• Willkommen im SAGEN.at-Forum und SAGEN.at-Fotogalerie.
    Forum zu Themen der Volkskunde, Kulturgeschichte, Regionalgeschichte, Technikgeschichte und vielem mehr - Fotogalerie für Dokumentar-Fotografie bis Fotogeschichte.
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst Du eigene Beiträge verfassen und eigene Fotos veröffentlichen.

Bilddatenbanken - Datensicherung

Dresdner

Active member
Wenn ich mir die Bildergalerie von sagen.at anschaue, gibt es viele Nutzer dieses Forums, die eine Unmenge von Bilddateien zur Verfügung haben.
Ich habe vor einigen Monaten den "GAU" jedes PC-Nutzers erlebt, einen Festplattencrash. Zum Glück waren die Bilddatenbanken auf anderen Datenträgern noch vorhanden.
Ich habe mit CDs, dann DVDs angefangen - jedoch ist deren Haltbarkeit sehr begrenzt und Änderungen in der Datenbankstruktur erfordern die Herstellung immer wieder neuer Datenträger.
Derzeit sind meine Bilddaten neben der PC-Festplatte auf zwei externen und voneinander unabhängigen Festplatten gespeichert, d. h. alle Dateien sind 3fach vorhanden.
Zum Abgleich nutze ich das Programm SyncBack.
Wie sichert ihr eure privaten Bilddaten vor einem Verlust? Nutzt ihr Onlinespeichermöglichkeiten? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?
Dresdner
 
ich hab ne externe festplatte ausschließlich für die bilder. (zur zeit gefüllt mit 63,3 GB)
und zusätzlich hab ich bei magix und flickr online-fotoalben angelegt.
alles liebe, sonja
 
Jede Festplatte gibt irgendwann den Geist auf.

Um Datenverlust gerade bei Fotos (die sind unwiederbringlich) zu vermeiden, sichere ich sie, wie gesagt, doppelt.

Alle anderen Daten sichere ich nur einmal pro Monat auf eine eigene externe Platte und gleiche PC und Laptop ab. Ein Datenverlust sollte so auch kaum passieren.
 
Hallo Dresdner,

eine sehr interessante und wichtige Frage!
CD's und DVD's nutze ich nicht, das ist zum einen zu aufwändig, zum anderen auch keine langfristige Sicherheit.

Ich benutze zur Datensicherung von Fotos drei externe Festplatten von einem bekannten Markenhersteller, gegenseitig gespiegelt.

Meine eigenen Buchmanuskripte und ähnlich zeitaufwändige Daten liegen bei einem professionellem Unternehmen auf Band, zumindest bis das Buch erschienen ist. Detto sind auch alle Datenbanken von SAGEN.at auf Band gesichert.

Zum Thema Festplattencrash: die Preise für Reinraum-Recovery sind zwischenzeitlich auf ein Niveau gefallen, dass bei uns auf der Uni sowohl von Wissenschaftlern als auch Studenten in extremen Härtefällen eine darauf seit vielen Jahren spezialisierte Wiener Firma gelegentlich genutzt wird, die hervorragende Datenwiederherstellung bringt. Die Preise für Datenwiederherstellung liegen in etwa bei einem durchschnittlichen Monatsgehalt, was aber in der Regel bei unwiederbringlichen Daten durchaus trotzdem lohnenswert ist.

Doch sind alle "magnetischen" Lösungen sicher keine Zukunftsperspektiven - darüber müssen wir uns völlig klar sein. Lauert doch neben der Kurzlebigkeit der Datenspeicherung noch ein wesentlich größerer Feind: die Inkompatibilität der Daten:

Wenn es ein propriätäres Softwareprodukt wie Microsoft Word tatsächlich auch bei völligem Benutzerbewusstsein schafft - was mir persönlich im übrigen total rätselhaft ist... - nicht einmal mit diesem Produkt angelegte Daten in der nächsten Version zu öffnen, dann bin ich nicht sicher, was die Menschheit wirklich will?
Wer also eine Word-Datei aus dem Jahr 1988 mit Word 2007 zu öffnen versucht, oder eine Access-Datei aus dem Jahr 2001 mit der aktuellen Version, dann nur Zeichen sieht, wohingegen Hieroglyphen leichter deutbar sind und dann noch 400 Euro für dieses Produkt bezahlt ohne überhaupt jeglichen Support zu bekommen - naja, da ist dann der Punkt erreicht, wo ich die Welt nicht mehr verstehe... :confused:

Zurück zur Datensicherung:
Der erste, der es schafft, Benutzer-Daten in holographischer Struktur (oder möglicherweise auch in kristallischer Struktur) zu härten, wird mit Sicherheit zu den reichsten und bekanntesten Helden des 21. Jahrhunderts!

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Also ich (unter uns gesagt nicht nur ich :floet: :Fluester:

habe vor 2,5 Jahren den Super-Gau erlebt....

die PC-Festplatte ist eingegangen und 5 Tage später ist der Rechner mit der Sicherungsfestplatte eingegangen... das war einfach "sagenhaft" :autor_2:

Berit
 
Die einzige Möglichkeit Daten langfristig zu sichern scheint wirklich die Mikroverfilmung und Aufbewahrung wie im "Zentralen Bergungsort der BRD" in Oberried zu sein. Eine Möglichkeit nicht für Privatpersonen, sondern für das Gedächtnis eines ganzen Volkes.

Die Neue Züricher Zeitung schrieb dazu schon im September 2002 folgenden hochinteressanten Artikel:

In einem stillgelegten Bergwerksschacht im süddeutschen Oberried werden seit 1972 Mikrofilmphotographien von bedeutenden Dokumenten aus der deutschen Kulturgeschichte eingelagert. Das kulturelle Gedächtnis der Nation steht zwar unter dem Schutz der Haager Konvention zur Sicherung von Kulturgütern in Friedens- und Kriegszeiten, doch die Konservierung der Vergangenheit hat konzeptionelle Tücken.

Die Gegenwart kenne ich nur aus dem Fernsehen, über das Mittelalter habe ich Kenntnis aus erster Hand.

Umberto Eco

Oberried, 15 Kilometer südöstlich von Freiburg: Hier, in der badischen Provinz, wird das kulturelle und politische Vermächtnis der deutschen Nation verwahrt. Wo früher Silber geschürft wurde, lagern heute in einem stillgelegten Bergwerksschacht gegen 600 Millionen Mikrofilmphotographien, auf denen bekannte und unbekannte Dokumente deutscher Geschichte gespeichert sind: in Edelstahlcontainern verpackt, geschützt vor saurem Regen und radioaktiver Strahlung.

Nadelwald, wohin man blickt, die Sonne brennt. Der 1284 Meter hohe Schauinsland ist bei Wanderern und Mountainbikern als idyllisches Ausflugsziel beliebt. Bis Anfang der neunziger Jahre wussten nur wenige, dass sich im Schwarzwald eine Einlagerungsstätte für unwiederbringliche Dokumente befindet. 1972 wurde mit dem Stollenausbau begonnen, knapp drei Jahre später trafen die ersten Mikrofilmbehälter ein. Unter strikter Geheimhaltung gegenüber den Medien. In der Bevölkerung begannen Gerüchte zu kursieren. Von Munitionseinlagerungen war die Rede und von einer versteckten militärischen Befehlsstelle. Die ganze Angelegenheit sei wie eine geheime Kommandosache betrieben worden, sagt Oberrieds Bürgermeister Franz-Josef Winterhalter, «nicht einmal die Gemeindebehörde wurde davon unterrichtet. In der Zeit des Kalten Krieges war man nicht darauf erpicht, die Dinge einer grösseren Öffentlichkeit mitzuteilen. Das hat sich geändert. Seit der Wende 1989 geht man mit den Dingen etwas öffentlichkeitsbewusster um. Mittlerweile sind die Bürger auch stolz darauf, einen Kulturschatz in ihrer Mitte zu haben.»
Schutz in Kriegszeiten

Auf die Nutzung des Stollens weist heute lediglich ein oberhalb des Zugangs angebrachtes Schild hin. Es zeigt drei nach unten spitz zulaufende Embleme in den Farben Ultramarin und Weiss. Damit ist ausgewiesen, dass hier Kulturgut lagert, das gemäss der Haager Konvention in bewaffneten Konflikten unter Sonderschutz steht.

Feuchte, kühle Luft schlägt dem Besucher durch das vergitterte Eingangstor entgegen. Dahinter frisst sich ein dunkler Tunnel in den Berg. Der Boden des Stollens ist betoniert, die Wände sind geweisst. Die Temperatur beträgt bis zu 10 Grad Celsius. Sommer wie Winter. Die relative Luftfeuchtigkeit liegt bei durchschnittlich 75 Prozent. Drei- bis viermal im Jahr herrscht hier geschäftiges Treiben. Dann werden rätselhafte Metallzylinder angeliefert und verschwinden im Berg. Unter der schützenden Schicht von einigen hundert Metern Granit liegt der «Barbara-Stollen». Gesamtlänge: etwa 850 Meter. Davon sind 450 Meter ausgebaut. Parallel zum Hauptstollen verlaufen die beiden Lagerstollen, gesichert durch grosse Stahltüren mit Zahlenkombinationsschloss.

Was aber wird im Stollen überhaupt gelagert? Kunstwerke? Bücher? Baupläne? Urkunden? Erstaunt erfahren wir: Mikrofilme. Seit 1960 wird in der Bundesrepublik die Sicherungsverfilmung von Archivalien durchgeführt. Darunter fallen schriftliche oder grafische Zeugnisse deutscher Geschichte, die nur als Original, das heisst in einem einzigen Exemplar, existieren. Die Vernichtung solcher Unikate würde einen unwiederbringlichen Verlust bedeuten. Der offizielle Beispielkatalog verfilmter Archivalien zählt folgende schützenswerte Dokumente auf: die Baupläne des Kölner Doms, die Bannandrohungsbulle von Papst Leo X. gegen Martin Luther, ein eigenhändiges Schreiben von Voltaire an Herzog Karl Eugen von Württemberg, den Vertragstext des Westfälischen Friedens oder das Protokoll der Wannsee- Konferenz.

Die Literaturwissenschafterin und Gedächtnisforscherin Aleida Assmann bezeichnet diese Form der Archivierung als eine Flaschenpost an die Zukunft: «Zieht man etwa eine nukleare Katastrophe in Betracht, die alles Leben, alle Kultur auslöscht, erweist sich die Archivierung als ein total futuristisches Unternehmen, weil sich diese Kommunikation an eine postkulturelle oder posthumane Nachwelt richtet, von der wir uns überhaupt nicht vorstellen können, wie sie aussieht. Auf der anderen Seite ist der ‹Barbara-Stollen› nichts anderes als ein Bilder- oder Datenarchiv, und es geht eben nicht um die Sicherung des Kulturerbes selbst, denn die materiellen Objekte können ja nur in Museen und Archiven ausgestellt werden oder, wenn es sich um Immobilien handelt, von den Denkmalpflegern versorgt werden.»

Die Entscheidung, was in der Bundesrepublik verfilmt wird, treffen die Archivverwaltungen des Bundes und der Länder. Die Richtlinien für den Schutz von Kulturgütern schreiben einen «repräsentativen Querschnitt in zeitlicher, regionaler und sachlicher Hinsicht» vor. Eine äusserst unpräzise Beschreibung für die Praxis. «Die Formulierung ist nicht umsonst allgemein gehalten worden, weil sich Archivgut vom Inhalt her nur schwer normieren lässt. Vorschriften sind dazu da, um flexibel gehandhabt zu werden», sagt Uwe Schaper, stellvertretender Direktor des Brandenburgischen Landeshauptarchivs in Potsdam und zuständig für die Sicherungsverfilmung: «Wir picken uns aus den Jahrhunderten Dokumente mit überregionalem Interesse heraus und versuchen, diesen Querschnitt zu bestimmen - unabhängig von privaten Vorlieben oder historischen Interessen.»
Methodische Probleme

15 Jahre sind jene Vorschriften alt, auf deren Grundlage codierte Archivalien dem Schauinsland anvertraut werden. Seitdem haben in der Geschichtswissenschaft bedeutende Veränderungen stattgefunden. Zum Beispiel in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Vermehrt sammeln Historiker mündliche Zeugnisse von überlebenden Opfern des NS-Regimes - in der Hoffnung, unser historisches Wissen durch solche Berichte zu erweitern. Die Verfolgung der europäischen Juden wird dabei nicht mehr als blosse Abfolge staatlicher Massnahmen interpretiert. Vielmehr werden die Aussagen von Opfern, Tätern und Zeitzeugen zur Quelle der Geschichte. Ziel ist es, die alltägliche Gewalt des Antisemitismus zu begreifen.

Die Ergebnisse dieser mündlich erzählten Geschichte verweisen auf ein methodisches Problem des Kulturgutschutzes: Von den zuständigen Kommissionen wird ein Archivbegriff gepflegt, der sich ausschliesslich am Staat orientiert. Das heisst, was der Staat, was seine Repräsentanten und Behörden nicht selbst archivalisch produziert und erfasst haben, bleibt draussen vor dem Stollen. Gleiches gilt für die biographischen Interviews der oral history, für private Archive, Bibliotheken und Sammlungen. Weder das Fritz-Bauer- Institut in Frankfurt am Main, das sich mit Geschichte und Wirkung des Holocausts beschäftigt, ist im Oberrieder Stollen vertreten noch das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg, das Geschichte und Kultur, Kunst und Literatur aus dem deutschen Sprachraum erforscht. Ebenso wenig hat man die renommierte, 1572 gegründete Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel berücksichtigt, die seinerzeit als die grösste europäische Büchersammlung galt und als achtes Weltwunder gefeiert wurde. Lässt sich da überhaupt von einem «repräsentativen Querschnitt» sprechen?

Es gebe ein Umdenken, entgegnet Uwe Schaper. Aus der historiographischen Tradition heraus habe man zuerst die Dokumente staatlicher Archive verfilmt. Das ändere sich aber seit einigen Jahren: «Wir ergänzen unsere Bestände durch Zeitungen, Nachlässe, durch andere Sammlungen und Privatarchive. Wir wissen natürlich auch, dass die Unterlagen, die die staatliche Verwaltung produziert hat, nur ein Teil der Wirklichkeit widerspiegeln. Die Bandbreite dessen, was im Stollen eingelagert wird, hat sich wesentlich erhöht.» - Dennoch mute die Gesellschaft allein den Archivaren die Entscheidung darüber zu, was zukünftigen Historikern als relevant erscheinen könnte, um eine Rekonstruktion der Vergangenheit vorzunehmen. Aus Sicht der Gedächtnisforschung hält Aleida Assmann «das für völlig absurd. Das ist eine Frage, die man ihnen nicht allein überlassen sollte. In einer demokratischen Gesellschaft müssten die Auswahlkriterien Gegenstand einer öffentlichen Debatte sein.»

Das gilt auch für den Erkenntniswert und die Aussagekraft von Dokumenten des Ministeriums für Staatssicherheit. In Kürze soll das Archiv des Ostberliner Aufbau-Verlages sicherungsverfilmt und im «Barbara-Stollen» eingelagert werden. Darin sind eine Vielzahl von Spitzelberichten und Stasi-Dokumenten enthalten, in denen ein ganz eigentümlich begrenzter Blick auf die Wirklichkeit zu beobachten ist: Das Volk wird in der Stasi-Perspektive zur Masse, die der Führung bedarf. In diesem Blickwinkel verschwindet das Individuum. Und obwohl die Stasi-Akten eine Fülle an persönlichen Daten, Fakten und Meinungen festhalten, interessiert der einzelne Mensch die Staatssicherheit nie wirklich. Niemals wird nach den Motiven von Menschen gefragt. Aber ist es dann nicht problematisch, von den Akten der Staatssicherheit auf die gesellschaftliche Wirklichkeit der DDR zu schliessen? Ist nicht zu befürchten, mit den Spitzel- und Observationsberichten jenes Freund-Feind-Bild fortzuführen und damit die Stasi-Welt gerade im erklärten Willen, sie aufzuarbeiten, wieder auferstehen zu lassen?

Solche Fragen verweisen auch auf die Kontroverse zwischen Ereignisgeschichte und Strukturgeschichtsschreibung. Im Gegensatz zur traditionellen Historiographie haben sich zahlreiche Wissenschafter verstärkt mit Mentalitäten auseinandergesetzt, mit Geschlechterverhältnissen und sozialen Machtstrukturen. Nicht mehr die Erforschung sich rasch aufeinander folgender Ereignisse wurde von ihnen in den Vordergrund gerückt, sondern die Geschichte der sich nur allmählich wandelnden sozialen, kulturellen und ökonomischen Strukturen. Ausgehend von der Tatsache, dass es nicht die eine, sondern viele «Geschichten» gibt. Besteht da nicht beim «Zentralen Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland» die Gefahr eines reduktionistischen, ausschliesslich ereignisgeschichtlichen Zugriffs auf die Vergangenheit? «Ich glaube nicht», hält Uwe Schaper entgegen, «schliesslich gibt es eine Vielzahl von Personen in den Archivverwaltungen, die mit unterschiedlicher Vorbildung und aus verschiedenen Traditionen kommen.»
Sisyphusarbeit

Seit der Aufklärung, seit Denis Diderot, gehört es zur Philosophie der «Encyclopédie», möglichst «alles zu sagen». In diesem «Alles» steckt das ganze Konzept - und seine ganze Problematik, auch was die Sicherungsverfilmung deutschen Kulturgutes betrifft. Unwiederbringliches Schriftgut zu dokumentieren, das heisst ja, mehr als nur ein einzelnes Flugblatt der deutschen Arbeiterbewegung zu verfilmen, das Bismarck'sche Sozialistengesetz, die Krönungsurkunde Ottos des Grossen oder ein Pamphlet deutscher Suffragetten. Denn der Anspruch des Archivs impliziert, dass man nichts sagt, wenn man nicht alles gesagt hat. Doch verkommt die Sicherungsverfilmung für den «Barbara-Stollen» angesichts der Dokumentationsflut staatlicher Organe nicht zur Sisyphusarbeit? Muss man da als Archivar nicht verzweifeln? «Als Archivar lernen Sie, mit der eigenen Endlichkeit zu leben», sagt Schaper. «Wir können nicht alles hinterlassen. Wobei die Frage auch lauten kann: Müssen wir unseren Nachfolgern alles hinterlassen?»

Dass nicht alles hinterlassen wird, um ins kollektive Gedächtnis einzugehen, dafür sorgt die Gattung Mensch schon seit Jahrhunderten auf die ihr eigene Weise: Die um 300 v. Chr. gegründete Bibliothek von Alexandria galt als bedeutendste und älteste öffentliche Bibliothek. Hier, wo die Systematisierung des Wissens begann, hat auch die Besessenheit selbsternannter Feuerwerker ihren Ursprungsort: Während des römischen Bürgerkrieges geht die grosse Alexandrinische Bibliothek mit ihren 700 000 Buchrollen in Flammen auf. Mit dem Brand der grössten Bibliothek der Antike steht Alexandria als Synonym universaler Gelehrsamkeit und zugleich als Chiffre für deren Zerstörung. - Bibliotheken waren und sind beliebte Ziele der Artillerie, von Kulturverächtern, Bilderstürmern und politischen Fanatikern. Bis heute schwebt der Geruch verbrannter Literatur über den Archiven des Wissens. Sarajewo 1992: In der Nationalbibliothek werden drei Millionen Bücher und Handschriften aufbewahrt. Niedergeschrieben in der bosnischen, kroatischen und serbischen Sprache. Ebenso berühmt sind die Quellen der jüdischen Gemeinde, die von einer reichen sephardischen Tradition erzählen. Nach den Angriffen der jugoslawischen Armee werden das Gebäude und fast der gesamte Bestand der Nationalbibliothek vernichtet.

Zurück in den «Barbara-Stollen». Nach einem halben Kilometer im gut beleuchteten und belüfteten Hauptstollen heisst es, links abzubiegen. Wir stossen auf eine kleine Einbuchtung. Dort befinden sich parallel zum Hauptstollen und durch Drucktüren gesichert die beiden je 50 Meter langen Lagerstollen. Hier wird das Filmmaterial in luftdichten Edelstahlbehältern verwahrt. Durch vorherige Klimatisierung hat man ein staub- und schadstofffreies Mikroklima erzeugt, das dem Filmmaterial eine Lagerfähigkeit von mindestens 500 Jahren garantiert. Über 1400 Edelstahlbehälter werden in doppelstöckigen Regalen gelagert.

Die ungeheure Datenmasse, die täglich produziert wird, mache es unmöglich, einen herkömmlichen Begriff von Gedächtnis und Erinnerung beizubehalten, schreibt der Literaturwissenschafter Manfred Schneider. «Im Grund halten wir an dem Begriff der Geschichte heute als einer historisch gewordenen Unmöglichkeit fest. Nicht weil es keine Zeit und keine Ereignisse mehr gäbe, sondern weil die Datenmasse, die die Zeit auswirft, alle Kategorien von Narration, das ist ja Geschichte, sprengt.»

Erst in diesem Kontext lassen sich die unaufhörlichen Aufforderungen von Wissenschaftern, Pädagogen und Politikern verstehen, dem Vergessen Einhalt zu gebieten, dem zunehmenden Verlust unserer kulturellen Fähigkeiten entgegenzuwirken. Die Sorge um das Gedächtnis ist modern und hat bereits mit dem Siegeszug der Druckschrift begonnen. Seitdem sind die Speichertechnologien immer leistungsfähiger geworden. Allein auf der Festplatte eines gewöhnlichen Heimcomputers lässt sich eine kleine Hausbibliothek mühelos speichern. Gewaltige Archive sind entstanden. Heute gilt ihre Existenz als ein probates Mittel gegen den historischen Analphabetismus. Insofern lassen sich auch die Anstrengungen verstehen, das nationale Kulturgut zu bewahren.

Dabei gleicht das archivarische Überlieferungsbedürfnis einer gigantischen Wissensmaschine. Aber indem sich der Fokus auf bestimmte Ereignisse, Dokumente und Überlieferungen richtet, bleiben andere im Dunkeln. Das Archiv ist selbst Teil einer Entwicklung, vor der ihre Verwalter warnen. Und sie gehören mit zu jenen Mächten, die das Erinnern und das Vergessen regulieren. Dabei spiegelt der «Zentrale Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland» ein allgemeines Phänomen moderner Gedächtnisbildung wider: Der Effekt des Erinnerns ist das Vergessen.

Michael Marek, geboren 1960, lebt als freier Autor und Politologe in Hamburg.
.

Dresdner
 
Ich sichere meine Daten sicherungsmässig auf mittlerweile 5 externen Festplatten (5TB), je 2 mal.
Zusätzlich sichere ich auf CD bzw DVD.
Bei CD's habe ich mittlerweile 15 Jahre und auf DVD ca. 8 Jahre alte Datenträger, die immer noch intakt sind. Bei DVD's hat sich speziell die
Marke Verbatim als äusserst datensicher erwiesen.
 
Zurück
Oben