Daß Hunde und Rosse, seit alters und nicht umsonst die besten Freunde des Menschen, über okkulte Fähigkeiten verfügen, ist eine allbekannte Tatsache, namentlich auf dem flachen Lande, wo man das auch noch glaubt, was man selber gehört und gesehen hat:
"Das lasse ich mir nicht nehmen."
Ich habe in dieser Beziehung viel herumgehorcht, ohne eine Absicht merken zu lassen, und mich unter die Leute gemischt, bis sie zu gelegener Stunde ihre Erlebnisse von selbst zum Besten gaben, die sie sich zwar nicht erklären konnten, an deren Richtigkeit aber nicht zu zweifeln ist.
Über die fragliche Fähigkeit der Pferde gebe ich zwei Begebenheiten wieder, die mir von den Gewährsleuten verbürgt sind:
Aus einem Dorfe in der Umgebung von Osterhofen fuhr täglich frühmorgens ein Milchfuhrwerk in diese Stadt. An einer bestimmten Stelle begannen die Pferde stets zu zittern, scheuten, wichen aus, wollten umkehren. Der Fuhrmann mußte an dieser Stelle stets absteigen und die Tiere am Zügel vorbeiführen. Niemand konnte sich das seltsame Verhalten der Pferde erklären. Gelegentlich eines Straßenbaues stieß man an der fraglichen Stelle auf ein im Boden verscharrtes menschliches Skelett, das man ausgrub und im Ortsfriedhof zur Ruhe bestattete. Niemand wußte, wie der Leichnahm seinerzeit an diese Stelle unter die Erde gekommen war. Vermutlich handelte es sich um einen Soldaten aus einem früheren Kriege oder um einen Ermordeten, den der Mörder an Ort und Stelle verscharrte. Jedenfalls - und das ist für die vorliegende Frage das Entscheidende - gingen die Pferde des Milchfuhrwerks von dem Tage an, da das Skelett entfernt worden war, ohne Spur einer Scheu an dieser Stelle vorüber.
Frage: Was hatten die Pferde gesehen? Das Skellet im Boden? Sicher nicht. Jedenfalls das Phantom des Toten. Das scheint auch der zweite Fall zu bestätigen, den mein alter Gewährsmann als kleiner Junde erlebte. Damals waren wegen der großen Ausdehnung mancher Pfarrsprengel die Kapläne noch beritten. Auch in Eichenhof an der Vils in Niederbayern gab es damals drei berittene Kapläne. Eines Morgens wurde einer von ihnen zu einem Sterbenden gerufen. Der Kaplan ließ sogleich satteln und ritt in scharfen Trabe auf der von hohen Pappeln umsäumten Straße davon. Bei einem bestimmten Baume begann das Reitroß sich aufzubäumen , wendete um und alle Versuche, es an diesem Baume vorbeizubringen, waren vergebens. Ebenso erging es den beiden anderen Kaplänen mit ihren Rossen. Mittlerweile war bekannt geworden, daß ein alter Mann aus der Ortschaft abgängig war. Da er schon öfters Selbstmordgedanken geäußert hatte, befürchtete man das schlimmste, und siehe - nach langem Suchen fand man den Alten auf dem fraglichen Pappelbaum erhängt vor. Als man den Leichnam abgeschnitten und entfernt hatte, gingen die Rosse der Kapläne ohne Spur einer Scheu vorbei.
Was hatten die Rosse gesehen? Den Leichnahm im Baume sicher nicht, da er durch das Blattwerk verdeckt war. So sahen sie jedenfalls auch wieder das Phantom des Toten, das unten an der Straße der "Erlösung" harrte, wie der Volksmund weiß.
F. Schrönghammer-Heimdal
Quelle: Natur und Kultur, September 1928, S. 349
Wolfgang (SAGEN.at)
"Das lasse ich mir nicht nehmen."
Ich habe in dieser Beziehung viel herumgehorcht, ohne eine Absicht merken zu lassen, und mich unter die Leute gemischt, bis sie zu gelegener Stunde ihre Erlebnisse von selbst zum Besten gaben, die sie sich zwar nicht erklären konnten, an deren Richtigkeit aber nicht zu zweifeln ist.
Über die fragliche Fähigkeit der Pferde gebe ich zwei Begebenheiten wieder, die mir von den Gewährsleuten verbürgt sind:
Aus einem Dorfe in der Umgebung von Osterhofen fuhr täglich frühmorgens ein Milchfuhrwerk in diese Stadt. An einer bestimmten Stelle begannen die Pferde stets zu zittern, scheuten, wichen aus, wollten umkehren. Der Fuhrmann mußte an dieser Stelle stets absteigen und die Tiere am Zügel vorbeiführen. Niemand konnte sich das seltsame Verhalten der Pferde erklären. Gelegentlich eines Straßenbaues stieß man an der fraglichen Stelle auf ein im Boden verscharrtes menschliches Skelett, das man ausgrub und im Ortsfriedhof zur Ruhe bestattete. Niemand wußte, wie der Leichnahm seinerzeit an diese Stelle unter die Erde gekommen war. Vermutlich handelte es sich um einen Soldaten aus einem früheren Kriege oder um einen Ermordeten, den der Mörder an Ort und Stelle verscharrte. Jedenfalls - und das ist für die vorliegende Frage das Entscheidende - gingen die Pferde des Milchfuhrwerks von dem Tage an, da das Skelett entfernt worden war, ohne Spur einer Scheu an dieser Stelle vorüber.
Frage: Was hatten die Pferde gesehen? Das Skellet im Boden? Sicher nicht. Jedenfalls das Phantom des Toten. Das scheint auch der zweite Fall zu bestätigen, den mein alter Gewährsmann als kleiner Junde erlebte. Damals waren wegen der großen Ausdehnung mancher Pfarrsprengel die Kapläne noch beritten. Auch in Eichenhof an der Vils in Niederbayern gab es damals drei berittene Kapläne. Eines Morgens wurde einer von ihnen zu einem Sterbenden gerufen. Der Kaplan ließ sogleich satteln und ritt in scharfen Trabe auf der von hohen Pappeln umsäumten Straße davon. Bei einem bestimmten Baume begann das Reitroß sich aufzubäumen , wendete um und alle Versuche, es an diesem Baume vorbeizubringen, waren vergebens. Ebenso erging es den beiden anderen Kaplänen mit ihren Rossen. Mittlerweile war bekannt geworden, daß ein alter Mann aus der Ortschaft abgängig war. Da er schon öfters Selbstmordgedanken geäußert hatte, befürchtete man das schlimmste, und siehe - nach langem Suchen fand man den Alten auf dem fraglichen Pappelbaum erhängt vor. Als man den Leichnam abgeschnitten und entfernt hatte, gingen die Rosse der Kapläne ohne Spur einer Scheu vorbei.
Was hatten die Rosse gesehen? Den Leichnahm im Baume sicher nicht, da er durch das Blattwerk verdeckt war. So sahen sie jedenfalls auch wieder das Phantom des Toten, das unten an der Straße der "Erlösung" harrte, wie der Volksmund weiß.
F. Schrönghammer-Heimdal
Quelle: Natur und Kultur, September 1928, S. 349
Wolfgang (SAGEN.at)