• Willkommen im SAGEN.at-Forum und SAGEN.at-Fotogalerie.
    Forum zu Themen der Volkskunde, Kulturgeschichte, Regionalgeschichte, Technikgeschichte und vielem mehr - Fotogalerie für Dokumentar-Fotografie bis Fotogeschichte.
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst Du eigene Beiträge verfassen und eigene Fotos veröffentlichen.

Der Kreuzstein auf Roßladum ober Kortsch, Südtirol

SAGEN.at

Administrator
Teammitglied
Der Kreuzstein auf Roßladum ober Kortsch

Im Verzeichnis der Schalensteine von Kortsch bei Schlanders (s. Schlern 32, H. 1/2, S. 49) wurde ein mit einer Vertiefung und einem Kreuzzeichen versehener Steinblock vermerkt, der sich in der Umgebung der Altsiedlung „Roßladum" befindet. Dieser „Kreuzstein" verdient einige Beachtung, die vielleicht für die gesamte Schalensteinforschung bzw. für die Erforschung von Kreuzmalen auf Steinen von Wichtigkeit sein kann.

Das auf der ebenen Fläche des 50 cm hohen Steinblockes eingekerbte Kreuz in der Länge von 20 cm und von ungefähr 1 cm Tiefe erweckt den Eindruck eines Grenzzeichens, wie solche bei Gemeinde-, Wald-, Weide-, Hof- und Besitzgrenzen überhaupt üblich sind Dies kommt aber in unserem Falle bei näherem Zusehen weniger in Betracht, weil die Grenzmarch zwischen Kortsch und Schlanders seit ältester Zeit mit der von der Natur gezeichneten Talenge des Schlandernaunbaches einig geht und durch die üblichen Kreuzmale gekennzeichnet ist. Ob dieser Kreuzstein für Kultzwecke Verwendung fand, bleibt verborgen. Nach wiederholter Betrachtung taucht nun die Vermutung auf, dass es sich um ein altes „Orientierungszeichen“ handeln könnte, das aber erst nach der durch Brand erfolgten Zerstörung von Roßladum ausgemeißelt wurde. Es ist nämlich eigenartig, dass die Schattenlinie eines aufgestellten Stabes oder Senkels um 12 Uhr mittags ganz genau in den nord-südlich verlaufenden Balken einfällt, dementsprechend der zweite Balken wieder genau die Ost-West-Richtung vermittelt.

Dieser Mittagsmeridian durchzieht nördlich das Kortscher Jöchl, den Hof „Gsal“ (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Hof bei St. Peter ober Eyrs), berührt den Kreuzstein auf Roßladum (genau das Kreuz), verläuft südlich davon über die Kortscher Kirche und angenähert auch über die sagenhafte, durch Murbrüche zerstörte alte Pfarrkirche in Göflan bis zur Horizontgrenze auf dem Laaser Schartl.

Der Sage nach hat Göflan von der ganzen Umgebung zuerst das Christentum angenommen und wurde somit die Mutterpfarre für ein Gebiet, das von Prad bis Tschars und über das Schnalstal bis nach Vent im Ötztal gereicht haben soll. Heute noch bestehen für das Schlanderser Gebiet wirtschaftliche Bindungen und Weidegerechtigkeiten in Schnals, die auch zwangsläufig vermuten lassen, dass ein reger Verkehr über das Kortscher- und Taschljöchl bestand, der einen gut gangbaren Fernweg in dieser Nord-Süd-Richtung bedingte und besonders bei Schlechtwetter und im Winter gekennzeichnet werden mußte. Heute sind auch noch in Kortsch der sogenannte „Kirchsteig“ und der „Schafsteig“ bekannt, die beide ungefähr in der Umgebung von Roßladum verlaufen.

In der Annahme, dass Orientierungsmarken dieser Art nur an den Kreuzungsplätzen zweier Wege einigen Wert hatten, bemühte ich mich, in der nächsten Nähe der Steinplatte, die noch etwa 50 cm vom Boden absteht, nach einem Weg zu suchen, der in Ost-West-Richtung verläuft. Tatsächlich fand ich östlich und westlich von Roßladum die Baureste eines Straßenzuges von ungefähr 2 m Breite mit Steinsetzungen vor, die zwar stark verwachsen und fast unkennbar, doch deutlich als Weg erkennbar sind. Mit dieser Feststellung ist die Vermutung eines Orientierungszeichens auf einem Kreuzweg verbunden. Es handelt sich nun darum, durch weitere Vergleiche mit anderen Kreuzsteinen zu ermitteln, ob solche richtungweisende Zeichen in größerer Zahl vorhanden sind. So ist auf einer Stufe der alten St. Wallburgkirche in Göflan ebenso ein etwa 12 cm langes Kreuz eingekerbt, das die Richtung der vier Weltgegenden, wie auf Roßladum, angibt. Zur Schalensteinforschung sei noch erwähnt, dass sich auf dem alten Schlossweg zur Schlandersburg beim alten Schmiedhaus (heute Karl-Schönherrstraße Nr. 66) ein Bildstock befindet, der auf der Deckplatte der Nische vier gleichmäßig ausgerichtete Vertiefungen aufweist. Es wäre angebracht, alle Bildstöcke und Wegkapellen auf das Vorhandsensein von Schalen zu untersuchen.
Josef Pardeller

Quelle: Josef Pardeller, Der Kreuzstein auf Roßladum ober Kortsch, in: Der Schlern, Zeitschrift für Heimat- und Volkskunde, 32. Jahrgang 1958, S. 49 - 50.

Auch hierzu wären heutige Angaben und Fotos von Interesse.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Mir ist nicht bekannt, ob es ihn noch vor Ort gibt. Bei verschiedenen Besichtigungen habe ich jedenfalls keinen gesehen.
Auch der von Haller beschriebene Schalenstein (derselbe?) war für mich nicht mehr auffindbar.
Weitere Besuche meinerseits werden sicher folgen, vielleicht habe ich da mehr Glück.
 
Hallo Martin,

vielen Dank für Deine Nachforschungen!

Vielleicht ist Dir für weitere Arbeiten der andere Artikel von Josef Pardeller nützlich?

Die Schalensteine von Kortsch bei Schlanders

In der von Cav. Dr. Luis Wallnöfer gebrachten Aufstellung der Schalensteine im Vintschgau (s. Schlern, 20. Jg., S. 344) wird das Vorkommen einiger Schalensteine in Kortsch erwähnt, ohne deren Anzahl und Lage anzugeben.

Gelegentlich eines längeren Aufenthaltes in der dortigen Gegend war ich nun bemüht, diese Schalensteine zu erfassen, vornehmlich deshalb, weil die Gefahr einer gänzlichen Beseitigung durch die rege Bautätigkeit
besteht.

Für Kortsch bemerkenswert ist die große Anzahl der vorhandenen Steine, von denen mehrere nicht nur im freien Gelände herumliegen, sondern auch innerhalb der Wohnstätten und sogar als Werkstücke Verwendung fanden. Weiter sind diese Kultmale hauptsächlich um zwei Verkehrswege gruppiert, von denen der eine als "Kirchsteig" über Zwiesbühel — Georgenbühel — Schatzknott in das "Unterdorf", der andere über den sogenannten "Schafsteig" in das "Mitterdorf" einmündet.

Die nachfolgende Zusammenstellung ergibt 23 bisher ermittelte Steine, die wohl nicht alle als eigentliche "Schalensteine" bewertet werden können, da einige wahrscheinlich ihren Ursprung nur baulichen Zwecken verdanken. Verschiedentlich kann man nämlich beobachten, daß bei alten Stadel- und Wegtoren an Stelle der heutigen eisernen Türkegel als Auflager der Torsäulen Steine benutzt wurden, die, infolge ihres langen Gebrauches ausgerieben und nach Entfernung zwecklos beiseite gelegt, heute als Schalensteine bewundert werden (z. B. am Stiegenaufgang des Hauses Nr. 3).

Andere wieder mögen nur aus einer spielerischen Tätigkeit entstanden sein. In Kortsch handelt es sich meist nur um Steine mit kleinen, meist verwitterten und ausgetretenen Vertiefungen. Der Vollständigkeit
halber führe ich alle an:

1. Haus Nr. 3. Stein 55 X 40 X 20 mit einer Schale am Stiegenaufgang (Torunterlage?).
2. Haus Nr. 3. Stein 35 X 40 X 15 mit einer Schale am Stiegenaufgang (Torunterlage?).
3. Haus Nr. 9. Steinplatte 40 X 40 X 15 mit einer Schale am Boden, hervorstehend eingemauert (offensichtlich eine Torunterlage).
4. Haus Nr. 9. Steinplatte 30 X 55 X 15 mit einer rechteckigen Vertiefung zirka 20 X 14 X 6 (wahrscheinlich nur ein Tränktröglein).
5. Haus Nr. 13. Steinplatte in Dreieckform 40 X 40 X 15 mit einer Schale (Torunterlage), auf einem Steinhaufen.
G. Haus Nr. 16. Steinplatte 100 X 70 X 30 mit einer Schale, vor dem Haus neben dem Weg.
7. Haus Nr. 17. Stein 40 X 30 X 10 mit einer Schale, neben dem Weg (Torauflage?).
8. Haus Nr. 18. Große Steinplatte im Haus, am Eingang zum Keller, mit einer Schale.
9. Haus Nr. 18. Im ersten Stock im Hausgang gemauerte Fenstereinfassung, zwei Steinsitze, die Fensterbank Marmorplatte mit drei Schalen.
10. Haus Nr. 27. Steinblock vor dem Haus 100 X 85 X 50 mit acht Schalen.
11. Haus Nr. 39. Angeblich wurde dort bei der Grundaushebung für einen Zubau eine große Steinplatte aufgedeckt, die neben sieben Schalen noch ein Kreuz eingemeißelt hatte; sie wurde zerschlagen und entfernt.
12. Haus Nr. 49. Steinplatte unter der Mistlege mit vier oder fünf Schalen (nach Mitteilung des Besitzers vom Gungghof).
13. Haus Nr. 62. Marmorplatte im Hausgang 80 X 80 mit zwei Schalen und ausgetretenen Rillen.
14. Haus Nr. 63. Steinblock 90 X 60 X 25 mit drei Schalen vor dem Haus.
15. Haus Nr. 65. Steinplatte 260 X ? X 15, aufstehend mit einer Schale.
16. Haus Nr. 74. Steinblock 80 X 50 X 40 mit zwei viereckig ausgearbeiteten Vertiefungen vor dem Stadel.
17. Haus Nr. 74. Steinplatte 200 X 6 X 60 mit acht ausgetretenen Schalen am Stiegenaufgang.
18. Steinblock, Naturfelsen, eine "rechteckige" Schale 20 X 6 X 6, am oberen Eingang zum Schatzknott.
19. Steinblock, unregelmäßig, mit Schale und Kreuz neben der Altsiedlung Roßladum.
20. Steinblock 190 X 70 X 40 mit Kreuz und Buchstaben i F neben dem Bildstock auf dem Zwiesbühel. Die Buchstaben sind aus späterer Zeit.
21. Auf Gsal Steinplatte mit Schale vor der Haustür.
22. Auf Gsal Steinplatte mit Schale vor der Stalltür.
23. Am Bildstock auf der "Lahn" in Kortsch Marmorplatte mit drei Schalen.

Eine andere Gruppe von Schalensteinen, die besonders in Kortsch auffallen, sind 30 bis 40, aus weißem Marmor gefertigte Steine
mit einem Durchmesser von ungefähr 30 bis 40 cm und einer Tiefe von 6 bis 8 cm, die heute als Tränktröge für das Federvieh benützt werden. Da diese Steine aus Marmor sind, ist der Zweck nicht recht erklärbar, obwohl einige davon, mit einer Rille und einem Loch versehen, unzweifelhaft zur Unterlage für Bienenstöcke verwendet wurden. Die übrigen mögen früher als Weihwasserbecken auf dem Friedhof gedient haben; heute sind dort allerdings keine mehr zu sehen.

Bei der Betrachtung der Schalensteine Nr. 10 und Nr. 17 ist mir eine gewisse Ähnlichkeit in der Anordnung der Näpfchen aufgefallen, die auch annähernd einer bildlichen Darstellung der in der Umgebung von
Kortsch befindlichen Siedlungen aus der frühgeschichtlichen Zeit gleicht; dies mag Zufall sein, doch habe ich mich bemüht, irgendwo einen Schalenstein zu finden, der auch diese Ähnlichkeit aufweist. Nun berichtet
Cav. Dr. Luis Wallnöfer (Schlern, 20. Jg., S. 311 unter Nr. 19) und Dr. Franz Haller (Schlern, 21. Jg., S. 368) von einem solchen in der Nähe von Schluderns auf dem Runggerbödele, der die sieben Schalen in der Anordnung des Sternbildes "Großer Bär" eingeprägt hat. Betrachten wir von diesem Lagerplatz aus die Umgebung, so finden wir da eine ähnliche Anordnung des Siedelgebietes um Mals: die Altstätte um Fürstenburg (oder Kastellatz), Malettes (bei Mals), den Tartscherbühel, die Churburg,
das Ganglegg, das Kitzegg und den Standort des Schalensteines auf dem Runggerbödele.

Diese sieben Siedlungen ergeben bildlich dargestellt das Sternbild des großen Bären und zugleich auch die Anordnung der Vertiefungen im Schalenstein auf dem Runggerbödele.

Jedenfalls ist diese Beobachtung bemerkenswert.
Josef Pardeller

Quelle: Josef Pardeller, Die Schalensteine von Kortsch bei Schlanders, in: Der Schlern, 32. Jahrgang, 1958, S. 49 - 50.


Wolfgang (SAGEN.at)
 
Zurück
Oben