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Freiheit und Wildnis

Rabenweib

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Es scheint ein neues Hobby der Menschen zu sein. Wohin ich auch blicke sehe ich verkrüppelte Bäume, zurechtgestutzt und vernarbt, abgeholzte Wälder und Auen, Kraterlandschaften entlang den Flüssen. Alles muss kontrolliert und eckig und gerade und kurz sein, nichts darf so sein, wie es ist. Vielleicht merken manche Menschen gar nicht, dass sie selbst zurückgestutzt sind, dass sie selbst in ihrer Freiheit eingeschränkt sind, dass sie selbst nicht so sein dürfen, wie sie gerne möchten und es deshalb vielleicht unbewusst an ihren Bäumen und Gärten und Sträuchern auslassen? Wer hat jemals gesagt, dass Gärten eckig sein müssen, dass Gras nicht wachsen darf? Dass man alles stutzen und „pflegen“ muss, damit es „ordentlich“ aussieht? Dass man Unkraut ausreißen muss?
Können wir uns überhaupt noch erinnern, wie es war, als Kind barfuß durch eine hohe, blühende, bunte Blumenwiese zu laufen? Wie es war, den Sauerampfer direkt von der Wiese zu essen? Wo findet man heute noch solch eine Wiese? Wo findet man einen unberührten Wald? Wo verstecken sich eigentlich die vielen Tiere noch? Gibt es überhaupt noch welche? Ich sehe kaum noch Rehe oder Mufflons oder Hirsche oder Füchse. Früher hab ich genau gewusst, wo die Tiere zu sehen waren, ich habe mich immer gefreut, an bestimmten Stellen vorbei zu kommen und sie zu beobachten. Heute sind sie verschwunden, genauso wie die blühenden Wiesen. Alles ist eingezäunt mit meterhohen Zäunen. Wohin können die Tiere noch?
Als einmal jemand nach dem Weg zu mir fragte, antwortete ihm eine Dorfbewohnerin: „Da unten, das verwilderte Haus“. Was bedeutet VERWILDERT? Es wird abschätzig gesagt, aber es bedeutet doch eigentlich auch URSPRÜNGLICH. NATÜRLICH. Kein Zaun rundherum und keine Grenzen.
Zurück zur Natur. In meinem verwilderten Garten befinden sich Blindschleichen, Feuersalamander, Zauneidechsen, Igel und Tannenhäher, Krähen und Eichelhäher, Bienen und Schmetterlinge deren schwarze Raupen ich im Sommer in den Brennnesseln finde. Regenwürmer lockern unseren Boden auf, es gibt Spinnen und Libellen, sogar Kaulquappen in einem Wasserbecken auf der Terasse.
Lasst doch die Bäume in den Himmel wachsen. Schafft Verstecke für Tiere, schafft Wiesen für die Kinder, lasst Blumen blühen und seht es nicht als MIST wenn die Linde Blätter verliert sondern als Geschenk! Wir achten nicht mehr auf die Pflanzen, wissen nicht, wozu sie uns dienen, welchen Tee sie gäben, wenn wir sie erkennen würden.
Es heißt, das was rund ums Haus wächst, ist auch gut für uns. Wenn wir alles immer nur schneiden und stutzen und kontrollieren, dann MEINEN wir nur, alles im Griff zu haben.
Genau genommen aber entfernen wir uns nur immer weiter von dem, was uns heilt und gut tut.
Wir dürfen nie vergessen, dass wir selbst Natur sind! Die Natur ist nicht DA DRAUSSEN und sie ist nicht gefährlich! Wir können nicht „raus gehen in die Natur“. Wir selbst SIND Natur, durch und durch!
Und alles was wir der Natur im Außen antun, tun wir uns selbst an.
Lest die folgenden Zeilen und spürt mal nach, wie es sich anfühlt….

„Ich ziehe Schuhe und Socken aus und trete barfuß in die kniehohe Wiese. Es kribbelt und kitzelt an meinen Beinen, Schmetterlinge fliegen vor mir her und ich beginne zu laufen. Das hohe Gras schlägt gegen meine Beine, manchmal sticht es ein bisschen aber ich lache und laufe weiter und atme den Duft von Wiesenblumen und Kräutern. Eine Libelle schwirrt an mir vorüber, ein kleiner Bach gluckert und murmelt und verschwitzt setze ich mich an sein Ufer um meine Beine im eiskalten Wasser abzukühlen, spüre die glatten Steine unter meinen Fußsohlen, sehe kleine Flusskrebse und winzige Kaulquappen… Zwischen den Grashalmen am Ufer beobachte ich kleine grün schillernde Käfer und Ameisen.
Ein großer Baum wirft einen Schatten auf die Wiese und ich setze mich darunter, einen Grashalm zwischen den Lippen an dem ich herum kaue.
Ich lausche der Stille um mich herum, höre in weiter Ferne Kinderlachen, am blauen Himmel ziehen weiße Wolken vorüber und ich denke mir Phantasiegeschichten zu ihren Figuren aus.
Gedankenverloren flechte ich mehrere Grashalme zusammen und stecke Gänseblümchenköpfe in die Zwischenräume.
Danach mache ich mich auf den Heimweg, ich pflücke einen Strauß Blumen für meine Mutter und freue mich darauf, sie damit zu überraschen.“

Sonja Raab
 
Diesem Beitrag von dir Sonja füge ich als Dank ein paar von mir in freier Natur aufgenommenen Schmetterlinge hinzu :smi_blume
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Gut geschrieben Sonja.
Aber es gibt sehr viele solche Hilfeschreie die zwar ankommen aber einfach ignoriert werden von der Obrigkeit.
Du schreibst wo das ganze Wild bleibt. Da mußt du bei den "Jagtfreunden" nach fragen. Ich weiß es. In Kärnten allein werden in einem Jahr mehr als 20 000 REHE abgeschoßen weil sie zu viel Schaden anrichten. Das sind erst einmal die Rehe. Die Hirschen, Hasen, Fasanen, und so weiter kommen auch noch dazu. Die auf der Strasse umkommen sind auch noch nicht dabei.
Sicher sind wir alle Natur aber der Mensch glaubt zuerst kommt ER dann das Geld und sein ICH und dann erst die Natur.
Liebe Grüße
 
Mögen deine Worte in den richtigen Ohren (und dem Organ dazwischen) ankommen - vielen Dank dafür!!
 
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