Die Wallfahrtskirche Maria Trens in der Gemeinde Freienfeld im Wipptal in Südtirol ist ein ganz besonderer Ort, der zum Besuch einlädt.
Die Wallfahrt ist seit dem Jahr 1345 verbrieft, die Gnadenkapelle wird nach wie vor gut besucht, es ist zweifellos ein besonderer Ort.
Volkskundlich bemerkenswert ist eine historische Vorstellung, nach der nur lebende Kinder getauft werden konnten und damit in geweihter Erde begraben werden durften.
Diese Vorstellung ist auch durch zahlreiche historische Votivbilder bezeugt.
Dazu im aktuellen Kirchenführer "Maria Trens":
Der Südtiroler Volkskundler Peter Stürz († 1984) schreibt:
Der von Peter Stürz zitierte letzte Bericht einer solchen Nottaufe bringt für die Zeit des Erscheinens (1872) eine erstaunlich heftige Kritik an der Kirche und dem kirchlichen System. Hier überrascht besonders der erste und der letzte Absatz, der mit seiner Kritik am Aberglauben auch 150 Jahre später noch gültig ist.
Diese Kritik ist trotz aller Wissenschaft auch noch heute gültig.
Wolfgang (SAGEN.at)
Die Wallfahrt ist seit dem Jahr 1345 verbrieft, die Gnadenkapelle wird nach wie vor gut besucht, es ist zweifellos ein besonderer Ort.
Volkskundlich bemerkenswert ist eine historische Vorstellung, nach der nur lebende Kinder getauft werden konnten und damit in geweihter Erde begraben werden durften.
Diese Vorstellung ist auch durch zahlreiche historische Votivbilder bezeugt.
Dazu im aktuellen Kirchenführer "Maria Trens":
"Die deutlichste Sprache, unmittelbar und eindringlich, sprechen aber die Votivtafeln, von denen noch viele erhalten sind. Bei den in der Kirche verbliebenen Votivtafeln fällt die Zahl jener auf, die von sog, „Zeichenkindern“ berichten. Es herrschte damals an mehreren Marienwallfahrten unserer Diözese der Brauch, dass totgeborene Kinder vor das Gnadenbild gebracht wurden, manchmal aus weiter Ferne, damit sie durch die Fürbitte Mariens für kurze Zeit zum Leben erweckt würden, daraufhin getauft und in geweihter Erde beigesetzt werden konnten.
Zur „Trenser Mutter“ hatten die Leute besonderes Vertrauen. Die Begleiter kamen mit brennenden Kerzen, das Kind wurde auf den Altar gelegt und gerieben, wenn dann Lebenszeichen beobachtet werden konnten (Wechseln der Hautfarbe, Blutungen, Öffnen des Mundes und der Augen), glaubten die Pilger sich erhört, weil das Kind „gezeichnet“ hatte. Der eilends herbeigerufene Pfarrer oder auch Mesner konnte dann das Kind bedingungsweise taufen. Weil sich derartige Kindestaufen häuften, befasste sich 1683 auch die Diözesanleitung, das fürstbischöfliche Ordinariat, damit und verbot die Taufen totgeborener Kinder; die Pfarrer von Stilfes, Brixen und Münster im Unterinntal wurden ebenfalls verständigt, weil auch dort angeblich Missbräuche bestanden. Das Verbot bewirkte aber große Verwunderung im Volke, dem die himmlische Seligkeit der unschuldigen Totgeborenen sehr am Herzen lag. Daraufhin wurde dem Dekan Peisser die Erlaubnis erteilt, unter gewissen Bedingungen auch weiterhin solche Taufen zu spenden, wobei sich auch Dekan Elias von Vesmayr und sein Pfarrmesner auf die „Mirakeltafel“ - das ist ein gemalter Wunderbericht - berufen konnten. Aus dem Jahr 1812 ist die Tafel eines Zeichenkindes erhalten: „Durch die Anrufung dieser Gnadenmutter haben mir //Alle unsre Kinder zur Taufe gebracht.“" (Karl Gruber, Maria Trens, Kirchenführer Pfarrei Maria Trens, gekauft 2024)
Der Südtiroler Volkskundler Peter Stürz († 1984) schreibt:
"Die „Not-Taufen“ in Trens
Betrachtet man die zahlreichen Votivtafeln an der linken Kirchenwand in Trens, so fällt einem auf, dass besonders häufig Wickelkinder abgebildet sind.
Ein in der Zeit vom 17. bis zum 19. Jahrhundert in Tirol an verschiedenen Wallfahrtsorten belegter Brauch hatte in Trens eine ganz besondere Bedeutung. Es war dies der Brauch der sogenannten Not-Taufen an totgeborenen Kindern oder auch an Frühgeburten.
Man brachte diese toten Babys, fallweise sogar auch nur einige Monate alte Embryonen, manchmal aus weiter Ferne nach Trens, damit sie dort durch die Fürsprache der Gnadenmutter für ganz kurze Zeit zum Leben erweckt würden, die Nottaufe empfangen und nach Wiedereintritt des Todes in geweihtem Erdreich begraben werden könnten. Die Löschung der Erbschuld durch das Sakrament der Taufe, weniger der Tod des Kindes, war für die Eltern in erster Linie das Problem.
Die Kinder wurden auf den Altar gelegt, am ganzen Körper abgerieben und dabei das Eintreten gewisser vermeintlicher Lebenszeichen beobachtet. Rötungen der Haut, Blutungen, Atemgeräusche oder andere Zeichen wurden als Lehensäußerungen gedeutet. Man sagte dann, das Kind habe „gezeichnet“ und konnte somit getauft werden. 1683 befasste sich das Brixner Ordinariat mit dieser Angelegenheit, die häufig sicherlich in Unfug entartete, und untersagte offiziell diesen Brauch. Auf Drängen des Volkes wurde dieses Verbot durch ein eigenes Dekret wieder aufgehoben. 1692 erfolgte erneut ein bedingungsloses Verbot. Das Volk hielt sich in der Praxis jedoch nicht daran. Noch im 19. Jahrhundert wurden öfters totgeborene Kinder nach Trens gebracht. Das letzte Mal hat im Jahre 1871 eine solche „Kinderzeichnung“ großes Aufsehen erregt. Damals brachte man ein im achten Monat totgeborenes Mädchen von Mölten am Tschögglberg in die Wallfahrtskirche nach Riffian und als man dort mit der Wiederbelebung keinen Erfolg hatte, wollte man es noch nach Trens bringen. Bei einem neuerlichen Versuch in Riffian - das Kind musste wieder ausgegraben werden - hatte man den erwünschten Erfolg. In der Zeitung „Bote für Tirol und Vorarlberg“ (2. Juli 1872) ist ein vom Pfarrer von Mölten, Johann Klötzner, mit 4. Mai 1871 datierter Bericht über diesen Vorfall erschienen. Dieser Bericht entbehrt nicht makabrer Stellen.
Wurde dieser Brauch vielfach auch als arger Unfug, als Missbrauch bezeichnet, zeugt er auf alle Fälle von einem großen Wunderglauben und letztlich von einer überaus hohen Wertschätzung des Taufsakramentes. (Peter Stürz, Der Wallfahrtsort Maria Trens, Südtirols beliebteste Gnadenstätte für Hochzeiten, in: Südtirol in Wort und Bild, 1. Quartal 1978, S. 3 - 10.)
Der von Peter Stürz zitierte letzte Bericht einer solchen Nottaufe bringt für die Zeit des Erscheinens (1872) eine erstaunlich heftige Kritik an der Kirche und dem kirchlichen System. Hier überrascht besonders der erste und der letzte Absatz, der mit seiner Kritik am Aberglauben auch 150 Jahre später noch gültig ist.
"Bote für Tirol und Vorarlberg, Innsbruck, Dienstag, 2. Juli 1872
No. 149, 58. Jahrgang.
Innsbruck , im Juli. (Abergläubisches .)
Vor einiger Zeit haben die „Tiroler Stimmen " einer hiesigen Buchdruckerei wegen eines von einer sogenannten frommen Seele bestellten Druckes von ein paar „kräftigen Gebeten" den Vorwurf der Vorschubleistung des Aberglaubens gemacht, und zwar mit einer Entrüstung, dass man wirklich hätte glauben mögen, es sei damit den Wächtern des Glaubens und der Sitte heiliger Ernst. Ein Vergleich dieses von der Zensur der „Tir. Stimmen" beanstandeten Presserzeugnisses gibt uns aber die Überzeugung, dass es sich hier nicht um eine durch den Druck begangene Vorschubleistung des Aberglaubens handle, sondern lediglich um einen verfehlten Griff in der Wahl der Druckerei, denn so bedeutungslos wir den Inhalt der erwähnten Gebete finden, so wichtig erscheinen uns die neuesten unter kirchlicher Firma erscheinenden Auswüchse eines wirklich krassen, dem Glauben wie der Vernunft gleich hohnsprechenden Aberglaubens. Es enthalten nun zwar schon die „Tir. Stimmen" und das durch besondere Einfalt stets sich auszeichnende „Tir. Volksbl." Dinge dieses Genres, welche selbst dem einfältigsten Bauern als „zu dumm" erscheinen — man erinnere sich beispielsweise nur an die einem Weibsbild im Oberinntal zuteil gewordene Erscheinung der Mutter Gottes, welche der gedachten Person hinwieder die „Strenger Mutter Gottes" empfahl — so überbietet doch in dieser Beziehung Alles der hier erscheinende „Sendbote des göttlichen Herzens Jesu". Unter diesem frommen Titel werden Berichte in die Welt geschickt, welche nicht bloß den krassesten Aberglauben enthalten, sondern geradezu geeignet waren, als Betrug unter das Strafgesetz zu fallen. Es konnten hierfür Belege in großer Zahl und Mannigfaltigkeit beigebracht werden, wir begnügen uns mit einem, nämlich einem Bericht des „Sendboten des göttlichen Herzens Jesu" des vorigen Jahrganges (1871 S. 184.)
Die Geschichte spielt zuerst in Mölten, einem Bergdorf zwischen Bozen und Meran (Diözese Trient), dann in Riffian bei Meran, am Eingang ins Passeiertal. Das im Referat erwähnte Trens liegt bei Sterzing (Brixner Diözese) und es werden dahin häufig totgeborene Kinder getragen, um sie dort durch ein Wunder zum Leben bringen und taufen zu lassen. Der Bericht lautet nun wörtlich wie folgt:
„Aus Mölten in Tirol. „Zur größeren Ehre Gottes und Verherrlichung der hilfreichen Gottesmutter Maria wird ohne Zweifel folgende Gebetserhörung gereichen, weshalb ich Euer Hochwürden um die Veröffentlichung derselben im „ Sendboten '
bitte.
In diesem Jahre am 13. Jänner um Mitternacht wurde in der Pfarre Mölten, Dekanat Bozen, dem Bauer G. ein acht Monat altes totes Mädchen geboren, in dessen missgestaltetem Gesichte weder Augen noch Nase zu sehen waren. Voll Verdruss bei der Unmöglichkeit, das arme Kind taufen zu können, trugen zwei erbetene Personen, der brave Nachbar H. und dessen Schwester A., das tote Kind zur wundertätigen Gottesmutter nach Riffian mit der festesten Hoffnung, in der dortigen wohlbekannten Wallfahrtskirche Lebenszeichen zu erbitten, um dasselbe mindestens bedingungsweise taufen zu können. Beide Wallfahrter kamen am selben Tage (13. Jänner) spät abends in Riffian an, trugen am folgenden Tage das Kind in die Kirche und beteten mit ganzer Inbrunst der Seele während der Frühmesse um die erwünschten Zeichen des Lebens. Und sieh! das Kind wurde voll kalter Schweißtropfen, die früher ganz unsichtbare Nase wurde übermäßig groß, und das linke Auge (oben hieß es, das Kind hätte weder Augen noch Nase) tat sich ein wenig auf. Voll Freude über die gewünschte Erscheinung trugen sie das Kind nach der Frühmesse in den Widum, um es sehen und taufen zu lassen, konnten aber alldort von einem Lebenszeichen nichts mehr entdecken. Sie trugen daher das Kind wiederum in die Kirche zurück, beteten während des Ordinari-Gottesdienstes mit neuem Eifer für dessen Belebung und sahen zu Ihrer größten Freude die erstgenannten Zeichen noch einmal und ebenso auffallend, weshalb sie mit demselben das zweite Mal in den Widum zurückkehrten, aber leider, wie das erste Mal, wieder vergebens. Sie kehrten das dritte Mal in die Kirche zurück und beteten bis halb 10 Uhr, aber diesmal ganz umsonst; denn es zeigte sich gar keine Änderung mehr, weshalb sie ganz blau und starr vor Kälte das Gebet aufgaben, das Kind begraben ließen und nach Mölten zurückkehrten.
Groß war ihr Verdruss über ihre misslungene Sendung, sie wurden aber fast untröstlich, als sie hörten, dass sie bei solchen Lebenszeichen das Kind also gleich ohne Verzug bedingungsweise hätten selbst taufen können und sollen. Es ließ ihnen keine Ruhe mehr, bis sie wieder nach Riffian pilgerten, um den begangenen Fehler auszubessern. Am 18. Jänner Früh bei gewaltigem Schneegestöber und schauerlich schlechtem Wege zogen diesmal zwei Pilgerinnen (statt des Nachbars M. dessen Tochter I.) wieder nach Riffian mit dem festen Willen, bis zur Erhörung ihrer Bitte nicht mehr nachzugeben und mit dem Kinde bis nach Trens (es gibt also formliche Muttergottes-Instanzen!) zu wandern, wenn sie in Riffian nicht erhört werden sollten. Am 18. Janner abends kamen sie in Riffian an, und ersuchten den dortigen Totengräber, das Kind wiederum auszugraben, was er mit aller Bereitwilligkeit tat. Das Kind lag tief im Grabe durch 4 Tage und Nächte und schwere Steine darauf, welche das nur in einem Tuch eingebundene Kind ganz zerdrückten. Nur mit Mühe zog der Mann das unförmliche keiner menschlichen Gestalt ähnliche Kind hervor und warf dasselbe an den Füßen fassend vor der einen Pilgerin auf den tiefen Schnee hinaus. Diese hatte lange Zeit nötig, bis sie sich auskannte, den Kopf, die Hände und Füße herausfand und die Missgestalt in der Form des menschlichen Leibes zurechtlegte, die beiden Häubchen über die Brust gekreuzt. Um 4 Uhr Abend fingen sie an zu beten, vollendeten den Psalter und sieh! das Kind bekam wieder kalte Schweißtropfen, das vorige Aas bekam eine menschliche Gestalt. Allmählich sah man auf der rechten Wange unter dem Auge und neben dem Munde schwarzrohe Flecken, welche sich langsam über die Nase und linke Seite und über den Mund hinüber ausdehnten und das ganze Gesicht gestaltiger machten. Die Nase und das Kinn wurden weißrötlich, die Wangen immer voller und roter, das linke Auge tat sich etwas auf, der ganz verzogene Mund wurde regelrecht gebildet und so geöffnet, dass die rote Zunge herausschaute, die zwei Händchen wurden ganz weiß, mit leichtem Rot überzogen und das ganze Gesicht bekam einen schönen weißroten Ausdruck. (Schwarzrote Flecken und herausschauende rote Zunge geben einem menschlichen Gesichte einen „schönen Ausdruck!") Sieben Personen waren gleichzeitig Augenzeugen und schauten mit Bewunderung das wahrhaft schöne Kindesgesichtchen an.
Diesmal vergaßen sie vor lauter freudiger Verwirrung einen Priester zu rufen, und ersuchten den gerade gegenwärtigen Mesner und Totengräber das Kind zu taufen. Erst nach der Taufe fiel es ihnen ein, den Herrn Kuraten zu rufen, welcher alsogleich kam, die Lebenszeichen anerkannte, aber die Taufe wegen der bereits schon vorgenommenen unterlies, hingegen für den folgenden Tag (19. Jänner) die kirchliche Begräbnis und ein Hl. Engelamt zusagte.
Die Lebenszeichen wurden nach der Nottaufe immer noch schöner, so dass die Gesichtsröte fast leuchtend wurde, und eine Lippe einiges farbiges Blut von sich gab. Erst allmählich verschwanden diese Lebenszeichen wieder, doch so, dass das Kind nicht mehr missgestaltet wurde, die Weiche des Leibes nie verlor und gar nie trotz des viertägigen Grabes, einen Fäulnisgeruch ausdünstete. Gelobt sei in alle Ewigkeit der allgütige, allmächtige Gott und unsere liebenswürdige hilfreiche Mutter Maria!"
Mölten, am 4. Mai 1871.
Joh. Klotzner. Pfarrer."
Dieses Aktenstück leistet dem Inhalt und der Form nach so Unglaubliches, das man erstaunt fragen möchte: wo ist das Land und das Volk, und welches das Jahrhundert, dem dieses Schriftstuck angehört? Es steht leider zu deutlich: Mölten in Tirol, 1871. Johann Klotzner, Pfarrer. Und das Blatt, genannt „Sendbote des heiligsten Herzens Jesu“, erscheint in der Tat in der Landeshauptstadt Innsbruck, redigiert von dem P. Malfatti! S. J. Und dieses Blatt erscheint und arbeitet unter den Augen der kirchlichen Behörden und wohl auch mit deren Zustimmung, denn es lässt sich kaum annehmen, dass denselben, wenn sie auch im Hader mit der Weltlichen Regierung wenig Zeit finden, an ihre eigene zu denken, das Jahre lange Treiben dieses von Aberglauben und Dummheit strotzenden Blattes unbekannt sein sollte. Wir beschränken uns für heute, auf dieses Treiben, mag es auf Einfalt oder auf Betrug beruhen, aufmerksam zu machen, und damit ebenfalls eine Erklärung zu geben für die stete Zunahme der Missachtung des Religiösen und Kirchlichen und des Unglaubens, der den krassen Aberglauben mit der Zertrümmerung der Heiligenbilder begleitet."
Diese Kritik ist trotz aller Wissenschaft auch noch heute gültig.
Wolfgang (SAGEN.at)