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Ein interessanter Hinweis zur Erfindung des Telefons:

"Man hat einen neuen Erfinder des Telefons entdeckt, den man zunächst wohl als den „ersten“ wird bezeichnen müssen, bis man vielleicht findet, dass auch noch einige Jahre vor ihm irgend ein andrer dieselben Ideen gehabt hat. Diesmal ist es Frankreich, das Anspruch darauf macht, den Erfinder des Telefons sein eigen zu nennen.

Charles Bourseul hat sich als junger Telegraphenbeamter der Französischen Post bereits 1849 in Paris mit der Laut-Übertragung auf elektrischem Wege beschäftigt. Es gelang ihm aber nicht, seine vorgesetzte Behörde von der Brauchbarkeit seiner Erfindung zu überzeugen, und deshalb entschloss er sich einige Jahre später, sie wenigstens zu veröffentlichen. Am 26. August 1854 erschien in der „Illustration de Paris“ ein Aufsatz, betitelt: ‚Téléphonie électricale‘, in dessen Überschrift auch zum ersten Mal das Wort Telefonie im heutigen Sinne verwendet zu sein scheint. Es heißt darin unter anderem: „Wenn jemand gegen eine Platte spricht, die beweglich genug ist, keine Schwingung der Stimme verloren gehen zu lassen, und wenn durch die Schwingungen der Platte der Strom einer Batterie abwechselnd geöffnet und geschlossen wird, so ist es möglich, eine zweite in den Strom eingeschaltete Platte in gewisser Entfernung zu gleicher Zeit genau dieselben Schwingungen ausführen zu lassen.... Es ist sicher, dass in einer näheren oder ferneren Zukunft die Sprache durch Elektrizität wird übertragen werden können. Ich habe Versuche in dieser Richtung angestellt; sie sind schwierig und erfordern Zeit und Geduld, aber die erlangten Ergebnisse versprechen einen günstigen Ausgang.“

Andere Blätter übernahmen die Ausführungen Bourseuls, und auch in Frankfurt a. M. berichtete die Zeitschrift „Didaskalia“ am 28. September 1854 über Bourseuls Erfindung; in einem 1854 zuerst erschienenen Werk von Th. du Moncel: Exposé des applications de l'électricité, wurde Bourseuls Telefon beschrieben.

Die Literatur hat also von der Erfindung Kenntnis genommen, aber damit war es auch zu Ende. Das praktische Bedürfnis, das allein ein geeigneter Nährboden für große Erfindungen ist, war offenbar nicht in genügendem Maße vorhanden, und so gelang es dem französischen Telegraphenbeamten nicht, seiner bedeutungsvollen Erfindung Eingang zu verschaffen. Von einer sehr bescheidenen kleinen Beamtenpension musste er, dessen glücklichere Nachfolger große Reichtümer erwerben konnten, sein Leben fristen.

Vor wenigen Jahren suchte Bourseul noch einmal beim französischen Generalpostmeister Mougeot seine Verdienste um die Telefonie klarzustellen. Man hatte ihn dort aber auch so vollständig vergessen, dass man ihn, als er sich als „inventeur du telephone“ anmeldete, für harmlos verrückt hielt. Später erhielt er allerdings Genugtuung hierfür. Mougeot ließ Nachforschungen anstellen, die zu seiner eigenen höchsten Überraschung ergaben, wie berechtigt Bourseuls Anspruch war. Als Anerkennung erhöhte man seine Pension um 3000 frs. Vor wenigen Wochen ist Bourseul gestorben. Jetzt beabsichtigt man in Paris, ihm ein Denkmal zu setzen.

Nicht besser erging es dem deutschen Lehrer Philipp Reis in Friedrichsdorf bei Hamburg, der sich seit 1852 damit beschäftigte, Töne in gewisser Entfernung mit Hülfe des elektrischen Stromes wiederzugeben. Seine Einrichtung, die er auch schon als „Telephon“ bezeichnete, führte er am 26. Oktober 1861 im Physikalischen Verein zu Frankfurt a. M. zuerst öffentlich vor. Die Einrichtung gab Musikstücke deutlich und gut wieder, eignete sich aber weniger für die menschliche Stimme. Die vollendetste Form, die Reis seinem Telefon gab, stammt aus dem Jahr 1863. Reis starb arm und verlassen am 14. Januar 1874; nachher hat ihm seine Vaterstadt Gelnhausen als dem Erfinder des Telefons ein schönes Denkmal gesetzt.

Die Geschichte unsres heutigen Telefons beginnt dann in den 70er Jahren mit Alexander Graham Bell und Elisha Gray, die unabhängig voneinander gleichzeitig im Februar 1876 Patente auf Telefoneinrichtungen erhielten. Der erste Hand-Fernsprecher von Bell wurde im Mai 1877 bekannt."

Quelle: Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Band 51, Nr. 46, 16. November 1907, S. 1841


Wolfgang (SAGEN.at)
 
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