
Wer von Euch hat den ziemlich beeindruckenden bzw. erschütternden Dokumentar-Film "Darwin's Nightmare" (Darwins Alptraum) von Hubert Sauper gesehen?
Es handelt sich um eine dramatische und schockierende Reportage um den Victoria See, den zweitgrößten Süßwassersee der Welt, der ökologisch am Umkippen ist. Zudem wurden im Victoria See Nilbarsche ausgesetzt, die binnen kürzester Zeit einen Großteil der 400 anderen Fischarten vernichteten.
Täglich fliegen Cargo-Flugzeuge in die Region nach Tansania und liefern täglich auch gegen Waffen 500 Tonnen (!) Fischfilets in die EU - aus Ländern in denen Hungersnot herrscht! Lediglich die Fischabfälle (Gräten) bleiben der Bevölkerung als Nahrungsmittel.
Diesen katastrophalen Kreislauf unterstützen EU-Bürger durch den Kauf von:
Rotbarsch, Heilbutt, Seehecht, Hoki, Scholle, Seezunge, Lachs, Tunfisch, Schwertfisch, Kabeljau, Schellfisch, Wittling, Haie, Leng, Blauleng, Granatbarsch, Shrimps, Tiefseegarnelen, Flussaal, Viktoriabarsch, Zander, Nordseegarnele ('Krabben'), Miesmuschel, Sardine, Sardelle, Tintenfisch ('Kalmar'), Forelle, Goldbrasse, Wolfsbarsch, Alaska-Seelachs (Info von Greenpeace).
Es bleibt zu hoffen, dass der Film von Hubert Sauper den wohl-verdienten Oscar auch bekommt.
Dennoch ein paar Anmerkungen:
- mich hat es gestört, wie aufdringlich Sauper nach den Waffenlieferungen fragt. Nach meiner Einschätzung hätte er dezenter fragen sollen, bzw die Leute länger reden lassen. In der seriösen Erzählforschung bohrt man nicht so aufdringlich bei Leuten nach, die schon dreimal gesagt haben sie wissen nichts von Waffen, wie etwa die Kinder oder die Frauen. Zudem bringt Sauper nicht die Spur eines Beweises, der einzige Hinweis auf Waffen sind seine ständigen Fragen im Film.
Es stört mich, warum er als Gegengewicht zu den Aussagen nie das Ausladen der Flugzeuge am Flughafen Mwanza zeigt? Hier ist ein Vakuum zwischen Behauptung und Dokumentarfilm. Es hätte doch möglich sein müssen, mit der Kamera zumindest an der Strasse zu stehen, um LKW's zu zeigen.
(Soweit ich das aus der Ferne betrachten kann, gibt es nur einen Hinweis auf eine Waffenlieferung am Mwanza-Airport am 5. Oktober 2001. Das schließt aber keinesfalls aus, dass die Waffenlieferungen der EU an anderen Flughäfen in Afrika ausgeladen werden).
- der Kameraschwenk bei der Pressekonferenz der EU-Vertreter über deren Erfolge im Fisch-Handel über deren Rolex-Uhren am Handgelenk auf die Straße, wo die Menschen die Fisch-Gräten auf der Straße auflesen, gehört zum Besten (und Schrecklichsten), was jemals filmisch dokumentiert wurde.
- die Behauptung des Flughafen-Leiters, die Flugzeuge wegen defekter Funkgeräte mit der Taschenlampe einzuweisen ist nach meiner Einschätzung nicht glaubhaft. Ich kann mir bei besten Willen nicht vorstellen, dass ein Cargo-Flugzeug über die Blechhütte braust und der Pilot erkennt, ob die Taschenlampe rot, gelb oder grün leuchtet.
- offenkundig herrscht bei russischen Piloten keine Promille-Grenze, dennoch sollte der Regisseur bei Gesprächen mit viel Vodka diese Flaschen auch dokumentarisch im Bild lassen (Schlussaussage des Kapitäns).
- die im obigen Poster verwendete Aufnahme der großen Fische kommt auch im Film vor, in hervorragender filmischer Farbkomposition. Um was es sich bei den apokalyptischen Szenen handelt, ist aber unklar?
Wolfgang (SAGEN.at)
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