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Die "152" - das erste deutsche Verkehrsflugzeug mit Strahlantrieb

Dresdner

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Am gestrigen Tag, dem 4. März 2007, jährte sich zum fünfzigsten mal der Absturz des ersten deutschen Düsenpassagierjets, der "152".
Junkers Ingenieure wie Brunolf Baade waren es, die nach mehrjähriger Arbeit in der UdSSR die Hauptverantwortung für die Luftfahrtindustrie der DDR trugen. Insgesamt wurde in der DDR an vier verschiedenen Typen strahlgetriebener Passagierflugzeuge gearbeitet, die "152" war der erste und am weitesten entwickelte Typ. Der Erstflug der Maschine fand am 4. Dezember 1958 bei Berlin statt. Bein zweiten Flugversuch kam es zum Absturz bei Ottendorf-Okrilla, die Maschine ging in einem riesigen Feuerball auf, wie Alfred Nevoigt berichtete, Pilot einer IL 14, welche als Notfallmaschine auf dem Flughafen Dresden-Klotzsche in Bereitschaft stand. Pilot der abgestürzten 152 war Willi Lehmann, Copilot Kurt Bemme, Bordingenieur Paul Heerling und Flugversuchsingenieur Georg Eismann. Der Absturz hatte auch einen politischen Aspekt; Ulbricht wartete zusammen mit Chruschtschow vergebens auf den Überflug der Maschine anlässlich der Leipziger Frühjahresmesse.
Im Jahre 1960 folgten noch zwei Flüge der 152; die Absturzursache des Prototyps wurde nie endgültig geklärt. 1959 widerrief die UdSSR die ursprünglichen Kaufzusagen für die DDR-Flugzeuge, da die eigenen Kapazitäten der Sowjetunion völlig ausreichten. Dies war das Ende für die Produktion von Passagierdüsenjets in der DDR. Heute erinnern ein Großmodell und der letzte erhaltene Rumpf der Maschine im Flughafen Dresden-Klotzsche an dieses Kapitel der Technikgeschichte. Mein verstorbener Vater war im damaligen VEB Strömungsmaschinenbau Pirna-Sonnenstein als Testingenieur in einem der Bremsenprüfstände tätig. Vor einigen Jahren habe ich seinen Nachlaß dem Verkehrsmuseum Dresden zur Aufbewahrung übergeben.

Der Dresdner Airport schreibt zur Geschichte der Flugzeugproduktion in Dresden:
Die Dresdner Luftfahrtindustrie und die 152 – ein kurzer geschichtlicher Abriss

Ab dem Beginn der 1950-er Jahre plante die DDR-Regierung den Aufbau eines eigenen Verkehrsflugzeugbaus. Als Standort für die Flugzeugproduktion wurde Dresden-Klotzsche ausgewählt, wo die Hallen und Gebäude der Luftkriegsschule gute Voraussetzungen für eine rasche Produktionsaufnahme erwarten ließen. Nach zähen Verhandlungen mit den sowjetischen Truppen, welche die Klotzscher Anlagen nutzten und hier einen regen fliegerischen Ausbildungsbetrieb durchführten, konnte ab 1955 eines der größten Investitionsvorhaben der DDR-Volkswirtschaft beginnen.

Auf dem Gelände des 1935 eröffneten Flugplatzes und der Luftkriegsschule wurde eine 2.500 Meter lange und 80 Meter breite Start- und Landebahn errichtet, die – mehrmals instandgesetzt – bis Mitte des Jahres 2007 in Betrieb war. Außerdem wurden zwei gewaltige Montagehallen und eine Vielzahl weiterer Gebäude und Anlagen errichtet. Aus dieser Zeit stammt auch die Montagehalle 219, die zwischen 1998 und 2001 zum neuen Flughafen Dresden Terminal umgebaut wurde.

Der Dresdner Flugplatz befand sich nun im Besitz der DDR-Luftfahrtindustrie und es begann die Lizenzproduktion von Il-14-P-Passagierflugzeugen. Das ehrgeizigste Projekt der Ingenieure war aber die 152, die zum Aushängeschild des DDR-Flugzeugbaus werden sollte. Durch Materialmangel und Kapazitätsengpässe kam es jedoch zu erheblichen Verzögerungen bei der Entwicklung und beim Bau des ersten deutschen Düsenverkehrsflugzeugs.

Am Vorabend des Maifeiertages 1958 wurde die 152 feierlich vor die Halle 222 gerollt. Die DDR-Staatsführung nutzte das Roll-out für eine große propagandistische Inszenierung. Auf den Bildern der Fernsehkameras war der mangelhafte Montagestand der Maschine nicht zu erkennen, die Reden verschwiegen die erheblichen Terminverzögerungen. Erst Ende des Jahres war die 152 zum Erstflug bereit, der schließlich am 4. Dezember 1958 gelang.

Aber schon bald erlitten die Arbeiten an diesem engagierten Projekt einen tragischen Rückschlag. Am 4. März 1959, bei seinem zweiten Flug, stürzte der 152-Prototyp im Anflug knapp sechs Kilometer vor dem Flughafen ab. Die vierköpfige Besatzung kam ums Leben. Die Ursachen des Absturzes sind nie endgültig geklärt worden; die Untersuchungen blieben streng geheim.

Die Il-14-P-Serienproduktion wurde Ende der 1950-er Jahre beendet, wodurch die gesamte Kapazität des Flugzeugwerks für die Fertigung der 152 zur Verfügung stand. Nach neuerlichen Verzögerungen wurde 1960 ein weiterer Prototyp der 152 fertig gestellt, der zwei erfolgreiche Probeflüge absolvierte. Zu dieser Zeit fiel aber die Entscheidung, den eben erst aufgebauten DDR-Flugzeugbau einzustellen. Das Prestigeprojekt hatte bis dahin bereits 1,3 Milliarden Mark verschlungen. Es wäre noch auf Jahre hinaus unwirtschaftlich gewesen. Dies hätte die ökonomische Leistungsfähigkeit der international isoliert arbeitenden DDR-Volkswirtschaft überfordert. Ihr fehlten die Absatzmärkte sowohl im kapitalistischen Westen als auch im Ostblock, wo vor allem die Sowjetunion ihre eigenen Flugzeuge verkaufen wollte.

Nach dem Ende der DDR-Flugzeugbaus übernahm 1962 die Nationale Volksarmee (NVA) den Flugplatz. Aus dem Flugzeugwerk wurde die Flugzeugwerft Dresden, die sich mit der Instandsetzung militärischen Fluggeräts beschäftigte, während im Gebäude, wo die 152 statisch getestet wurde, ab 1961 das Institut für Leichtbau und ökonomische Verwendung von Werkstoffen (IfL) angesiedelt war.

Die Dresdner Luftfahrtindustrie heute

Nach der politischen Wende hat die Dresdner Luftfahrtindustrie an alte Traditionen angeknüpft und sich wieder zum Zentrum dieser Branche in Sachsen und Mitteldeutschland entwickelt. Die EADS Elbe Flugzeugwerke GmbH (EFW) rüstet hier als einziges Werk der Welt Passagiermaschinen der Airbus-Familie zu Frachtmaschinen um und produziert Innenausstattungskomponenten für Airbus-Flugzeuge vom A318 bis zum A380.

Die 1993 gegründete, aus dem IfL hervorgegangene IMA Materialforschung und Anwendungstechnik GmbH (IMA Dresden) führt technisch-wissenschaftliche Dienst- und Forschungsleistungen auf den Gebieten der Werkstoff-, Bauteil- und Erzeugnisprüfung bzw. -begutachtung durch. Die IABG Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH nimmt in Dresden den Ermüdungsversuch am neuen Großraumflugzeug Airbus A380-800 vor. Er findet in einer gemeinsamen Halle von IABG und IMA statt. Im Oktober 2008 hat die IABG ein weiteres Gebäude für den Ermüdungsversuch am Militärtransporter A 400 M eingeweiht.

Weitere Unternehmen am Flughafen Dresden fertigen, prüfen und warten Flugzeugkomponenten. Das Kompetenzzentrum für Luft- und Raumfahrttechnik Sachsen/Thüringen mit Sitz am Airport vereinigt luftfahrtaffine Firmen der Region.

Ausführliche Informationen zur 152 mit Fotogalerien, Schnittzeichnungen und Bestellmöglichkeiten von detailliertem Informationsmaterial finden sich auf der Internetseite (Admin: externer Link existiert nicht mehr)

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