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Die Verdrängung des analogen Menschen

SAGEN.at

Administrator
Teammitglied
Ich beobachte einen immer massiveren Trend in unserer Gesellschaft, in der der analoge Mensch verdrängt wird.

Sollte diese Entwicklung nicht alle Alarmglocken auslösen?

Automaten ersetzen Menschen, Bezahlung mit Funkchips, synthetische Stimmen, Ticketsysteme, GPS und GLONASS, Internet (-banking, -shopping, Internet-Arbeitsplätze etc.) und täglich weitere Anwendungen ersetzen den analogen Menschen und die Werbung täuscht uns das auch noch als positive Errungenschaft und erstrebenswerte Alltagskultur vor.

Zweifellos haben analoge Menschen auch viele Nachteile:
nur etwa 8 Stunden Arbeitszeit anstelle 24 Stunden wie Automaten, sie haben Launen und Krankenstände, benötigen Urlaub und kosten dem Arbeitgeber langfristig wesentlich mehr Geld als Automaten.

Es ist wohl mehr als naheliegend den analogen Menschen aus der Gesellschaft zu verdrängen und durch digitale Automaten zu ersetzen?

Ich frage hier nach Meinungen und konkreten Beispielen des Ersetzens des analogen Menschen...

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Ganz allgemein gesagt finde ich die Entwicklung sehr bedenklich und persönlich ist sie mir auch unangenehm.
Natürlich hat es Vorteile, sich nicht mehr an einen Schalter stellen und auf Öffnungszeiten achten zu müssen... Aber der Mensch sollte doch auch mit Menschen zu tun haben und nicht nur Knöpfe drücken und Piepsgeräusche hören müssen. Die Verdrängung findet zuerst im Arbeitsbereich statt, aber gleich das Nächste sind Dienstleistungen. Die braucht aber dann keiner mehr, wenn der Mensch "verdrängt" ist. Denn wenn ein Automat seine Arbeit macht, wird er wohl kaum seine Gage bekommen, doch auch automatisierte Dienstleistungen kosten.
Ich finde auch, dass der Mensch damit entmündigt wird. Tempomat, GPS, Navi... Kürzlich hab ich gelesen, dass mittlerweils die Auffahrunfälle schon die häufigsten sind und man entwickelt jetzt etwas ganz Intelligentes, das einen Stau oder ein Hindernis vor einem rechtzeitig wahrnimmt. Die sichersten Autos werden dann die sein, wo keiner mehr drin sitzt.
Bereiche, wo der analoge Mensch ersetzt ist? Es sind schon so viele genannt und vermutlich fällt einem Vieles gar nicht mehr auf, weil man es gewohnt ist. Da muss man extra drauf achten.
 
Auch der analoge Mensch wird zusehends digitalisiert. Man stellt sich zum Beispiel in einem großen Supermarkt bei der Kassa an, zahlt und geht weiter. Dabei vergisst man oft, dass man gerade mit einem echten Menschen, der "Kassakraft", Kontakt hat. Hier würde oft nur ein kleines Lächeln (gratis!) des Kunden helfen.
 
Dass Menschen in großen Kaufhäusern auch schon wie Maschinen "programmiert" werden erkennt man daran, wenn man an der Kassa nach der Postleitzahl gefragt wird.
Ich antworte darauf immer: "Nein, die geb ich nicht her!" und werde dann oft so perplex angeschaut, dass ich dann lachen muss und freundlich erkläre, dass das nicht bös gemeint ist, sondern dass ich einfach finde, das geht keinen was an, wo ich herkomme. Die Verkäuferinnen sind entweder beleidigt oder sie müssen von einem Pappendeckel wo Aufkleber drauf sind dann einen Code eingeben in die Kassa für "Postleitzahl nicht angegeben"... es ist auf jeden Fall unangenehm für sie.
Aber jedes Mal wieder muss ich über den völlig entgeisterten Blick lachen, wenn ich NEIN sage.... denn sie sind es gewohnt, dass die Menschen wie ferngesteuert ihre Daten preisgeben.
 
Auch das bargeldlose Zahlen gehört dazu. Theoretisch könnte man so die "Kassakraft" ersetzen: die Waren laufen am Fließband durch, der Automat spuckt nach Zahlung den Kassabon aus. Ich glaube auch, dass diese Zahlungsweise mehr verrät, als die Postleitzahl, die nur das Einzugsgebiet anzeigen kann.
 
Der Supermarkt ganz ohne Kasse ist schon längst (Test)realität.
Bereits im Jahre 2006 offerierte man Funkchips, die man dem Menschen implantieren wollte (Admin: externer Link existiert nicht mehr) - das wäre die ultimative Kennzeichnung gewesen. Der Mensch gekennzeichnet wie ein Stück Schlachtvieh.

Da man das - zum Glück - nicht durchsetzen konnte, nutzt man in der Realität eine App fürs Smartphone (http://www.welt.de/print/welt_kompakt/webwelt/article12319336/Der-Supermarkt-der-Zukunft.html).
So sieht es im Metro-Zukunftssupermarkt bereits jetzt aus:



Eine eigene Homepage hat der durchaus reale real-Zukunftssupermarkt auch schon: (Admin: externer Link existiert nicht mehr)

"Schöne" neue Welt ... -Orwell lässt grüßen.

Dresdner
 
Das interessante ist das der analoge Mensch sich selber verdrängt und auch verdrängen lässt. Da ist kein andere schuld, nur er selbst. Die Ernüchterung kommt leider erst wenn es schon zuspät ist. Zuerst ist alles prima und super. Wir sind doch alle schon lange ferngesteuert. Das brachte und bringt der Fortschritt automatisch mit sich.
 
Das österreichische Beispiel schlechthin hat Wolfgang Ambros schon 1978
mit Manfred Tauchen und Josi Prokopetz beschrieben, vertont und gesungen.



Das Ersetzen des Menschen durch Maschinen ist natürlich wesenlich älter aber
das Aussterben eines ganzen Berufs war damals noch relativ neu.
 
Ich seh das nicht so gefährlich:
Der analoge Mensch hat den digitalen entwickelt, damit haben sich die analogen Arbeitsplätze verschoben, aber Chef bleibt letztendlich der analoge.
Es kommt halt auch – wie immer – auf den einzelnen Menschen an, wieweit er seine analogen Fähigkeiten den digitalen überlässt und wie er sie nutzt.

:Fluester:Was täten denn wir Sagen.at-ler ohne eine digitale Leitung, ohne Digicam ?

Die neuen Techniken und was man damit bewirken, erfahren, lernen kann, faszinieren mich und wenn es möglich ist (und ich dazu in der Lage bin ;) ) nutze ich sie.
Und ich meine, dass sich Vor- und Nachteile die Waage halten.

Und spätestens bei/nach einem längeren Stromausfall ist der analoge Mensch gefragt. :Holzhacker: :violine: :landwirt: usw.
 
aber Chef bleibt letztendlich der analoge

Dies ist nach meiner Meinung nicht ganz stichhältig, denn immer weniger Chefs agieren heute aus Bauchgefühl oder aus ihrer Erfahrung, sondern immer öfter nur noch danach, was ihnen die Excel-Tabelle oder sonstige Bildschirm-Grafik vorgibt...

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Ich sehe das Ganze auch nicht gar so optimistisch:

@baru
Wieviel Prozent der mitteleuropäischen Bevölkerung sind etwa noch in der Lage, mit Feuer (offenes Feuer oder Herd) ihre Mahlzeiten zuzubereiten. Hier mangelt es nicht nur an Wissen sondern auch an Kochgelegenheiten. Wo nimmt man ganz ohne Strom die Nahrungsmittel her? Wo den Brennstoff? Ein Horrorszenario tut sich hier auf. :anarchist::tod:
Denkt Euch das einmal bis zur letzten Konsequenz durch ...

Dass der Chef immer analog ist, stimmt leider auch nicht mehr so ganz. Meistens sind die Geschäftsführer von großen Firmen nur schnell auswechselbare Angestellte (mit gewinnorientiertem Sondervertrag) von irgendwelchen Aktiengesellschaften, wobei die Shareholder wieder anonyme Gesellschaften oder Banken sind. Hier ist der Einfluss des Menschen leider nur mehr marginal.:smi_heult
 
Ich sehe auch die faszinierenden Möglichkeiten, aber Chef ist man leider nur , solange man unabhängig von anderen sein kann. Auf Grund der Vernetzungen sind nicht mal mehr die richtigen "Chefs" selbstbestimmt, sondern austauschbar wie ihre Angestellten.
Auf demLand wird man immer Vorteile haben, die Menschen werden wieder sehen, wo die Nahrung herkommt, nämlich von den Feldern, leider wächst sie nicht so schnell wie in den Supermarktregalen. Und Holz kann man im Wald sammeln. Ich weiß, das sind kindliche Vorstellungen, aber grundsätzlich ist es so. Nur dass sich die Menschen gegenseitig prügeln werden um das Verfügbare und die Waldbesitzer..., naja, man mag sich das Szenario wirklich nicht vorstellen. Aber wie anfällig und angreifbar wir uns mit den Errungenschaften gemacht haben, darüber sollte man schon nachdenken.
Und warum der Mensch immer Golems baut.
 
Der Mensch denkt erst nach wenn alles schon läuft und es dann zu spät ist.
Das beste Beispiel ist der Atomstrom. Am Anfang war die Mehrheit der Menschen für den Atomstrom oder sie haben garnicht darüber nachgedacht. Jetzt wo das ganze Ausmaß im Hirn endlich angekommen ist, ist es leider schon zuspät. Ohne Atomstrom wird man nicht mehr auskommen, können noch soviele Proteste statt finden. Außer es kommt zu einen Supergau dann fängt der Mensch wieder mit Pfeil und Bogen an zu Jagen. Wir auf dem Land sind nicht besser dran, Weil wir uns auch selber hineinziehen und es ohne Luxus nicht mehr geht. Die wenigen Bauern die es noch gibt haben es auch nicht besser und werden auch nicht länger existieren können. Da sorgt schon der Stadtmensch dafür. So wird das Szenario enden.
 
Im abgebildeten Beispiel wundert sich die Computerzeitschrift c't über eine Telefonauskunft, die doch noch tatsächlich mit echten Menschen besetzt ist...
Zitat (unten im Bild): "Hier sitzen offenbar echte Menschen und keine Bots."

Quelle: Urs Mansmann, Vorsicht Bremse, Den richtigen Breitbandtarif finden, c't, 16. Juli 2012, S. 109.

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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Mit „aber Chef bleibt letztendlich der analoge (Mensch)“ hab ich nicht den Chef einer Firma, eines Büros, usw. gemeint.
Ich wollte nur ausdrücken, dass alle technischen Errungenschaften Menschenwerk sind, von „analogen Gehirnen“ erdacht, ob aus Erfahrung, Hausverstand oder wissenschaftl. Forschung spielt im Grunde keine Rolle.
Ob sie nun positiv oder negativ angewendet werden, welcher Knopf am Ende gedrückt wird, auf + oder -, on oder off, diese Entscheidung hat auch ein realer Mensch zu treffen und zu verantworten.

Eigentlich müssten wir einmal definieren:
Was ist unter dem „analogen“,
bzw. dem „digitalen“ Menschen zu verstehen?
Liegt dazwischen der „digitalisierte“ Mensch?​

Horrorszenarien sind nicht meins - liegt vielleicht auch an meiner positiven Lebenseinstellung, die Zukunftsangst ausschließt (das kann natürlich auch das Alter mit sich bringen ;) ) – was aber nicht heißt, dass ich mir nicht Gedanken mache, was tu ich, wenn…
 
i
– was aber nicht heißt, dass ich mir nicht Gedanken mache, was tu ich, wenn…

Ich glaube, DAS ist das Wichtigste!! Alle(s) hängt zusammen, aber immer zu warten, bis der andere anfängt g´scheiter zu sein, bringt das allerwenigste. Energie-, Wasser-, sonstige Ressourcen sparen sollte jeder für sich und wenn es nur für das eigene Gewissen (oder die Brieftasche!!)ist. Die Meinung "wenn nur ich es mach, bringts eh nix" ist falsch. Man muss, man braucht: wer oder was ist MAN??? Wenn ich überzeugt bin, dass ich keinen Luxus (was ist das, wo fängt er an) brauche, kann mich keiner zum Konsum zwingen. Das Beispiel gilt für Vieles.
@stanze: ich glaube schon, dass wir im schlimmsten Fall es auf dem Land besser haben, schon aus genannten Gründen. Wir haben noch Häuser mit Kaminen, Wald mit Klaubholz, wie Einheizen geht, wissen wir auch noch und Vieles mehr. Naja und das Essen wächst halt eher auf dem Land :D.
Warum die Stadtmenschen den letzten Bauern den Garaus machen sollen, ist eine ziemlich eigenwillige Theorie, ich denke, die wollen (brauchen) in erster Linie einen gutsortierten Supermarkt. Übrigens: wer sich für die Geschichte der Bauern in Österreich und ihre derzeitige Situation und deren Hintergründe interessiert, kann das am Besten hier (Nachtrag Admin: Josef Krammer, Franz Rohrmoser, Im Kampf um ihre Rechte, Geschichte der Bauern und Bäuerinnen in Österreich, 2012) nachlesen. Dies soll KEINE Werbung sein, ich denke die Geschichte und das Schicksal der Bauern in unserem Land ist auch Volkskunde.
Das war aber jetzt eine große Kurve um den digitalisierten Menschen und sein analoges Gegenüber :ratschlag:, manchmal hab ich Brems-Probleme, aber ich halt auch nix von krankjammern und zu Tode gefürchtet ist auch gestorben :tod:
 
Ich wollte nur ausdrücken, dass alle technischen Errungenschaften Menschenwerk sind

Diese Aussage ist in der Zwischenzeit leider falsch!
Die heutigen Produkte der Hochtechnologie sind so komplex, dass sie nicht mehr von Menschen konstruiert werden können.
Als naheliegendes einfaches Beispiel nenne ich Prozessoren, deren Komplexität das menschliche Vorstellungsvermögen überschreitet und die daher nur noch von Maschinen entwickelt werden können.
Aber auch Luftfahrt, Raumfahrt, Medizintechnik, Gentechnik oder auch wirtschaftliche Prozesse (Aktienhandel etc) und viele weitere Hochtechnologien können von Menschen längst nicht mehr bewältigt werden, wobei hier auch Produktion und Planung selbstständig maschinell erfolgt.

Liegt dazwischen der „digitalisierte“ Mensch?

Das ist ein großartiger Vergleich! :smi_klats
Der "digitalisierte" Mensch dürfte tatsächlich unsere derzeitige Zwischenstufe sein, wobei wir mit der Digitalisierung sicher in vielen Bereichen noch eher am Anfang stehen.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
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