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Die Deserteure im Vomper Loch
Verfemt - Die Deserteure im Vomper Loch
Österreich Bild, Sonntag, 26. April, 18.25 Uhr, ORF2

Ein Österreich Bild aus dem ORF Landesstudio Tirol erzählt die Geschichte der Deserteure im Vomper Loch, ihre Beweggründe und ihr Schicksal nach dem Ende der NS-Herrschaft. Das Thema Wehrmachtsdeserteure ist in Österreich auch Jahrzehnte nach Ende des Weltkrieges umstritten geblieben.

Mai 1945. Der 2. Weltkrieg ist zu Ende. Im Vomper Loch, einem unzugänglichen Seitental des Tiroler Inntales, warten 30 Männer in einem geheimen Versteck auf diesen Moment: Im Wald, abseits jeder Zivilisation, waren sie bis zu zwei Jahre lang untergetaucht, um nicht in Hitlers Armee kämpfen zu müssen. Trotz intensiver Suche war es dem NS-Regime nicht gelungen, die Deserteure im Vomper Loch zu finden und zu töten.

Die wenigen Deserteure, die das Kriegsende unversehrt erlebten, waren als - von der Nazi-Gerichtsbarkeit - verurteilte Straftäter auch in der Nachkriegsgesellschaft in vielfacher Weise diskriminiert.

Gemeindemuseum Absam hat Thema aufgearbeitet
Erst die Rehabilitation der Wehrmachtsdeserteure durch das österreichische Parlament im Jahr 2009 setzte dem ein Ende. Das Gemeindemuseum Absam, in dessen Einzugsbereich dieser Teil der Lokalgeschichte fällt, hat das Thema aufgegriffen und ist bei der örtlichen Bevölkerung auf großes Interesse und auf viele Zeitzeugenberichte gestoßen. Georg Laich und sein Team haben sich diesem noch eher unbekannten Kapitel Tiroler Geschichte angenommen – in einem spannenden Österreich Bild aus dem ORF Landesstudio Tirol.
(Quelle: Tirol.ORF.at)


Gnadenwald, Vomp – Wenige Wochen vor Ende des Zweiten Weltkrieges erhielt der Thaurer Ernst Lerchster den Einberufungsbefehl zur Wehrmacht. Doch statt wie befohlen und auch gegenüber seiner Familie angekündigt, bestieg der 18-Jährige damals nicht den Zug beim Rumer Hof in Richtung Innsbruck, sondern ließ sich in ein enges, unwirtliches Seitental des Inntals bringen, um unterzutauchen. Ab dem Frühsommer 1943 versteckten sich im Vomper Loch junge Männer, die sich weigerten, in den Krieg zu ziehen. Bestand die Gruppe der Wehrmachtsdeserteure zunächst noch aus drei Männern, so wuchs sie bis April 1945 auf bis zu 20 Personen an. Im Großraum des Vomper Lochs hielten sich zudem weitere zehn Personen versteckt, die in den letzten Kriegswochen ins Visier der NS-Behörden geraten waren.

Das Deserteurslager befand sich an einer unzugänglichen Stelle an den steil abfallenden Nordflanken des Vomper Lochs. In den Hang hinein hatten die Untergetauchten eine Höhle gegraben und diese mit Holz verkleidet. Unterstützung erhielt die Gruppe von Helfern aus der Bevölkerung, die an bestimmten Stellen des Tals Nahrungsmitteldepots anlegten und regelmäßig auffüllten. Die Männer blieben bis Kriegsende unentdeckt.

Unmittelbar nach Kriegsende wurden sie als Beispiel des österreichischen Widerstandes lobend erwähnt und in der Broschüre „Kampf um Tirol“ als „heimattreue österreichische Soldaten, die sich vom Hitler-Krieg losgesagt hatten“, bezeichnet. Eine Sicht, die sich im Laufe der Jahre mit der Rückkehr der Tiroler Kriegsgefangenen wandelte. Nun galten die Deserteure des Vomper Lochs plötzlich als „Drückeberger“ und „Verräter“ und über die Ereignisse rund um die Gruppe wurde der Mantel des Schweigens gebreitet.

Anfang des vergangenen Jahres veranstaltete das Gemeindemuseum Absam unter Museumsleiter Matthias Breit einen Themenabend über die Deserteure im Vomper Loch. Das Interesse war mit 250 Besuchern so groß, dass die Veranstaltung noch acht weitere Male wiederholt wurde. Und mit jedem Abend wuchs die Bereitschaft von Angehörigen der Deserteure, Dokumente zur Verfügung zu stellen, sich an die Ereignisse und Erzählungen zu erinnern und damit den Mantel des Schweigens zu lüften. Schritt für Schritt bekamen die Mitglieder der Gruppe Namen, Gesichter und Biografien. An keinem einzigen Abend wurden die Deserteure in einer Wortmeldung verunglimpft oder an den Pranger gestellt, erklärt Museumsleiter Matthias Breit. „Für diese Entwicklung und Aufarbeitung waren die Veranstaltungsabende im Gemeindemuseum* sicher sehr wichtig“, zieht Breit Bilanz.

Angesichts der zahlreichen neuen Quellen und aufgetauchten Fakten hat der ORF Tirol unter dem Titel „Verfemt – Die Deserteure im Vomper Loch“ ein Österreich-Bild gestaltet. Es ist der Tiroler Beitrag zum ORF-Programmschwerpunkt „70 Jahre Befreiung“ und wird am kommenden Sonntag, 26. April, um 18.25 Uhr auf ORF 2 ausgestrahlt. Die mit großem Aufwand produzierte Dokumentation wird außerdem am 3. Mai um 13.05 Uhr im Programm 3Sat noch einmal gesendet.
(Quelle: Nikolaus Paumgartten, Printausgabe der Tiroler Tageszeitung vom Mo, 20.04.2015)


Wolfgang (SAGEN.at)
 
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