftkapelle dargestellt und zwar der Altar und eine Ansammlung unzähliger Totenschädel. Vergleiche dazu ebenfalls Gugitz a. O. S.129f.
 
Hallo Hornarum,

vielen Dank für Deinen vergleichenden Hinweis auf die Gruftkapelle in Mistelbach, Niederösterreich.

Gugitz führt in Lockenhaus das Bruststück der Hl. Maria mit Kind auf, angeblich von Graf Franz Nádasdy 1704 aufgestellt und während des Rákócziaufstandes sakrilegisch behandelt, sowie das Bild des Hl. Donatus, 1723 auf dem Donatusaltar.

Die von Gugitz übrigens in dieser Gegend beschriebene Augustinuskapelle aus dem 17. Jahrhundert mit Heilquelle wird hier dokumentiert.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Neundlinger/Müksch erwähnen in ihrem Buch "Die Templer in Österreich" mehrmals Burg Lockenhaus:
Sie stellen eine mögliche Verbindung zwischen dem unterirdischen Raum auf Lockenhaus und einer unterirdischen Gebetsstätte der Templer im Bereich der heutigen Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem.
Der "Kultraum" auf Lockenhaus soll eine kleine runde Öffnung am Dach haben, durch den zu bestimmter Stunde nur einmal im jahr ein bestimmter (?) Stern hereinleuchtet.
Lockenhaus wird auch als "Tagesetappenziel" für reisende Templer genannt, und als möglicher Beleg die nur eine Tagesreise entfernte Klosterkirche von Jak - diese mit eindeutigen Templersymbolden ausgestattet - angeführt.
Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nur Legenden, Indizien und Vermutungen auf die Templer hinweisen jedoch keinerlei realen Belege vorliegen. Hoffen läßt noch die Freilegung eines vorhandenen, zugeschütteten Brunnens ...

Reinhard Habek beschreibt in "Geheimnisvolles Österreich", dass im Osten der Burg eine Kapelle ein Fenster besitzt, das den ersten Sonnenstrahl am 18. März (Erzengel Gabriel) und den letzen am 29. September (Erzengel Michael) einläßt.
Angeblich befindet sich in einer Apsis des unterirdischen Raums ein Templerkreuz in einem Schlußstein.
Er zitiert Gerhard Volfing, der die bewußte Zerstörung eines Freskos lediglich im oberen Bereich so als möglich deutet, dass man Insignien der Templer auslöschen wollte.
Ein Tabernakelstein mit Symbolen wie einer Brezel und darunter zwei liegend ineinandergehende Ovale wird als "Bäckerzeichen" gedeutet ... wobei die Frage gestellt wird, was wohl ausgerechnet ein Zunftzeichen auf einem Tabernakel zu suchen hat?

Lockenhaus scheint eine harte Nuß zu sein ...

Liebe Grüße
Norbert
 
Hallo,

zufällig habe ich am vergangenen Samstag an einer Templer-Führung in Lockenhaus teilgenommen. Diese wird durchgeführt von dem Verein "Prima Nocte", die sich wirklich ernsthaft mit dem 12./13. Jahrhundert im Speziellen den Templern befassen.

Ich muss leider zugeben, mir nicht allzu viel gemerkt zu haben, da ich ein wenig kränkelnd dem Kerl hinterhergetappt bin. Hauptsächlich hat er die 72 Regeln des Tempelordens erklärt und, jetzt wird es allerdings doch interessant von ihrer Nähe zu den Zisterziensern und dem europaweiten Stationennetz von Zisterzienser-Häusern und Templer-Häusern, immer maximal eineTagesreise voneinander entfernt.

Lockenhaus wird auch als "Tagesetappenziel" für reisende Templer genannt, und als möglicher Beleg die nur eine Tagesreise entfernte Klosterkirche von Jak -

wie Cerambyx nach Neundlinger/Müksch in seinem Beitrag hatte.

Angeblich befindet sich in einer Apsis des unterirdischen Raums ein Templerkreuz in einem Schlußstein.

Hier kann ich Habeck nur bestätigen. Auf der einen Seite ist es ein großes Templerkreuz im Schlußstein, an der anderen Seite ein kleineres im Schlußstein, umkränzt von sogenannten "Jerusalemkreuzen", besser bekannt als Davidsstern.

Zum Abschluss noch auf Lukan eingehend. Mit ihm habe ich vor vielen Jahren ebenfalls an einer Lockenhaus-Führung teilgenommen. Und es war eh ganz lustig und Karl Lukan machte das auch gut, allerdings kam ich mir damals vor wie "Gefangen im Reich der Pendeler", aber das ist eine andere Geschichte.

lg
erich
 
Ich war mit meiner Schulklasse mit 17 eine Zeit lang auf Burg Lockenhaus (Projektwoche). Dort gab es auch einen kleinen Shop mit Prospekten und Schriften zum Thema Gräfin Bartholdy - leider hab ich mir keines gekauft.

Jedenfalls ist die Burg (und ein neuer Anbau) heute eine Art Hotel - und im Rittersaal werden Ritteressen veranstalten mit Typen, die sich als Geister verkleiden. Ich kann mich auch noch an eine Burgkapelle erinnern. Und an einen hohen Raum mit Säulen. Leider nicht mehr an mehr, aber ich krame mal nach Fotos, wenn ich dran denke...
 
Zu den Rätseln aber auch zu den vielen Morden der Gräfin Elisabeth Bathory-Nadasdy, auch als "Blutgräfin" bezeichnet, werden noch bis September "Erlebnisführungen" auf Burg Lockenhaus veranstaltet.

Als Massenmörderin mit den meisten Opfern steht die "Blutgräfin" Elisabeth Bathory-Nadasdy angeblich auch im Guiness-Buch der Rekorde.

Pressemitteilung auf Burgenland.orf.at (externer Link existiert nicht mehr)

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Ich durfte mehrmals Burg Lockenhaus besuchen in den Jahren 1974? bis etwa 1984? wobei ich auch den Tabernakelstein bewundern durfte der allerdings nur noch eine Nachbildung des Originales ist da diesen ein "Besoffener/Gestörter" zerstört hatte. Kann mir jemand Links nennen die diesen Stein, der sich im "Kultraum" befand zeigt?

Tausend Dank im voraus

Lothar
 
Ich war vor etwa 10 Jahren zum ersten und zum letzten Mal auf der Burg Lockenhaus, wir hatten Freunde die dort in der Nähe wohnten und da haben wir uns natürlich die Burg auch nicht entgehen lassen.
Woran ich mich noch gut erinnere: Da gibt es einen Raum wo die Folterinstrumente ausgestellt werden, unter anderem eine "eiserne Jungfrau" (ich glaube das heißt so? Da setzt man sich rein und dann wird der Deckel zugemacht und innen sind lauter Nägel, die sich dann in den Körper bohren).
Auf jeden Fall habe ich die Burg nachdem ich diesen Raum besucht habe fluchtartig verlassen, es befand sich damals auch grad die Ausstellung eines Kubaners im Festsaal, der hatte dort so ne Art Voodoopuppen aus Stroh ausgestellt, insgesamt war mir die Burg einfach viel zu negativ beladen, mir war kotzübel und ich will da jedenfalls nicht mehr hin. ;-)

Alles Liebe, Sonja
 
Tja, Rabenweib, da hast Du nicht den Ursprung der Burg erlebt, sondern wohl nur die "blutige Elisabeth Bathory-Nadasdy"

Aber meine Frage war eine Andere und eine Beantwortung dieser liegt mir wirklich sehr am Herzen. Nämlich Links zum Tabernakel oder Photos von diesem aus dem sogenannten Kultraum, mit dem die "blutige Elisabeth" wohl eher nichts zu tun hatte, da ihre Prämissen völlig anderer Natur waren...... (Irgendwo gibt es auch einen Bericht über den Prozess der sie entsprechend verurteilte, aber, wie bei "hochgestellten Persönlichkeiten so üblich, verbrachte sie den Rest ihres Lebens in einem Luxus-Gefängnis.....)

GVLG
Lothar
 
Nun das gesuchte Bild zum sogenannten "Kultraum" auf Burg Lockenhaus.

Dazu begleitend der beschreibende Text aus der Broschüre von Paul Anton Keller, Ritterburg Lockenhaus, Landschaft und Geschichte, Lockenhaus 1982.

Paul Anton Keller und seiner Frau Margarete Keller haben das große Verdienst, die Burg Lockenhaus vor dem Verfall gerettet, renoviert und dem Land Burgenland als Stiftung übergeben zu haben.

Dennoch sind dem Herrn Paul Anton Keller bei seiner Broschüre zur Burg Lockenhaus gravierende Fehler unterlaufen. Der folgende Text ist daher nur mit größter Vorsicht zu verstehen, der enthaltene esoterische Unfug ist nur der dokumentarischen Vollständigkeit halber dabei:

„…Und doch blieb [Rudolf] Steiner, als er die Burg aufsuchte, die ungeheure Magie des Kultraumes verborgen, denn ein Inwohner der Vorburg hatte einst den Boden des Raums mit einer Betonauflage versehen um ein Wasserbecken für die Hasen und Hühner zu gewinnen, die er sich in der Burg hielt. Zudem war die Bodenfläche hoch mit Schutt bedeckt, Strauchzweige, hereingewehtes Laub und verfaultes Bauholz moderten im Wasser; all das wurde erst 1969 herausgeräumt.

Eine Rotalgenvegetation nahe dem Eingang zum Rittersaal und dem Vorbau zur Kapelle gab Anlass zur Sage vom „roten Pfaffen". Es handle sich um nie versiegendes Blut („... edeles, unschuldiges Blut, in schrecklicher Mitternachtsstunde von frevelhaften Händen vergossen..."), und zwar um das Blut der hingemordeten, durch Verrat überwältigten Ordensritter. Der Hinweis auf den „roten Pfaffen" ist insoferne interessant, als die Johanniter-Hospitaliter einen roten Waffenrock trugen.

Vom Brunnen (11), der seitlich des Palas in die Tiefe getrie­ben wurde, wissen wir, daß der Palatin Thomas Nádasdy ihn durch ausländische Maurer in den Jahren 1548—49 bauen ließ und dass dies 100 fl. kostete, eine enorme Summe. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, dass hier eine alte Zisterne vertieft und erweitert wurde. In der Urkunde wird der Brunnen „lebend" genannt. Derzeit ist er zum Hauptteil verschüttet. Der Schacht ist zwei Meter weit und soll bis zur Taltiefe reichen. Joseph Scheiger, den man 1824 in die Brunnentiefe blicken ließ, schil­derte: „...wo ein bey 60 Klafter (114 Meter) tiefer Brunnen, ganz in Felsen gehauen, und mit seiner Öffnung dem Boden gleich gähnt, den Bewohnern der Burg (arme Inleute) durch hineingeworfenes brennendes Stroh erleuchtet, um dem Besu­cher seine furchtbare Tiefe zu zeigen."

Von diesem Brunnen erzählt der Volksmund, dass er den Fluchtweg durch den „unterirdischen Gang" ermöglicht habe. In großer Tiefe sehe man noch eine eiserne Tür mit einem Schlüssel (!).

Jüngst sind, wie schon erwähnt, erstaunliche Fakten über die Anlage der Hochburg, insbesondere des Kultraums festgestellt worden, die den rein fortifikatorischen Charakter des Baues mit deutlich wahrnehmbaren mystisch-irrealen Belangen überdecken und somit den Kern der Anlage aus völlig neuen Gesichts­punkten erhellen. Demnach war hier das Kriegshandwerkliche von starken, religiöse Komponenten betonenden Kräften un­terströmt. Der Kapellenturm, eine Wehrkirche immerhin, die Mauerzüge und Fensteröffnungen der frühen Anbauten aber nach astronomischen Erkenntnissen errechnet und errichtet. Auch astrologische Normen bezieht man ein. Das vertieft den an sich geheimnisvollen Habitus der Burg sehr und lässt für die Zukunft weitere bemerkenswerte Klarstellungen erwarten.

Zweifellos ist die Kommunikation zwischen dem Lichtauge vom Hof her und der aus dem Felsen gemeißelten Schale in­mitten des Raumes aus solchen Belangen geschaffen worden. Über den Kultraum stellt der Forscher Hans Waltenberg, Frankfurt, fest: „Bei dem Bau wurden bestimmte Absichten verfolgt, die nicht allein mit der Kriegstechnik erklärt werden können. Die Erbauer müssen mathematische und astronomische Kenntnisse besessen haben...
Bei den gegebenen Verhältnissen ist es in Lockenhaus un­möglich, dass die Sonne sich in einem Spiegel in dem mit Was­ser gefüllten Becken jemals spiegeln konnte. Beim Sommersolstitium beleuchtete um 12 Uhr mittags der einfallende Sonnen­strahl den nördlichsten Punkt des großen Mittelkreises auf dem Boden. Aber eine Reihe von zirkumpolaren Sternen, die bei ihrer Kulmination senkrecht über der Öffnung stehen, können sich in der Bodenschale spiegeln. Diese sind:

Deneb im Schwan mit einer Deklination von 42° 75'
Algenib im Perseus mit einer Deklination von 47° 30'
Capeila im Fuhrmann mit einer Deklination von 44° 10'.

Bei der Spiegelung wirkt die obere Öffnung wie ein Okular. Dadurch, dass sich dieser Vorgang in einem halbdunklen Raum abspielt, kann die Beobachtung einer Himmelskonstellation auch während der Morgendämmerung erfolgen. In der Mitte
des 13. Jahrhunderts kulminierte Deneb kurz vor Sonnenauf­gang am 29. 5. jul. Dabei stand die Sonne im Sternbild des Stieres. Algenib kulminierte am 11. 8. jul. in der Morgendäm­merung, wenn die Sonne im Löwen stand. Dabei hatte die Sonne kurz vor ihrem Aufgang eine untere Konjunktion mit dem Regulus. Etwa in der gleichen Nacht setzten auch die Sternschnuppenfälle aus dem Perseidenradianten ein. Wegen ihrer großen Geschwindigkeit konnten diese Sternschnuppen allerdings nicht aus dem unterirdischen Raum beobachtet wer­den. Capeila kulminierte am 8. 9. jul. kurz vor Sonnenaufgang. Jetzt stand die Sonne in der Jungfrau. Auch um Mitternacht konnten bei diesen drei Sternen die jeweiligen Kulminationen beobachtet werden und dadurch sowohl eine Datum- wie auch eine Zeitbestimmung erfolgen."

Dass sich hieraus mystische Kulthandlungen erahnen lassen, ist naheliegend, ja höchst wahrscheinlich. Das Phänomen wird mit dem Laurentiustag in Zusammenhang gebracht und was dieser Name in Verbindung mit der Burg Lockenhaus besagen soll, wird an anderer Stelle dieses Buches erklärt.

Zu denken ist hier an die Kathedrale zu Chartres, in der ein ähnlich mystischer Lichteffekt geschaffen wurde, gleichwie an die Burg Montségur in den Pyrenäen, die bedeutende astro­nomische Fakten aufweist und dem Sonnenkult zugedacht war.

Wer im malerischen, von unverfälschter Burgenromantik durchatmeten Burghof die heftig bewegte, oft wild ausbre­chende Historie des alten Hauses in Gedanken an sich vor­überziehen lässt und auch des Baubildes gedenkt, kann bald erkennen, dass es ein Haus war, in dem auch der Herr wohnte, dauernd wohnte, und nicht nur seine Reisigen lebten — allein der Rittersaal bezeugt dies. Die Gesamtanlage ist wie eine Symphonie, unterströmt von Wehrwillen und Mystik. Die Vorburg eine Ouvertüre, die in großartiger Steigerung über das magische Dunkel des geheimnisvollen Kultraumes im zweiten Hof zur mächtigen Raumgebärde der gotischen Halle leitet. Da die Burg jeweils lange im Besitz bedeutender Ge­schlechter war, blieb ihr das Altersgesicht erhalten, in das die Jahrhunderte Runen gegraben haben. In der Tat ist die Begeg­nung mit ihr ein Gang in den verfinsterten Raum abgelebter Jahrhunderte, ein unvergleichlich eindrucksvolles Zeugnis un­verwechselbarer Eigenart. So hat die Burg Lockenhaus nicht ihresgleichen. Sie hat Kriegswirren, Gewalttat, Feuer und Mord erlebt wie jeder andere alte Wehrbau, und doch schwebt um ihre Mauern ein Unerlöstes "wie Magie, und das macht es, dass diese Burg so oft in mystischem Dunkel gesehen wird. Die Sagen, Legendenkranz jeder Burg, geben nicht Anlass dazu. Theosophen und Parapsychologen, Hellseher und beflis­sene Geisterbeschwörer haben sich für die Burg interessiert, und ein Besucher will dort sogar eine Irminssäule gesehen ha­ben — in der Burg oder im Ort? —, Irmin, dem Wanderer der germanischen Mythologie, zugedacht. Doch alte Bauten gebä­ren Träume, und Traum muss bleiben, was als sichtbares, stum­mes Zeichen die Sinne bewegt.

In manchen Beschreibungen der Burg, in Büchern und Zeit­schriften vornehmlich aus jüngster Zeit, seit den Klarstellungen im sogenannten Kultraum der Hochburg, wird sie „Gralsburg" genannt und Hinweise auf den „Gral" tauchen immer wieder auf, verständlicherweise ohne dass es zu schlüssigen, beweis­trächtigen Formulierungen käme. Wie wollte man wohl fixie­ren, was sich in der Rückschau über einen ungeheuren Raum der Zeitgeschichte einer klaren Sicht und Erkenntnis entzieht?
Zweifellos eines der ehrwürdigsten Probleme und seit alters in aller Mund: der Gral. Was ist darunter zu verstehen? Die Meinungen überschneiden sich. Ein Stein? Ein Gefäß mit Christi Blut? Tief in Esoterik Verflochtene wollen darin das Gefäß sehen, aus dem der Sohn Gottes beim Hl. Abendmahl trank und mehr noch: in diesem Gefäß habe Joseph von Arimathäa das Blut des Gekreuzigten aufgefangen. Die Schale werde in der Kathedrale von Valencia aufbewahrt. Dieses Gotteshaus birgt ein sehr altes schalenartiges Gefäß, das als „Gral" be­zeichnet wird, doch dringen andere Überlegungen beträchtlich über diese Vorstellungen hinaus.

Manche Forscher führen die Gralslegende weit in keltische Geschichtsbezirke hinein, viel zu tief in Sagendämmerung als dass der Suchende damit leicht zu Rande käme.

Und die Burg Lockenhaus, sofern sie eine Tempelritterburg war — darauf weist nicht nur das Tatzenkreuz im Kultraum, sondern auch die 1670 sogar urkundlich verbriefte Überliefe­rung hin — hätte in diesem Rätselraum demnach Gralsmythen erlebt? Daher der in neuerer Zeit immer wieder auftauchende Hinweis auf die Gralssymbolik der Burg? Dies zu belegen haben wir, wie gesagt, keine Urkunde, zumal die Templer be­klagenswerterweise ja selber ihr Sein und Sinnen mit Geheim­nissen umgaben. Dennoch: so völlig in der Luft hängt der Hin­weis auf kultische Handlungen zu Lockenhaus nicht. In jüng­ster Zeit wurden einige wesentlidie Erkenntnisse, um nicht zu sagen: Entdeckungen in diesem uralten Bau belegt.

Zwei deutsche Forscher — Dr. med. Gerhard Groß aus Han­nover und Hans Waltenberg aus Frankfurt —, haben, unab­hängig voneinander, esoterische Belange im Kultraum festge­stellt. Diese Forschungsergebnisse sind neuen Datums. Waltenberg will mangels schriftlicher Zeugnisse aus so früher Zeit, die „Steine und Sterne Aussagen machen lassen." Er erkennt in der Bauplanung der Hochburg Gesetze der Symmetrie und meint: „Der Burg scheint das Fünfeck und Sechseck (Hexa­gramm und Pentagramm) innezuwohnen... Von Barres stammt der Ausspruch: „es gibt Stätten, wo der Geist weht, wo sich ihm Organe für das Göttliche öffnen und wo der Geist den Menschen durchdringt! Solche Stätten, wo Himmel und Erde sich begegnen, waren die Orte, an denen die Kultstätten ent­standen." Und Waltenberg schließt: „Wenn diese Ausführun­gen auch keinen direkten Beweis für die Anwesenheit der Templer darstellen, ist deren Tätigkeit und Wirken in (der Burg) Lockenhaus hiemit wahrscheinlicher gemacht."

Hat der bescheidene Burgwanderer Joseph Scheiger, als er 1824 die Burg aufsuchte und im Kultraum den Eindruck emp­fing, die Halle „habe wohl einst zu der Templer verborgensten Mysterien gedient" doch richtig geraten?

Die eigentliche kultische Bedeutung des Raumes wurde ganz entscheidend betont und vertieft, als die Burgherrin in den dunklen Gewölbetiefen der Vorburg das tabernaculum, das Sa­kramentshäuschen fand, das zweifellos im Kultraum gestanden und heruntergetragen worden war, als man den Hühner-Was­serkeller schuf. Dieses einmalige Werkstück aus Stein mit sorgfältig ausgeführter Hostienkammer trägt auf seiner Stirn­seite tief eingegraben die Symbolzeichen der alten Esoteriker — der Häretiker? —: ein ineinander verflochtenes Schlangenpaar, Symbol für das Wort „Religio", und untenhin das Zei­chen des Brotes, in profaner Sicht eine Kringel, von einem ro­manischen Bogen, in allen Maßen durch 3 teilbar, umrahmt. Über die Symbolik und die Bedeutung der Hostienkammer hat Dr. Gerhard Groß in mühevoller Kleinarbeit referiert und die Bedeutung einwandfrei klargestellt.

So wäre die Burg dem Gralskult zugeordnet gewesen? Die­ses Geschichtsbild rückt mit großer Wahrscheinlichkeit näher. Rudolf Meyer sagt in seinem schönen Buch „Der Gral und seine Hüter" (1955): „Das Geheimnis unseres Jahrhunderts wird man, trotz aller ihm widerstrebenden Tendenzen, als das einer einzigartigen Gralsnähe charakterisieren dürfen."

Der Kultraum zu Lockenhaus hat mit seinem magischen Lichtauge und der steinernen Hostienkammer in der ganzen Welt nicht seinesgleichen. Er war und ist der magische Herz­punkt der Burg Lockenhaus.

In verdämmerte Frühzeit rückwandernd, in alten Urkunden forschend, Jahrhunderte aufblätternd, taucht plötzlich ein Na­me aus dem Dunkel der Vergangenheit: Leuca — Burg Loc­kenhaus, im Osten des mitteleuropäischen Siedlungsgebietes. Im Februar 1242 baten die Kirche und der Laienstand Un­garns den Papst um Hilfe gegen die Mongolen. Die „tatari", furchtbare Landzerstörer, hatten die zugefrorene Donau über­schritten und drangen mit Mord und Brand voran ins Land. Einige Burgen wurden noch gehalten, und unter sie ist Leu­ca — Lockenhaus gereiht.

Attila war schon lange tot. Doch das Bett, in das sich die Flut der Völkerwanderung ergossen hatte, füllte sich immer wieder aus dem nie versiegenden Reservoir der Weiten des ungeheuer auf drohenden Ostens; stets von neuem drängte Fremdvolk heran gegen die Bollwerke des Abendlandes.“
Quelle: Paul Anton Keller, Ritterburg Lockenhaus, Landschaft und Geschichte, Lockenhaus 1982
Im Anhang das gesuchte Bild zum "Kultraum".

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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Im folgenden ein kurzer Ausschnitt aus dem Buch:

Reinhard Habeck, Geheimnisvolles Österreich - Rätselhafte Funde, Wundersame Erscheinungen, Übersinnliche Phänomene, Wien 2006, S. 36 - 37.

Der Ausschnitt zeigt ein besseres Bild des "Tabernakelsteines" im "Templerkultraum" der Burg Lockenhaus.

Ich persönlich kann leider nur nur einen Innungsstein einer Bäckerei erkennen... :)

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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Nur mal "so nebenbei" sage ich herzlichen Dank für Eure Mühen.

Muß allerdings auch sagen, daß ich, als ich das erste Mal diesen Raum betrat ein unheimliches Glücksgefühl hatte und trotzdem sehr sehr traurig war, da ich das Gefühl hatte daß etwas hier zerstört war das diesem Raum etwas unbeschreibliches verlieh. Erst beim Umdrehen entdeckte ich den Tabernakelstein und wußte daß dieser nicht der Richtige war....

Wohlgemerkt: Mir war diese Burg kein Begriff, hatte auch nie etwas darüber gelesen, gehört oder sonstwie und trotzdem lief ich durch diese Burg und erklärte den Mitreisenden (Meinen Eltern und meiner damaligen Freundin) was welcher Raum bedeutete und was sich hinter der nächsten Tür verbarg.

Ihr könnt mich gerne für verrückt erklären, ich selber kanns mir auch nicht erklären zumal ich mit Esoterik, Steiner(Wußte damals gar nicht das er diese Burg kannte ) etc. nichts, aber auch gar nichts am Hut habe


Also, nochmals tausend Dank für Eure Mühen

Lothar
 
Ein wirklich spannendes Thema, aber die Ausführungen von Herrn Keller sind doch etwas sehr "phantasiebegabt". Leider enthält die ganze Geschichte um die Burg auch zuviele "Dauerbrenner" der historischen Populärwissenschaft: Templer, Blutgräfin, Astronomische Architektur
Meistens ist die einfachste Erklärung die wahrscheinlichste. Auf jedenfall würde ich die Burg gerne mal besuchen!
 
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