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Salzburger Bauernherbst
bis 26. Oktober.
Motto: "Salzburger Brauchtum. G'sungen & g'spielt, tanzt & plattelt".
2000 Veranstaltungen in 78 Orten, u.a. Wettmelken und Brotbacken, Wanderungen und Radtouren. www.bauernherbst.com

Dazu schreibt Horst Christoph in Rondo (Der Standard):

Brauchtum und regionale Besonderheiten werden zum Tourismusmotor, der "Bauernherbst" ist einer der wichtigsten Tourismusevents in Salzburg
Der "Bauernherbst" lebt, frohlockt der Vertreter des Fremdenverkehrsverbands und nennt auch gleich die Sponsoren dieses Salzburger Tourismusevents: die Bank, die Brauerei und die Lebensmittelkette. Aber, so mahnt der Touristiker, das wäre zu wenig, wenn da nicht die Menschen wären, die mitgetan haben: der Handwerker, der seinen selbstgefertigten Holzrechen für 22 Euro feilbietet, der Besenbinder, dessen Reisigfeger bald die Diele einer Ferienwohnung zieren wird. Und auch die fleißigen Frauenhände, denen ein französisches Ehepaar das noch unfertige Gewürzsträußchen zu entlocken versucht.

Und dann naht der Höhepunkt dieses Sonntagvormittags in Obertrum im Salzburger Flachgau, eine "Weltpremiere", wie der Bürgermeister der staunenden Menge verkündet: Das "Obertrumer Gwand" wird präsentiert. In monatelanger Arbeit haben zum 15-Jahr-Jubiläum des Bauernherbstes der Trachtenverein und das Referat für Volkskultur und Erhaltung des kulturellen Erbes etwas erarbeitet, was hier bisher gefehlt hat: eine echte Tracht. Zwischen dem Chor der Landjugend, der das Lied "Hoamkemma" (Heimkommen) intoniert, und den Böllerschüssen der Obertrumer Prangerschützen defilierten die Dirndln, Janker und Lodenhosen.

Was allerdings den wahren Erfolg des Salzburger Bauernherbstes ausmacht, lässt sich der Tourismusmann, der verspricht, das nächste Mal im Obertrumer Gwand zu erscheinen, auf der Zunge zergehen: "22 Prozent mehr Ankünfte und 20 Prozent mehr Übernachtungen". Wer, wie der Flachgau, nicht mit Megaskigebieten aufwarten kann, muss sich was einfallen lassen, und das ist gut und gerne etwas Bodenständiges. Österreichs Touristiker scheinen sich neuerdings an Handwerk und Almen und Knödel zu klammern wie die Supermarktketten ans Ja-Natürliche: Im Bregenzerwald etwa wird der Urlauber dorthin geschickt, "wo das Vieh auf Sommerfrische weilt", in Seefeld in Tirol darf er "einem Fassbinder über die Schulter schauen und den Geruch einer Steinölbrennerei erleben".

Am Weißensee in Kärnten werden auf einem "Genussfloß" zu Alphornklängen Seesaibling-Laibchen serviert. Und im Advent lockt der "Bratapfelzauber" in die Obstgärten der Oststeiermark. Und wenn der Städter nicht von sich aus dem Ruf aufs Land folgt, so beglücken ihn die Regionen in der Großstadt. Kaum ein Wochenende vergeht, da in Wien nicht zwischen Rathaus- und Heldenplatz die Steirer oder Waldviertler - mit oder ohne Tracht und Musikkapelle - ihr Kernöl oder ihren Graumohn, ihre lokalen Pisten und ihre Loipen anpreisen.

Dass, wo es um Freizeit geht, das Essen und Trinken seinen Platz beansprucht, ist klar, dass aber gerade eine Kost, die für Baumfäller und Steilhangmäher erfunden wurde, den Gaumen der Urlaubsgourmets in Sölden, Ischgl oder "Kitz" trifft, erstaunt. Und doch ist es so. Speckknödel, Schlutzkrapfen, Gröstl und Spätzle beherrschen die Speisekarten von Haubenrestaurants. Durch sie werden Skitage und Bergtouren, wie der Brandstätter Verlag sein diese Woche erscheinendes "Hütten-Kochbuch" bewirbt, "erst richtig zum sinnlichen Vergnügen".

Dass das "einfache Leben" immer schon Anziehungskraft auf jene hatte, die es selbst nicht leben mussten, weiß man. Auch der Trachtenboom wurde im Salzkammergut von adeligen Sommerfrischlern eingeläutet. Und in Innervillgraten in Osttirol zahlen Münchner Zahnärzte und Anwälte heute ein Schweinegeld, um sich im eiskalten Almbrunnenwasser waschen zu dürfen.

Im Salzburger Land war man immer schon geschickt darin, Trends aufzuspüren. So gibt es neben dem Bauernherbst im Flachgau den Almherbst im Großarltal und die Holleralmen. So dürfen sich per Landesgesetzesbeschluss nur solche Almen nennen, auf denen Hollerbäume wachsen. Deren Produkte werden - von der Blüte bis zur Beere, vom Hollersekt bis zum Hollerschnaps - jahreszeitlich den Besuchern serviert. Auf der Bartlhütte über dem Fuschlsee muss man dafür keinen langen Anmarsch in Kauf nehmen, der Großparkplatz liegt fünf Minuten unter der Alm.

Eine nicht wegzuleugnende Ursache für den verstärkten Almrausch ist die Forcierung touristischer Monokulturen in den vergangenen Jahrzehnten. Sie schufen punktuelle Überkapazitäten mit massiver Konkurrenz zwischen immer ähnlicher werdenden Angeboten. Das zunehmende Verschwinden einer wichtigen Grundlage des Fremdenverkehrs, nämlich der von Landwirtschaft geprägten Natur, beunruhigte zusehends Menschen und Institutionen, die sich der Umwelt verpflichtet fühlen. Vor mehr als zehn Jahren definierten deshalb die alpinen Vereine des gesamten Alpenraums Richtlinien zu einer nachhaltigen Nutzung des Lebensraums. Alternative Wirtschaftsformen unter Ausschöpfung örtlicher und regionaler Resourcen wurden gefordert und teilweise in den sogenannten Bergsteigerdörfern, zu denen im Salzburger Land Weißbach bei Lofer und Hüttschlag im Großarltal zählen, auch realisiert. Auch manche Initiativen der Tourismusbranche gehen in diese Richtung. Ob freilich Einzelevents und flotte Etiketten genügen, um einem tiefgreifenden Umdenken in den alpinen Fremdenverkehrsregionen Impulse zu geben, muss sich erst weisen. (Horst Christoph/DER STANDARD/Rondo/10.09.2010)

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Bemerkenswert auf der Webseite zum Salzburger Bauernherbst ist auch das Rezeptheft mit den folgenden Kochrezepten:

Blutwurst-Grießknödel auf Rahmgurken
Pikante Topfenknödel
Backbeidei
Lacker Pascher
Versoffene Jungfrau
Gerührter Heidelbeerkuchen
Fohlenroulade
Tennengauer Almochsenfleisch
Forellenfilets im Bierhemd
Kleinarltaler Goaßkasreindl
Biersuppe
Lebermandl
Achentaler Schichtnudeln
Gamssuppe mit Pilzknödeln
Budakrapfei
Hirschkalbsbraten
Lungauer Schnapssuppe
Topfenfleckerl mit Räucherspeck

Wolfgang (SAGEN.at)
 
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