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Die Sage/Gedicht von Bechstein

Ulrike Berkenhoff

Active member
Finde dies Gedicht von Bechstein am Anfang von einem Thüringer Sagenbuch
(auf der Suche nach Höhlensagen), gefällt mir so gut, dass ich es hier ins
Forum stelle:
Die Sage: Die Sage wandelt sinnend durchs Land von Ort zu Ort
und pflanzt in ihrem Garten der Dichtung Blumen fort.
Sie weilet in Ruinen, sie lauscht am Felsenhang
in Hainen rauscht ihr Flüstern wie ferner Harfenklang.

Sie schwebt um stolze Burgen, sie weilt beim Halmendach,
sie thront auf Felsenstirnen, sie spielt am Waldesbach.
Sie hat sich mit dem Lande so liebend treu vermählt,
daß sie fast aller Orten von alter Zeit erzählt.

Wie duften tief immSchatten die Waldeskräuter frisch,
wie blühn die grünen Matten so bunt und zauberisch!
Melodisch klingt im Walde das läutende Getön,
wenn auf der Bergeshalde die Herden weidend gehn.

Waldeinsamkeit! Wie grüßt mich die heilge, grüne Nacht!
Von weitem seh ich prangen der Wunderblume Pracht.
Die Zauberglocken klingen. Zum Berg hinan! Hinan!
Bald sind dem selgen Finder die Pforten aufgetan. (Bechstein)

Mit Grüßen von Ulrike!
 
Ulrike Berkenhoff schrieb:
Finde dies Gedicht von Bechstein am Anfang von einem Thüringer Sagenbuch
(auf der Suche nach Höhlensagen), gefällt mir so gut, dass ich es hier ins
Forum stelle:
Die Sage: Die Sage wandelt sinnend durchs Land von Ort zu Ort
und pflanzt in ihrem Garten der Dichtung Blumen fort.
Sie weilet in Ruinen, sie lauscht am Felsenhang
in Hainen rauscht ihr Flüstern wie ferner Harfenklang.

Sie schwebt um stolze Burgen, sie weilt beim Halmendach,
sie thront auf Felsenstirnen, sie spielt am Waldesbach.
Sie hat sich mit dem Lande so liebend treu vermählt,
daß sie fast aller Orten von alter Zeit erzählt.

Wie duften tief immSchatten die Waldeskräuter frisch,
wie blühn die grünen Matten so bunt und zauberisch!
Melodisch klingt im Walde das läutende Getön,
wenn auf der Bergeshalde die Herden weidend gehn.

Waldeinsamkeit! Wie grüßt mich die heilge, grüne Nacht!
Von weitem seh ich prangen der Wunderblume Pracht.
Die Zauberglocken klingen. Zum Berg hinan! Hinan!
Bald sind dem selgen Finder die Pforten aufgetan. (Bechstein)

Mit Grüßen von Ulrike!


Hallo Ulrike,

ein schönes Gedicht! Das Ludwig Bechstein gerät ja Stück für Stück in Vergessenheit, dabei ist sein Lebenswerk gar nicht hoch genug einzuschätzen. Während seiner Wanderungen vollzog sich ja in Mitteleuropa ein dramatischer Landschaftswandel, bei denen die vorindustriellen Landschaften mit ihren seit Jahrtausenden überkommenen Bewirtschaftungsformen durch die Aufteilung der Allmenden verschwanden: weite Teile Mitteleuropas waren ja noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts Heideflächen, die unglaublich intensiv genutzt wurden, dienten sie doch als Schafweide und zur Gewinnung von sogenannten 'Plaggen', das sind abgebaute und anschließend getrocknete Heidepflanzen, die als Einstreu in den Ställen verwandt wurden. Wald konnte unter diesen Bedingungen nicht wieder aufkommen.

Als die napoleonischen Kriege zu Ende waren, hatte sich währenddessen in Großbritannien ein Quantensprung vollzogen: dort arbeitete man bereits mit Dampfmaschinen und die sich langsam vollziehende Einführung der Dampsmaschine als Antrebstechnik in der Schifffahrt führte dazu, dass auch transkontinentale Verbindungen in viel kürzerer Zeit zurückgelegt werden konnten. Durch die britische Konitinentalsperre war das europäische Festland zunächst von dieser Entwicklung abgeschnitten, danach wurde es insbesondere vom sehr viel billigeren 'englischen Tuch' überflutet, was zu einem raschen Niedergang des Tuchmacherwesens führte. Diese wirtschaftliche Not führte zu den großen Auswandererwellen nach Nordamerika - vorzugsweise über das 1828 gegründete Bremerhaven. Dort hatte die Hansestadt Bremen, die auf Grund massiver Probleme mit dem Fahrwasser der Unterweser und unendlicher Streitereien mit ihren feindseligen Nachbarn, praktisch ihren Meereszugang verloren hatte, Land gekauft, um direkt an der Nordsee einen neuen, künstlichen Hafen zu errichten.

Der Ausbau des Welthandels beschleunigte den Landschaftswandel ungemein, wobei hier die Forschungen von Justus Liebig von besonderer Bedeutung waren. Der Einsatz des Kunstdüngers machte es möglich, auch in Regionen mit schlechten Böden, auf denen zuvor die Heide stockte, hohe landwirtschaftliche Erträge zu erzielen. Bis ins 20. Jahrhundert wurde mit großen Frachtseglern Guano aus Chile nach Europa importiert: die Heide mit ihrer Plaggenwirtschaft hatte ausgedient, jeder Quadratmeter wurde für die Landwirtschaft benötigt und nicht nur die Künstler der Romantik blickten wehmütig und verklärend auf die Zeit ihrer Väter zurück.
 
Ulrike Berkenhoff schrieb:
Danke für das Echo! Ulrike

Hallo Ulrike,

es gibt hierzu ein sehr interessantes Buch des hannoveranisschen Geobotanikers Richard Pott (Stuttgart 1999): "Kulturlandschaften: Nordwestdeutsches Tiefland zwischen Ems und Weser" Dort findet sich u.a. ein sehr interessantes Kapitel zur Entstehung der Kulturlandschaft. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass bis auf wenige alte herrschaftliche Bannwälder - Weser-Emsgebiet sind dies i.W. der Bentheimer Wald, der Hasbruch sowie der Neuenburger Urwald mit ihren kleineren Nebenwäldern praktisch kein Wald mehr vorhanden war.

Nach der Teilung der Allmenden im 19. Jahrhundert im Rahmen der Agrarreformen fand dann auf den für die Landwirtschaft wertlosen Flächen - hierbei handelte es sich i.W. um Binnendünenfelder - die Aufforstung mit der anspruchslosen Kiefer in Monokultur statt; damit legte man allerdings die Grundlage für das Ausmaß von drei großen Naturkatastrophen im 20. Jahrhundert: als nämlich am 13.11.1972 ein mir etwa zwei Stunden andauernder Orkan mit Windgeschwindigkeiten von über 200 km/h über Norddeutschland hinwegraste, waren weite Flächen wieder baumlos, denn die Kiefern fielen ganz einfach um oder wurden wie Streichhölzer abgeknickt. Dieser Orkan schuf die Grundlage für zwei weitere Katastrophen - nämlich die Brandkatastrophe von 1975 und die Ausbreitumg der Traubenkirsche (Prunus serotina).

Als Folge dieses Orkans fiel viel mehr Holz an, als man gebrauchen konnte und man schob insbesondere das wertlose Kopfholz in riesigen, endlos langen Wällen aufeinander, um die entwaldeten Flächen wieder aufzuforsten. Dabei hatte manb allerdings die Gefahr, die von diesen Wällen langfristig ausging, übersehen, denn 3 Jahre später war das hier drin entsorgte Holz völlig ausgetrocknet: im heißen und trockenen Sommer 1975 entpuppten sich die Holzwälle als gewaltige Zündschnüre, die dann dafür sorgten, dass die auf extrem trockenen Standorten stehenden Wälder rasch großflächig in Brand gerieten und man der Feuer insbesondere in der Lüneburger Heide bei Celle und Gifhorn sowie im Landkreis Lüchow-Dannenberg nicht mehr Herr wurde.

Um nicht noch einmal solche Brandkatastrophen zu erleben, begann man seitens der Forstverwaltungen mit der Anlage sogenannter Waldbrandschutzstreifen, an deren Rändern man die Späte Traubenkirsche (Prunus serotina) anpflanzte. Leider legte man hier die Grundlage einer neuen Katastrophe, denn bei diesem Gehölz handelt es sich um einen sogenannten Neophyten, der in Mitteleuropa praktisch keine natürlichen Feinde hat und sich nach der Anpflanzung ungehindert auszubreiten begann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Niccelausi, von Dir bekommt man immer wissenswerte Informationen!
Mein Mann war mal zu Kur in der Gegend und hat mir ein schönes Sagenbuch
mitgebracht: Sagen-Safari. ISBN 3-927851-61-2. Zweisprachig: Niederl./Dt.
Dort fand ich die Geschichte : Der Hirsch und die heilkräftige Quelle (im
Bentheimer Wald). Wenn Du sie nicht besitzt würde ich an dieser Stelle den
Text eingeben. Schöne Herbsttage wünscht aus dem Westfalenland Ulrike!
 
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