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Wie Max die Welt sieht

H

Hojeweible

Guest
Das Hojeweible lebt seit einiger Zeit mit einem Hund zusammen.
Der heißt Max. Das Weible weiß nicht, wie der Hund wirklich heißt - Max ist der Name, den er von Hojeweible bekommen hat.
Die Hundesprache spricht das Weible nicht.
Noch nicht.
Also muß der Max so schauen, dass das Weible auch so versteht, was er gerade denkt.
Wenn das Weible wieder was verstanden hat, setzt es sich hin und schreibt alles auf.
Damit's nicht vergißt.
Und damit Ihr es lesen könnt.
Das erste Mal hat's Weible aufgeschrieben, wie Max die Welt sieht, am:


Ersten Juni 2012, Menschenzeit

So lange lebe ich nun schon bei meinem Menschenrudel, aber manche Dinge sind für mich noch immer rätselhaft.

Meine Mama ( so heißt das Alpha Weibchen bei uns)zu Beispiel kann zaubern. Ja ja, ich weiß wie sich das anhört! Und doch ist es so, wie ich sage.
Am deutlichsten ist es für mich am Morgen nach dem Gassi gehen und dem Frühstück. Sie steht auf und trägt alles, was sie und Herrle gerade zum Tisch getragen haben wieder in die Küche und stellt die ganzen Sachen wieder in die Schränke dort.
Schade, sie vergisst nie etwas, nie!
Wenn sie das getan hat, fängt sie an andere Dinge durch die Gegend zu tragen. Ich habe noch nie ein Muster oder einen Sinn erkennen können, wieso sie das tut und welche Dinge herumgetragen werden müssen aber es muss ihr ganz wichtig sein, denn sie tut das jeden Tag!
Sie trägt Herrles Schuhe weg, obwohl er sie unter dem Wohnzimmertisch aufgehoben hat, - ich wundere mich manchmal, dass es in diesem Haus nicht öfter Ärger gibt. Das sollte mal einer versuchen, einen Knochen, den ich irgendwo aufhebe, einfach weg zu tragen. Na gut, Mama und Herrle dürften selbst das, aber glücklich wäre ich nicht dabei.
Manchmal knurrt Mama vor sich hin, wenn sie Herrles Sachen herumträgt, oder die vom Herrlesohn. Richtig gefährlich schaut sie dann manchmal und grummelt „Immer ich!“ – oder so ähnlich. Ich weiß, dass sie dann nicht mit mir redet, sondern mit den Dingen, die sie herum trägt. Ob die Sachen sie verstehen können, dass weiß ich aber nicht.
Die weichen Sofakissen auf unserem großen Ledersofa greift sie jeden Morgen an. Sie packt die kleinen bunten Dinger und schüttelt sie. Ich weiß nicht, ob sie spielt oder ob sie die Kissen im Ernst totschüttelt, wie wir es tun, wenn wir eine Beute erjagt haben, jedenfalls knufft und klopft sie sie solange, bis die Kissen aufgeben und stellt sie dann wieder aufs Sofa.
Ich glaube, es ist schon irgendwie ein Kampf, weil sie ganz zufrieden guckt, wenn sie alle Kissen geschüttelt hat.
Meine zwei Decken, die auch auf dem Sofa liegen nimmt sie und schüttelt alle Haare auf dem Boden.
Das macht mich manchmal wahnsinnig! Weiß sie denn nicht, dass ich wie alle aus meiner Rasse meine Plätzchen mit meinen Haaren markieren muss um zu zeigen, dass ich dort liegen darf?! Doch, ich glaube schon, dass sie das weiß, denn wenn sie das tut, höre ich sie manchmal das vor sich hin murmeln, was ich mir in diesem Moment auch denken muss: „ Die Arbeit mit diesen Haaren fängt auch immer wieder von vorne an!“
Wenn Frauchen alle Dinge dort hingetragen hat, wo sie sie haben will, wird es spannend. Sie geht in die kleine Hütte und holt das Ding, mit dem sie zaubert. Der Stecken sieht aus wie ein langer Ast aus dem Wald, nur ganz gerade und nackt. Am unteren Ende ist ein Stück Pferd, jedenfalls riecht es so. Es ist weich und wenn ich hineinbeißen will und damit spielen wird Mama unwirsch und streng. Es ist ihr Zauberstecken, das habe ich ziemlich schnell verstanden! Ich darf immer mitgehen wenn wir ihn holen, aber mit zaubern darf ich nicht. Da will sie mich nicht dabei haben. Ich werde auf meinen Platz geschickt und darf nur zusehen.
Weil das immer so ist, seit ich mich erinnern kann, gehe ich schon von allein auf meine Decke, wenn wir den Zauberstecken geholt haben.
Das gefällt ihr und sie redet freundlich mit mir und zeigt mir ihre Zähne, - Was für Menschenverhältnisse wohl ein Zeichen für Zustimmung ist. Früher, als noch klein war dachte ich manchmal, ich hätte etwas falsch gemacht, wenn mich die Leute anfletschten, dann bemerkte ich, dass sie gar nichts haben, womit sie wedeln können und sich wohl deshalb gegenseitig ihr Gebiss zeigen als Zeichen der Freundlichkeit. Naja, andere Rassen, andere Sitten!
Und dann geht es los! Mama geht in die hinterste Ecke des Zimmers, nimmt den Stecken fest in beide Hände und beginnt mit dem Stecken zu tanzen. Dabei schwingt sie ihn vor sich her und macht auch dieses Geräusch, dass ich so mag. Früher dachte ich, sie wäre traurig, wenn sie so leise vor sich hin gewinselt hat, aber weil ihr Gesicht immer ganz ruhig und entspannt war wenn sie das gemacht hat habe ich aufgehört, mich deswegen zu sorgen.
Sie tut das auch oft, wenn sie mir das Fell krault und ich mag mittlerweile die kleinen Töne, die sie mit geschlossenem Mund macht, irgendwo tief hinten im Hals. Es beruhigt mich und es macht innendrin in mir warm.
Langsam tanzt sie so summend durchs Zimmer, hinaus auf den Gang, hinein in das winzig kleine Zimmerchen, in dem der kleine See steht, auf den sich meine Leute manchmal setzen. Ich glaube, sie pieseln dahinein, aber statt stolz darauf zu sein, was sie gemacht haben, so wie ich stolz bin, wenn draußen ein Büschel Gras nach mir riecht, drücken sie auf eine Stelle an der Wand hinter dem kleinen See und gleich danach kommt ein kleiner Wasserfall und wäscht die ganze schöne Markierung wieder weg. Aber alle gehen trotzdem mehrmals am Tag zu kleinen See und versuchen ihn zu markieren. Sie müssten ja nur die Stelle auf der Wand nicht drücken! Aber leider kann ich ihnen das nicht sagen.
Mama führt den Zauberstecken in jedes Zimmer und in jede Ecke. Wenn sie überall mit dem Stecken vorbei getanzt ist, bleibt sie vor dem großen Topf, der immer so interessant riecht, in der Küche stehen.
Sie stellt den Zauberstecken weg und nimmt eine kleinen Stecken in die Hand. An dem sind auch Pferdehaare, das riecht man.
Dort, wo Mama aufgehört hat zu tanzen liegt jetzt ein ganzer Haufen Sand, Brotbrösel, Haare von meinen Leuten und von mir und noch vieles anderes. Das ist der Zauber, sie ruft dieses ganze Zeug mit dem großen Stecken aus allen Ecken zu sich und schiebt es dann mit dem kleinen Zauberstecken auf ein kleines Blech mit Griff. Sie macht mit dem Fuß den großen Topf auf und kippt alles hinein. Der Topf ist auch nichts für Hunde habe ich gelernt, man darf nicht nachschauen, was da alles so interessant riecht, das da drin gehört Mama und nicht mir und es geht mich nichts an, was sie in dem Topf aufhebt, Basta!
Selten legt sie Essen in den Topf, dann schaut sie grummelig und unzufrieden aus. Ich habe noch nicht verstanden, wann etwas zu essen in den kalten Schrank getragen werden muss und wann man es in den großen Topf legt. Sie trägt alles Gesammelte manchmal in die große Hütte zu einem noch größeren, grauen Topf, der fast noch interessanter riecht, aber viel zu hoch ist um hineinzuschauen. Alle zwei Wochen schiebt sie das ganze Gesammelte in dem großen Topf an die Straße wenn wir Gassi gehen.
Wenn wir zurückkommen ist alles weg, also er Topf ist schon noch da, aber das ganze Zeug, dass sie mühsam gesammelt hat ist weg. Aber sie regt sich gar nicht darüber auf, dass sie beklaut worden ist, sondern schiebt den großen Topf wieder zurück in die Hütte und beginnt alles von vorn. ich verstehe auch nicht, warum ich nicht mal reingucken darf, in den Topf, wo doch am Ende sowieso wieder alles weg ist, weil sie es wieder hat an der Straße stehen lassen, ohne es wenigstens zu markieren!
Ach, Menschen! Sie können zaubern aber sie vergessen manchmal die einfachsten Dinge.




eine Geschichte, selbst erlebt und fabuliert
von Eurem Hojeweible:smi_blume
 
Zuletzt bearbeitet:
Bezaubernde Geschichte: und wie geht Mama mit der Message um? Die einfachen Dinge sind für die auf Kompliziertes trainierte unsichtbar. Die sieht man mit dem Herzen gut - oder so...
 
Vielen Dank, Elfie!

Die "Mama" von Max versucht soviele alltägliche Dinge wie möglich durch die Augen eines unkomplizierten Hundekindes zu sehen.
Erstens versteht sie dann ihren Wauwau möglicherweise besser, und zweitens hält sowas das Gehirn geschmeidig... ;)
liebe Grüße

Maxens "Mama" :)
 
Eine wunderbare Geschichte - danke!
Ein Versandhaus bietet jetzt übrigens auch eine kleine, ultraleichte Kamera an, die man seinem Bello umhängt und die die Sichts des Tieres auf SD-Karte speichert. Dann kann man abends am PC sehen, was Bello am Tag so erlebt hat ...
Dresdner
 
@ Dresdner: die Hundekameras haben meist eine erschreckend niedrige Qualität und Auflösung.
Ich habe mehrere Samstage mit meiner GoPro und unserem Hund experimentiert, allerdings muss man ernüchternd feststellen, dass gute Videoaufnahmen einfach nicht gelingen wollen. Egal wie man die Kamera am Hund befestigt - und ich habe da einiges probiert - man schafft einfach keine halbwegs ansehlichen 2 Sekunden, in denen das Bild nicht verwackelt ist.
Die einzige Möglichkeit erscheint mir eine Art Helmkamera für Hunde zu bauen, aber das ging mir dann doch zu weit...

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Danke für die "Testergebnisse", ich habe leider keinen Probanden zur Verfügung.
hunde-smilies-0001.gif

Dass man bei Hunden generell mit schnell wechselnden Perspektiven rechnen muss, liegt wohl in der Natur der Sache, auch eine Helmkamera dürfte da nichts ändern.

Dresdner
 
Lieber Dresdner,

vielen Dank, für das positive Feedback. sowas verschönt den Tag halt schon ungemein! :)

Leider liegen meine Begabungen WEIT jenseits alles technischen. Im Augenblick gibt es schon elf Max Geschichten. Ich bin gerade dabei, sie zu illustrieren und zwar mir Tuschezeichnungen :hund:, denn das habe ich im Griff...

liebe Grüße

Biggi :smi_blume
 
Wunderbare GeschichteN, würde ich sagen :).
Nun gibts ja noch keine käfertaugliche Kamera, aber ich stell mir gerade den Flughund mit Helm vor - herrlich!
Und von Max dürfen wir wieder mal lesen? Und die Illustrationen schauen? Von Max markiert - SIGNIERT - natürlich :)?
Liebe Grüße an die Maxen-Mama :smi_blume:smi_blume
 
Bissl schwindlig wird man schon, aber es ist interessant zu sehn, was am Spannendsten ist zum Beschnuppern und vor allem die Begegnung mit dem anderen :).
 
Max hat einen seltsamen Tag.

Heute Morgen bin ich aufgewacht und hab' sofort gewusst: Dass wird ein seltsamer Tag! Um meine Unruhe ein wenig zu bekämpfen, wollte ich vorsichtig in Herrles Bett schleichen. Das mache ich manchmal. Herrle schläft ganz fest. Es ist nicht schwer. Wenn ich aufpasse, dass das Bett nicht wackelt, und ich meinen Schwanz still halte, um Herrle nirgends zu kitzeln, dann kann ich mich meistens ganz an den Rand von Herrles Bett legen und dort, Popo an Popo mit ihm noch ein bisschen weiter duseln. Das ist schön, warm und sicher. Wenn Mama aufwacht, schimpft sie uns beide, wenn sie merkt, dass ich nicht in meinem Bettchen liege. Ich weiß, sie mag mich sehr, aber sie sagt, - und sie sagt es sehr streng, so dass Herrle und ich uns ein wenig wegducken: "Im Bett, zum Donnerwetter, hat der Max nichts zu suchen!" da hat sie Recht, man riecht ja auch, dass nichts drin versteckt ist, im Bett. Wozu sollte ich also suchen? Aber, nachdem ich darüber nachgedacht habe, bin ich jetzt schon draufgekommen, warum sie immer so grollig wird, wenn ich bei Herrle reinschlüpfe. Bestimmt hätte sie mich selber gern im Bett!
Das tut mir aber leid, so schleichen kann ich nicht, dass Mama nicht aufwacht! Sie weiß es wohl schon bevor ich aufstehe, dass ich zu ihr will. Und dann heißt's "Nein, nein, bleib in deinem Bettchen!"
Ich kann mich gut erinnern, als ich ein Welpe war hab' ich's ein paarmal probiert und der Erfolg? Wortlos hat sie mich mit dem Fuß wieder aus ihrem Bett geschoben. Das probier' ich sicher nicht mehr. Man hat ja auch seinen Stolz.
Herrle hat wenigstens gesagt, dass es ihm leid tut und mir erklärt, warum ich nicht zu ihm darf und er hat gesagt, er würde ja gern, aber... - ich hab' ihn nicht genau verstanden, damals konnte ich die Sprache meiner Alphas noch nicht so gut...- aber, dass Herrle mich reinlassen wird, wenn ich mich geschickt anstelle, das hab' ich sogar damals schon verstanden.
Mamas Wachsamkeit hat aber auch ihr Gutes, sie bewacht Herrle und mich, wenn wir zusammen in den Morgen duseln. Wenn sie uns beim Aufstehen schimpft, schämen wir uns beide ein wenig und bald ist alles vergessen.
Heute war's genauso und nachdem ich Mama die Hände abgeschleckt, und sie mich dafür ordentlich durchgekrault hatte, bin ich mit ihr zusammen ins Bad gegangen. Dort ist auch so ein kleiner See, wie der unten in dem kleinen Zimmer neben der Tür nach draußen. Den benutzt sie, und dann macht sie etwas, dass ich sehr lustig finde. Könnt' ich laut lachen, würde ich es tun.
Meine Leute haben nämlich im Bad einen kleinen Schrank. Nicht groß, etwa so, dass sich eine Mama oder ein Herrle da reinstellen können. Der Schrank hat keine Türen zum Zumachen, nicht zum Klappen und nicht zum Schieben, wie der im Schlafzimmer. Dieser Schrank hat einen Vorhang wie ein Fenster. Aber das Lustigste kommt noch...
In diesem Schrank bewahren meine Leute Wetter auf.
Aber nicht das Wetter, das ich aufbewahren würde, hätte ich solch einen Schrank. Ich würde ein sonniges aber kühles Wetter mit leichtem Wind, der einem die Witterung zuträgt, aufbewahren. Meine Menschen dagegen? - Regenwetter von der schlimmsten Sorte! Man stelle sich vor, sie steigen ohne ihr Ersatzfell (das legen sie auf den Deckel des kleinen Sees) in den Wetterschrank und schalten das Regenwetter an.
Ok ok, es ist wohl Mai Regen, denn er ist nicht sehr kalt, aber verstehen kann ich das wieder mal gar nicht! Als ich noch sehr klein und dumm war, hab ich den Kopf mal durch den Vorhang gesteckt, weil ich wissen wollte, was Frauchen in dem Schrank dort macht und war sofort so nass, als hätte ich eine Stunde lang bei Regenwetter im Wald gespielt. Pfui Teufel! Schlimm genug, wenn einem so etwas draußen mal passiert, aber sich das noch im Haus aufzubewahren?
Es kann aber nicht nur um das Wetter gehen, bei diesem Ritual. Ich stelle fest, dass alle in der Familie in den Wetterschrank steigen, gerade wenn sie richtig gut riechen. Ich meine so, dass man sie mit geschlossenen Augen sehen kann. Wie ich es am liebsten habe. Wie es sich gehört. Damit alle wissen, dass man da ist. Aber, Menschen sehen solche Dinge anders.
Immer, wenn einer aus der Familie super gut riecht, geht er in das Wetter im Schrank, lässt sich nass regnen und schmiert sich mit Zeug ein, das stinkt und schäumt. Mir würden sie sofort verbieten, mich so etwas auch nur zu nähern, drum sind die Flaschen mit dem Stinkezeug auch wegeräumt. Den stinkigen Schaum lassen sie wenigstens wieder abregnen und dann wird der Regen ausgeschaltet. Das Abtrocknen mit Handtüchern kenne ich, aber ich genieße es mehr, wenn mir einer mit einem großen Tuch durch den Pelz wuschelt nach einem Regenspaziergang und reibe mich überall vor Behagen.
Meine Leute machen das gründlich, aber ohne Begeisterung.
Wenn sie trocken sind, schmieren sie sich nochmal Stinkiges Zeug auf die Haut und das bleibt dran! Das Ersatzfell wird darüber gezogen und müffelt dann auch. Ich mag diesen Geruch gar nicht...aber ablecken ist natürlich verboten. Alle riechen dann gleich und irgendwie komisch, - unecht. Das dauert dann auch eine Zeitlang, bis der "Duft" verflogen ist, und ich Herrle und Mama und den Herrlesohn wieder am Geruch unterscheiden kann. Wie es sein sollte. Tja, manches ist wohl sehr unterschiedlich bei uns.
Einmal hat Mama versucht, mich auch in dem Schrankwetter mit Zeug aus einer Flasche zu behandeln. Auf der Flasche war ein kleiner Hund, also dachte ich, werde ich wohl nach dem kleinen Hund riechen, wenn sie fertig ist. Das wäre jetzt nicht so schlimm gewesen, wie das Menschenzeugs. Aber ich hatte mich gerade an dem Tag bereits prima parfümiert, und ich wollte diesen genialen und kostbaren Duft nicht weggeregnet bekommen, um dann wie irgendein fremder kleiner Hund zu riechen. Mama und ich haben fast gestritten, weil ich einfach nicht in den Wetterschrank wollte und immer wieder rausgesprungen bin. Am Ende waren wir beide Nass, das hatte sie nun davon.
Aber für mich ist die Sache auch nicht so gut ausgegangen, auf der Terrasse hat sie mich dann doch noch gewaschen, mit kaltem Wasser aus dem Kübel und dem Zeug mit dem kleinen Hund. - Ich war richtig beleidigt. Eine volle halbe Stunde lang.
Ist doch wahr, einen so schönen Haufen Rehduft findet man schließlich nicht jeden Tag, oder? Ich dachte, Mama wird stolz darauf sein, dass ihr Hund so sehr auf sich achtet und sich extra fein macht für sie. Wenn ich sie nicht so lieb hätte, würde ich ihr so was übel nehmen. Aber sie ist doch meine Mama und da kann ich nicht so sein.
Ja richtig, ich wollte ja von diesem seltsamen Tag heute erzählen.
Eigentlich passieren bei uns immer dieselben Dinge. Manchmal ein bisschen früher oder später. Aber ich kenne ich alles, was wir tun. Das ist gut, denn, wenn ich etwas nicht kenne, merke ich wieder, wie wenig ich doch von der Menschensprache verstehe. Meine Leute versuchen dann, mir etwas zu erklären, aber ich weiß nicht genau, was sie meinen. Manchmal bekomme ich dann Angst, oder ich denke, da wäre eine Gefahr, aber dann ist da gar nix und ich habe schon gemeldet mit meinem gefährlichsten Alarmbellen und fühl' mich doof, weil alle gucken. Ich mag es eigentlich nicht, wenn etwas anders ist wie sonst immer.
Gott sei Dank habe ich schnell heraus gefunden, dass ich auf Mama oder auf Herrle schauen muss, wenn ich nicht weiter weiß und an denen kann ich dann sehen, ob etwas wirklich gruslig ist, oder ob nur ich wieder nicht kapiere, was passiert. Heute Morgen ist Mama mit mir losgezogen und statt nur die morgendliche kleine Pipikackarunde zu drehen, ist sie mit mir abgebogen in den Wald!
Ein Waldgassi einfach so, völlig unerwartet. Toll! Eigentlich hätte ich mir da schon denken sollen, dass irgendetwas anders ist als sonst. Dann sind wir sogar bis zur kleinen Waldkapelle gegangen, die nun wirklich weit draußen ist, und haben dort auf der Wiese endlos miteinander Dummy gespielt und "Leckis-suchen" und "ich-komm-wenn-Du-pfeifst-und-Du-schenkst-mir-was-dafür". Um Mama zu belohnen war ich besonders aufmerksam und bin sogar einmal zu ihr gerannt, als sie übersehen hat, dass ich eigentlich ein Mausloch fertig ausbuddeln hätte müssen und sie mich trotzdem zu sich gerufen hat.
Als wir dann wieder zu Hause waren, ist mir im Gang gleich ein fremder Geruch aufgefallen. Nach fremden Männern! Sehr verdächtig! Prompt hat es dann im Dachgeschoss gerumpelt und gescheppert, dass ich dachte, das Dach fällt herunter.
Mutig, wie ich bin, habe ich sofort gemeldet! Mama hat sanft zu mir gesagt: "Alles gut, mein Schatz!" und als ich nochmal darauf hinweisen wollte, dass dringend etwas nicht stimmt, wenn fremde Männer im Haus reden und rumriechen, hat sie mich zum Schweigen gebracht und ganz leise "Schnauze!", gesagt.
Sie hat mich nicht abgeleint, wie sonst, sondern an der Leine mit ins Dachgeschoss genommen, woher die fremden Männerstimmen kamen! Da! Zu zweit waren sie! Und sie hatten in unser Dachstübchen ein Loch gemacht, dass man den ganzen Himmel durchsehen konnte! Unser Stübchen, wo Mama und ich miteinander lesen, Musik machen und eine meiner Lieblingsdecken liegt!
Wo war überhaupt das ganze Zeug, Mamas Bücher, meine Decke, mein Bär, das Holz mit dem langen Hals und dem Loch in der Mitte, über das dünne Seile gespannt sind, an denen Mama zupft und dann kommen Töne raus, alles weg! - Geklaut, wahrscheinlich! Aber was macht meine Mama? Redet freundlich und ruhig mit den Unholden und drängelte mich nach hinten, als ich mich schützend vor ihr aufbauen wollte. Reiner Unverstand.
Dann hat sie mich schnuffeln lassen an dem Einen und ich dachte plötzlich: "So übel ist der vielleicht gar nicht". Der andere Fremdling war auch ganz ruhig und friedlich, und ich entschied mich abzuwarten, bis Mama das Signal zum Angriff gibt.
Hat sie aber nicht. Wir, das heißt meine Alphas, haben sogar ganz friedlich mit den Lochbohrern Würstchen gegessen und ich hab' keins bekommen! Aber, immer auf der Hut zu sein, war mir dann doch zu langweilig und ich habe in Mamas Büro erst mal ein Nickerchen gehalten.
Schließlich: aus dem Haus treiben könnten wir sie ja später immer noch.
Als ich aufgewacht bin, waren die immer noch da und ich begann schon zu glauben, dass wir sie vielleicht ja in unser Rudel aufgenommen haben könnten, und bloß ich hab's wieder nicht verstanden. Also habe ich mich probehalber vom jüngeren der beiden durchkraulen lassen und fand, dass er das gar nicht mal schlecht gemacht hat. Der andere hat mir ein Lecki gegeben. Das war eins von Mamas, sie hat's ihm gegeben, als sie dachte, ich merk's nicht. Aber die Geste war freundlich. Dann sind sie beide weg gefahren, und wollten morgen wieder kommen. Bestimmt gehören die jetzt zu uns. Ein bisschen peinlich war mir das mit dem Bellen dann schon. Aber ich mache ja nur meine Arbeit. Eines versteh' ich aber nicht, wie die beiden in ihrem neuen Zimmer schlafen wollen, mit einem Loch im Dach!
Mama hat mich am Abend dann mit in das Zimmer der Männer genommen, und ich verstand die Welt nicht mehr! Noch weniger als sonst, meine ich. Da waren alle meine und Mamas Sachen wieder! Und: statt dem Loch war da ein neues Fenster im Dach!
Ein Stern blinzelte durch das Fenster zu mir herunter, und als ich mich hundemüde von diesem Tag auf meiner Decke zusammenrollte und zuhörte, wie Mama anfing, auf den kleinen Knöpfen unter dem hellen kleinen Bild, das auf ihrem Schreibtisch steht, herumzutippen, hatte ich, als ich die Augen zu machte, das Gefühl, den Stern etwas sagen zu hören.
"Schnauze" sagte er mit Mamas Stimme und lachte leise.

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so, wieder was von der (inneren) Kopfkamera...

Das war tatsächlich unser Tag heute. Das Mäxlein schnarcht auf seiner Decke und wufft ganz leise und ich bin stolz auf ihn.

Das war heute schon fast erwachsen...

es grüßt Euch, auch ein bisschen platt...

Biggi :smi_blume

P.s.: Sobald ich mit den scribbels durch bin, für die Geschichten, (das heißt, wenn ich damit zufrieden bin...) werde ich sie Euch zeigen, versprochen. :autor:
 
Zuletzt bearbeitet:
Köstliche Geschichte - danke :smi_blume
Es ist sicher schwer zuverstehen, dass sich Menschen nicht nur ihre eigenen Fallen bauen, wie es immer heißt, sondern auch Schlechtwetterkammern :D, eine originelle Idee. Aber wahrscheinlich empfinden es Hunde tatsächlich so. Haustiere überhaupt, auch die Katze verfolgt jede Bewegung, vor allem, wenn Wasser in die Wanne rauscht und ich steig hinein. Da werden ihre Augen ganz groß.
 
Ja, ich finde, bei diesem Blick kommt man fast zwangsläufig ins Grübeln. Vielleicht arbeitet Deine Miez ja im Geiste einen Notfall Rettungsplan aus, falls Frauchen gerettet werden muß. ;) Wenn ich mir vorstelle, wie suspekt Katzen alles ist, was mit Wasser zu tun hat, kann ich mir vorstellen, was sie davon hält, freiwillig in einen ganzen Topf davon zu steigen. - Ohne Gezappel und Gekreische... :D
Ja, - Menschen -, aus denen wirst Du nicht schlau, und wenn Du neun Leben hättest...
 
Hunde und Katzen sehen die Welt und ihre Menschen überhaupt sehr verschieden. Vor sehr langer Zeit machte ich mir ganz gern Bio-Gesichtsmasken. Also mit Joghurt, zerquetschten Früchten und so halt: Hälfte in den Magen, der Rest ins Gesicht. Die (Wohnungs-)Katze machte mit hochgedrehten Schwanz einen Satz hinter den bodenlangen Vorhang neben der Balkontüre und schaute dann ganz vorsichtig mit einem Auge hervor. Sie schob tatsächlich den Kopf seitlich bis zur Hälfte heraus, es war zum Schreien.
Später der Hund schaute erst mal mit schiefem Kopf, schnupperte und schleckte dann das Ganze genüßlich ab.
 
Ja, Hunde lieben einen, wurscht, wie man aussieht. Das ehrt sie.
Katzen sind mißtrauisch und gehen gern auf Nummer sicher. Das ehrt ihren Verstand.
Ich mag beide Sorten. Liebe mit Verstand scheint mir die beste Variante. ;)
 
Max ist elektrisiert...

Also, ich gehe ja für mein Leben gern Gassi. Weil, erstens ist dann endlich mal was los, - vom Rumliegen zu Haus wird man ja direkt steif, wie ein alter Hund. Und zweitens, ist es draußen jedes Mal anders.
Ja, es stimmt schon, eigentlich mag ich keine Veränderungen, aber auf dem Gassiweg ist das was anderes. Ich kenne alle Ecken, an denen meine Kollegen ihre Nachrichten hinterlassen. Mama versteht scheinbar auch, dass es für mich wichtig ist, alles zu lesen und selber eine Nachricht da zu lassen. Was sie aber leider gar nicht versteht ist, dass ich mich beeilen will von Nachricht zu Nachricht zu kommen und dabei aus Versehen manchmal ein bisschen ziehen muss. Nicht schlimm, gar nicht. Und es kommt ja auch bloß, eil sie mit ihren zwei Beinen so langsam ist! Ist doch wahr! Klar kann sie nicht so schnell laufen wie ich, vom "um-die-Ecke-sausen" oder "in-der-Luft-einen-Haken-schlagen" ganz zu schweigen. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum sie an meinem Gurtgeschirr, das ich anhabe, wie Mama ihre Jacke, eine Leine festgemacht hat.
Weil ich so schnell bin. Und sie nicht hinterherkommt.
Das Problem hat Herrle auch, und der Herrlesohn, nicht bloß meinen Mama; die ist sogar recht fix, für einen Menschen, im Garten, mit dem Ball, da lässt sie sogar mich manchmal ins Leere laufen. Selten, aber immerhin.
Draußen, vor allem in unserer Gegend, will sie aber nicht alleine laufen. Ich geh' so langsam, wie ich kann. Ich weiß nämlich schon, dass sie es nicht mag, wenn ich sie an meiner Leine hinter mir herziehe. Würde mir auch so gehen, wenn ich ehrlich bin. Sie zieht an mir eher selten, - meistens bin ich ja auch schneller als sie. Allerdings hat sie es mir schon bei unserem ersten Spaziergang klar gemacht, dass sie es nicht leiden kann, wenn ich bestimme, wie schnell wir gehen.
Sie ist einfach stehen geblieben, wenn ich zu schnell war.
Immer wieder. Zwei Schritte, ein kleiner Zug an der Leine und "zack!" Mama steht und geht erst weiter, wenn ich umständlich zu ihr laufe und sie abhole. Ist das zu glauben. Sonst ist sie ja auch ganz selbstständig, aber draußen weigert sie sich einfach ohne mich zu gehen. Ich muss mit. So langsam wie sie. Und sie ist so schwer, die zieht nicht mal ein Bernhardiner vom Fleck! Na, mittlerweile habe ich mich schon daran gewöhnt und mache halt in Gottes Namen, was sie von mir will, weil sie echt nervig werden kann, wenn ich das nicht tu'. Ist auch nicht den ganzen Gassiweg so, zum Glück. Nur hier, bei uns im Viertel, wo so viele Leute und Kinder und Hunde und was weiß ich noch alles rumläuft, sagt Mama.
Alle dürfen also ohne Leine, bloß ich nicht.
Hinten, bei den Bäumen geht ein schmaler Weg durch einen kleinen Wald, - eigentlich ist das kein Wald, weil man durch gucken kann - da macht Mama dann die Leine ab, juhuuhh! Dann sause ich los. Manchmal überholen meine Hinterfüße sogar meine Vorderfüße! So schnell bin ich! Das tut auch gut, alles an mir streckt sich und ich fühle mich frei und wild! Ich muss aber trotzdem aufpassen, das habe ich auch als kleiner Hund schon gemerkt, wenn Mama ruft, muss ich kommen. Egal, ob was los ist, oder nicht und egal ob ich lieber erst mal selber nachgucken möchte. Das habe ich mal versucht, ganz früher. Ich habe gedacht, als Mama mich gerufen hat, ich geh' selber mal zu den Leuten, die da kommen hin, und sag' "Hallo", weil ich doch freundlich bin und alle, die nicht doof sind gut leiden mag. Das war nicht meine beste Idee. Erst fanden die mich nett, aber als ich dem Mann, der mich gestreichelt hatte, die Mundwinkel belecken wollte, wie es Hunde tun, wenn sie freundlich "hallo" sagen möchten, fand der mich plötzlich gar nicht mehr nett. Dabei bin ich bloß hochgesprungen, Richtung Mund halt, und hab' mich ein wenig an seiner Brust abgestützt.
Ich kann schließlich nicht auf zwei Beinen stehen, wie die Menschen, das muss man doch verstehen, oder? Na gut, meine Füße waren nicht so sauber, und ich glaube, ich habe die Jacke von dem Mann ein wenig dreckig gemacht, aber dass er meine Mama so schimpft deshalb, hätte ich auch nicht gedacht. Das Gesicht, das Mama gemacht hat, als sie mich von den Leuten weggeholt hat und die Leine wieder an mir fest gemacht hat, war ganz schön finster! Auweh, davon hatte ich noch lange was. Mama hat eine lange dünne Leine gekauft und zu mir gesagt: "Den Freilauf kannst Du Dir für's nächste halbe Jahr abschminken! Wer zu dumm für die Freiheit ist, der braucht auch keine!" Ich habe sie nicht verstanden, aber ich habe ein halbes Jahr nicht mehr frei, ohne die lange Leine springen dürfen...
Seit dieser Zeit mache ich eigentlich keine solchen Sachen mehr. Ich habe verstanden, dass Mama auch beim Gassi der Boss ist, wie daheim, basta!
Zugegeben, ich überlege schon, bevor ich zu ihr laufe, wenn sie mich ruft, ob ich doch besser erst mal selber gucken gehen soll, damit ich sie beschützen kann, wenn was ist - versteht sich. Aber ich lass es dann doch, weil - diese lange nervige Leine will ich nicht wieder angeklipst bekommen.
Und weil - heute Morgen etwas passiert ist, dass mich sicher macht, dass Mama irgendwie in die Zukunft sehen kann.
Und das war so:
Wir haben einen ganz normalen Morgen verbracht. Das heißt, dass ich gewartet habe, bis Mama aufsteht, - wenn sie frei hat, hat auch mein liebevollstes Ohrenwaschen keinen Zweck, da schläft die, bis sie nicht mehr will. Ich versuche alle Tricks, um sie zu wecken, ich schnaufe schwer uns seufze ein bisschen, damit sie wissen soll, dass ich wach bin, ich laufe ums Bett und lasse mich auf den Boden plumpsen, lege den Kopf auf ihre Matratze und schaue sie ganz fest an - dabei denke ich so laut ich kann: "Mama! Aufstehen!" aber, - typisch Mama, nix funktioniert! Dann, als ich mich einfach neben ihr Bett lege und denke: "Gut, dann mach' ich halt auch noch ein Nickerchen.", blinzelt sie mich an und wuschelt mir den Kopf. Dabei grinst sie mich an. Als ob schlechtes Timing ein Grinsegrund wäre. Dann haben wir, das heißt Mama hat gefrühstückt (ich frühstücke erst nach dem Gassi) und dazu die Zeitung gelesen.
Die Zeitung ist auch so ein Punkt. Wir holen sie zusammen, ich darf sie ins Haus tragen, und Mama ist richtig stolz auf mich, weil ich das schon so gut kann. Jetzt geb' ich die Zeitung auch gleich her, wenn sie's sagt. Weil, im Haus will sie die Zeitung unbedingt selber haben, als erste, immer. Dabei spielt sie völlig falsch damit. Das heißt, sie spielt gar nicht damit. Sie sitzt am Tisch und isst und trinkt aus dem kleinen bunten Napf mit dem Ring an der Seite und starrt die Zeitung an. Dann blättert sie um und starrt wieder, und wenn sie alle Seiten lange angestarrt hat, - manchmal denk' ich schon, sie wäre wieder eingeschlafen - faltet sie alle Blätter zusammen und schmeißt sie weg. Wenn ich Glück habe, dann wickelt sie vorher noch ein paar Leckies fest in die Zeitung ein, und ich darf sie wieder auspacken.
So geht Spaß - aber hallo! Fetzig und schnell mit Geschick die Leckies aus dem Papier gewurschtelt. Das macht Laune! Aber ich habe Mama das nun schon so oft gezeigt, sie will es einfach nicht selber mal richtig versuchen. Sie hypnotisiert die Zeitung lieber Seite für Seite...
Als wir dann endlich mit allem fertig waren und Jacke und Gurtgeschirr angezogen hatten, die Leine angeklipst und der Dummy eingesteckt war, haben wir uns auf den Weg gemacht. Um Mama zu zeigen, dass ich sie ganz arg toll gern habe, und weil ich fand, dass der Dummy heute sehr aufregend gerochen hat, habe ich besonders darauf geachtet, dass ich nicht an der Leine ziehe. Als wir durch den kleinen Wald gegangen sind, hatte ich schon die tollsten Gerüche in der Nase und wollte schnell loslaufen dürfen. Leine los, zappelig warten, bis Mama "Lauf!" sagt und ab geht die Post! Aber, kaum war ich durch die letzten Bäume des kleinen Waldes durchgesaust, musste ich vor Verwunderung stehen bleiben. Auf der Wiese, über die ich sonst immer sause, - die Sache mit den Hinter- und den Vorderfüßen -, standen Kühe. Ich kenne Kühe, natürlich! Wir waren auf einem Bauernhof in Urlaub, Mama, Herrle, Herrlesohn, eine junge, fremde, nette Dame und ich. Kühe ist einfach. Völlig ungefährlich!
Und ich hatte auch überhaupt keine Angst, - also fast gar keine.
Mama war ja auch mit dabei und Herrle hat diese riesen Viecher sogar gestreichelt. Man muss bloß aufpassen, dass einen die Kühe nicht aus Versehen mit ihren Hörnern stoßen. Beim Umschauen. Kühe sind nett, aber doof. Sie gucken auch so leer. Lieb aber auch langsam.
Beutetiere, bestenfalls. Keine Jäger, so wie wir Hunde. Naja. Ich bin Kühe also im Urlaub gewöhnt, ich dachte, die leben bei dem Bauern auf dem Hof. Ich wusste nicht, dass sie auch bloß in Urlaub auf dem Bauernhof waren und sonst eigentlich hinter unserem Wald wohnen. Sogar einen Zaun hatten die um sich rum gebaut. Aber weil ich ja schon wusste, dass Kühe doof und ungefährlich sind, wollte ich mir die Runde auf meiner Wiese eigentlich nicht verderben lassen. Immerhin bin ich ja hier der Hund! Mama hat das wohl anders gesehen und mich zu sich gerufen. "Nö", dachte ich mir, "nö, wirklich nicht." Da darf ich schon mal hierher und ohne Leine sausen und dann soll ich doch wieder nur brav an Mamas Seite den Weg entlang laufen? Bloß, weil die da sind? Nö.
Ich habe gedacht, ich könnte es riskieren und Mama zeigen, dass ich meine Wiese auch zum Rennen nehmen kann, wenn die Kühe darauf rumstehen. Renn' ich halt einfach drumherum und zwischendurch, nicht wahr? Bin ja geschickt.
Das traut sie mir wahrscheinlich nicht zu, - wird schon sehen.
Um den Kühen und Mama zu zeigen, dass ich überhaupt keinen Zweifel habe, wem die Wiese gehört, bin ich selbstbewusst und recht schnell auf die Wiese zu gelaufen. Nur noch unter dem Zaun durchschlüpfen, da ruft Mama schon wieder - ganz laut und streng! Aber, wenn ich jetzt umdrehen, denken die Kühe noch ich bin feige, nix da!
"Max! Stopp, zu mir!"
- Nö, ich... auaaaa! Was ist das, aus heiterem Himmel bekomme ich einen Schlag, der überall in meinem Körper gleichzeitig weh tut! Am meisten zwischen den Schultern, da wo ich den Zaun berührt habe.
Ich habe den Schrecken meines Lebens. Ich falte mein Schwänzlein unter mich, damit ich kleiner werde und laufe schnell und geduckt auf Mama zu. Die schaut erst besorgt, dann muss sie schmunzeln und sagt: " Ja, jetzt hast du einen elektrischen Schlag gekriegt! das kommt vom Vorwitz!" Als ich mich hinter ihr verstecke, hoffe ich fast, dass sie mich an die Leine nimmt. Aber, sie zeigt nur an ihre Seite und will tatsächlich weiter gehen, als wäre nichts geschehen. Ja, hat sie denn nicht gesehen, was passiert ist? Ganz eng gehe ich an Mama gedrückt mit ihr an den Kühen und meiner Wiese vorbei. Weh tut es eigentlich nicht mehr, aber mein Herz klopft noch arg und ich fühle mich nicht gut. Ich bin traurig und verwirrt. Angst habe ich nicht mehr, weil ich so nah an Mama gehen darf, und sie mir ab und zu die Ohren streichelt. Der Rest des Spaziergangs war dann doch noch ganz schön. Mama hat den Dummy versteckt und ich musste ihn suchen. Oder sie hat ihn geworfen und ich durfte ihn bringen und immer konnte ich was von den Leckis im Dummy haben, wenn ich es gut gemacht habe. Und das war jedes Mal, klar.
Auf dem Heimweg waren die Kühe auf der Wiese nicht zu sehen, aber ihren Zaun haben sie stehen lassen. Wenn ich jetzt, sicher und satt auf meiner Decke liege und noch einmal in Ruhe darüber nachdenke, dann habe ich heute wieder einiges gelernt, erstens sind Kühe wohl doch nicht so doof und ungefährlich, wie ich dachte, sondern gerissen und tückisch. Und elektrisch.
Und zweitens hat meine Mama das vorher gewusst und wenn ich ihr gefolgt hätte, hätte die Kuh mich nicht erwischt. Das merk' ich mir. Bestimmt.
Ich merke, wie ich müde werde und wie Mamas Finger durch mein Fell wuscheln, "kleiner Krieger", sagt sie und gibt mir einen Kuss zwischen die Ohren.
 
Der arme Max, wie geht es ihm? Hat er sich schon erholt, oder scheut er die großen Tiere jetzt?
Als ich noch ziemlich klein war, gabs auf dem Weg zur Großmutter noch Wiesen, auf denen Kühe standen. Natürlich hinterm Elektro-Zaun. Immer wollte ich die Muhli streicheln, Oma sah das nicht gern: "die stess´n di" meinte sie, aber vor dem blöden Zaun hat sie nicht gewarnt. Jedenfalls langte ich wieder einmal durch die Drähte zur Kuh und bekam einen Schlag, von dem ich keine Ahnung hatte, woher. Ich hab jahrelang die arme Kuh verdächtigt.
 
Ja, ich glaub' dem Mäxlein geht's ähnlich. Jedenfalls geht er auffällig brav bei mir (ein freiwilliges "Fuß", wenn man so will...) wenn die Elektrischen auf der Weide stehen. Ich beklag' mich nicht ;)

Aber, der Max ist so selbstbewußt, da schadet so ein kleiner Dämpfer nicht, denk' ich mal.

Ich hab' als Kind das Glück gehabt, auf einem Bauernhof aufzuwachsen. Sie hatten da eine Kuh, die war sehr brav. Auf der durfte ich reiten jeden morgen vom Stall bis zur Wies und abends zurück.
Gerade, wie ich Dir das schreibe, fällt mir auf, dass ich damals nicht älter als sechs gewesen sein kann, denn das war noch bevor mich die Schule in die Finger bekommen hat. Stelle ich mir jetzt vor, eines meiner Kinder säße im zarten Alter von sechs Jahren auf einer Kuh und ritte so quer durchs Dorf, ich würde vergehen vor Angst! Meine Eltern waren wohl mutige Leute... :D
 
Die Eltern wissen heute auch zu viel ;). Ich hab mich nicht beschwert über die unschuldige Kuh, Oma hatte ja gewarnt.
Warnungen waren dazu da, um sich im Ernstfall stillschweigend selber zu helfen, das ersparte den geplagten Erziehungsberechtigeten Ängste und einem selber Geschrei :).
 
Wahr, wahr, wahr!

Ich bin ein Held! So hatte ich das noch nie betrachtet! Jipppie!

Danke Elfie!

Ps.: ... und ich habe überlebt. :stolzbin:
 
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