Hallo Athunis,
die Frage nach dem "Zauberstab" ist tatsächlich eine sehr interessante Fragestellung!
Der Zauberstab ist in unserer Vorstellung vermutlich sehr von Miraculix geprägt, er dürfte jedoch mit Sicherheit reale Vorbilder haben.
Auf Grund des verwendeten Materials, vermutlich in der Mehrzahl der Fälle Holz, sind leider wenig antike Stücke erhalten. Vielfach ist vermutlich auch Knochen und/oder Edelstein Bestandteil des Zauberstabes, insofern müsste man manche archäologische Funde neu interpretieren.
Zweifellos belegt ist der Zauberstab in den Alpen im Bereich des Bergbaues bzw in der Prospektion beim Bergbau.
Der Wiener Archäologe
Richard Pittioni hat sich mit der Frage nach dem Zauberstab auseinandergesetzt. Dazu hielt er im Februar 1936 auf Radio Wien eine Sendung, die im Schlern, 17. Jahrgang 1936, S. 41 - 44, "
Zauberstäbchen und Holzkultur" abgedruckt ist. Ich bringe daraus ein paar Auszüge:
"Wer einmal offenen Auges durch größere Sammlungen urzeitlicher Funde gegangen ist, wird dort stets nur Geräte gefunden haben, die aus einem schwer vergänglichen Material bestehen.
Den äußeren Eindruck einer derartigen Sammlung bestimmen die Wertzeuge aus Stein oder Metall und die aus Ton verfertigten Gefäße. Es gehört zu den größten Seltenheiten, einmal einen Gegenstand zu finden, der aus
einer Substanz besteht, die durch die Einwirkungen der Bodensäuren oder Batterien schnell verändert oder vollkommen zerstört wird. Das gilt vor allem für das Holz. Hölzerne Gefäße, Schäftungen, Bogen oder andere Geräte kann man fast an den Fingern abzählen.
Besucht man nach einer archäologischen Sammlung ein Museum, das die volkstümliche Kultur einer europäischen Landschaft, besonders
aber alpiner Gebiete zeigt, dann wird man sofort deutlich spüren, daß in der Zusammensetzung, des Typenbestandes ein bemerkenswerter
Unterschied besteht. Er bezieht sich vor allem darauf, daß der Anteil an Holz, oder Knochengeräten ein bedeutend größerer ist, als man gewöhnlich
anzunehmen geneigt ist. Man erkennt dann durch diesen Vergleich mit einem Schlage die Lückenhaftigkeit der urgeschichtlichen Quellenkunde,
die uns nur Bruchteile der materiellen Kultur zu vermitteln imstande ist.
Um so mehr ist es daher zu begrüßen, wenn es doch Zweige der Uraltertumstunde gibt, die diese Einschränkung nicht oder nur in sehr beschränkten Maße kennen und alle Geräte oder Werkzeuge aus organischem Materiale der Nachwelt übermitteln. Das ist einmal der Fall bei
der Pfahlbauforfchung, die besonders in der Schweiz reich entwickelt ist. Sie ist aber nicht in der Lage, ein umfassendes Bild der Holzkultur
zu geben, da die in die Abfallschicht gelangenden Geräte nur einen zufällig bestimmten Teil des Gesamtbestandes an Werkzeugen und Gebrauchsgegenständen wiedergeben. Solange sich die
Bergbauforschung darauf beschränkte, die beim modernen Grubenbetrieb anfallenden Altsachen zu bergen, konnte sie gleichfalls nur lückenhafte
Erkenntnisse vermitteln.
Das änderte sich jedoch mit e i n e m Schlage, als sie daranging, die im
Taggelände sichtbaren Spuren des Bergbaues auf Kupfererz einer näheren Untersuchung zu unterziehen. Bei der Freilegung von Schmelzplätzen,
also jener Stellen, an denen zur Urzeit das Erz zu metallischem Kupfer niedergeschmolzen wurde, konnte ein Holztypus erfaßt werden,
den man bisher nicht kannte, den sogenannten "
Schlackenstichel". Das ist ein im Querschnitt rundes, etwa 3 bis 4 cm starkes Holzstück von
meist 30 bis 40 cm Länge, das dazu diente, die auf dem Boden des Schmelzofens angesammelte zähflüssige Schlacke wegzuziehen. Diese „Schlackenstichel" zeigen an einem Ende eine asymmetrische
Zuspitzung, die nicht beim Schlackenabstechen entstanden
sein dürfte. Da sich ein natürlicher Vermitteiungsprozeß
nicht annehmen läßt, wird diese Zuspitzung auf einen Arbeitsvorgang
zurückzuführen sein, den man aber noch nicht erschließen kann. Die „Schlackenstichel" haben daher wahrscheinlich für verschiedene Zwecke
gedient.
Bedeutend reichere Ergebnisse zeigt aber die Untersuchung der Scheidehalden.
[...]
Man sieht also schon aus diesen kurzen Bemerkungen, daß ein Großteil der Geräte aus einem Materiale bestand, das man sich ohne viel Mühe im Gebirge verschaffen konnte und das daher auch für alle in alpinen Gebieten lebenden Kulturen ein besonderes Kennzeichen darstellt.
Man ist daher berechtigt, schon jetzt, bevor noch eine ganz umfassende Untersuchung aller einschlägiger Fragen durchgeführt wurde, vom
Nestehen einer Holzkultur zu sprechen, die sicher einen bedeutend größeren zeitlichen und typologischen Umfang hatte, als man stets anzunehmen geneigt ist. Man wird damit rechnen dürfen, daß Holz schon in der älteren Steinzeit in sehr weitem Umfang zur Erzeugung von Gebrauchsgegenständen herangezogen wurde.
[...]
Das waren so einige Hinweise zur materiellen Kultur der Urzeit, Wir wissen aber von der Volkskunde her, daß auch Denkmale der geistigen Kultur in Holz ausgeführt wurden. Man hat daraus geschlossen, daß schon in der Steinzeit das Holz für die Erzeugung figuraler Arbeiten herangezogen morden sei: das läßt sich bis jetzt durch Funde noch nicht belegen.
[...]
Zu den interessantesten Funden der letzten Zeit gehört aber eine Reihe von kleinen Holzröllchen, die durch ihre Lage in der Kulturschicht
zeitlich genau festgelegt sind. Man hat sie darnach dem Beginne des 1. Jahrtausends v o r Christi Geburt zuzuteilen.
[...]
Für unsere weitere Betrachtung sind nur jene Holzstücke von Bedeutung, die sich durch die geometrischen Kerben auszeichnen. Die erste Frage,
die bei der Ausdeutung des Sachbestandes auftritt, geht nach dem Sinne dieser Zeichen und die zweite versucht die Bedeutung der Holzrollen
und ihre Verwendung zu erschließen.
Einige der 2 bis 3 cm langen Holzröllchen zeigen nämlich eingeschnittene Zeichen, und zwar findet man folgende Formen: zwei senkrechte
parallele Striche: einen senkrechten Strich mit einem Zeichen vergesellschaftet, das dem lateinischen Zehner gleicht: ein mit der Spitze nach Aufwärts gerichtetes winkelartiges Zeichen, das in einem Falle in der Mitte der nach unten sehenden Öffnung eine beistrichartige Kerbe aufweist. Neben diesen Kerben, die durch ihre sorgfältige Ausführung und geometrische Form auffallen, gibt es noch einfache schwächere und
tiefere Einschnitte, wie man sie mit dem Messer mühelos herstellen kann.
Den Sinn der Zeichen festzustellen, gelingt kaum, auch wenn man sich nach Entsprechungen umsieht. Man kann dann feststellen, daß die auf
den Rollen angebrachten Zeichen eine auffallende Ähnlichkeit mit Buchstaben eines Alphabetes zeigen, das in den Alpen mit dem 6. Jahrhundert beginnen dürfte und bis um Christi Geburt gebraucht wurde. Man faßt die verschiedenen bisher bekannten Spielarten dieses
Alphabetes als nordetruskisches Alphabet zusammen und will auch mit der Bezeichnung sofort ausdrücken, daß die Kenntnis dieser Zeichen von den mittelitalischen Etruskern ausgegangen ist.
Damit kommt man auch zur Bedeutung der Holzstücke. Bei flüchtigem Zusehen könnte man vielleicht meinen, daß sie Teile eines Spieles
sind oder daß sie vielleicht nur dazu dienten, um gewisse Maße anzugeben. Man wird dabei vor allem an die Tesseln unserer Hirten denken
dürfen, die in Holz bestimmte Maßangaben einschneiden. Bei einer tieferen Ausdeutung des archäologischen Tatbestandes kommt aber die
historische Überlieferung in wünschenswerter Weise zu Hilfe. Tacitus berichtet im 10. Kapitel seiner Germania, daß die Germanen von
fruchttragenden Bäumen Äste abschneiden und diese dann in kleine Stücke zerlegen, um sie mit notae, also Zeichen, zu versehen. Diese kleinen
Holzstücke werden dann dazu verwendet, um auf ein weißes Linnen zur Verlosung gestreut zu werden. Diese Überlieferung erfährt eine willkommene Ergänzung durch die Edda, wo es also
heißt:
Eine Esche weiß ich, heißt Ygdrasill.
Den hohen Stamm netzt weißer Nebel,
davon kommt der Tau, der in die Täler fällt.
Immergrün steht er über Urds-Brunnen.
Davon kommen Frauen, vielmissende,
drei aus dem See dort unterm Wipfel.
Ard heißt die eine, die andre Verdandi.
Sie schnitten Stäbe. Skuld hieß die dritte.
Sie legten Lose, das Leben bestimmten sie,
den Geschlechtern der Menschen das Schicksal verkündend."
Wolfgang (
SAGEN.at)