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Die letzte Glühbirne

Elfie

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Mit dem heutigen Tag ist die Glühbirne offiziell Geschichte.
Dieser Nachruf entstand schon 2009 in der Sommerloch-Schreibgruppe für die Anthologie: "Lichtblicke".

AUSGELEUCHTET

Nun ist es also so weit: die guten alten Glühbirnen haben ausgedient und die letzte ihrer Art soll entsorgt werden.
Im Museum.

Ist das nicht ungerecht? Allein schon ihre Form hatte etwas Schmeichelhaftes, Harmonisches. Rund ist eben immer schön. Auch andere Formen, die später dazukamen – Tropfen, Kerzen – sie alle hatten eine gewisse Poesie.
Was soll man mit diesem neuen Ding? Bis das Geschichte hat, ist es nur noch als Problemmüll im Gedächtnis.
Die alte aber, die hat Geschichte. Eine lange. Wer kann sich heute noch vorstellen, dass es fast als Wunder galt, einen Schalter zu drücken oder auch, wie in den Anfängen, zu drehen um damit einige Meter entfernt oder gar an der Decke Licht zu machen?

An Wunder gewöhnt man sich schnell. Nachdem es zur Selbstverständlichkeit geworden war, änderte sich auch bald Größe, Form und Farbe. Da ging es nicht mehr nur um Funktion, da ging es auch um Design, um phantastische Leuchtkörper, die jetzt unbrauchbar sind.
Einiges, wofür selbst noch eine durchgebrannte Glühbirne gute Dienste tat, ist ebenfalls längst ausgestorben: Socken stopfen zum Beispiel.
Gibt es eigentlich eine Statistik darüber, wie viele Millionen Ferkel die Glühbirne der Welt erblickten?
Wie viele Abermillionen Eier durch ihr Zutun den Hühnern das ganze Jahr über entlockt werden, indem sie Tag und Nacht und Jahreszeiten fälschen half?
Na gut, vielleicht schafft das auch die Neue, aber die verlängerte Dämmerung, die sie durch ihren zögerlichen Start erzeugt, wird schon ein paar Hennen irritieren! Wird es dann auch darüber eine Statistik geben? Das wäre doch eine interessante Sache. Ein Lobby-Matsch: Landwirtschaft gegen Industrie. Das würde einige Sommerlöcher füllen.
Doch es ist zu spät und keines ist so groß, dass nicht das Loch, welches dieses Industriedenkmal hinterlässt, um Vieles größer wäre.

Jetzt steht sie da in ihrem Glasschrank mit Alarmanlage.
In einigen Jahren werden Kinder, die sie anschauen, ungläubig fragen, wie denn da das Licht entstanden ist mit diesen paar Fäden im Glasbauch.
Bis dahin wird man auch wissen, wer von wem wie viel und überhaupt fällt doch selbst einem abgebrühten Geist nur unter besonderen Umständen ein, Gift für Umweltschutz einzusetzen.
Vielleicht liegt es aber auch nur an der langen abendländischen Tradition, den Teufel mit Beelzebub auszutreiben und so konnte man mit Quecksilber gegen den Klimawandel argumentieren.
Ja – die Traditionen: einige bringen ihre Schäfchen ins Trockene und die anderen stehen da wie die geschorenen der nämlichen Art mit diesen hässlichen Zapfen, die sie nicht einmal geschenkt haben wollten. Stattdessen zahlen sie den Strompreis, den dieses Unding die nächsten 10 Jahre angeblich einspart beim Kauf gleich dazu.
Geniale Idee, dafür gibt es sicher einen Super-Bonus.

Diese rund alte Dame verbraucht zu viel Strom, heißt es. Warum eigentlich sie?
Dreht sie sich selber auf? War es IHRE Idee, vom ursprünglichen Wunder, das den Menschen den Tag verlängern sollte ohne ihnen die Augen mit diffusem Geflacker und die Lungen mit Gas und Petroleumrückständen zu verderben, abzugehen und statt dessen die Nacht zum Tag zu machen?
Wollte SIE die Erde bis in den Weltraum beleuchten, sodass Zugvögel irritiert vom Himmel fallen und Schildkröten ihre Zukunft buchstäblich in den Sand setzen, weil sie ihre Eier zur Unzeit am falschen Ort vergraben, nachdem ihre Gene seit Urzeiten auf Vollmond und damit auf die Gezeiten ausgelegt sind?
Dagegen ist doch die Tatsache, dass der Mensch seine Hormone sabotiert und den Sternenhimmel nicht mehr sehen kann, noch das kleinste Übel.

All das kann die Letzte Glühbirne nicht mehr erschüttern. Sie träumt nur noch ihrer neuen Freiheit entgegen. Nie mehr in einer Fassung festgeschraubt sein und auf Knopfdruck funktionieren müssen.
Nie mehr sich fürchten müssen, getroffen zu werden und zu zersplittern, wenn Bälle oder gar Teller durchs Zimmer fliegen.
Jetzt kann sie sich bewundern lassen und wird mit jedem Jahr wertvoller.
Das können nicht viele ausgediente Gebrauchsgegenstände von sich sagen und schon gar nicht hat irgendein anderer eine so leuchtende Vergangenheit wie sie.
Ja – sie kann zufrieden sein, wenn der letzte Besucher das Museum verlassen hat.
 
Soeben im Fernsehen etwas zum Thema: Entsorgungsprobleme bei den neuen
quecksilberhaltigen "Glühbirnen". Giftige Dämpfe sind erwiesenermaßen
schädlich, trotzdem werden sie (die neuen Leuchtmittel) einfach in offenen
Behältern zerdeppert. Ist der Schaden vielleicht wieder einmal größer als der
Nutzen? - Ulrike
 
Ich habe schon vor einiger Zeit alle unsere Wohnbereiche von der Energiesparlampe (Kompaktleuchtstofflampe) befreit (im Karton zur Sondermüll-Sammelstelle gebracht) und würde jedem dringend raten, das auch zu tun.

Es ist ein wesentlich angenehmeres Wohngefühl ohne diese surrenden, quecksilberhaltigen, hochfrequenten, kurzlebigen und höchst gesundheitsschädlichen Dinge zu leben.

Als Ersatz verwenden wir zur Beleuchtung im Schlafbereich herkömmliche Glühlampen, in den Bädern Halogenbeleuchtung und für die längerfristigen Beleuchtungszwecke die allerneuesten LED-Lampen, die ein außerordentlich helles und durchaus sympathisches Licht erzeugen und dabei kaum Strom verbrauchen.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Ein weiterer Lesetipp für Menschen, die immer noch meinen, die Energiesparlampe (Kompaktleuchtstofflampe) und das in der Energiesparlampe enthaltene Quecksilber sei harmlos.

Der Goiania-Unfall in Brasilien im Jahr 1987 zeigt recht drastisch, wie eine Region nach einem zuerst harmlos aussehenden Nuklearunfall (Stufe 5 von 7) bis heute verseucht ist.

Trotz dieses Wissens, werden bei uns Millionen Kompaktleuchtstofflampen und Milliarden von schwermetallhältigen Knopfzellen, Batterien und Akkus in den Hausmüll gegeben.

Der Goiana-Unfall in einem lesenswerten Bericht von einestages.spiegel.de:

Nuklearkatastrophe in Brasilien
Verführt vom Schimmer des Todes


Wolfgang (SAGEN.at)
 
Liebe Elfie,

man möchte eine Glühbirne sein, oder irgend etwas zu unrecht ausrangiertes. Bloß, damit Du Partei ergreifst und so nachdrücklich vor Augen führst, wie gemein es ist, vom Wunder zum alten Eisen degradiert zu werden!

Ich mag Deine Texte, aber das weißt Du längst.
Stopfbirne, Ferkelgeburten und Hühnerirreführung - nur so kann man sich diesem Thema nähern, und tatsächlich Empathie erzeugen und nicht Langeweile.
Dein Blickwinkel geht, wie immer, ein bisschen um die Ecke... das mag ich. :vogel_kl:

liebe Grüße
:smi_blume
 
Liebes Hojeweible,

du machst mich ganz verlegen, trotzdem: :stolzbin:.
Danke dir :liab:.

Manche Verordnungen sind vielleicht so skurril, dass man nicht mehr grade denken kann. Oder: um die Ecke verliert die Angriffslust an Energie und der lesbare Rest kann sogar unterhalten :smi_mitha.

Liebe Grüße :smi_blume
 
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