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Von den Almen im Oö Ennstal

althea

Member
Das Thema Leben auf der Alm hat mich schon von jung auf fasziniert, umso schöner war dann für mich in den 90er Jahren an einem Forschungsauftrag über das Leben der Schwoagerinnen auf den Almen der heutigen Region Nationalpark Kalkalpen mitarbeiten zu können.

Zu Anfang stelle ich eine eher traurige Begebenheit vor, der Mord einer Halterin auf der Reiflingbauern Alm, am 12 Juni 1924 löste weitum Schrecken und Empörung aus.
Das blutige Hemd des Mädchens wurde bis heute als Mahnmal aufbewahrt und war 2008 Teil einer kleinen Ausstellung im Nationalparkbesucher Zentrum Ennstal.

Eine Moritat aber hat das Geschehen verewigt:

Es war auf einer Alm, wo froh die Sennerin haust, wo Kühe und Kälber weiden, weit weg von Ort und Haus....

Auf der CD des Österr. Volksliedwerks "Musik der Regionen" Nr.4 auch zu hören!

Soweit die befragten Schwoagerinnen wussten war dies der einzige Mordfall auf den Almen; nach diesem Ereignis waren die Frauen doch ängstlich und trafen besondere Vorkehrungen, so hatte eine hinter der Türe immer die Hacke parat und hätte fast einmal ihren Freund erschlagen, weil sie dachte ein Einbrecher mache sich an der Türe zu schaffen.

Nach und nach fällt mir sicher noch etwas ein zu "unseren" Schwoagerinnen, die ja mittlerweile auch schon sehr alt sind oder vielleicht gar nicht mehr am Leben.
Wie ich gelesen habe, war auch Sonja`s Oma ein "Haltermensch" - oder eine Schwoagerin?
Vielleicht magst du von Deiner Oma auch noch etwas einfügen Sonja?

lieben Gruß
althea
 
Meine Oma war Magd bei einem "schwarzen Grafen" sie hat monatlich 500 Schillinge und täglich eineinhalb Liter Milch bekommen, dafür, dass sie morgens zwei Stunden im Stall gearbeitet hat (und die Tiere auf die Weide gebracht) hat und Abends ebenfalls zwei Stunden im Stall gearbeitet (und die Tiere wieder reingeholt) hat.
Sie war also nicht auf der Alm sondern im Tal tätig.

Ich selbst war im letzten Jahr (leider nur eine Woche) auf einer Alm in Innervillgraten (Tirol) und lebte dort in einer Hütte, wo unten der Stall drin ist und konnte so das Almleben einige Tage beobachten. Ich wäre am liebsten oben geblieben.
Die Hütte war ohne Strom, wurde mit Quellwasser frisch aus dem Berg versorgt, wenn man in der Küche den Ofen anheizte konnte man sogar mit Warmwasser baden, die Heizung ging über den Tischherd.

Um 7 Uhr Morgens kam der Bauer aus dem Tal mit seiner Motocross- Maschine den Berg hoch (2900m) und brachte die Kühe auf die Weide, Abends um 19 Uhr kam er wieder und holte sie rein, molk sie, nahm die Milch mit nach unten ins Tal und kam am nächsten Morgen wieder...

In so einer Hütte zu leben ist echt naturnah, so rumpeln die K+ühe im Stall herum wenn es draussen gewitter gibt und Blitze über den Himmel zucken und der Donner von den Felswänden rundherum zurück geworfen wird, tagsüber hat man das Haus mit hunderten Fliegen voll, es hat aber auch eine ganz eigene Romantik, die mich schon auch spüren ließ, was den Reiz einer Alm ausmacht:

Man lebt im Rhythmus der Natur, steht mit den Kühen auf und geht mit der Dunkelheit schlafen, man ist abhängig vom Wetter, geht bei jedem Wetter vor die Tür, man ist auf sich selbst zurück geworfen weil es keine Ablenkungen wie Fernsehen, Telefon, Computer oder sonstiger Technik gibt.
Als Kühlschrank diente uns eine große Waschschüssel, die wir tagsüber mit kaltem Brunnenwasser füllten, und Nachts auf den Balkon raus stellten. Da drin hielt sich sogar Milch und Butter.

Man entwickelt eine Langsamkeit da oben, wird Ruhig, die Stille wird ein verlässlicher Begleiter. Die Hektik des Tales oder Stress den man im Tal-Alltag hat fällt komplett ab.

Vor einigen Jahren war ich schonmal eine Woche auf einer Alm in Kärnten- auch da habe ich das Almleben als das "wahre Leben" bezeichnet...

Hier noch einige Bilder von meiner Almzeit:
 

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Ein Buch das ich zu dem Thema sehr empfehlen kann (ich lese es gerade und bin immer den Tränen nahe, so reinfühlen kann ich mich da)


ALMGESCHICHTEN- Vom Leben nah am Himmel (Irene Prugger)

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Liebe Grüße, Sonja
 
Der Mord auf der Reiflingbauernalm

Am 12. Juni 1924 wurde auf der Reiflingbauernalm die erst 15 jährigen Anna Kerschbaumsteiner ermordet.

Für die „Halterin“ Anna Kerschbaumsteiner, die gemeinsam mit der „Schwoagerin“ Aloisia Auer die Alm bewirtschaftete, war es der erste Almsommer.
An jenen 12. Juni war Aloisia Auer beim Viehzählen am Wiesenschopf beschäftigt. Ein Juchaza hinunter zur Alm blieb unbeantwortet. Die Schwaogerin dachte, dass Anna wohl beim Ausmisten beim Trempl sein wird.
Aloisia geht währenddessen ihrer Arbeit nach. Sie stellt an diesen kalten Morgen fest, dass die Tiere vollständig sind. Bettelnde Kälber werden noch mit Salz verwöhnt und getätschelt. Der unbeantwortete Juchaza lässt ihr keine Ruhe und sie begibt sich wieder zurück zur Alm. Unterwegs vernimmt sie einen Schrei. Allerdings ordnet sie diesen nicht als solchen ein und sie denkt, „Ein komischer Vogel war das“. Gleich ein weiterer Schrei. Jetzt realisiert Aloisia erst, dass dieser Schrei von Anna stammt. Sie kann aus der Ferne nichts erkennen. Womöglich hatte Anna einen Unfall mit einer Kuh, auch ein Schlangenbiss eines Bergstutzen wäre möglich. Unzählige Gedanken gehen der Loisl fast gleichzeitig durch den Kopf. Jetzt ist es Still - gefährlich Still. Das ist kein gutes Zeichen. Immer schneller stolpert sie den Almhütten entgegen. Im Stall findet sie die Anna nicht, schnell zur Hütte, die Tür ist angelehnt. Sofort erblickt sie das ganze Ausmaß der Tragödie. Mit weit aufgerissenen Augen liegt Anna vor dem Herd. Überall ist Blut – bis auf die Wand hinauf.

Nach dem Bericht der Gendarmerie handelte es sich um ein Sexualdelikt. Sie stellen zwei Messerstiche und eine aufgeschnittene Kehle fest. Die Schwoagerin Aloisia Auer gibt den Diebstahl von 13 Eiern, 5 Kilo Butter, einem Renken Selchfleisch und 2 Laib Brot zu Protokoll. Ein Jäger, welcher in der Nähe war, bezeugte, dass er eine, sich auffällig verhaltende Person beobachtet hat. Diese Person trug nach den Aussagen des Waidmannes einen grauen Gummimantel. Sofort vermutete man, dass es sich bei diesen Verdächtigen um einen am 3. Juni 1924 aus der Strafanstalt Garsten entflohenen 30 Jährigen Häftling, der wegen Diebstahl einsaß, handelt.

Nach weiteren Befragungen erinnerte sich die Loisl an einen Verehrer von Anna, der sie seit mehreren Wochen immer wieder auf der Alm besuchte. Diese Besuche waren der Aloisia nicht Recht. Sie konnte auch der Gendarmerie den Namen des Verehrers nennen. Es handelte sich um einen gewissen Vinzenz Schachner aus dem salzburgischen Uttendorf. Schachner war als Holzknecht bei der Holzbringungs Seilbahn Weißwasser - Kleinreifling beschäftigt.
Die Gendarmen fanden bei einer Vernehmung des Tatverdächtigen in seinem Rucksack noch den Selchfleischrenken und konnten damit den Mörder überführen.

Im nachhinein sagten mehrere Zeugen aus, dass die Liebe des Täters zu Anna krankhaft gewesen sei. Anna hatte nach Aussage der Aloisia selbst Angst vor der Liebe des Vinzenz Schachner. Einmal soll er in einem Mostrausch zu ihr gesagt haben: „Ich bring dich um, wenn du mich nicht magst!“

Eine Woche nach dieser schrecklichen Tat wurde Anna Kerschbaumsteiner beerdigt. In der Steyrer Zeitung Ausgabe 23 vom 22.6.1924 Stand zu lesen: „...das tragische Ende des einer ruchlosen Mörderhand zum Opfer gefallenen jungen, braven Mädchens erweckte allgemeine herzliche Anteilnahme.“

Heute erinnert das sogenannte „Kerschbaumsteiner Kreuz“ auf der Reiflingbauernalm an die Ermordete Halterin Anna Kerschbaumsteiner.

Das Reifling Alm Lied
Es war auf einer Alpe,
Wo froh die Sennerin haust,
Wo Kuh und Kälber weiden,
Weit weg von Ort und Haus.
Zwei Dirndln sind auf d´Alm gefahren,
Von altersher der Brauch,
Zwei Dirndln wia zwoa Schwestern,
Auf d´Reifling Alm hinauf.

Im Juni wars, den zwölften,
Ins Tal die Kund kam,
Ein Dirndl liegt im Blute,
Von Meuchelmörderhand.
Ihr Herzblut ist geflossen,
Ins zarte Alpengras,
Ihre Unschuld, die blieb ewig,
Die Berge bezeugen das.

Wir streuen Alpenblumen
Aufs Grab mit frohem Sinn,
Tief unten liegt im Schlummer,
Wohl eine Sennerin.
Verlassen liegt die Alma,
Hoch droben auf Bergeshöhn,
Verlassen bleibt sie immer,
Auf Nimmerwiedersehen.


Quellen: Steyrer Zeitung Nr. 23, 22.6.1924 Seite 5; Gerald Rettenegger, Das Leben der Hinterwäldler-Holzknecht; Gerhard Sonnenschein, Hans Hofer-Kleinreifling, Maria Laussamayr, Das Reifling Alm Lied
 
krasse geschichte. danke fürs reinstelln!
*grusel*
da denkt man, da oben am berg sei die welt noch in ordnung....
 
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