• Willkommen im SAGEN.at-Forum und SAGEN.at-Fotogalerie.
    Forum zu Themen der Volkskunde, Kulturgeschichte, Regionalgeschichte, Technikgeschichte und vielem mehr - Fotogalerie für Dokumentar-Fotografie bis Fotogeschichte.
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst Du eigene Beiträge verfassen und eigene Fotos veröffentlichen.

Bergkirche zu Schleiz

Moosweibchen

New member
Hallo,

seit Monaten bin ich auf der Suche nach einer Sage aus dem Thüringer Vogtland. Darin geht es um die Bergkirche zu Schleiz, in der es in der Nacht vor Heiligabend spukt. Zu dieser Zeit feiern die Toten dort ihre Messe und wer als Lebender zufällig da hinein gerät, muss fortan bei den Toten bleiben.

Gelesen habe ich die Sage einst in einem Buch, das wohl noch weit vor der Wende erschienen sein muss. Ich glaube der Titel war "Sagen aus dem Vogtland" oder "Vogtländische Sagen" oder auch "Weihnachtsgeschichten aus dem Vogtland". Leider kann ich weder das Buch noch die Geschichte irgendwo finden.

Meine Frage: Kennt einer von Euch die Sage oder das Buch? Wo kann ich den Text finden und nachlesen?

Danke Im Voraus!
 
Hallo Moosweibchen,

ich habe gründlich in meiner Bibliothek recherchiert und habe die von Dir angesprochenen Bücher leider nicht.

Ich kann zu Schleiz nur die folgende Sage "Rungele" finden, vielleicht ist das jene die Du suchst?

Ansonsten hoffen wir auf weitere Leser die hier weiterhelfen können.

Rungele

Im Monat September 1654 trug sich zu Schleiz eine wunderliche Geschichte zu. In eines Schusters Haus am Markte, der Hans Frank hieß, war, wie die Sage geht, ein Gespenst in die Stube gehext worden, welches ein ganzes Vierteljahr alle Tage von abends sechs Uhr an bis neun Uhr sein Wesen trieb und mit allerhand Sachen die Kinder und das Gesinde warf. Wenn die Magd nach dem Abendessen in der Stube aufwusch, zog es ihr den Hader aus dem Scheuerstutz und warf ihr wohl dann den nassen Lappen ins Gesicht. Als das Gerücht davon laut wurde, kamen jeden Abend Nachbarn und andere Leute in das Haus, um zuzusehen, und auch diese wurden geworfen, so daß mancher nicht wiederkam. Bei Tage versteckte es Messer und Löffel, daß, wenn die Leute zu Mittag essen wollten, sie weder Löffel noch Messer fanden. Des Schusters Tochter nannte das Gespenst Rungele und rief: Rungele, bring mir doch mein Messer und Löffel wieder! – da wurden die Messer bei hellem Tage auf den Tisch geworfen, daß sie in die Höhe sprangen. Als der Schuster ein Speckschwein schlachten ließ und die Würste in die Stube auf Stroh gebracht wurden, nahm Rungele eine Weißwurst und legte diese dem Fleischhauer gleich einer Krause um den Hals. Über dem Essen warf es eine Handvoll Zwiebeln in die Suppe, daß diese rundum aus der Schüssel spritzte. Dem Schuster zog es das Geld aus der Tasche und warf es dann, wenn die Kinder Milch aßen, in diese hinein, daß die Kleinen das Geld mit Löffeln aus der Milch fischten, wie manche Klugnieser die Weisheit. Einstmals waren die Kinder allein zu Hause, und abends, als es dunkel wurde und sie miteinander in der Stube spielten, da erschien plötzlich das Rungele in Gestalt eines kleinen Kindes mit einem weißen Hemde und bloßer Brust, die blutig war, und lief auf einer Stange herum. Als es das Mädchen erblickte, fing dieses an zu schreien, und die Kinder liefen ängstlich hierhin und dorthin und suchten ihre Nachbarn und Eltern. Als diese und andere Leute nun kamen, schickten sie das Mädchen, welches das Rungele jederzeit gerufen, allein in die Stube, um zu sehen, ob das Kind noch vorhanden, welches das Mädchen auch hinter dem Ofen stehend fand. Das fragte: Was willst du, Kindlein? – Da antwortete die Erscheinung: Du kannst mir doch nicht helfen! – Auf das Geheiß einer Frau, welche vor der Stubentüre stand, mußte das Mädchen noch mancherlei fragen und erhielt allezeit Antwort. Endlich, als das Mädchen sagen mußte: Gehe hin, Kindlein, in deine Ruhe und komme nicht wieder! – da wich es zwar aus der Stube, allein es hielt sich immer noch eine ziemliche Zeit im Hause auf und hat, wenn die Kinder zu Bette gegangen, diese geklitscht, gerauft, bei der Nase gezogen, ja bisweilen sogar Maulschellen ausgeteilt, es kam auch vor des Schusters Bette und wiegte das kleine Kind in der Wiege so stark, daß diese hinten und vorne aufsprang. Es zog die Schlüssel von den Gesperren ab, nahm die Bratwürste, legte diese auf einen Rost und briet sie im Ofen und verzehrte sie auch, wobei es die Schalen im Ofenloch liegen ließ. Wollte der Schuhmacher zu Markte gehen, dann nahm es ihm die Schuhe von der Stange und schleifte hin und wieder etliche Male ganze Häute zusehends hinweg. Endlich geriet das böse Gespenst in einen Kuhstall, wo es etlichemal die Treppe, die vom Heuboden hinab in den Stall führte, abhob und vor die Stalltür legte, darnach löste es die Kühe ab und jagte sie im Stall herum, daß der Schaum auf ihnen stand. Als es nun darüber ein paarmal verstört wurde, ist es endlich gar ausgewichen. Es hat sich aber hernach in andern Häusern sehen lassen, wo es großen Schaden getan. Einem Tuchmacher hat es die Werfte, die dieser trocknen wollte, mehrmals entzweigeschnitten, an einem andern Orte hat es Kuhkot in die Milch geworfen und die Milchmagd mit Steinen aus dem Stalle getrieben.

aus: Ludwig Bechstein, Deutsches Sagenbuch, 1853.


Wolfgang (SAGEN.at)
 
Hallo Wolfgang,

vielen Dank für Deine Mühe! Leider war das auch nicht die Geschichte, nach der ich suche. Irgendwie scheint diese vor etwa zwanzig Jahren aus sämtlichen Archiven verdunstet zu sein. Ich kenne einige Personen, die sich erinnern, sie einst gelesen zu haben, aber keiner weiß, wo man sie finden kann.
Trotzdem nochmals danke!
 
Zurück
Oben