Hallo Hornarum,
obwohl der "Flohzirkus" vielen Menschen in unserem Kulturkreis irgendwie ein diffuser Begriff ist, wissen wir relativ wenig dazu.
Adolf Spamer schreibt im zweiten Band seines Werkes "Die Deutsche Volkskunde", 1935, S. 489:
"Über keine Seite des volkhaften Lebens sind wir mangelhafter unterrichtet als über Volksscherz, Volkswitz und die volkstümliche Satire. Das aufschlußreiche und umfängliche Kapitel, das diese in einer Volkskunde der Zukunft einnehmen werden, ist noch nicht geschrieben, wenn auch in den Abschnitten Volkssprache und Volkserzählung und in Einzelabhandlungen mancher Stoff dazu bereit liegt.
[...]
Schließlich gliedert sich in Abb. 3 einer im 17. und 18. Jahrhundert umfänglichen Reihe von Floh- und Läusebildchen ein, die auf literarische Vorlagen zurückgehen. Das Amphittheatrum Sappientiae des Casper Dornavius (Tom. I; 1619) überliefert uns 13 solcher humanistischer, scherzhafter Flohabhandlungen und 3 Läusesatiren, und 1638 erschienen zu Lyon die Dissertationum ludicrarum et amoenitarum varii, die u.a. des Calgagninus (+ 1576) Encomium pulicis enthielten. M. Hayn hat die gesamte "Flohliteratur (de pulicis) des In- und Auslandes vom 16. Jahrhundert bis zur Neuzeit" 1913 bibliographisch zusammengestellt. Sie beginnt auf deutschem Boden mit Fischarts umfänglicher Dichtung Flöh-Hatz, Weiber-Tratz, die von 1573 - 1610 in 7 Auflagen erschien und sich an den Gargantua des Rabelais sowie andere französiche Schriften, besonders aber an den 1520 erschienenen Procès des Femmes et des Pulces anschloß (einziges bekanntes Exemplar dieser Schrift in der Dresdner Landesbibliothek). In makkaronischen Versen erfolgten um 1590 eine Flochia, Gedichtum Versicale de Flochis...qui omnes fere Menschos, Mannos, Weibras, Jungfras, Kindros etc. behupfere spitzibus suis Schnablis stechere et beissere solent, Auctore Greisboldo Knick Knackio Flohlando und 1593 die Floïa, cortum versicale De Flois swartibus etc. Authore Gripholdo Knickknackio ex Flilandia. Noch Anfang des 18. Jahrhunderts kaufte man in Augsburg an stählernen Ketten gefesselte Flöhe als Wunder der Mikrotechnik, woraus sich der Flohzirkus entwickelt haben dürfte. Eine Dissertation über die Flöhe, die der (1729 +) Marburger Professor der Rechte Zaunschliffer pseudonym zu Druck gehen ließ, schrieb man 1823 Goethe zu, der sie 1768 Friederike Brion aus besonderem Anlaß gewidmet habe."
Bildanhang: Abb. 3, Scherzhaftes Geschenkbildchen des 18. Jahrhunderts. Miniatur auf Pergament.
Wolfgang (
SAGEN.at)