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Spatzenschreck

Hermann Maurer

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Hier ein "Spatzenschreck" geschnitten aus Eisenblech. Das Objekt ist auf der einen Seite mit Silberfarbe und auf der anderen mit brauner Farbe bemalt. Als Augen dienen zwei Glasmurmeln, weiß und grün. Oben ist eine Aufhängevorrichtung. Gestaltet ist das Stück als Katzenkopf, ungefähr in Originalgröße.
Solche Abschreckmittel wurden im 20. Jahrhundert im Wald- und Weinviertel in die Bäume gehängt, um damit die gefräßigen Vögel von den Früchten abzuhalten.
Die Herstellung war wohl nicht industriell sondern erfolgte wahrscheinlich in kleinen ländlichen Betrieben.
Original aus Brunn an der Wild in Sammlung Prof. Hermann Maurer, Horn.
 

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Sehr interessant, auch einmal ein "Original" zu sehen. Obwohl es in meinem Herkunftsviertel (Most...) sehr viel Obst gab, kann ich mich an in Bäume Gehängtes nicht erinnern, nur die "Vogelscheuchen" auf den Feldern und den ekelhaften Brauch, Raben irgendwo hinzunageln. Den Spatzenschreck kenn ich nur umgangssprachlich als knatternde Mofas oder skurrile Kopfbedeckungen und dergleichen.
 
Hallo Hornarum,

zu dem volkskundliche höchst interessanten Thema der Vogelscheuchen gab es von 12. April bis 28. Oktober 2001 eine Sonderausstellung auf Schloss Runkelstein in Südtirol.

Dazu habe ich einen kleinen Katalog "Masken, Saltner, Vogelscheuchen - Schreck Gestalten auf Runkelstein", herausgegeben von der Stadt Bozen, mit Beiträgen von André Bechtold, Flavio Faganello, Christoph Gasser, Hartmut Prasch und Siegfried de Rachewiltz.

Hierbei nähert sich Christopg Gasser im Aufsatz "Masken - Ein morphologischer Annäherungsversuch" dem Thema der Masken an. Hartmut Prasch schreibt über den "Sinn und Ursprung des Maskenbrauchtums im Spiegel wissenschaftlicher Forschung".

Konkret zum Thema schreibt dann Siegfried de Rachewiltz über "Der Saltner: Schreckgestalt oder kostümierte Vogelscheuche?". Der Flurwächer dürfte ja bis zu den Anfängen der Landwirtschaft zurückreichen, also schon auf die ersten Konflikte zwischen Bauern und Nomadenhirten. Flurwächter sind in den "Leges barbarorum" (germanische Stammesrechte 5.-8. Jahrhundert), Lex Salica (6. Jahrhundert), Lex Baiuvarorum (8. Jahrhundert) auch rechtsgeschichtlich gesehen festgelegt.

Der erste schriftliche Beleg des Saltneramtes in Tirol findet sich als Einkünfte der Kirche Trient aus Gütern in Eppan, wo eine "saltaria campanie" im Jahr 1215 erwähnt wird.

Die Begegnung mit dem Saltner war weder für Mensch noch Tier ein Vergnügen. Ziegen mussten etwa die Köpfe abgeschlagen werden, Menschen wurden erschossen. Das Schiessen der Saltner bedeutete auch ihr Ende, denn die Nachtruhe in der Kurstadt Meran war gestört und damit wurden die Saltner abgeschafft.

André Bechtold bringt dann "Überlegungen zu den Vogelscheuchen, dem Weinberg und den Neidköpfen auf Schloss Runkelstein". Hierbei definiert er die Vogelscheuche als "die Nachahmung einer menschlichen Gestalt in Form eines Gestells, das mit Kleidern behängt ist, um dadurch die Vögel vom Saatgut und der Ernte fernzuhalten." Diese Definition wird dann noch um weitere 9 Aspekte ergänzt.

Flavio Faganello bringt dann mit "Girolamo - Eine Vogelscheuchengeschichte" eine nette Einleitung zu seinen großartigen Vogelscheuchenfotos.

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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Den letzten Flurhüter (Ernst Staritzbichler) der Stadt Horn (Niederösterreich) habe ich selbst noch in den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts kennengelernt. Der Mann, eine würdige damals schon recht alte Gestalt, übte dieses Amt bis zu seiner Pensionierung aus. Besonders bekannt wurde er dadurch, dass er bei seiner Tätigkeit am 8. 11. 1957 zufälligerweise ein Keltengrab retten konnte.
Weit bekannter sind im Wald- und Weinviertel die Weinberghüter und deren Brauchtum. Ein besonders schönes Zeugnis dafür stellt das Weinhüterkreuz von Stoizendorf (siehe das Bild) dar, das aus dem 19. Jahrhundert stammt und heute im Krahuletz-Museum der Stadt Eggenburg verwahrt wird. Eine moderne Kopie davon ist in Stoitzendorf aufgestellt.

Literatur dazu:
Hermann Maurer, Zwei späteisenzeitliche Kriegergräber aus Niederösterreich. Festschrift für Richard Pittioni zum 70. Geburtstag, Wien 1976, S. 653ff.
Hermann Maurer, Waldviertel 1985. Bonn 1985, S. 80ff. (Kapitel "Volkskunst und Brauchtum der Winzer").
 

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Zuletzt bearbeitet:
Manchmal findet man auch noch an Kellertüren Hüterzeichen mit denen Weinberghüter ihre Einkehr dokumentieren. Das Foto stammt aus der Kellertrift von Haugsdorf.

Übrigens: Der Spatzenschreck ist ein schönes Dokument längst vergessener Dinge!:smi_klats
 

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Ich möchte noch darauf hinweisen, wie wir als High-Tech-Haushalt in unseren Weingärten modernste, aber gleichzeitig kostengünstige und vor allem bei Tag und Nacht extrem effiziente Vogelscheuchen betreiben.

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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Hier ein "Spatzenschreck" geschnitten aus Eisenblech ...
Die Herstellung war wohl nicht industriell sondern erfolgte wahrscheinlich in kleinen ländlichen Betrieben.
Ich denke doch, daß diese Dinger (anderswo) industriell hergestellt wurden. Als Kind – so um 1945 – wurde ich, mit dem nötigen Geld versehen, mal in unser Haushaltswarengeschäft geschickt, um sechs "Katzenköpfe" zu kaufen. Sie waren dunkler als das von dir abgebildete und, wie ich meine, auch etwas größer (aber gerade, was Größen angeht, täuscht ja die Erinnerung aus Kinderzeiten oft). Sie sahen alle gleich aus, und in den Nachbargärten hingen die gleichen Katzenköpfe in den Kirschbäumen. Das war aber ganz woanders, nämlich in einem Ort bei Berlin.
 
Es kann natürlich sein, dass irgendwo ein geschäftstüchtiger Mensch solche Katzenköpfe in größeren Mengen hergestellt hat. Es wäre nur interessant, wo dies geschehen ist. Ansonsten ist die Herstellung einfach und anspruchslos. Es waren nur etwa drei Arbeitsvorgänge dazu notwendig und zwar das Ausstanzen aus einem Eisenblech, die Bemalung der Oberfläche und das Einfügen der Glasaugen. Dass diese Objekte mehr oder weniger über große Strecken optisch ziemlich gleich ausgefallen sein mögen, ist in der "Volkskunst" eine ganz normale Erscheinung. Hier äußert sich der Nachahmungstrieb ganz deutlich.
 
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