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Heute hat mir eine Dame völlig unerwartet ein sehr nobles Geschenk bereitet: eine Packung ungemahlener Kaffeebohnen!

Richtiger Kaffeegenuss sei laut ihrer Aussage, die Bohnen erst kurz vor der Kaffeebereitung zu mahlen.

Dieses recht ungewöhnliche Geschenk hat mich an meine Kindheit erinnert:

Ich bin als Kind mit meinem Vater (in Oberösterreich) fast jeden Samstag zum "Herrn Meinl" in die Stadt gefahren, um u.a. eine Packung Kaffee zu kaufen.

Dieser Herr Meinl hatte eine unglaubliche Freundlichkeit und hat in seinem braunen Arbeitsmantel immer lächelnd die von uns ausgesuchte Packung Kaffeebohnen gemahlen. Er hat die Packung geöffnet, die Bohnen oben in die Mühle gekippt, die Verpackung gleich wieder unten eingeklemmt und dann ging die Mühle los: Rrrrrrrrrrrrrrrr, dann klapperte er exakt viermal und hat blitzschnell das Kaffeepackerl mit den Worten "Darf's noch was sein?" wieder zugeklebt.

Wir haben noch eine Packung Melitta-Filter, sowie eine Packung Zucker und eine Flasche Maresi gekauft.

Das war unser Herr Meinl - das Geräusch seiner Kaffeemühle werde ich nie vergessen, das Geschäft wurde leider vor ein paar Jahren aus unverständlichen Gründen der Geschäftsleitung geschlossen.

Dann hatten wir noch die "Frau Spar" bei uns in der Strasse. Ein winziger Greißler-Laden.

Als Kinder haben wir die Frau Spar natürlich nur so angesprochen. Die Frau Spar hatte übrigens immer ziemlich hübsche Verkäuferinnen in der Wurstabteilung, leider konnten wir uns als Kinder keine Wurst leisten und mussten zwar mit großen Augen, aber ohne Gesprächskontakt wieder zur Frau Spar, die an der Kasse stand.

Die Frau Spar war eine für uns als Kinder doch eher resolute, ältere und fest gebaute Dame, aber sie hatte die schönsten Sachen rund um ihre Kassa aufgebaut: die Schokoladen (Suchard und Bensdorp), die Zucker-Herzerl, die Sammel-Bilder, die Dreh-und-Drink, die Sunkist, und vor allem, die große Eskimo-Eistruhe mit dem Schoko-Brickerl um 3 Schilling und dem Twinni um 4 Schilling.
Ein Cornetto (um 9 Schilling), ein Paiper oder ein Nogger waren nur Luxus, wenn Verwandte auf Besuch waren und hoffentlich ein Geldgeschenk mitgebracht haben. Nach einem solchen Geldgeschenk waren wir sofort auf dem Fahrrad zur Frau Spar...

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Ja, ja - die Greißler und die kleinen Supermarktketten, die mittlerweile schon sehr verschwunden sind, sind so manche Erinnerung wert.

Aber es gab nicht nur Herren und Frauen, sondern auch die Gebrüder Kunz, deren Sortiment klein, aber teuer war und die immer so ein wenig etwas abgehoben wirkten. Aber ihr kleines, teueres Sortiment war vom Feinsten und die feine Extra war auch so und als die Familie Meinl die Gebrüder Kunz in ihre Zweigstellen eingegliedert hatte, wurde zumindest zeitweilig der Qualitätsanspruch der Gebrüder eingehalten.
Bei den NÖM-Märkten war für uns Stadtkinder äußerst faszinierend, dass neben den Süsswarenangeboten (und Bensdorp war doch am besten) eine riesige Kanne stand, von der man frische Milch in mitgebrachte Gefäße füllen konnte.
Weil bei den damals durchaus noch vorhandenen Milch-Läden (die ja auch kleine Greißler an sich waren) bekam man nur die unsäglichen Säckchen Milch, deren heiles Heimbringen schon etwas Gefühl für Jonglage und Feingefühl erforderte. Warum nannte man diese Läden eigentlich "Milchfrau"-Geschäft, konnte ich nie klären, wusste ich doch, dass einer dieser Läden definitiv einem Mann gehörte.
Und weil Wolfgang vom frisch gemahlenen Kaffee erzählt hat. Da war für mich natürlich immer Eduscho die erste Wahl, doch seit der Tschibo heißt, riecht der nicht mehr so gut. Da schon mehr nach meinem Geschmack die Naber-Läden, irgendwie Bauhaus-Stil, aber sehr verlässliche Kaffeemahler und mit feinen Geschenkideen allerdings nur vor Weihnachten. Gibt es aber auch kaum mehr in Wien, aber so ist das wohl.

lg
erich
 
Im nördlichen Niederösterreich der Fünfziger- und Sechzigerjahre gab es das "Milchgeschäft". Eine Unterscheidung nach dem Geschlecht der Inhaber wurde nicht durchgeführt! Das Milchgeschäft führte neben der Milch, die zuerst offen angeboten wurde, später in Flaschen und Plastiksackerl, auch andere Milchprodukte, wie Käse und Butter, sowie Backwaren (Brot, Semmel) aber auch Süßigkeiten für die Kinder.
 
Ja, das Milchgeschäft. Das lernte ich "erst" in den Endfünfzigern des letzten Jahrhunderts ;) in der urbanen Umgebung Wiens kennen. Wie fasziniert war ich damals von der Verkaufstheke aus Edelstahl mit eingelassenen Wannen, in denen die Produkte Milch und saure Milch aufbewahrt wurden. Etwas anderes gab es nicht. Doch! Topfen war in einem Eiskasten (mit Eis gekühlt). Schlagrahm musste man bestellen. Der konnte ein oder zwei Tage später in einer kleinen Viertelliterflasche abgeholt werden. Die Flasche war mit einer Kartonscheibe verschlossen. Die Milch wurde übrigens von der Milchfrau mittels eines Hohlmaßes in eine mitgebrachtes Milchkanne gemessen.
Den zartsauren Geruch, der das ganze Geschäft durchdrang, habe ich heute noch - gar nicht unangenehm - in der Nase.
 
Auch bei uns gab es, so lange das Geschäft bestand, nur eine MilchFRAU. Erst eine ältere Frau, dann half deren Tochter mit, die im Alter meiner Mutter war und hat es später übernommen. Als diese in Pension ging, wurde es noch zwei mal übernommen, es bestand eigentlich sehr lange. Man ging ein paar Stufen hinunter, es hatte ein Gewölbe, weil es im Schloss (Gemeindehaus) untergebracht war. Ich erinnere mich noch an die Milchpumpe, ein Hebel, der nach unten gedrückt wurde brachte genau die gewünschte Menge heraus. Wir hatten eine emailierte Kanne mit Deckel und Holzgriff. An den Geruch erinnere ich mich auch noch. Später verschwand die offene Milch und es wurden dort einfach Molkereiprodukte verkauft.
Elfie
 
In der niederösterreichischen Kleinstadt, in der ich meine Jugend verbrachte, gab es zwei Milchgeschäfte. Das eine war ein Familienbetrieb, in dem mehrere Familienmitglieder abwechselnd arbeiteten. Nach meiner Erinnerung waren das hauptsächlich die Frauen. Im zweiten Milchgeschäft war ein männlicher Angestellter tätig. Da dieses zweite Geschäft damals an meinem Schulweg lag, war ich oft Kunde. Ich erstand dort meine Jausensemmel, die der Verkäufer frisch herrichtete, das heißt, er strich ein Schinkenkäseeckerl in eine aufgeschnittene Semmel und überreichte mir diese schön verpackt zum Preis von zwei Schillingen.
Nach meiner Erinnerung waren die Verkäufer dieser Milchgeschäfte weiß gekleidet, zumindest hatten sie eine weiße Schürze umgebunden. Auch hier wurde die Milch mittels Hohlmaß in die mitgebrachte Henkelkanne gegossen, später wurde das mit der Pumpe besorgt. Die darauf folgenden Milchflaschen waren auch hier mit einem Pappendeckel verschlossen, später mit einer Aluminiumkappe. Die späteren Plastikpackungen waren oft undicht und konnten sich dadurch nicht bewähren. Sie mußten bald den modernen Verpackungen weichen. Neben der Frisch- und Sauermilch wurde unter anderen Milchprodukten in kleinen Glasflaschen auch Fruchtmilch angeboten, das Frufru.
 
Das Frufu: Ein unerreichbares Objekt meiner kindlichen Begierde. Wir durften nie eines kaufen, weil meine Mutter meinte: "Marmelade haben wir selbst aus dem Garten, die ist viel besser" Erst viel später verstand ich sie. Meines Wissens war dieses Produkt das allererste "Designerfood" - oder? - Jedenfalls wird es heute wieder mit der Aufschrift "wie damals" in den Milchregalen der Supermärkte angeboten (allerdings im Plastikbecher).
 
Begehrenswert waren immer die Bonbons in den riesengroßen Gläsern und natürlich die Lutscher. Der Knüller waren runde, scheibenförmige Lutscher mit Motiven drin. Die gab es zunächst in der DDR nicht, sondern nur in der UdSSR und in der CSSR.

An was ich mich als heutiger militanter Nichtraucher auch erinnern kann, war Bonbonmasse in Zigarettenform, die entsprechend bemalt war. Süß und furchtbaaaaaaar... lecker! Auf der Verpackung war übrigens ein Mäcki (Igel) zu sehen.

Wer heute noch die "überlebenden" Ostprodukte kennenlernen will, schaue unter http://www.kaufhalle-des-ostens.de/. Eine ganz neue Welt wird sich euch auftun. Übrigens auch eine gute Anregung für Weihnachtsgeschenke ...

Dresdner
 
Ja, das Milchgeschäft. Das lernte ich "erst" in den Endfünfzigern des letzten Jahrhunderts ;) in der urbanen Umgebung Wiens kennen.


Milchgeschäft in Klagenfurt kenne ich von der Ecke Kinoplatz/Bahnstraße. Rund um den Platz waren in ca 5 min. 4 Greissler, 2 Fleischereien, ein Eisenwarengeschäft, 2 Friseure, Tapezierer, Eisenwaren, Bekleidung, Papierbedarf zu erreichen. Und heute? Keines der hier aufgezählten. Nur eine Bäckerei blieb.
 
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