Matti
New member
Die Geschichte ist nichtmal zur Hälfte fertig, aber ich wollte sich trotzdem schonmal hier einstellen. Ich bitte um Verbesserungsvorschläge, Kritiken und evtl. Anregungen.
So fängts jedenfals an:
Sie dachte, sie würde auf einer gläsernen Treppe stehen. Doch als sie nach unten zu ihren Füßen sah, bemerkte sie, dass Glas niemals so durchsichtig sein könnte. Unter ihren Füßen war außer diese Glastreppe gar nichts. Es war das sauberste und durchsichtigste Glas, welches sie je gesehen hatte. Es war wunderschön, fand sie. Ihr Körper war voller Narben und Wunden, ihre Kleider waren zerfetzt. Es brannte, doch das Gefühl war schwer für sie wahrzunehmen, so empfand sie es nicht als störend. Im Licht funkelte das Glas wie Diamanten. Dann bemerkte sie, dass das Licht für normale Zustände viel zu grell war. Sie schaute nach vorne. Vor ihr war eine leuchtende Gestalt, von der das Licht kam. Man könnte es mit einem riesigen Vogel vergleichen, der seinen Flügel nach ihr ausstreckte. Der Vogel stand nicht auf der Glastreppe, er flog aber auch nicht. Er bewegte sich kein Stück, aber schwebte in der Luft. Sie kniff die Augen zu, um nicht geblendet zu werden.
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Es war ein wunderschöner Montagmorgen. Die Vögel zwitscherten und die Sonne schien in das Fenster des großen, zu leeren Hauses. Das Haus bestand aus 3 Stockwerken, dem Keller und dem Dachboden. Man konnte es schon fast einen Palast nennen, in dem Liora lebte. Liora war ein 19 -Jähriges Mädchen. Ihre Eltern starben einen Tag nach ihrem 18. Geburtstag an einen Autounfall, seitdem war sie eine Waise.
Liora fehlte es an nichts. Sie hatte mehr als genug Geld, um sich Nahrungsmittel und andere materielle Dinge zu kaufen. Das ganze würde sogar noch ohne Arbeit für ein Studium reichen, doch das kümmerte sie zu dem Zeitpunkt wenig. Wichtig war, dass das Geld da war und so schnell auch nicht ausging.
Liora besuchte die 13. Klasse. Sie war ein kluges Mädchen, welches gerne in die Schule ging. Eine Einser -Kandidatin war sie auch schon immer gewesen. Von ihren vielen Freunden mochte sie Tarja am meisten. Die beiden kannten sich seit der 3. Klasse und waren seitdem unzertrennlich gewesen. Damals zog Liora in die Stadt und kannte noch niemanden und ohne Tarja wäre sie ziemlich aufgeschmissen gewesen. Anders als Liora hatte Tarja nicht so viel Geld zur Verfügung. Sie und ihre Familie lebten in einem kleinen Viertel im Vorort der Stadt in einer kleinen Wohnung. Doch es reichte aus.
Als der Wecker klingelte, war Liora schon auf. Sie stand zu dem Zeitpunkt vor ihrem Spiegel und richtete ihre Haare. Für diesen Morgen sollten es Zöpfe sein. Sie wollte noch schöner aussehen, da man ihr nicht ansehen sollte, wie krank sie die Woche davor gewesen war und erstrecht sollte keiner sehen, dass sie noch immer einen Schlafzimmerausdruck im Gesicht hatte.
„Diesmal hast du mich nicht erwischt", rief Liora dem Wecker zu und warf ein Sockenknäuel nach ihm, woraufhin dieser vom Nachtisch fiel und verstummte. Liora zuckte mit den Schultern und griff nach ihrer Schminke.
Pünktlich um 7:45 Uhr war Liora wie immer fertig. Nun wartete sie auf Tarja, die sie für gewöhnlich jeden Morgen zur Schule abholte. Liora setzte sich an den Flurtisch, der am nächsten an der Tür dran war und trommelte mit ihren Fingern auf den Tisch. Um 7:50 klingelte es dann an der Tür und Tarja wartete darauf, dass aufgemacht wurde. Durch ein Drücken eines Knopfes, öffnete sich die Tür von selbst und Tarja lief zwei Schritte ins Haus. „Liora?“ rief Tarja zu ihrer Freundin. „Komme!“ brüllte Liora, schnappte ihre Tasche und zischte zu Tarja. Sie umarmte sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Sorry für die Verspätung, die Ampel wurde einfach nicht grün“, sagte Tarja.
„Kein Problem. Aber sag mal, wie geht’s dir denn so?“
Tarja schaute Liora eigenartig an. „Äh, das sollte ich dich wohl eher fragen, immerhin warst du eine Woche nicht in der Schule... Ist das nicht deine längste Abwesenheit?“
Liora lachte. „Ja, ich weiß. Aber du weißt doch, wies mir geht; könnte ich denn einen Tag ohne ein Telefonat mit dir aushalten?“
„Am Mittwoch gab’s keins.“
„Gut, aber nach 2 tagen gehe ich kaputt!“
Die beiden Mädchen lachten doch plötzlich sah Tarja auf die Uhr. „Oh je, jetzt aber schnell, wir haben schon wieder 5 Minuten verschwatzt! Wir kommen so was von zu spät!“
„Und das gerade dann, wenn ich davor krank war“, jammerte Liora und lief hinaus zu Tarjas Auto. „Vollgas!“ rief Liora noch, bevor Tarja eingestiegen war und das Zündschloss betätigte.
Als die beiden Freundinnen am Schulgebäude ankamen, hatte die Schule schon längst begonnen. Keuchend liefen sie zum Chemieraum. Tarja klopfte kurz an, dann atmete sie nochmal tief ein. „Du bekommst bestimmt gleich dumme Sprüche zu hören...“
„Ich weiß“, antwortete Liora. „Auf geht’s.“
Tarja öffnete die Tür einen Spalt und blinzelte hinein. Sie hatten die richtige Klasse erwischt, also riss sie dir Tür ganz auf und trat hinein. Kurz danach kam Liora durch die Tür.
„Die lebt ja doch noch!“ hörte man jemanden aus der vorderen Reihe rufen. Es war Florian, der unsympathischste Junge auf der ganzen Schule, fand Liora, doch sie wusste, dass Florian an ihr interessiert war. Im ganzen Raum waren nur noch zwei Plätze frei – zwischen Florian und Kate. Und natürlich wollte auch Tarja nicht neben der Nervensäge sitzen. Liora seufzte. Auch wenn sie versuchte, schneller zu sein, würde Tarja doch den Platz neben Kate erwischen, so setzte sie sich neben ihren Verehrer. Tarja setzte ihr triumphierendes Lächeln auf und schaute zu ihrer besten Freundin neben ihr. Liora stieß mit ihren Ellebogen in Tarjas Hüfte. Tarja wollte schon „Au!“ rufen, hielt sich dann aber die Hände vor den Mund um nicht zu lachen; Florian legte den Arm um Liora und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Na Süße? Wieder gesund?“
„Ja, alles bestens. Könntest du... mich bitte loslassen?“ antwortete Liora und versuchte verzweifelt, seinen Arm von ihren Körper zu bekommen.
„Florian, könnten Sie bitte aufhören, Liora zu belästigen?“ griff der Lehrer ein.
Florian seufzte und nahm den Arm von ihr weg. Als der Lehrer sich aufmachte, um die einzelnen Reihen abzugehen, fing Florian aber wieder das reden an: „Wie wär’s mit Kino? Ich meine, du bist doch wieder gesund?“
„Lieber nicht.“
„Nicht zu schüchtern, Kleines; es wird doch nichts passieren.“
Schlagartig schaute Liora zu ihm. Was sollte denn auch schon passieren? „Ich muss jetzt wirklich aufpassen“, sagte sie und fing an, Florian zu ignorieren.
Das war einfacher, als gedacht; anfangs piekte Florian noch mit einem Stift an Liora herum und gab ihr Spitznamen, nachdem sie aber nicht reagierte, ließ er es auch bleiben.
Dann hatte Liora erst mal Ruhe. Tarja sprach mit Kate über Kates neuen Freund. Ab und zu hörte Liora zu, dann wurde ihr dieses Gefasel – wie sie fand – zu doof und sie beschäftigte sich alleine mit ihrem Chemieprojekt.
Als die Chemiestunde endlich überstanden war, nahm Liora ihre Tasche, quetschte sich an Florian vorbei, der sich extra so in die Bankreihe stellte, dass ihre Körper sich berührten und stürmte zur Tür, ohne auf Tarja zu warten.
„Liora!“ rief Tarja ihr nach, griff ebenfalls nach ihrer Tasche und versuchte, an Florian vorbei zu kommen. Nachdem er sich aber immer wieder so vorn und zurück lehnte, sodass sie nicht durchkam, warf Tarja ihm einen bösen Blick zu. Leider war genau das, das, was Florian wollte. Er grinste sie schelmisch an, was Tarja nur noch mehr ärgerte. Mit einem starken Ruck schubste sie Florian zur Seite und rannte Liora hinterher, die schon längst auf dem Schulhof war.
Liora war sauer und genervt. Da hatte Tarja sie schon neben Florian sitzen lassen, ließ sie dann das Chemieprojekt alleine machen und sprach dann auch noch kein Wort mit ihr. Wütend stapfte sie mit großen Schritten über den Pausenhof in Richtung anderes Schulgebäude und Musiksaal. Mit jedem Schritt gabs einen dumpfen Ton, als sie den Fuß auf den Boden stampfte. Als sie daran dachte, dass so ihre wunderschönen Stiefel kaputt gehen könnten, schaute sie auf den Boden, wo ihre Füße immer noch weiter trampelten. Doch bevor sie anhalten konnte, sah sie vor ihren Füßen zwei weitere, die dort einfach standen und mit den Schuhspitzen zu ihr zeigten. Zum stehen bleiben war es schon viel zu spät, so lief sie in einen weichen, warmen Körper. Sie erschrak und ging einen Schritt zurück. Langsam ließ Liora ihren Blick nach oben schweifen. Dass es ein Junge war, sah sie zuerst nur an den perfekt ausgewählten Klamotten, die über einen perfekt durchtrainierten – nicht zu viel nicht zu wenig – Körper gezogen wurden, dann sah sie das Gesicht. Sie sah direkt in die tiefen braunen Augen. Das Gesicht war genauso perfekt wie der Rest der Körpers bis hin zu den Klamotten und seinem braunen Haar, welches nicht zu kurz war, doch auch nicht zu lang; es war... perfekt.
Er war etwa einen ganzen Kopf größer als Liora und von oben herab fiel sein Blick ebenfalls genau in ihre Augen. Lioras Mund klappte ein wenig auf und war schon dabei, sich immer mehr zu öffnen. Doch bevor das passieren konnte, fing sie sich wieder und ging schnell an ihn wortlos vorbei. Das ganze lief innerhalb von Sekunden ab - für Liora war es wie eine halbe Ewigkeit. Ihr Herz raste so schnell wie nie zuvor und mindestens 3 mal so flott, wie sie davon schritt, was noch schneller war, als davor und ihre Wut war ebenfalls verflogen.
„Liora!“ Das war Tarja, die sie schon fast eingeholt hatte. „Liora, jetzt warte doch mal, verdammt!“
Schlagartig drehte sich Liora an und sah ihre Freundin, die zu ihr rannte. Sie rannte geradewegs an dem Jungen vorbei, gegen den Liora lief. Liora schaute nochmal zu diesem und musste bemerken, dass auch der sich gerade zu ihr umdrehte. Wie eine Welle überrannte Liora erneut ein Gefühl des Schockes und sie drehte sich blitzschnell wieder um. Sie schaute nach unten. Ihre Gedanken waren verschwunden; sie wusste nicht, dass was sie denken sollte. Das ganze verlief so schnell – und irgendwie auch so langsam -, dass sie auch nicht die Möglichkeit dazu hätte, zu überlegen, was sie denn nun denken soll. Wie angewurzelt blieb Liora auf der Stelle stehen.
„Na endlich bleibst du stehen...“ keuchte Tarja, die ihre versteinerte Freundin endlich eingeholt hatte. „Ist... alles in Ordnung?“
Liora antwortete erst gar nicht. Ihr Kopf, der vor fünf Sekunden noch leer war, war plötzlich mit tausend Wörtern gefüllt. Wörter und Sätze, die alle nicht zueinander passten. Was da gerade mit ihr passierte, wusste Liora nicht, aber sie wusste, dass es sofort aufhören musste. Also schüttelte sie sich einmal schnell und kurz und richtete so ihre Gedanken wieder, sodass sie alle wieder Sinn ergaben. Sie klappte den Mund auf und wollte einer der Sätze in ihrem Kopf aussprechen, doch es klappte nicht. „Ähm...“ brachte sie schließlich heraus, „gehen... wir?“
Tarja schaute sie verwirrt an. „Und dir geht es ganz sicher gut?!“
Aber Liora antwortete wieder nicht. Sie fing an, wieder einen Fuß vor den anderen zu setzen. Tarja blieb noch weitere Sekunden an ihrem Platz stehen und folgte Liora mit den Augen. Dann ging auch sie weiter.
Liora öffnete die Tür vom zweiten Schulgebäude und blieb in ihr stehen. Sie schaute noch einmal zu dem fremden Jungen, der gerade mit einem anderen, viel kleineren Mädchen sprach. Sie seufzte kurz, als sie das Mädchen lachen sah. Dann drehte sie sich wieder um und betrat das Gebäude, dicht gefolgt von Tarja.
Im Musiksaal schwiegen sich Tarja und Liora weiter an. Liora saß am Fenster, Tarja neben ihr. Beide beachteten sich nicht; Liora sah aus dem Fenster zu der Stelle, wo der Junge noch stand und mit dem Mädchen sprach, bevor es zur Stunde klingelte. Tarjas Blick war beleidigt nach vorne gerichtet. Sie bereute es schon fast, sich neben Liora gesetzt zu haben, die sich an diesem Tag recht eigenartig verhielt. Sie hätte sich zu der Mädchengruppe setzen können, die genau am anderen Ende des Raumes saß und freudig miteinander schwafelte. Sie und Liora saßen aber alleine in der ersten Reihe. Für normalerweise sitzen die beiden immer bei den anderen Mädchen oder aber bei den Jungs, die sich über Lioras Anwesenheit immer freuten. An diesem Tag steuerte Liora aber geradewegs auf die erste Reihe zu, die sonst immer leer blieb und setzte sich direkt ans Fenster.
Auf die Frage „Wollen wir nicht uns zu den anderen setzen?“, die Tarja ihr stellte, reagierte Liora erst gar nicht. Reglos schaute sie aus dem Fenster. Und das schon 20 Minuten.
Tarja schaute grimmig zum Lehrer. Sie versuchte aufzupassen, oder wenigstens so zu tun, aber ihre Wut auf Liora ließ ihre Augenbrauen so zusammen ziehen, dass es schon beängstigend aussah. Als der Lehrer sie bei einer Frage drannahm, schaute sie ihn böse an, woraufhin dieser unschuldig mit den Achseln zuckte und jemand anderen dran nahm.
Tarja seufzte. ‚Nun verängstige ich auch schon Herrn Karls, den niedlichsten Lehrer der Schule...’ dachte sie. Ihr Ausdruck wurde wieder normal; gelassen und ruhig. Sie schwenkte den Kopf zu Liora, ihrer besten Freundin, die immer noch aus dem Fenster sah. Tarja verdrehte die Augen, seufzte erneut und stützte ihre Arme auf den Tisch. „Nun sag schon was los ist“, sagte sie zu Liora.
Zu Tarjas Erschrecken zuckte Liora zusammen und sah sie mit großen Augen an. „Wie? N –nichts. Was soll denn sein?“
Ihr Blick war wieder unschuldig und nichtsahnend, was man von ihr wollte. Das war der Blick, den sie immer aufsetzte, wenn jemand etwas von ihr verlangte (und bei Jungs klappte das immer besonders gut) und sie keine Lust darauf hatte. Diesmal allerdings sah es wirklich echt aus – und Tarja konnte mittlerweile genau sehen, wenn sie es absichtlich machte. Sie verdreht die Augen. „Nun sag schon. Du glaubst doch wohl nicht, dass ich nicht merke, wenn was mit dir nicht stimmt, wobei du es diesmal echt auffällig machst.“
„Sag mal... Ist jemand neu auf die Schule gekommen, als ich krank war?“
„Hä? Nur... zwei...“
„Wer?“ Das war schon fast keine Frage mehr, sondern klang wie ein Befehl. Lioras Ausdruck veränderte sich schlagartig. Nun war es ihr ‚Du sagst mir sofort alles was du weißt, oder es passiert etwas ganz schlimmes’ -Blick. Was dieses ‚ganz schlimmes’ sein sollte, wusste bis dahin noch niemand und wollte auch niemand wissen.
„Äh, äh...“ stammelte Tarja erschrocken. Um die beiden herum war es plötzlich auch still geworden. Alle Augen waren auf die beiden Mädchen gerichtet. Nichts bewegte sich. Lioras Blick weichte nicht von Tarja und es schien, als würde sie von der plötzlichen Ruhe nichts bemerken. Tarja aber hatte den Kopf zwar noch in Richtung Liora gedreht, schaute jedoch mit aus den Augenwinkeln in die Klasse.
Herr Karls räusperte sich und stellte sich vor die beiden. „Anscheinend habt ihr etwas privates zu besprechen“, sagte er. „Liora, Tarja, raus.“
Tarjas Blick wanderte zum Lehrer. „Aber, aber...“
„Sofort.“ Herr Karls war ein lässiger Mann. Um die 27, sehr intelligent und gebildet, gutaussehend, locker und gutmütig. Doch obwohl er niemals schrie oder in Wut ausbrach, gehorchten ihm alle aufs Wort und so sollte es auch diesmal sein.
Tarja nahm ihre Tasche und tapste langsam und betroffen in Richtung Tür. Auch Liora hatte mittlerweile ihre Blick gesenkt und nach ihrer Tasche gegriffen. Auch ihr unschuldiger Blick würde nun nicht mehr helfen. Sie stand auf und streifte sich die Tasche über die Schulter.
„Schönen Tag noch, Herr Karls“, sagte Tarja noch bevor sie die Tür für Liora und sich selbst aufhielt.
Herr Karls war der Lieblingslehrer der beiden. Außerdem waren sie die einzigen, die er beim Vornamen ansprach.
Liora und Tarja sind noch nie raus geflogen. Tarja rechnete nun mit einem Tränenausbruch ihrer Freundin, doch ehe sie aus der Tür waren, packte Liora Tarja an den Schultern und rüttelte sie. „Wer? Wer ist neu an der Schule?“
„W -was soll das? Liora, lass mich sofort los! Hör auf damit!“
„Sag mir sofort, wer neu auf der Schule ist!“ brüllte Liora weiter.
„Le -Lewin ist sein Name. Er ist mit seiner Cousine Karia neu hier hingezogen. Au! Jetzt lass mich doch mal los!“
„Lewin...“ wiederholte Liora und ließ ihre Freundin los. „Ein schöner Name...“
Tarja fing an zu lachen. „Sag jetzt nicht, du hast dich in LEWIN verliebt!“
Liora sah Tarja unsicher an. „Was? Ich... äh, ich meine, äh... nein... na –natürlich nicht!“ stammelte sie.
Tarja musste breit grinsen. „Ist nicht wahr! Wie kam das denn? Kein Wunder, dass du die ganze Zeit so merkwürdig bist.“
„Ich weiß auch nicht...“ fing Liora an zu erklären. „Ich bin wütend davon gelaufen und dann stand er plötzlich vor mir... Ich bin mitten in seinen perfekten Körper gerannt... Er riecht so gut... Und...“
„Och, Süße“, sagte ihre beste Freundin und legte einen Arm um sie. „Ich weiß nun natürlich viel mehr als du und deswegen kann ich dir sagen, dass du wirklich super zu ihm passen würdest!“
„Wirklich?“ Die beiden Mädchen gingen Arm in Arm in Richtung Schulhof.
„Ihr habt echt viel gemeinsam. Also das, was ich von ihm weiß, passt jedenfalls perfekt zu dir!“
„Und was mach’ ich jetzt?“
„Liora, wenn jemand Probleme mit Jungs hat, dann ganz bestimmt nicht du, also stell keine so blöden Fragen.“
Liora kicherte. „Ja, du hast recht“, stimmte sie zu. „Aber für ihn muss ich mir wohl was ganz besonderes ausdenken...“
-> Fortsetzung folgt <-
So fängts jedenfals an:
Sie dachte, sie würde auf einer gläsernen Treppe stehen. Doch als sie nach unten zu ihren Füßen sah, bemerkte sie, dass Glas niemals so durchsichtig sein könnte. Unter ihren Füßen war außer diese Glastreppe gar nichts. Es war das sauberste und durchsichtigste Glas, welches sie je gesehen hatte. Es war wunderschön, fand sie. Ihr Körper war voller Narben und Wunden, ihre Kleider waren zerfetzt. Es brannte, doch das Gefühl war schwer für sie wahrzunehmen, so empfand sie es nicht als störend. Im Licht funkelte das Glas wie Diamanten. Dann bemerkte sie, dass das Licht für normale Zustände viel zu grell war. Sie schaute nach vorne. Vor ihr war eine leuchtende Gestalt, von der das Licht kam. Man könnte es mit einem riesigen Vogel vergleichen, der seinen Flügel nach ihr ausstreckte. Der Vogel stand nicht auf der Glastreppe, er flog aber auch nicht. Er bewegte sich kein Stück, aber schwebte in der Luft. Sie kniff die Augen zu, um nicht geblendet zu werden.
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Es war ein wunderschöner Montagmorgen. Die Vögel zwitscherten und die Sonne schien in das Fenster des großen, zu leeren Hauses. Das Haus bestand aus 3 Stockwerken, dem Keller und dem Dachboden. Man konnte es schon fast einen Palast nennen, in dem Liora lebte. Liora war ein 19 -Jähriges Mädchen. Ihre Eltern starben einen Tag nach ihrem 18. Geburtstag an einen Autounfall, seitdem war sie eine Waise.
Liora fehlte es an nichts. Sie hatte mehr als genug Geld, um sich Nahrungsmittel und andere materielle Dinge zu kaufen. Das ganze würde sogar noch ohne Arbeit für ein Studium reichen, doch das kümmerte sie zu dem Zeitpunkt wenig. Wichtig war, dass das Geld da war und so schnell auch nicht ausging.
Liora besuchte die 13. Klasse. Sie war ein kluges Mädchen, welches gerne in die Schule ging. Eine Einser -Kandidatin war sie auch schon immer gewesen. Von ihren vielen Freunden mochte sie Tarja am meisten. Die beiden kannten sich seit der 3. Klasse und waren seitdem unzertrennlich gewesen. Damals zog Liora in die Stadt und kannte noch niemanden und ohne Tarja wäre sie ziemlich aufgeschmissen gewesen. Anders als Liora hatte Tarja nicht so viel Geld zur Verfügung. Sie und ihre Familie lebten in einem kleinen Viertel im Vorort der Stadt in einer kleinen Wohnung. Doch es reichte aus.
Als der Wecker klingelte, war Liora schon auf. Sie stand zu dem Zeitpunkt vor ihrem Spiegel und richtete ihre Haare. Für diesen Morgen sollten es Zöpfe sein. Sie wollte noch schöner aussehen, da man ihr nicht ansehen sollte, wie krank sie die Woche davor gewesen war und erstrecht sollte keiner sehen, dass sie noch immer einen Schlafzimmerausdruck im Gesicht hatte.
„Diesmal hast du mich nicht erwischt", rief Liora dem Wecker zu und warf ein Sockenknäuel nach ihm, woraufhin dieser vom Nachtisch fiel und verstummte. Liora zuckte mit den Schultern und griff nach ihrer Schminke.
Pünktlich um 7:45 Uhr war Liora wie immer fertig. Nun wartete sie auf Tarja, die sie für gewöhnlich jeden Morgen zur Schule abholte. Liora setzte sich an den Flurtisch, der am nächsten an der Tür dran war und trommelte mit ihren Fingern auf den Tisch. Um 7:50 klingelte es dann an der Tür und Tarja wartete darauf, dass aufgemacht wurde. Durch ein Drücken eines Knopfes, öffnete sich die Tür von selbst und Tarja lief zwei Schritte ins Haus. „Liora?“ rief Tarja zu ihrer Freundin. „Komme!“ brüllte Liora, schnappte ihre Tasche und zischte zu Tarja. Sie umarmte sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Sorry für die Verspätung, die Ampel wurde einfach nicht grün“, sagte Tarja.
„Kein Problem. Aber sag mal, wie geht’s dir denn so?“
Tarja schaute Liora eigenartig an. „Äh, das sollte ich dich wohl eher fragen, immerhin warst du eine Woche nicht in der Schule... Ist das nicht deine längste Abwesenheit?“
Liora lachte. „Ja, ich weiß. Aber du weißt doch, wies mir geht; könnte ich denn einen Tag ohne ein Telefonat mit dir aushalten?“
„Am Mittwoch gab’s keins.“
„Gut, aber nach 2 tagen gehe ich kaputt!“
Die beiden Mädchen lachten doch plötzlich sah Tarja auf die Uhr. „Oh je, jetzt aber schnell, wir haben schon wieder 5 Minuten verschwatzt! Wir kommen so was von zu spät!“
„Und das gerade dann, wenn ich davor krank war“, jammerte Liora und lief hinaus zu Tarjas Auto. „Vollgas!“ rief Liora noch, bevor Tarja eingestiegen war und das Zündschloss betätigte.
Als die beiden Freundinnen am Schulgebäude ankamen, hatte die Schule schon längst begonnen. Keuchend liefen sie zum Chemieraum. Tarja klopfte kurz an, dann atmete sie nochmal tief ein. „Du bekommst bestimmt gleich dumme Sprüche zu hören...“
„Ich weiß“, antwortete Liora. „Auf geht’s.“
Tarja öffnete die Tür einen Spalt und blinzelte hinein. Sie hatten die richtige Klasse erwischt, also riss sie dir Tür ganz auf und trat hinein. Kurz danach kam Liora durch die Tür.
„Die lebt ja doch noch!“ hörte man jemanden aus der vorderen Reihe rufen. Es war Florian, der unsympathischste Junge auf der ganzen Schule, fand Liora, doch sie wusste, dass Florian an ihr interessiert war. Im ganzen Raum waren nur noch zwei Plätze frei – zwischen Florian und Kate. Und natürlich wollte auch Tarja nicht neben der Nervensäge sitzen. Liora seufzte. Auch wenn sie versuchte, schneller zu sein, würde Tarja doch den Platz neben Kate erwischen, so setzte sie sich neben ihren Verehrer. Tarja setzte ihr triumphierendes Lächeln auf und schaute zu ihrer besten Freundin neben ihr. Liora stieß mit ihren Ellebogen in Tarjas Hüfte. Tarja wollte schon „Au!“ rufen, hielt sich dann aber die Hände vor den Mund um nicht zu lachen; Florian legte den Arm um Liora und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Na Süße? Wieder gesund?“
„Ja, alles bestens. Könntest du... mich bitte loslassen?“ antwortete Liora und versuchte verzweifelt, seinen Arm von ihren Körper zu bekommen.
„Florian, könnten Sie bitte aufhören, Liora zu belästigen?“ griff der Lehrer ein.
Florian seufzte und nahm den Arm von ihr weg. Als der Lehrer sich aufmachte, um die einzelnen Reihen abzugehen, fing Florian aber wieder das reden an: „Wie wär’s mit Kino? Ich meine, du bist doch wieder gesund?“
„Lieber nicht.“
„Nicht zu schüchtern, Kleines; es wird doch nichts passieren.“
Schlagartig schaute Liora zu ihm. Was sollte denn auch schon passieren? „Ich muss jetzt wirklich aufpassen“, sagte sie und fing an, Florian zu ignorieren.
Das war einfacher, als gedacht; anfangs piekte Florian noch mit einem Stift an Liora herum und gab ihr Spitznamen, nachdem sie aber nicht reagierte, ließ er es auch bleiben.
Dann hatte Liora erst mal Ruhe. Tarja sprach mit Kate über Kates neuen Freund. Ab und zu hörte Liora zu, dann wurde ihr dieses Gefasel – wie sie fand – zu doof und sie beschäftigte sich alleine mit ihrem Chemieprojekt.
Als die Chemiestunde endlich überstanden war, nahm Liora ihre Tasche, quetschte sich an Florian vorbei, der sich extra so in die Bankreihe stellte, dass ihre Körper sich berührten und stürmte zur Tür, ohne auf Tarja zu warten.
„Liora!“ rief Tarja ihr nach, griff ebenfalls nach ihrer Tasche und versuchte, an Florian vorbei zu kommen. Nachdem er sich aber immer wieder so vorn und zurück lehnte, sodass sie nicht durchkam, warf Tarja ihm einen bösen Blick zu. Leider war genau das, das, was Florian wollte. Er grinste sie schelmisch an, was Tarja nur noch mehr ärgerte. Mit einem starken Ruck schubste sie Florian zur Seite und rannte Liora hinterher, die schon längst auf dem Schulhof war.
Liora war sauer und genervt. Da hatte Tarja sie schon neben Florian sitzen lassen, ließ sie dann das Chemieprojekt alleine machen und sprach dann auch noch kein Wort mit ihr. Wütend stapfte sie mit großen Schritten über den Pausenhof in Richtung anderes Schulgebäude und Musiksaal. Mit jedem Schritt gabs einen dumpfen Ton, als sie den Fuß auf den Boden stampfte. Als sie daran dachte, dass so ihre wunderschönen Stiefel kaputt gehen könnten, schaute sie auf den Boden, wo ihre Füße immer noch weiter trampelten. Doch bevor sie anhalten konnte, sah sie vor ihren Füßen zwei weitere, die dort einfach standen und mit den Schuhspitzen zu ihr zeigten. Zum stehen bleiben war es schon viel zu spät, so lief sie in einen weichen, warmen Körper. Sie erschrak und ging einen Schritt zurück. Langsam ließ Liora ihren Blick nach oben schweifen. Dass es ein Junge war, sah sie zuerst nur an den perfekt ausgewählten Klamotten, die über einen perfekt durchtrainierten – nicht zu viel nicht zu wenig – Körper gezogen wurden, dann sah sie das Gesicht. Sie sah direkt in die tiefen braunen Augen. Das Gesicht war genauso perfekt wie der Rest der Körpers bis hin zu den Klamotten und seinem braunen Haar, welches nicht zu kurz war, doch auch nicht zu lang; es war... perfekt.
Er war etwa einen ganzen Kopf größer als Liora und von oben herab fiel sein Blick ebenfalls genau in ihre Augen. Lioras Mund klappte ein wenig auf und war schon dabei, sich immer mehr zu öffnen. Doch bevor das passieren konnte, fing sie sich wieder und ging schnell an ihn wortlos vorbei. Das ganze lief innerhalb von Sekunden ab - für Liora war es wie eine halbe Ewigkeit. Ihr Herz raste so schnell wie nie zuvor und mindestens 3 mal so flott, wie sie davon schritt, was noch schneller war, als davor und ihre Wut war ebenfalls verflogen.
„Liora!“ Das war Tarja, die sie schon fast eingeholt hatte. „Liora, jetzt warte doch mal, verdammt!“
Schlagartig drehte sich Liora an und sah ihre Freundin, die zu ihr rannte. Sie rannte geradewegs an dem Jungen vorbei, gegen den Liora lief. Liora schaute nochmal zu diesem und musste bemerken, dass auch der sich gerade zu ihr umdrehte. Wie eine Welle überrannte Liora erneut ein Gefühl des Schockes und sie drehte sich blitzschnell wieder um. Sie schaute nach unten. Ihre Gedanken waren verschwunden; sie wusste nicht, dass was sie denken sollte. Das ganze verlief so schnell – und irgendwie auch so langsam -, dass sie auch nicht die Möglichkeit dazu hätte, zu überlegen, was sie denn nun denken soll. Wie angewurzelt blieb Liora auf der Stelle stehen.
„Na endlich bleibst du stehen...“ keuchte Tarja, die ihre versteinerte Freundin endlich eingeholt hatte. „Ist... alles in Ordnung?“
Liora antwortete erst gar nicht. Ihr Kopf, der vor fünf Sekunden noch leer war, war plötzlich mit tausend Wörtern gefüllt. Wörter und Sätze, die alle nicht zueinander passten. Was da gerade mit ihr passierte, wusste Liora nicht, aber sie wusste, dass es sofort aufhören musste. Also schüttelte sie sich einmal schnell und kurz und richtete so ihre Gedanken wieder, sodass sie alle wieder Sinn ergaben. Sie klappte den Mund auf und wollte einer der Sätze in ihrem Kopf aussprechen, doch es klappte nicht. „Ähm...“ brachte sie schließlich heraus, „gehen... wir?“
Tarja schaute sie verwirrt an. „Und dir geht es ganz sicher gut?!“
Aber Liora antwortete wieder nicht. Sie fing an, wieder einen Fuß vor den anderen zu setzen. Tarja blieb noch weitere Sekunden an ihrem Platz stehen und folgte Liora mit den Augen. Dann ging auch sie weiter.
Liora öffnete die Tür vom zweiten Schulgebäude und blieb in ihr stehen. Sie schaute noch einmal zu dem fremden Jungen, der gerade mit einem anderen, viel kleineren Mädchen sprach. Sie seufzte kurz, als sie das Mädchen lachen sah. Dann drehte sie sich wieder um und betrat das Gebäude, dicht gefolgt von Tarja.
Im Musiksaal schwiegen sich Tarja und Liora weiter an. Liora saß am Fenster, Tarja neben ihr. Beide beachteten sich nicht; Liora sah aus dem Fenster zu der Stelle, wo der Junge noch stand und mit dem Mädchen sprach, bevor es zur Stunde klingelte. Tarjas Blick war beleidigt nach vorne gerichtet. Sie bereute es schon fast, sich neben Liora gesetzt zu haben, die sich an diesem Tag recht eigenartig verhielt. Sie hätte sich zu der Mädchengruppe setzen können, die genau am anderen Ende des Raumes saß und freudig miteinander schwafelte. Sie und Liora saßen aber alleine in der ersten Reihe. Für normalerweise sitzen die beiden immer bei den anderen Mädchen oder aber bei den Jungs, die sich über Lioras Anwesenheit immer freuten. An diesem Tag steuerte Liora aber geradewegs auf die erste Reihe zu, die sonst immer leer blieb und setzte sich direkt ans Fenster.
Auf die Frage „Wollen wir nicht uns zu den anderen setzen?“, die Tarja ihr stellte, reagierte Liora erst gar nicht. Reglos schaute sie aus dem Fenster. Und das schon 20 Minuten.
Tarja schaute grimmig zum Lehrer. Sie versuchte aufzupassen, oder wenigstens so zu tun, aber ihre Wut auf Liora ließ ihre Augenbrauen so zusammen ziehen, dass es schon beängstigend aussah. Als der Lehrer sie bei einer Frage drannahm, schaute sie ihn böse an, woraufhin dieser unschuldig mit den Achseln zuckte und jemand anderen dran nahm.
Tarja seufzte. ‚Nun verängstige ich auch schon Herrn Karls, den niedlichsten Lehrer der Schule...’ dachte sie. Ihr Ausdruck wurde wieder normal; gelassen und ruhig. Sie schwenkte den Kopf zu Liora, ihrer besten Freundin, die immer noch aus dem Fenster sah. Tarja verdrehte die Augen, seufzte erneut und stützte ihre Arme auf den Tisch. „Nun sag schon was los ist“, sagte sie zu Liora.
Zu Tarjas Erschrecken zuckte Liora zusammen und sah sie mit großen Augen an. „Wie? N –nichts. Was soll denn sein?“
Ihr Blick war wieder unschuldig und nichtsahnend, was man von ihr wollte. Das war der Blick, den sie immer aufsetzte, wenn jemand etwas von ihr verlangte (und bei Jungs klappte das immer besonders gut) und sie keine Lust darauf hatte. Diesmal allerdings sah es wirklich echt aus – und Tarja konnte mittlerweile genau sehen, wenn sie es absichtlich machte. Sie verdreht die Augen. „Nun sag schon. Du glaubst doch wohl nicht, dass ich nicht merke, wenn was mit dir nicht stimmt, wobei du es diesmal echt auffällig machst.“
„Sag mal... Ist jemand neu auf die Schule gekommen, als ich krank war?“
„Hä? Nur... zwei...“
„Wer?“ Das war schon fast keine Frage mehr, sondern klang wie ein Befehl. Lioras Ausdruck veränderte sich schlagartig. Nun war es ihr ‚Du sagst mir sofort alles was du weißt, oder es passiert etwas ganz schlimmes’ -Blick. Was dieses ‚ganz schlimmes’ sein sollte, wusste bis dahin noch niemand und wollte auch niemand wissen.
„Äh, äh...“ stammelte Tarja erschrocken. Um die beiden herum war es plötzlich auch still geworden. Alle Augen waren auf die beiden Mädchen gerichtet. Nichts bewegte sich. Lioras Blick weichte nicht von Tarja und es schien, als würde sie von der plötzlichen Ruhe nichts bemerken. Tarja aber hatte den Kopf zwar noch in Richtung Liora gedreht, schaute jedoch mit aus den Augenwinkeln in die Klasse.
Herr Karls räusperte sich und stellte sich vor die beiden. „Anscheinend habt ihr etwas privates zu besprechen“, sagte er. „Liora, Tarja, raus.“
Tarjas Blick wanderte zum Lehrer. „Aber, aber...“
„Sofort.“ Herr Karls war ein lässiger Mann. Um die 27, sehr intelligent und gebildet, gutaussehend, locker und gutmütig. Doch obwohl er niemals schrie oder in Wut ausbrach, gehorchten ihm alle aufs Wort und so sollte es auch diesmal sein.
Tarja nahm ihre Tasche und tapste langsam und betroffen in Richtung Tür. Auch Liora hatte mittlerweile ihre Blick gesenkt und nach ihrer Tasche gegriffen. Auch ihr unschuldiger Blick würde nun nicht mehr helfen. Sie stand auf und streifte sich die Tasche über die Schulter.
„Schönen Tag noch, Herr Karls“, sagte Tarja noch bevor sie die Tür für Liora und sich selbst aufhielt.
Herr Karls war der Lieblingslehrer der beiden. Außerdem waren sie die einzigen, die er beim Vornamen ansprach.
Liora und Tarja sind noch nie raus geflogen. Tarja rechnete nun mit einem Tränenausbruch ihrer Freundin, doch ehe sie aus der Tür waren, packte Liora Tarja an den Schultern und rüttelte sie. „Wer? Wer ist neu an der Schule?“
„W -was soll das? Liora, lass mich sofort los! Hör auf damit!“
„Sag mir sofort, wer neu auf der Schule ist!“ brüllte Liora weiter.
„Le -Lewin ist sein Name. Er ist mit seiner Cousine Karia neu hier hingezogen. Au! Jetzt lass mich doch mal los!“
„Lewin...“ wiederholte Liora und ließ ihre Freundin los. „Ein schöner Name...“
Tarja fing an zu lachen. „Sag jetzt nicht, du hast dich in LEWIN verliebt!“
Liora sah Tarja unsicher an. „Was? Ich... äh, ich meine, äh... nein... na –natürlich nicht!“ stammelte sie.
Tarja musste breit grinsen. „Ist nicht wahr! Wie kam das denn? Kein Wunder, dass du die ganze Zeit so merkwürdig bist.“
„Ich weiß auch nicht...“ fing Liora an zu erklären. „Ich bin wütend davon gelaufen und dann stand er plötzlich vor mir... Ich bin mitten in seinen perfekten Körper gerannt... Er riecht so gut... Und...“
„Och, Süße“, sagte ihre beste Freundin und legte einen Arm um sie. „Ich weiß nun natürlich viel mehr als du und deswegen kann ich dir sagen, dass du wirklich super zu ihm passen würdest!“
„Wirklich?“ Die beiden Mädchen gingen Arm in Arm in Richtung Schulhof.
„Ihr habt echt viel gemeinsam. Also das, was ich von ihm weiß, passt jedenfalls perfekt zu dir!“
„Und was mach’ ich jetzt?“
„Liora, wenn jemand Probleme mit Jungs hat, dann ganz bestimmt nicht du, also stell keine so blöden Fragen.“
Liora kicherte. „Ja, du hast recht“, stimmte sie zu. „Aber für ihn muss ich mir wohl was ganz besonderes ausdenken...“
-> Fortsetzung folgt <-