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Schon öfters ist im SAGEN.at-Forum (bzw. über PN) die Frage aufgetaucht, was denn "Volkskunde" überhaupt sei?

Die folgende kurze Definition von Dr. Christoph Schmitt (Universität Rostock, Institut für Volkskunde/Wossidlo-Archiv) gefällt mir sehr gut, da sie kurz und verständlich ist:

"Die Volkskunde ist eine kulturwissenschaftliche Disziplin, die als Erfahrungswissenschaft von Beobachtungen, Befragungen und Objekten in unserem Alltagsleben ausgeht. Sie befaßt sich mit der Analyse „volkstümlicher“ Kulturen in Vergangenheit und Gegenwart, das heißt, genauer von Lebens- und Kulturformen unterer und mittlerer Sozialschichten. In der Beschränkung auf den europäischen Raum, vornehmlich des eigenen Sprachgebietes, grenzt sich das Fach von der Völkerkunde (Ethnologie) ab, die sich außereuropäischen Zivilisationen zuwendet. Deshalb wird die Volkskunde auch als „Europäische Ethnologie“ bezeichnet. Ihr empirischer Ausgangspunkt ist die regionale Kultur und Landesgeschichte, die im europäischen Raum vergleichend betrachtet wird.​
Wegen seines zutiefst interdisziplinären Charakters will eine formelhafte Definition der Volkskunde kaum gelingen. Fächer werden ja nicht beschlossen, sondern entwickeln sich. Die deutschsprachige Volkskunde hat sich aus zwei Strängen entfaltet: den kameralistischen Landesbeschreibungen und den Philologien. Beiden ging es um die Kultur- und Lebensformen der Bewohner eines engeren oder weiteren Territoriums, um deren Erzähl-, Spruch- und Liedgut, deren Bräuche, Kleidungs- und Nahrungsverhalten, deren Siedlungs- und Wohnformen, Volksglauben und Arbeitsleben, deren Dialekte und vieles andere mehr.​
Bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts herrschte die Aufsammlung der traditionellen Volkskultur, besonders bäuerlicher Provenienz, vor. Mündlichkeit und Überlieferung waren wesentliche Aufnahmekriterien. Heute versteht sich das Fach als moderne, auch die Stadt einbeziehende Alltagswissenschaft, die Gruppenkulturen untersucht. Und die Rolle der alten Erzähler haben vielfach die Medien übernommen. Die Berührungsflächen zwischen der „Hochkultur“ und der historischen „Volkskultur“ bzw. der heutigen Popularkultur sind ebenso in den Blick geraten wie die Beziehungen von Mehrheits- zu Minderheitskulturen, ob sie nun ethnisch oder sozial bestimmt sind. Durch seine Fragestellungen, seinen Umgang mit historischen Quellen und die Nähe zum „Feld“ hat sich das Fach eine unverwechselbare Form wissenschaftlicher Aneignung und Argumentation erarbeitet. Neben den Medien stellen Kulturmanagement, Museum, Hochschule und weitere Forschungsstätten typische Arbeitsfelder des Volkskundlers dar. Das Fach institutionalisierte sich Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts. Heute ist es an etwa 30 deutschsprachigen Hochschulen vertreten, wo es neben „Europäische Ethnologie“ auch „Empirische Kulturforschung“ oder „Kulturanthropologie“ genannt wird. Volkskunde wird nicht nur an Hochschulen, sondern auch an Museen und Landesstellen betrieben. Ausländische Kollegen nennen sich Folkloristen, Ethnologen, Sozial- oder Kulturanthropologen.​
Text: Dr. Christoph Schmitt"​
Quelle: Christoph Schmitt, Was ist Volkskunde / Europäische Ethnologie?
Wolfgang (SAGEN.at)
 
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