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Ehrenamtlich geführte Heimatmuseen in großer Not!

Nicobär

Member
Ein Artikel aus der Süddeutschen Zeitung.

Entgegen aller Beteuerungen und Behauptungen von gewisser Seite befindet sich das Ehrenamt nicht nur in Deutschland in einer schweren Krise. Es fehlt an Nachwuchs, Vereine sind oft überaltert, die wenigen Aktiven nicht nur zeitlich, sondern auch mit ihren Kräften am Limit. Vielen Heimatmuseen und Bergbaustuben droht in den nächsten Jahren das Aus. Mangels Geld und Personal sind viele Mussen nur noch in der Zeit zwischen April und September an einem Sonntag im Monat geöffnet. Und hin und wieder liest man auch dort eine Einschränkung: außer an Ostern, Pfingsten und in den Schulferien.
Viele Heimatmuseen, viele Sammlungen sterben einen schleichenden Tod.
 
Wenn man einmal eine Bestandsaufnahme macht, ist die Sichtweise auf den ersten Blick sehr pessimistisch. Das Interesse bei der Bevölkerung ist in allen Altersgruppen durchaus da und auch recht groß. Das Problem ist, dass der kommunikative Faden zwischen der heutigen Generation Ü 65 und der Generation der 30 bis 65-jährigen teilweise völlig abgerissen ist, die Jüngeren wurden durch unsinnige, ja kontraproduktive Bildungsreformen den Vereinen praktisch entzogen. Das inzwischen in vielen deutschen Bundesländern wieder abgeschaffte G8 hatte für alle Vereine und Verbände verheerende Folgen.

Die Folgen: In vielen Vereinen ist man zusammen in Ehren ergraut. Wenn es Veranstaltungen gibt, richten sie sich oft ausschließlich an Rentner bzw. können ausschließlich von Nicht-Erwerbstätigen besucht werden, weil sie z.B. werktags vormittags oder am frühen Nachmittag statt finden. Im Grunde gräbt man sich dadurch selber das Wasser ab. Der Hinweis, man habe das schon immer so gemacht und 1981 hätte man doch die Große Demo in Bonn hinbekommen, wo alle gekommen seien, läuft ins Leere. Wir leben im Jahre 2017 und nicht im Jahre 1981. 1981 ist fast 40 Jahre, also fast ein halbes Jahrhundert her. Es ist definitiv falsch, ausschließlich in einer romantisch verklärten Vergangenheit zu leben - und diese Haltung damit zu untermauern, in 10 Jahren sei man schon tot und die Zukunft interessiere einen nicht. Wir leben in der Gegenwart und können nur die Zukunft gestalten. Und die Zukunft ist immer so gut, wie wir sie selber gestalten. Und dazu gehört: positiv nach vorne schauen. Leider ist es anscheinend auf den ersten Blick da schon in vielen Bereich fast schon zu spät.

Insbesondere auf dem Lande gibt es aber noch ganz andere Probleme. Meine Erfahrung ist die, dass alte Landesgrenzen aus der Zeit der deutschen Kleinstaaterei immer noch richtig heftig durchschlagen und immer noch in den Köpfen fest verankert sind. Auf der anderen Seite des Grabens wäre doch "Braunschweig", "Hessen", "Hohenzollern" - mit denen habe man noch nie etwas zu tun gehabt. Außerdem rede man nicht mit denen, weil die früher mal - so um 195x - mal einen schräg angeguckt haben. Ganz heftig wird's wenn die ehemalige Landesgrenze eine Konfessionsgrenze und somit auch eine kulturelle Grenze ist. Zwar hat sich seit den Beschlüssen des II. Vatikanischen Konzils sehr viel zum positiven geändert, in den Köpfen sind diese Grenzen im Unbewussten immer noch fest verankert. Jahrhundertelange gegenseitige Verteufelung und damit verbundene Sprachlosigkeit bekommt man nicht von heute auf morgen aus den Köpfen heraus.

Für die praktische Arbeit hat dies immer noch massive Folgen. Es herrscht nicht nur zwischen den Generationen eine Sprachlosigkeit, sondern auch über die alten Grenzen hinweg. Bestenfalls ist es so, dass zig verschiedene Organisationen etwas machen - aber es macht halt jede etwas für sich. Die Maßnahmen laufen völlig unkoordiniert ab - und verpuffen bestenfalls, weil z.B. die Akteure der unterschiedlichen Oragnisationen nichts über die Maßnahmen der anderen wissen - sich manchmal nicht einmal kennen.
Die Frage ist nun: wie kommt man aus so einer Kiste raus? Sonntagsreden helfen da nicht, zumal von politischer Seite die Bedeutung des Ehrenamtes zwar immer gerühmt wird.

Ich meine: wir müssen die Kommunikation ändern. Aus der Vergangenheit kann man lernen. Man kann schauen, was gut war, was nicht so gut war. Wir können versuchen, die Vergangenheit zu verstehen - und wie sie sich auf unser heutiges Leben im Guten, wie im Schlechten auswirkt. Was wir aber nicht können, ist der Versuch, eine irgendwie verklärte Vergangenheit wieder in die Gegenwart zu holen. Das wird nicht funktionieren, weil Lebensverhältnisse einem stetigen Wandel unterliegen. In den heute von manchen verklärten 1950er oder 1980er Jahren gab es kein Internet, nicht jeder hatte in der Zeit sogar Telefon. Die Menschen sind in vielfacher Hinsicht und auf vielen Ebenen sehr viel mobiler geworden.

Manche würden nun metaphorisch sagen, "Runter vom Kirchturm". Ich sage etwas anderes: warum nicht den Kirchturm so erhöhen, dass man sehr viel weiter blicken kann?
Ich meine, das Ehrenamt braucht keine hohlen Sonntagsreden, sondern einen aktiven Push. Und vor allem muss eines gelten: raus mit dem Fatalismus aus den Köpfen. Die Zeit der Kleinstaaterei und des Denkens vom niedrigen Kirchturm aus, ist lange vorbei. Wir leben in der Gegenwart und können unsere Zukunft selber und aktiv gestalten. Und wenn mit einander geredet wird. Die Zukunft ist immer gut! Also in die Hände spucken und loslegen!
 
Unser "Ruhrtalmuseum" wurde 1933 im "Alten Rathaus" am Markt eröffnet.
Bis heute hatte es eine wechselvolle Geschichte, nun leider erstmal
Vergangenheit. Neue Konzepte bestehen, die Verwirklichung kann Jahre
dauern. Alle Bestände wurden eingelagert. Es wurde nicht ehrenamtlich
geführt, sondern von der Stadt unterhalten und gefördert, allerdings
mithilfe des Heimatvereins. Ich war dort ca. 20 Jahre am Wochenende
Aufsichtskraft, habe in meiner Freizeit die Bibliothek katalogisiert ... nur ein
Beispiel, denn viele Menschen haben sich stets dort engagiert. Manche legen
keinen Wert auf das Museum, sie möchten die Räumlichkeiten anders nutzen.
Immerhin , das Gebäude steht unter Denkmalschutz. Ich fände es schön, wenn
all die eingelagerten "Schätze " auch wieder darin ausgestellt würden!
- Ulrike
 
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