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Feldherrnhalle und kein Hitlergruß von Oma

Otto

Member
Meine Oma ging auf dem Weg zur Arbeit in München immer an der Feldherrnhalle vorbei. Ab 1933 musste man dort den Hitlergruß machen. Das wurde von SS-Männern überprüft.
Als also meine Oma wieder vorbeiging und an nichts Böses dachte, rief sie ein SS-Mann an:
"Halt, Sie, Frau! Hier müssen Sie den Deutschen Gruß machen!"
"Wos?"
"Den Hitlergruß müssen's da machen!"
"Geh leckts mi doch am Arsch mit eian Hitler, i geh do seit Jahre vorbei in d' Arwat, und jetz soi i den Hitlergruß macha! I bin do scho ganga, da warts ihr nu in da Schui!"
"I nehm Ihna glei mit!"
"Ja lassts mi in Ruh!"
"Gehn S' weiter, aber schnell!"
Ab da ging meine Oma den Umweg hinten herum, ohne den Deutschen Gruß.
 
Diese Geschichte wird - mit kleinen Variationen - auch heute noch gern in vielen Münchner Haushalten erzählt, quasi als persönliche Widerstandsgeschichte der Familie. Ich habe sie zigmal gehört.

Zum historischen Hintergrund:

Im November 1923 wollte Hitler die Weimarer Republik zu stürzen und die Macht in Bayern an sich reißen. Der Putschversuch scheiterte: Er wurde rasch niedergeschlagen und am 9.November vor der Feldherrnhalle in München aufgehalten.

Dabei kamen vier Polizisten und 16 Putschisten ums Leben, die nun von den Nazis als Helden und „Blutzeugen der Bewegung“ verehrt wurden (München galt ja als die "Hauptstadt der Bewegung").

Der gescheiterte Militarputsch wurde zum Gründungsmythos der nationalsozialistischen Bewegung stilisiert und die Feldherrnhalle avancierte zum Heiligtum des Nationalsozialismus. Hitler selbst, angeklagt wegen Hochverrats, kam vorerst mal in Festungshaft in Landsberg am Lech (April 1924). Seine privilegierten Haftbedingungen ermöglichten ihm u. a. den Empfang zahlreicher Besucher und er verfasste den ersten Band von "Mein Kampf". Leider kam er bereits nach wenigen Monaten, im Dezember 1924, vorzeitig wieder frei.

10 Jahre später, 1933, als der Nationalsozialismus schon so richtig in Fahrt gekommen und Hitler nunmehr deutscher Reichskanzler war, ließ er an der Ostseite der Feldherrnhalle (Richtung Residenzstraße) ein "Ehrendenkmal" mit den Namen der 1923 getöteten Putschisten samt der Inschrift „Und ihr habt doch gesiegt“ aufstellen, dort fanden regelmäßig diverse Aufmärsche der Nazis, Vereidigungen u ä statt. Vor dem Denkmal stand Tag und Nacht eine SS-„Ehrenwache", die akribisch darauf achtete, dass alle, die hier vorüber gingen, den Hitlergruß als Ehrenbezeugung absolvierten.

Dass deine Oma, damals wohl eine junge Frau, von all dem nichts mitbekommen hat und völlig ahnungslos in die Arme der SS-"Ehrenwache" lief, ist für mich nur sehr schwer vorstellbar.

Wer den Hitlergruß bei der Feldhalle nicht leisten wollte, vermied diesen Abschnitt der Residenzstraße, wählte stattdessen einen kleinen Umweg und benutzte die kleine, nur ca 50 m lange, Viscardigasse an der Rückseite der Feldherrnhalle. Die Münchner nannten die Viscardigasse "Drückebergergassl", als Anspielung bzw Hinweis darauf, dass man sich hier erfolgreich vor dem Hitlergruß „drücken" konnte.

Den Umweg durch diese Gasse hat dann deine Oma, wie auch manch andere Menschen, genommen.
 
Im Anfang halte ich dies noch für möglich, manchmal kannte man sich persönlich und die Wache drückte die Augen zu. -
Ein Schulfreund meines Vaters (paßt nicht ganz zum Thema) erzählte während eines Aufenthaltes in der Jugendherberge Hitlerwitze.
Ein Lehrer besuchte die Eltern (die er persönlich kannte) u. warnte sie, denn der Junge hatte die Witze natürlich zu Hause aufgeschnappt .
Er wurde aufgeklärt, nichts mehr außer Haus zu verbreiten. Später wurde man schon für einen Witz evtl. verpetzt u. abgeholt. -Ulrike
 
@Ulrike: Danke für Deinen Beitrag. Das, was Du geschrieben hast, fällt unter die Rubrik "Flüsterwitze". Ich habe in Österreich mehrere Menschen getroffen, die Zeitzeugen waren (Jahrgang 1926 bis 1931) in Bezug auf solche Witze und die damit verbundenen Ahndungen. Schon bei der geringsten "Verfehlung" stand die Gestapo vor der Tür. Wenn man Glück hatte, blieb es bei einer Verwarnung. Wenn man weniger Glück hatte, landete der oder die Betreffende in einem nationalsozialistischen Erziehungsheim. Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Flüsterwitz
 
Oder, wie es Karl Valentin ausgedrückt hat: "I sag gar nix. Dös wird man doch noch sagen dürfen."

Jetzt ohne Bezug zu München, aber zum Thema:

Kurz vor ihrem Tod hat meine Großmutter uns erzählt, dass "der Vater" (entweder ihr Vater oder Schwiegervater, die Beschreibung könnte zu beiden passen, und auf Details ist sie nicht eingegangen) eines Tages im Gasthaus während einer Hitler-Rede das Radio ausgeschaltet haben soll, mit der Bemerkung "DEN (oder DAS?) brauchen wir jetzt nicht!"

Natürlich wurde er kurz danach "abgeholt" und nur wieder freigelassen, weil er zum Tatzeitpunkt wegen Volltrunkenheit unzurechnungsfähig gewesen sein soll. Trockener Kommentar der Oma: "Das einzige Mal, dass ihm das Trinken gut getan hat."
 
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