Die neuen Brücken Wiens, Originalzeichnung und Holzstich von A. Kronstein 1878. (Allgemeine Illustrierte Zeitung).
Augartenbrücke
Brigitten-Brücke (Brigittabrücke)
Sofien-Brücke
Franz-Joseph Brücke (Kaiser-Joseph-Brücke)
Tegetthoff-Brücke (Tegetthoffbrücke)
Anonymer Beschreibungstext in den Zeitungen:
Neue Brücken in Wien
Die stetige Vermehrung der Brücken ist ein charakteristisches Zeichen für das Wachstum der Stadt. Das Bedürfnis einer raschen Kommunikation der Bevölkerung, welche durch Fluss und Strom gehemmt ward, erschien täglich dringender und unabweisbarer. So besitzt Wien, welches in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts nur eine einzige Brücke über den Donauarm in ihrer Mitte hatte, die sogenannte "Schlagbrücke", später Ferdinandsbrücke, nunmehr wohl deren zehn (samt den Bahnverbindungsbrücken) und noch ist die Zahl nicht genügend. In ähnlichem Maße steigt die Vermehrung der Brücken über den Wienfluss, während kleinere Gerinne und Bäche ganz überdeckt und kanalisiert, also von der Oberfläche verschwindend gemacht wurden.
Eine Anzahl der Brücken, zudem die zierlichsten und bedeutendsten fünf, hat der Zeichner des vorliegenden Bildes wiedergegeben. Was Größe und Zierlichkeit vereint betrifft, verdient die Augartenbrücke über die Donau den Vorrang. Die Eisenkonstruktion bei großen Spannweiten hat überall den Sieg davongetragen; und nicht so zierlich, aber derber und sehr tragfähig, da auch die Pferdebahn über sie zieht, ist die Brigittenbrücke. Diese verbindet die früher ganz isoliert gewesene Brigittenau mit dem Alsergrund-Bezirk und jenem Landstrich auf dem rechten Donauufer, welcher die reizenden Bergpartieen Wiens, den Kahlen- und Leopoldsberg enthält. Auch ist damit eine notwendige Kommunikation zwischen Nordbahn und Franz-Josephs-Bahn geschaffen, welch' letztere, an dem rechten Donaugelände aufwärts in's Land laufend, eine hohe Bedeutung hat und täglich mehr gewinnt. Die Sophienbrücke verbindet die untere Praterpartie mit dem südwestlich gelegenen Teilen Wiens, zunächst mit dem weiten Gebiet des sogenannten "Landstraß"-Bezirkes.
Unter den Brücken über die Wien ist die "Tegetthoff-Brücke", welche in der Mitte unseres Bildes erscheint, die allerzierlichste und man möchte sagen am kostbarsten ausgeführte. Sie hat sogar ein vergoldetes ornamentiertes Gusseisen-Geländer. Sie ist aber auch förmlich eine Parkbrücke, denn sie führt hart neben dem Stadtpark zu dem jenseitig gelegenen Bezirk Landstraße und hat drüben bei ihrem Auslauf Gartenanlagen zu beiden Seiten. Auch die Stelle, an welcher sie liegt, ist eine höchst elegante. Auf der Stadtseite hat sie aristokratische Palais und den Kursalon als flankierende Staffage. Sie gewährt als Objekt, dessen Erfindung und Ausführung dem Ingenieur Köstlin aus Württemberg zur besonderen Ehre gereicht, und ebenso ihrer schönen Lage wegen, einen ungewöhnlich interessanten Anblick.
Es ist hier wesentlich um ein Stadtbild und die Wiedergabe des hübschen Eindrucks zu tun. Zweifellos erschließt sich für Fachmänner hier ein weites Gebiet der Prüfung und Belehrung. Uns aber bleibt noch die Versicherung, dass dies die kleineren Brückenobjekte Wiens sind und die Brücken über die große Donau, deren eben vier teils bereits gebaut, teils in Vollendung begriffen sind, übertreffen die gezeigten wohl vier- bis sechsmal an Länge und haben ihre ganz eigene, mitunter höchst merkwürdige Konstruktion, welche darzustellen ein andermal Gelegenheit sein wird.
Holzstich, A. Kronstein, 1878.
Abmessungen: 32 x 24 cm
© Bildarchiv SAGEN.at