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Eisenbahnen.
Die elektrische Lokomotive der Zukunft.
(Mit Abbildungen, Fig. 111 u. 112.)

Vor nicht langer Zeit hat Finanzminister Miquel im preußischen Abgeordnetenhause die Einführung des elektrischen Betriebes auf den preußischen Staatsbahnen als eine Eventualität bezeichnet, auf die man sich gefasst halten müsse; auf der Strecke Berlin-Wannsee ist gegenwärtig schon probeweise elektrischer Betrieb alternierend mit dem Dampfbetriebe in Funktion, und schließlich sehen wir je länger je mehr die elektrische Kraft in dem Betriebe von Straßen- und Lokalbahnen zur Herrschaft gelangen, kurz, wir befinden uns allem Anscheine nach näher vor einer grundstürzenden technischen und in der Folge auch wirtschaftlichen und sozialen Umwälzung unserer Verkehrseinrichtungen, als die Meisten ahnen. Da ist denn jede Erscheinung auf diesem Gebiete, welche uns jener Umwälzung näher zu bringen scheint, von besonderem Interesse.

Als eine der hervorragendsten Errungenschaften nach dieser Richtung hin ist die höchst eigenartige Lokomotive des Ingenieurs Heilmann anzusehen; wir haben dieselbe in der „V.-Z." No. 12, 1893 zwar schon einmal besprochen, kommen heute aber nochmals darauf zurück, weil sie inzwischen mehrfach verbessert worden ist.

Heilmann macht scheinbar einen Rückschritt bei der Konstruktion dieser Lokomotive, und zwar insofern, als dieselbe nicht einen reinen Elektromotor, der seine Kraft von einer elektrischen Zuleitung oder von mitgeführten Akkumulatoren erhält, darstellt, sondern sie arbeitet mit Dampfkraft und erzeugt auf diesem Wege Elektrizität, die sie dann erst als Zugkraft verwendet. Es ist also gleichsam ein Zwillingsgeschöpf, eine Dampflokomotive mit elektrischer Zugkraft. Der Erfinder, dessen Maschine schon mehrfach und längere Zeit dauernde Proben im Eisenbahndienst bestanden, hat durch die Tat bewiesen, dass seine Anlage vorteilhafter arbeitet, als eine solche, die Dampf allein verwendet. Es hat sich gezeigt, dass die von dem direkten Antrieb der Räder losgelöste Dampfmaschine sich mit dem Elektromotor vorteilhaft zu einer Energiequelle verbinden lässt, von welcher der Strom in einfachster Weise zu dem die Radachsen bewegenden Motor abgeleitet wird.

Unsere beistehende Zeichnung stellt die neueste Heilmann'sche Lokomotive in Ansicht (Fig. 112) und im Längsschnitt (Fig. 111) dar. Die erste Heilmann-Lokomotive „La fusée", die auch für die neueren Maschinen vorbildlich ist, besitzt 8 Paar Triebräder, von denen jedes Paar durch einen besonderen Motor seinen Antrieb empfängt. Sie baut sich aus zwei Wagengestellen mit je 4 Achsen auf. In der Mitte der Wagengestelle trägt eine Plattform, die auf Federn ruht, einen Dampfkessel, eine Dampf- und eine Dynamomaschine, die den notwendigen Strom für die Motoren entwickeln. Die größte Geschwindigkeit, die „La fusée", erreichte, sind 108 km in der Stunde. Sie entwickelt nicht weniger als 1350 HP, und während die gewöhnlichen Maschinen höchstens 140 To. ziehen, bewältigt sie, den Berichten der Prüfungskommission gemäß, leicht 300 To. mit einer Geschwindigkeit von 100 km in der Stunde. Auch durch die Form unterscheidet sich die Heilmann'sche Lokomotive vollständig von unseren bisher gebräuchlichen Maschinen. Die Vorteile des neuen Systems sind die vollständige Ausbalancierung der hin- und hergehenden Massen, die sonst bei einer Geschwindigkeit gefährliche Erschütterungen verursachen, und das sparsame Arbeiten der Dampfmaschine, die auch während der Haltezeiten Akkumulatoren für die Beleuchtung des Zuges und für vorübergehende Steigerungen der Geschwindigkeits-Erhöhungen laden kann. Trotz der bei den heutigen modernen Lokomotiven wegfallenden Umformung von mechanischer Kraft in Elektrizität und von dieser rückwärts in mechanische Kraft, was einen Verlust von nur 12% bedingen soll, liefert die Heilmann-Lokomotive mit derselben Kohlenmenge etwa das Dreifache Leistungen. Die neue Maschine ist allerdings doppelt so teuer wie die bisherigen. Sollten sich die auf die Maschine gesetzten Hoffnungen, und es scheint so, erfüllen, so würden wir einem weittragenden Umschwunge unserer Verkehrsverhältnisse entgegengehen.

Quelle: Uhland's Verkehrszeitung und industrielle Rundschau, 11. Jg., Nr. 27, 8. Juli 1897, S. 159.

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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Sehr interessantes Gerät! Hier gibt es noch etwas mehr Information darüber: (Admin: externer Link existiert nicht mehr)
 
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