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Haus- und Stallsegen der Wanderhändler

Berit (SAGEN.at)

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"Ein Zeichen frommer Gesinnung sind die Haus- und Stallsegen, die in vielen Tiroler Bauernhäusern den Eintretenden begrüßen. Sie enthalten auf billigem Papier einen Segensspruch und meist auch ein frommes Bild. Bis zum ersten Weltkrieg haben hausierende Bilderkrämer diese "Segen" verkauft. Der Haussegen wird auf die Haus- oder Stubentür, der Stallsegen auf die Stalltür angenagelt und zwar ohne Rahmung. Die "Segen" sind heute nicht mehr leicht zu beommen, der Brauch aber lebt weiter und es werden an ihrer Stelle kleine Heiligenbilder an den Stalltüren und den Türen der Sennhütte angebracht.
Ein bekannter Haussegen, oft in Handstickerei ausgeführt, lautet:

Gott bewahre dieses Haus
Und alle, die da gehen ein und aus!​

Einige alte Haussegen verwahrt das Museum Ferdinandeum auf. Auf einem derselben sieht man ein Krieglager, aufgehäufte Kanonenkugeln, den Kanonier mit der Lunte in der Hand, die Soldaten zur Abwehr des Angriffs gerüstet. Darunter steht in Reimen der Vers des 126. Psalms:

Wenn der Herr das Haus nicht bewacht,
wachen die Wächter umsonst."​

Quelle: Franz Zangerl, Türschwelle und Aberglaube, THB1948, Heft 4/6, S. 95

Berit
 
Ich kenne solche Segens-Sprüche von Stickereien auf Leinen oder weißem Stoff. (meistens in blau gestickt)
Meine Oma in Oberösterreich hatte solche gestickte Sprüche auf einem Tuch das sie immer über die Herdplatten gelegt hat wenn sie nicht gekocht hat, oder auch auf Polstern:
"Tritt ein, bring Glück herein!"

Auch in den "Herrgottswinkeln" gab es oft solche Tücher zu sehen mit den Sprüchen drauf.

Auf dem Foto (es zeigt meinen Großvater - 3.v.l. mit einigen anderen Leuten die bei der "ARGE" im Strassenbau gearbeitet haben bei einer Jause auf irgendeinem Bauernhof in der Stube) ..... sieht man links im Eck so ein Tuch mit dem Spruch: "Herr, erbarme dich unser"!

Liebe Grüße, Sonja
 

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Gestickte Tücher und Altardecken mit Sinn- und Segenssprüchen sind auch heute keine Seltenheit, auch "Paradetücher" (als Überhandtuch) kann man hin und wieder noch finden.

Jedoch bin ich mir nicht bewußt solchen gedruckten Stall- und Haussegen begegnet zu sein... liegt wohl daran, dass sie ungerahmt nicht gerade haltbar sind.

lg Berit
 
Eine sehr interessante Zusammenstellung von Haus- und Stallsegen (dabei Geistlicher Hausschutz mit Zachariaskreuz und Pestsegen, Dreikönigssegen sowie verschiedene kleine Stallsegen) sind abgebildet bei Karl Heinrich Waggerl, Schöne Sachen. Kostbarkeiten aus der bäuerlichen Welt, Salzburg 1967, S. 114 - 115. Das Buch beinhaltet auch sonst viel Brauchkundliches aus der bäuerlichen Welt!
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass Haus- und Stallsegen im Antiquitätenhandel immer wieder einmal angeboten werden. Es handelt sich dabei zwar um "entwurzelte" Belege, da aber - vor allem bei jüngeren Stücken - die Stecher oder Verlage oft angeführt sind, doch um in ihrer Ursprünglichkeit zuordenbare Typen!
 
Auch ein Mittel für das Gedeihen des Viehes

Herumziehende Krämer verkaufen sogenannte „Haussegen“ und „Stallsegen“. Es sind dies mit Heiligenbildern und Sprüchen versehene Zettel, gewöhnlich in der Größe 43 : 34 cm. Diesen Zettel lässt man zuerst weihen, und zwar zu Maria Lichtmess (2. Februar) bei der „Kerzenweihe“ in der Kirche. So in allen Gauen Salzburgs. Im Lungau sind ferner sogenannte „Hauslehren“ der Brauch, das heißt der Geistliche kommt während der Fastenzeit an einem Tage in das Bauernhaus und hält den Leuten eine Art kurzer Predigt, belehrt sie über gut und schlecht u. s. f. Wird genannt die „Hauslehre". Dann weiht er auch den Hausaltar, die Marien-Kerzenstöckel, die Sterbkerzen und dergleichen, wobei man auch Haus- und Stallsegen mitweihen lassen kann. Im Bauernhause wird nun „der Haussegen“ an die Haustüre genagelt, „der Stallsegen“ an eine der Stalltüren. In den Gebirgsgauen kommt ein Stallsegen auch auf die Tür des Stalles auf der Alpe. Nach dem Aufnageln werden die auf dem „Segen“ angegebenen Gebete gesprochen. (Oder auch nicht; je nach dem „starken Glauben“.) Manche beten später auch noch einigemal, wenn einem Stück Vieh etwas fehlt und ähnliches. Wird der Zettel im Laufe der Zeit ganz zerrissen und zerfetzt, so wird ein neuer gekauft.
Landwirtschaftslehrer Hamza.

Quelle: Zeitschrift für österreichische Volkskunde, XX. Jahrgang 1914, Juli 1914, S. 143.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Es gibt auch Haus- oder Stallsegen aus Metall, oft mit dem Gnadenbild eines Wallfahrtsortes versehen. Ganz typische Belege dafür stammen von Kirchschlag bei Pöggstall (Waldviertel), wo seit dem 19. Jahrhundert "Der blaue Herrgott" verehrt wird. Diese tafelförmigen aus Zinn gegossenen Bilder (Größe ca. 12 x 8,5 cm) zeigen dieses Gnadenbild und den erläuternden Text dazu. Beleg in der Sammlung Prof. Hermann Maurer, Horn.
Auch vom niederösterreichischen Annaberg soll es beispielsweise solche Bilder angeblich durch mehrere Jahrhunderte gegeben haben.
Literatur dazu: Alfred Hoppe, Des Österreichers Wallfahrtsorte. Wien 1913, 52ff. (zu Annaberg).
Gustav Gugitz, Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch , Niederösterreich und Burgenland, Wien 1955, 3f. (zu Annaberg) und 63 (zu Kirchschlag).
 
Zur Ergänzung wird hier ein Haus- oder Stallsegen, geprägt aus Kupfer, abgebildet. Es handelt sich dabei um ein Wallfahrtsandenken des 19. Jahrhunderts aus Mariazell und zwar um die eher seltene Darstellung des Schatzkammerbildes. Höhe 8,9 cm, Breite 7,1 cm. Das Stück ist im oberen Teil wohl sekundär gelocht. Sammlung Prof. Hermann Maurer, Horn.
 

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Hallo Honorarum,

jetzt frage ich mich: wurde das Wallfahrtsandenken zum Stallsegen weil es dort angebracht war oder gibt es noch etwas spezifisches, vielleicht ikonographisches, dass es zum eindeutigen Stallsegen wird?

Beste Grüße,

Berit
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Metalltafeln wurden entweder von der Wallfahrt mitgebracht oder bei Händlern gekauft. Da sie im Haus oder eben im Stall angenagelt wurden, um eine entsprechende Wirkung zu vermitteln, werden sie den Haus- und Stallsegen zugerechnet.
 
Vielen Dank,

mir sind derartige Haus- und Stallsegen leider fremd. Vielleicht waren sie in Tirol nie so aktuell oder hat sich das im Laufe der Zeit geändert?

Speziell als Stallsegen sind mir heute eigentlich nur mehr das Kreuz, Palmstangen oder Palmbuschen bekannt, oft sieht man auch Hufeisen als Glücksbringer angebracht.

Berit
 
Zu den aus haltbaren Materialien hergestellten Stallsegen vergleiche Elisabeth Vavra, "Familie", Ideal und Realität, Horn 1983, Seiten 454 und 455 (Katalognummer 6.19 bis 6.26). Die hier angesprochenen Stallsegen wurden aus Zinn gefertigt. Sie zeigen die Gnadenbilder von Maria Taferl und Sonntagberg aber auch Heiligendarstellungen wie den Heiligen Georg und den Heiligen Franziskus.
 
Im "Salzburger Bauernbund-Kalender" des Jahres 1949 ist eine Sammlung von Haussprüchen zu finden, die der "Kalendermann" (namenlich nicht angeführt) zusammengetragen hat.
Diese Sprüche wurden allerdings meistens an die Außenwände gemalt.

aus dem
Salzburger Bauernbund-Kalender 1949

Haussprüche aus dem Salzburgischen

Wenn dieses Haus so lange steht,
bis aller Haß und Neid vergeht,
dann wird dies Haus so lange stehn,
bis daß die Welt zugrund wird gehn.
(Beim Hurrerbauern in Schlehdorf)


Nicht allzu glänzend sieht es aus,
doch altehrwürdig ist dies Haus;
es sah viel, Kampf, Not und Drang
im wechselvollen Zeitengang.
(Brauerei König, Fillmannsbach, OÖ, 1724)


Man lebt so dahin und nimmt es nicht in acht,
daß ein jeder Augenblick das Leben kürzer macht.
(Rieser, Steindlwirt in Hofgastein)

Wer Böses von mir spricht,
betrete meine Wohnung nicht;
denn jeder hat in seinem Leben
auf sich selber achtzugeben.
(Saalfelden, Vormarkt, Kratzerhaus)

Dies Haus ist mein und doch nicht mein,
beim Zweiten wird es auch so sein,
dem Dritten wird es übergeben,
er wird darin nicht ewig leben,
den Vierten trägt man tot hinaus,
nun sag mir, wem gehört das Haus?
(Saalfelden, Hof Nr. 5, Leonhard Gruber, Sagschneidergütlein Klammstein; Gersberg)

St. Martin, heil’ger Ritter,
dein Schutz in Harm und Not,
sei uns im Haus Gebieter,
dein Beispiel uns Gebot.
(Huberbauer in Hausmoning)

Über mein Heim, Herr, breite die Hände,
leidvolle Stunden segnend du wende,
führe mein Tagwerk, und wenn es vollbracht,
bleibe mein Schutz auch in dunkler Nacht.
(Huberbauer in Hausmoning)

Es glänzt der Pflug, der immer geht,
es rostet jener, der stille steht.
(In der Stube des Tofererbauern in Hofgastein, Gadaunern 13)

Hier bauen wir unsere Häuser fest
und sind nur alle zeitlich Gäst’.
Und wo wir müssen ewig sein,
dort bauen wir so wenig drein.
(Liefering Nr.79)


Gott und des Meisters Hand
verdankt dies Haus seinen Bestand.
Beschützen mag’s der Herr allein
und Hüter dieser Wohnung sein.
Auf ihn setz ich mein Zuversicht,
er wende ab sein Strafgericht
und lass es frei von Unglück sein,
bis ich mich kann bei ihm erfreu’n.
(Huber, Schwerting 1935)


Lieb Vaterhaus,
bist Heimat, Schutz und Wächter
vergangener und kommender Geschlechter,
die treu der Heimatscholle sind,
ob Ahn, ob Enkel, Vater oder Kind,
mög’ Gott in seinem gütig weisen Walten
dich vielen noch als trautes Heim erhalten.
(An der Hausfront des stattlichen Schwabenbauerrnhofes, Besitzer Johann Haberl, Gemeinde Berndorf)​
 
Wenn dieses Haus so lange steht,
bis aller Haß und Neid vergeht,
dann wird dies Haus so lange stehn,
bis daß die Welt zugrund wird gehn.
(Beim Hurrerbauern in Schlehdorf)​
Ein sehr ähnlicher Spruch findet sich auch im nördlichen Waldviertel in Litschau, Stadtplatz 9:

 
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