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Besuch bei Natives in Canada

Rabenweib

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Ich sitze mit meiner Freundin Sonja aus Wels am Flughafen in Frankfurt fest...
Es begann damit, daß wir 26 Stunden Verspätung hatten. Zuerst kam die Maschine schon zu spät aus Montreal rüber, dann wurden wir 3 Stunden lang ohne Verpflegung in den Flieger gesetzt, ehe man uns mitteilte, daß irgendetwas an der Maschine gebrochen sei, und Ersatzteile aus London (!!) angeschafft werden müssten. Wir steigen also wieder aus und werden ins Flughafengebäude gebracht. Zwei Stunden später sagt man uns, daß die Maschine erst am Abend um 10.00 Uhr fliegen wird. Als wir am Gate ankommen sagt man uns, daß die Maschine an diesem Tag gar nicht mehr fliegen wird, sondern erst am nächsten Tag, und daß wir ein Hotelzimmer bekommen im Holiday Inn in Frankfurt.
Allgemeine Enttäuschung...
Wir kommen Abends um 10.00 Uhr im Hotel an. Um halb 11 gibt es Abendessen. Um 6.00 Uhr werden wir geweckt und gehen Frühstücken, um 8.00 Uhr sollen wir angeblich fliegen, was keiner mehr so recht glaubt.
Im Hotelzimmer läutet das Telefon. Mein Mann ruft an, und sagt mir, daß er eben mit dem Flughafen telefoniert hätte, und wir würden erst um 12.00 Uhr Mittags fliegen !!!
Ich werde unruhig, weil ich weiß, daß Nija und Augiak in Montreal auf mich warten werden.
Die beiden sind Freunde von mir. Ich habe Nija durch Briefkontakte kennengelernt, sie ist seit Jahren schon eine brieffreundin von mir. Sie ist Ojibwe-Cree-Indianerin, ihr Mann Augiak ist Inuit, geboren in der Hudson Bay in Alaska.
Mir ist es egal, wenn ich einen Tag später ankomme. Nur tut es mir für die Beiden leid, weil die so lange auf mich warten müssen...
Keiner am Flughafen sagt was Genaueres, keiner weiß, was los ist, keiner gibt Auskunft...
Um 13.00 Uhr sitzen wir wieder mal im Flugzeug, mit einer neuen Crew die uns auch bedient, (die müssen doppelt freundlich sein obwohl die natürlich nix dafür können, weil die Passagiere schon sehr aufgebracht und ungehalten sind) und dann fliegen wir endlich.
Nach 7 Stunden und 45 Minuten landen wir in Montreal. Wir holen unsere Koffer und als wir durch den Zoll gehen sehen wir schon Nijanani und Augiak mit Videokamera und Fotoapparat bewaffnet auf uns zustürmen. Umarmungen und Küsse, endlich ist das alles überstanden.
Wir laden das Gepäck in ihr Auto und fahren gleich weiter Richtung Marmora.
Im Auto können wir vor lauter Staunen keine Sekunde schlafen. Wir bewundern die riesigen Trucks und die endlosen Highways. Von der Natur rundherum braucht man eigentlich nur ein Foto machen, alles sieht gleich aus. Auf meine Postkarte schreibe ich später : "Hier sieht es so aus : Wald, Sumpf, Wald, Sumpf, Mc Donalds, Wald, Sumpf, Tankstelle, Sumpf, Wald, usw"...
Wir besuchen kurz das Iroquois- Reservat um uns einen Schiffs- Transfer am Lock anzusehen, und fahren dann weiter.
Wir bleiben zweimal stehen um in einem Fastfood- Lokal etwas zu trinken, und nach Stunden kommen wir endlich in Marmora an. Ein kleiner unscheinbarer Ort mit etwa 300 Einwohnern. Wir biegen an der Hauptstraße ab, es ist schon dunkel.
Plötzlich ist es als würden wir eine unsichtbare Barriere durchfahren. Wir verstummen, draußen gibt es nur noch Schotterstraße und Wald. Ich habe ein beklemmendes Gefühl und schaue stumm die vielen Bäume an.
Irgendein Tier läuft über die Straße, und wir fahren ohne Straßenlaternen mit knirschenden Rädern einige Kilometer durch die Finsternis, bis wir eine Holzhütte sehen, die ich schon aus Nijas Film kenne.Die Fahrt dorthin ist ein total seltsames Gefühl, nachts durch einen Wald zu fahren, der so unendlich groß ist, daß es kaum vorstellbar ist...
Kaum steigen wir aus fallen Moskitos über uns her.
Nijas erste Worte nachdem sie das Auto verlassen hat: "Da hat schon wieder ein Waschbär in der Mülltonne gewühlt!" Wir kichern...
Wir gehen rein- das Haus ist wunderschön eingerichtet. Es duftet nach Zeder. Alles ist klein und vollgestopft mit kitschigen Dingen. Die Tapeten sind grün und lila- gestreift oder geblümt.
Augiak umarmt mich ständig mit den Worten "Welcome" oder "I`m glad that you are here"!
Wir fühlen uns nicht wie Gäste, sondern wie alte Bekannte.
Nija zeigt und erklärt uns alles. Trinkwasser, Dusche, Klo. Alles vorhanden.
Ich falle fast um vor Müdigkeit.
Mit meiner Freundin Sonja teile ich mir ein großes Bett im Gästezimmer.
Ein Schild an der Wand teilt uns mit :"Welcome, Sonja and Sonja !"

Nija warnt uns noch vor giftigen Pflanzen. Poison Ivy ist eine Pflanze, an der man nicht streifen sollte, weil man sonst ins Krankenhaus muß und mit Antibiotika behandelt werden muß. Wenn die Katze daran streift, und man streichelt danach die Katze, dann passiert das Selbe... Die Pflanze wirkt total arg, es juckt und brennt wie die Hölle, man dreht fast durch...
Nachts schlafe ich trotz meiner Müdigkeit kaum. Es ist drückend schwül und mein Magen rumort- ich bin den Flugzeug- Fraß nicht gewöhnt, und Mac Donalds schon gar nicht.
Am nächsten Morgen regnet es in Strömen, so bleiben uns wenigstens die Moskitos erspart.
Alle Fenster haben Fliegengitter, ohne die wäre es hier wohl tödlich.
Wir sehen trotzdem Ameisen und Motten und Spinnen, die überall im Haus herumkrabbeln.
Nija erzählt von einer großen Waldspinne, die seit Jahren immer wieder zurückkommt, obwohl sie sie jedes Mal wieder in den Wald trägt.
Nachdem wir am nächsten Morgen wie gerädert aus dem Bett steigen begrüßt und Augiak mit einer herzlichen Umarmung im Wohnzimmer, und auch Nija gibt uns Küsse auf die Wangen und umarmt uns mit den Worten "Welcome"..


1. Tag :
Wir schauen uns Marmora an, gehen dort auf den Friedhof, weil ich für eine meiner Brieffreundinnen dort Fotos machen möchte.
Danach schauen wir uns den Strand an, der zu Nijas und Augiaks Grund dazugehört.
6 km des Crowe River gehören ihnen. Klares Wasser, etwa so breit wie die Traun in Österreich. Wir stapfen eine Weile drin rum, hier wird gefischt und gebadet.
Am Nachmittag die erste große Überraschung : Wir fahren zu den Petroglyphes. Nija sagt uns, daß der Ort für Weiße und Touristen nicht zugänglich ist.
Wir kommen mit dem Auto an eine Kontroll- Station. Sonja und ich sitzen hinten im Auto und tun als ob nichts wäre. Sprechen dürfen wir nicht. Die Frau an der Kontrolle redet mit Augiak und Nija um sich zu überzeugen, daß wir alle Indianer sind, dann bekommen wir eine Karte, auf der sie bestätigt :"Aboriginal".
Wir dürfen durch. Augiak lacht, und sagt uns, daß wir die ersten Weißen sind, die diesen Ort betreten.
Im Gelände ist fotografieren nicht erlaubt. Hier kommen die Eingeborenen her, um zu beten, um zu opfern und um die Petroglyphs zu besuchen. Das sind Felsen, auf denen Schamanen vor Jahrtausenden Symbole in die Felsen geritzt haben.
Für Touristen wurde eine Halle über den größten dieser Felsen gebaut. Die Halle ist riesig und mit Klima- Anlage ausgestattet, ein Zaun wurde um den Felsen errichtet, und es heißt, daß die Halle den Felsen vor Wetter- Einflüssen schützen soll.
Nija meint daß die Halle nur da ist, weil sich darin die bösen Geister sammeln, die die Touristen mitbringen.
Wir gehen rein und nach kurzer Zeit wird mir so schlecht, daß ich Bauchweh bekomme und mich zusammenreissen muß, um nicht loszu heulen.
Ich gehe rund um den Felsen, betrachte die Figuren und Nija erklärt die vielen Symbole. Danach dürfen wir uns von der Kontroll- Dame weiße Blätter holen, und zwei der Symbole mit Wachsmalfarben abmalen. Mehr ist nicht erlaubt. Ich suche mir das Geister- Boot und das Symbol für den großen Geist aus. Danach will ich nur noch raus- ich bekomme keine Luft mehr.
Augiak geht inzwischen zu der Kontroll- Dame und redet etwas mit ihr. Nach einer Weile ruft er uns, und bedeutet uns heimlich, daß wir den Mund halten sollen.
Die Dame bringt uns zu einer Absperrung. Sonja und ich sagen nichts, damit niemand merkt, daß wir nicht von hier sind.
Sie öffnet das Gitter und wir gehen ein Stück in die Wildnis zu weiteren Felsen, auf denen man schwach noch weitere Symbole entdecken kann. Wir suchen uns ein Himmelsrichtungs- Symbol und jeder von uns setzt sich in eine Richtung. In der Mitte opfern wir Tabak und räuchern. Dann nehmen wir uns an den Händen und Augiak beginnt in seiner Sprache zu beten. Sie singen alte Inuit- Lieder und mir laufen Tränen über die Wangen. Schlagartig wird mir bewußt, wie viel die Weißen zerstört haben. Wie viel Kraft so ein Ort hat, und wie viele es davon nicht mehr gibt. Ich spüre diese Halle hinter mir und versuche sie zu vergessen. Nija sagt, daß ich sie einfach ignorieren muß.
Danach schweigen wir lange und fühlen den Wind, die Sonne, den Felsen, die Symbole- die KRAFT!
Vögel zwitschern, Libellen umschwirren uns. Alles ist da : Die Erde unter uns, der Himmel über uns, die Tiere um uns, und vier Menschen für die vier Richtungen. Es donnert kurz, ein kleiner Regenschauer, dann scheint wieder die Sonne.
Augiak murmelt Nija etwas zu über eine Geistreise, die er gemacht hat. Auch ich gehe in die Geistwelt. Man sagt mir, daß ich Kraft schöpfen soll aus den Felsen. Daß sie das Wissen von den Ahnen speichern und daß ich alles alte Wissen daraus holen kann.
Etwas später schenkt mir Augiak einen kleinen weißen Stein, den er hier gefunden hat. Er scheint mir kräftiger als meine Bärenkralle die ich immer mit mir herumtrage, und so gebe ich die Kralle als Opfer in eine der Felsspalten. Der Stein verbindet mich mit diesem Ort, ich kann jederzeit hierher zurückkehren.
Plötzlich ruft die Aufseherin, daß der Park geschlossen wird, und wir müssen das Gelände verlassen.
Glück gehabt, keiner hat bemerkt, daß wir nicht Indianer sind.
Am Weg nach Hause sehen wir eine "Strumpfband- Natter" auf der Straße, und ein Streifenhörnchen...
Danach fahren wir zum Ontario- See ( Northeys Bay) und gehen dort schwimmen. Es ist wie am Meer: Wellen, Sandstrand, Muscheln und Möwen. Wasser, soweit das Auge reicht. Kaum Menschen sind hier zu sehen.

Weiter geht es zu den Burleigh- Falls, einem großen Wasserfall, wo wir dann auch essen gehen. Der Kellner stellt sich vor :"Welcome to our Restaurant, I`m Jeff, and this is my first day". Dabei grinst er ganz verlegen und wir kichern unentwegt, worauf er Nija fragt woher wir kommen.
Danach zwinkert er uns ständig zu und fragt uns, ob wir nicht hier bleiben wollen in Canada. Ich überlege ernsthaft...

Am Nachmittag fahren wir durch Stirling, Frankford, Trenton, Bay of Quinte, Prinz Edward County, North Bay, Inland Lake, weiter nach Presque`ille (Insel, die Dir am Herzen liegt)
Dort sehen wir uns den Strand an, einen großen weißen Leuchtturm, wir bauen Inukshuks (Steinmännchen) am Strand und suchen Muscheln, machen Fotos und klettern auf Bäume. Es ist herrlich !
Augiak zeigt uns Inuit- Spiele mit Steinen, die er als Kind schon gespielt hat und wir wandern eine Weile am Strand herum. Immer wieder fliegen Wildgänse ganz niedrig über dem Wasser in langen Reihen vor uns her...


2. Tag:

Nija nennt uns den Grund, wieso sie keine Kinder haben : Augiak wurde als Kind von der Regierung Zwangs- Sterilisiert... Fast alle die sie kennen können auch keine Kinder bekommen. Damals wurden die Kinder zu Untersuchungen gebeten, keiner wußte, was wirklich geschah.
Viele Inuit adoptierten daraufhin Kinder, und so wurde das wahr, was sich die Weißen wünschten: Die Eskimos wurden weniger, sie vermischten sich immer mehr mit Weißen, und so starben die "Schmarotzer" aus.
Ich könnte heulen.

Nachts stehen wir auf der Terasse im Dunkeln. Rund ums Haus nur dichtester Wald. Wir heulen wie die Wölfe, und bekommen tatsächlich Antwort von echten Wölfen ! Ich habe Gänsehaut und weiß nicht so recht, ob ich mich freuen soll, oder davonlaufen. Je öfter wir heulen, desto näher kommen sie. Sie umzingeln uns, und so haben wir plötzlich vier Wölfe vor uns, und das Haus als Deckung hinter uns.
Nija weiß ungefähr wie groß die Tiere sind, sie erkennt es an dem Knacken der Äste, auf die die Tiere treten.
Als die Wölfe nahe genug sind schaltet sie die Taschenlampe an und durchsucht den Busch nach reflektierenden Augen.
Tatsächlich sehen wir kurze Zeit später den Kopf eines grauen Wolfes.
Mein Gefühl dabei ist eine Mischung aus Respekt und Gänsehaut, Angst und trotzdem auch Stolz, daß ich das erleben darf. Gewaltig!
Von da an versuche ich jeden Abend, Kontakt zu den Wölfen zu kriegen. Alleine deshalb schon, weil ich so immer ganz genau weiß, wo die Wölfe sind. Das ist angenehmer, als plötzlich von einem überrascht zu werden. Man heult einfach und dann heulen sie zurück und man kann einschätzen, wo sie sich befinden. Mich beruhigte das.

3. Tag:
Wir wachen auf, weil draußen etwas winselt. Nija sagt uns, daß 50 Meter vom Haus entfernt ein Wolfs- Bau ist, und daß die Jungen immer nach der Mutter winseln, wenn diese auf Jagd geht.
Baumfrösche surren wie ein Rasierapparat. Laut und durchgehend, sobald die Sonne scheint. Baumfrösche sind zwar nur einige Zentimeter groß, aber sie sind so laut, daß man meint unter einer surrenden Stromleitung zu stehen...

4. Tag:
Wir fahren zum Eagles Nest, einem kleinen Hügel, von dem aus man über das ganze Land blicken kann. Danach zu den Healy Falls, wo wir einen Raubvogel beobachten, der auch uns von seinem Nest aus beobachtet.
Weiter zum Crowe- River zum schwimmen, und danach nach Peterborough, wo wir uns ein Country- Blues - Konzert mit Lynn Miles ansehen. Da kommen Rentner mit ihren Klappstühlen und setzen sich hin, es kostet nichts. Jeden Samstag singt wer anderer, danach gibt es Feuerwerk und Gewinnspiele.
Ich kaufe eine CD der Sängerin und lasse sie mir signieren. Heute noch höre ich diese angenehme Musik und kenne mittlerweile alle Songs auswendig.
Als wir zu Hause ankommen schenkt mir Augiak einen Anhänger mit dem "Spiritboat- Symbol" der Petroglyphs...

5. Tag:
Wir beobachten Geier an der Marmora- Mine, wo Eisen abgebaut wird.
Danach besuchen wir die Firma von Nija, wo 200 Leute für sie arbeiten. Hier ist der größte Inukshuk- Vertrieb Canadas, und der Hauptverdienst liegt darin, daß der Staub, der bei der Bearbeitung der Steine abfällt an die Pharma- Industrie verkauft wird, um Tabletten daraus herzustellen. (Trägermaterial)
Nija zeigt uns, wie die Inukshuks hergestellt werden, und macht für jeden von uns einen kleinen Inukshuk und zwei Dream- Keeper- Dosen.
Die Stein- Dosen werden mit Inukshuks verziert, danach kann man seine Wünsche und Träume in die Dose geben, und darin eine Räucherung anzünden, und der "Traumbehälter" versucht, sie zu erfüllen.
Wir fahren nach Madoc essen, und weiter nach Eldorado- der ersten Goldgräber- Stadt, die nur noch als Geisterstadt existiert.
Über Jordan- Lake weiter nach Lamable, Bancroft, Birds Creek, Madawasha Highlands (Das Wort bedeutet: "Ein Fluß, der viele Stromschnellen hat), Maynooth (Holzfällerstadt), Nipissing (Bedeutung :"Beautiful Water), Opeonga und der nördlichsten Straße bis Whitney, wo wir noch eine Bekannte von Nija besuchen, die dort am Ende der Welt einen kleinen Laden betreibt, in dem man von Häkelhüten über indianische Kunstgegenstände bis zu Teddybären und Aufnähern, Hemden und Schüsseln alles kaufen kann.
Sie bietet mir an, daß ich bei ihr arbeiten kann, wenn ich möchte... Ich verspreche ihr, mich zu melden, sobald ich Zeit habe. Kicher...

Wir besuchen den Algonquin- Park, ein Naturschutzgebiet in dem es 4000 Bären, 27.000 Wölfe und unzählige Elche gibt, von all den kleineren Tieren ganz zu scheigen. 52.ooo km Kanu- Routen führen durch diesen Park.
Es gibt nur eine einzige Straße, die ganz am Anfang des Parks reinführt, an dieser Straße gibt es ein Touristen- Zentrum und einen Camping- Platz, auf dem sich Touristen mit hunderten anderen Touristen Zelte und Klos teilen, die dann zu Hause behaupten sie hätten in der Wildnis übernachtet...
Dort sehen wir von einer Aussichts- Terasse aus über das ganze Land, haben die Möglichkeit, Souveniers zu kaufen und Fotos zu machen.
Danach entschließen wir uns, in den Park reinzugehen ( hier gibt es keine Straßen mehr sondern nur Plaketten an den Bäumen, die Dir zeigen, wie Du wieder raus findest).
Wir wollen Elche oder Bären sehen, und Wolf- Howling machen...
Es wird dunkel, und wir parken am Highway. Wir gehen rein in den Wald, kommen in Sumpfgebiet und... verlaufen uns prompt.
Es wird überraschend schnell finster, und wir stolpern einige Zeit über Wurzeln. Augiak müssen wir stützen, durch seine Krankheit
( Multiple Sklerose) hat er Probleme mit dem Gleichgewicht. Ich habe richtig Angst. Ich will nicht vorne gehen, weil ich Angst habe einen Bären zu überraschen- ich will nicht ganz hinten gehen, weil ich Verfolgungs- Wahn kriege....
Irgendwo im Wald bleiben wir auf einem Felsen sitzen und betrachten die Milchstrasse. So nahe habe ich sie noch nie erlebt. Die Sterne spiegeln sich im Sumpf, und wir beginnen zu viert zu heulen wie Wölfe. Nach kurzer Zeit hören wir weit entfernt Wolfsgeheul. Die Wölfe sind also weit entfernt von uns. Das beruhigt mich dann doch ein wenig...
Wir gehen weiter und entdecken Wolfs- Spuren. Kurze Zeit später riechen wir einen Elch. Wir spüren seine Nähe- seinen warmen Körper. Nija erkennt am Geruch, daß es ein Elch ist. Das Gefühl ist irgendwie nicht so gut. Ich möchte so einem großen Tier lieber im Tageslicht gegenüberstehen, als im stockdunkeln...
Mit meinem Feuerzeug kann ich an manchen Bäumen dann doch die Blechschilder erkennen- (da schimpfen sie immer über die Raucher, aber wenn ich das Feuerzeug nicht gehabt hätte, hätten uns bestimmt die Bären gefressen!)
Wir stolpern weiter über Wurzeln, finden immer wieder Plaketten und kommen zurück zur Straße. Es war wunderschön und Abenteuer pur- und zugleich war`s für mich kaum auszuhalten- so viel Angst hatte ich vor der Wildnis. Nix mit "unendlichen Weiten"- sondern das Gegenteil, es war beklemmend teilweise.... . Alle sind froh, daß wir uns nicht weiter verlaufen haben.
Zuerst wissen wir nicht wo unser Auto steht. Wir gehen glücklicherweise in die richtige Richtung und finden es nach einer viertel Stunde wieder.

Nija erzählt uns, daß in alten indianischen Legenden immer gesagt wird, daß ursprünglich Osten Westen war, und umgekehrt.
Es heißt, daß sich die Götter irgendwann stritten, und daß einer der Götter auf die Erde schlug, und seither dreht sich alles anders.
Deshalb werden Tote mit dem Kopf nach Westen begraben, damit sich die Seele auskennt und den Weg findet.
In den Osten des Grabes wird ein Stein gelegt der aussieht wie ein Totenkopf, um die bösen Geister zu verwirren !
Wir fahren nach Hause und essen Reh, das Nijanani traditionell nach Ojibwe- Art zubereitet hat. Ich esse zum ersten Mal in meinem Leben Wild- und es schmeckt ausgezeichnet !
Nachts gehen wir noch im Crowe- River schwimmen. Die Sterne spiegeln sich im Wasser, Vögel fliegen ganz knapp über unsere Köpfe und Moskitos surren über die Wasser- Oberfläche. Das Wasser ist kalt aber angenehm nach dem Tag. Am Strand haben Jugendliche ein Lagerfeuer gemacht und spielen mit der Gitarre, singen Lieder und lachen laut. Das Feuer spiegelt sich im Wasser und die Stimmung ist toll.
Am nach- Hause Weg haben wir eine Polizei- Kontrolle. In Canada darf man nicht aussteigen, wenn man angehalten wird, da jeder eine Waffe hat und es zu gefährlich wäre. Der Cop ist total nett, fragt nur, ob wir was getrunken haben und läßt uns weiterfahren.
Zu Hause angekommen versuchen wir nochmal Wolf- Howling, diesesmal ohne Antwort. Vielleicht sind die Jugendlichen am Fluß unten zu laut und die Wölfe verkriechen sich...

6. Tag :
Wir fahren über Marmora- Madoc- Kaladar- Northbrook- Snow Road (Fernleigh Kasshawamak Lake)- Plevna nach FOLGER (Geisterstadt)

Folger hat 3000 ha, es stehen nur noch 2 Häuser da. Früher fuhr hier der "Push and Kick- Trail", eine Eisenbahn, die für den Holz- Transport genutzt wurde, aber auch um ins nächste Dorf zu kommen.
Auch die Toten wurden nach Snow Road gebracht. (Warum?) Es gibt keinen Friedhof in Folger...
Früher gab es hier Farmen, eine Sägemühle, Schule mit 30 Kindern, Kirche und ein Store. 17 Häuser waren es ursprünglich.

Als wir in Folger ankommen erzählt uns ein Mann ( der letzte, der hier noch wohnt, und der seit 80 Jahren da lebt) die Geschichte von Folger und daß der "Ort" gestern noch drei Fuß unter Wasser stand, weil ein Biber- Staudamm gebrochen sei. Der Biber hätte aber über Nacht alles wieder repariert, und so war wieder alles in Ordnung, abgesehen von großen Pfützen, die wir noch sahen.
Die Großeltern des Mannes waren Pioniere und haben früher hier von Maple- Shugar- Trees gelebt. (Ahorn- Sirup)
Wir fahren mit dem Auto den alten Railroad- Track, die Schienen wurden damals entfernt, heute kann man hier zwar fahren, jedoch sind teilweise riesige Löcher in der Kies- Straße, denen man ausweichen muß. Gleich neben dem Weg beginnt der Sumpf, es ist reinstes Abenteuer.
Als die Schienen damals entfernt wurden, waren die Leute von einem Tag auf den anderen von der Umwelt abgegrenzt und arbeitslos. Keiner half ihnen oder kümmerte sich um sie. So starb die Stadt aus.
Der Railroad- Track wurde 1883 gegründet, und verlief von Kingston nach Renfrew.

Der Mann erzählt uns auch die wahre Geschichte von Folger: In dem roten Haus, das wir uns genauer ansehen wollten lebte eine Familie mit zwei Kindern.
Die Eltern fand man irgendwann ermordet auf. Der Vater wurde erschlagen, die Mutter erschossen. Keiner wußte, wer der Mörder war. Die Leichen wurden nach Snow Road gebracht, die Kinder blieben im Haus.
Die Kinder wollten danach keine Hilfe annehmen, und behaupteten, daß Mama und Papa noch da wären, und daß sie schon alleine klarkommen würden. Sie rissen die Bretter von der einzigen Brücke zum Haus und schlugen Nägel ein. Diese Nagel- Bretter verteilten sie rund um das Haus, so daß ihnen keiner zu nahe kommen würde.
Die Bretter liegen heute noch dort.
Wir wußten das nicht und wollten teilweise barfuß durch das Gras zum Haus, als uns ein kleiner Junge plötzlich hinterherrief:"Watch for the nails !"
Die Kinder die damals in diesem Haus lebten wurden von da an kaum noch gesehen. Sie holten kein Gemüse aus dem Garten, die Kühe verwilderten, sie gingen niemals einkaufen. Als der Junge nicht mehr gesehen wurde behauptete das Mädchen, daß er nach Toronto gezogen wäre.
Doch keiner glaubte das, denn er wurde niemals gesehen. Der Mann sagt, daß er nicht glaubt, daß jemals auch nur eines der Kinder das Haus verlassen hätte.
Das Mädchen wurde dann auch nicht mehr gesehen. Man vermutet, daß die Leichen im Haus irgendwo liegen. Aus diesem Grund ist es das einzige Haus, das noch steht.
Keiner würde es wagen, es zu kaufen, einzuziehen, es zu renovieren, oder es abzureissen. Keiner würde sich auch nur in die Nähe des Hauses wagen.

Und dann kam der genialste Satz des Tages : Der alte Mann sagte mit total ernster
Stimme :" Ich weiß, wer der Mörder war. Und ich werde es mit mir ins Grab tragen !"
Und später erwähnt er, daß er noch immer den Zeitungs- Artikel über diesen Mordfall zu Hause hat.
Nija ist Kriminalpsychologin und sagt, daß es ein ganz typisches Zeichen für einen Mörder wäre, daß er einen Zeitungsartikel über seinen Mord so lange aufbewahren würde.
Wir haben also vermutet, daß er selbst der Mörder gewesen sein könnte....
Spannend, spannend...
Also wenn das keine Story für eine wahre Geisterstadt ist, dann weiß ich nicht !
Entweder stimmt die Geschichte so wie er sie erzählte, oder er wurde vom Touristen- Verein Folger angeheuert ! (haha). Aber fest steht, daß das eine Gegend ist, in der normalerweise keine Touristen kommen.
Über die Missisippi- Station- Silverlake- Prov. Park, Fall River und Perth fahren wir wieder zurück.

7. Tag:
Wir fahren nach Bonarlaw in eine Käsefabrik und kaufen Käse, der zwischen den Zähnen knirschen und quietschen muß, weil er sonst nicht gut ist. Schmeckt köstlich und ist witzig.
Danach über Stirling- Frankford- Glen Miller (er lebte auch hier)- und Trenton River- Hillier- Rosehall- Wellington- Bloomfield- weiter nach PICTON.

In Picton sehen wir uns den "Lake on the Mountain" an. Ein kleiner See, am Berg eines ehemaligen Vulkanes, über dem Ontario- See.
Die beiden Seen haben immer den gleichen Wasserstand. Sinkt der Ontario- See, so sinkt auch der andere See.
Es gibt eine süße Geschichte zu der Entstehung des Wasserfalles zwischen den Seen:

"Die Tochter eines Mohawk- Stammes verliebte sich in einen Mann eines anderen Stammes. Ihr Vater verbot diese Liebe, und so kam es, daß sich der Mann im Lake on the Mountain ertränkte, während sich das Mädchen im Lake Ontario ertränkte. Die Beiden waren also getrennt und der Mann war darüber sehr traurig. Die drei Schwestern ( Bohne Mais und Kürbis) hatten aber Mitleid mit dem Mann, und so zeigten sie ihm eine dünne Stelle in der Wand des Sees. Und so konnte sich der Mann die Stelle selbst breiter graben, und irgendwann floß das Wasser durch und runter zum Lake Ontario. So konnte er zu seiner Geliebten.

Wir fahren weiter : Athol- Cherry Valley- Outlet- SANDBANKS- PROV. PARK- Sandbanks, East- Dunes.
Hier gibt es Sandstrand und Dünen, beinahe vergisst man, daß es noch immer der Ontario- See ist, und daß wir NICHT am Meer sind.
Augiak und Nija machen sich mit dem Metall- Detektor auf die Suche nach Münzen oder anderen wertvollen Dingen, ich gehe schwimmen, sammle Federn und Knochen, Wurzeln und Muscheln. Es ist wunderschön hier !

Zurück über Hellowell- Rose Hall- Hillier- Springbrook- Bonarlaw- Marmora.
Abends knackst es im Wald gewaltig laut, wir vermuten Wölfe oder einen Bären, es zeigt sich aber nichts so nahe, daß wir es sehen könnten.


8. Tag:
Wir fahren zum Booster- Park in Marmora, zum Crowe- River, zur Mülldeponie um Geier zu beobachten und um zu fragen, ob an diesem Tag Bären auf der Mülldeponie zu sehen wären. Leider, heute sind keine da.
Über Campellford- Crowe- Bay fahren wir nach "Meyers Island" und besuchen Daniel Debren.
Wir fahren eigentlich mit dem Vorsatz, daß wir das kitschigste Haus in ganz Ontario anschauen. Als wir dann davorstehen ruft Daniel uns zu :"Was wollt ihr hier?"
Er hört sich nicht besonders freundlich an. Als wir ihm erklären, daß wir gerne seinen Garten fotografieren möchten, bittet er uns rein und fängt an zu erzählen.
Auf seinem Grundstück stehen unendlich viele Bäume, und sie sind voll behangen mit bunten Kugeln, Reifen, einem Elchkopf, Plastik- Pinguin, bunten Plastik- Kegeln, Stangen, einem Vogelkäfig mit Plüschtier drin, eine Dartscheibe hängt an seinem Balkon, darüber selbst- gemalte Bilder, und vieles, vieles mehr. Überall ist es bunt, und zu jedem Ding weiß Daniel eine Geschichte.
Mit den Worten "Ich erkenne sofort ob jemand ein gutes Herz hat"- läßt er uns rein und beginnt zu erzählen, daß er in Rumänien geboren wurde. Er fragt uns auf deutsch:"Sprechen sie deutsch?" Wir sind baff.
Er sagt, daß er überall in Europa herumgekommen ist, daß er früher Fiedel gespielt hat in einer Band. Daß ihn die Musik nach Canada verschlagen hat.
Sein Garten ist von Stein- Mauern umgeben. Er erklärt uns, daß er mit seinem Dreirad die Steine vom Fluß hier her schafft, und die Mauern baute. 4 Jahre hat es gedauert, bis sein sogenannter "Boulevard of broken Dreams and Bikes" fertig war.
Er besitzt etwa 8 Fahrräder und führt uns jedes stolz vor. Eines davon hat er so umgebaut, daß er daran einen großen Sonnenschirm befestigen kann.
Obwohl sich das alles sehr durchgeknallt und verrückt anhört, scheint er trotzdem sehr intelligent und voller Humor zu sein, wir plaudern stundenlang mit ihm.
Er redet, lacht und weint, erzählt über den Krieg, singt uns alte Lieder vor und führt uns herum. Er sagt, daß er Liebesromane schreibt, und als ich mich mit ihm fotografieren lassen will meint er, ich solle mich recht von ihm hinstellen, weil dann mein Herz auf seiner Seite wäre.
Er ist ein irrsinnig herzlicher lieber Mensch, und Nija sagt später, daß sie in Kochbüchern Rumänische Rezepte suchen wird und ihn mit einem Kuchen überraschen wird. Sie will außerdem schaffen, daß er vielleicht mit der Fiedel etwas vorspielt, und es dann aufnehmen.
Daniel ist etwa 80 Jahre alt, und sein Sohn schenkte ihm erst vor Kurzem sein "Sonntags- Rad"- ein nagelneues Dreirad.
Auf die Frage wie es dazu kam, daß er diesen ganzen "Kitsch- Müll" um sein Haus sammelte antwortet er, daß es eines Tages ein großes Fest auf der Insel "Meyers Island" gab. Eine Hochzeit war der Grund, daß etwa 30 Autos auf seinem Grundstück unbefugt parkten. Er sagte nichts, und ließ die Leute feiern.
Am nächsten Tag begannen Betrunkene auf seinen Stein- mauern Bierflaschen zu zerschlagen. Und ein Nachbar meinte, Daniel solle die Polizei anrufen. "Doch ich habe ein zu gutes Herz und habe vier Tage lang die Scherben aufgesammelt" sagt er uns.
Und so kam es, daß er überall diese Plastikdinge aufhängte. Er wollte, daß die Leute denken er sei verrückt. Er wollte die Menschen vertreiben, die auf seinem Grund herumwanderten ohne ihn zu fragen. Und wirklich, nie wieder kam ihm jemand zu nahe. Seither lebt er sehr einsam mit seiner Katze in seinem "Boulevard of broken Dreams and Bikes".
Seine Tochter will nichts mehr mit ihm zu tun haben, und die Nachbarn liehen sich 20.000 Dollars, und gaben sie nie wieder zurück. Ihm ist das egal, er will nur noch seine Ruhe haben. Trotzdem merkten wir, wie gut es ihm tat, endlich reden zu können. Er sprudelte nur so über.
So lernten wir also einen "Verrückten" und das kitschigste Haus Ontarios kennen, und dazu einen sehr liebenswerten herzlichen Menschen, der jede Menge Geschichten zu erzählen weiß, und dem ich meine Kinder jederzeit anvertrauen würde, denn einen besseren Märchen- Onkel kann man sich nicht wünschen.
Zum Abschied sagt er, daß er heute gut schlafen wird, und daß er gute Träume haben wird nach unserem Besuch.

Etwas später lassen wir unsere Fotos drüben entwickeln, weil es viel billiger ist als hier in Österreich. In einer Stunde haben wir sie.
Danach gehen wir zum North Bay schwimmen (Wellen!!!), und sehen einen tollen Sonnenuntergang.
Zum ersten Mal heule ich, weil ich mir sicher bin, daß ich hier bleiben will. Ich sitze am Strand, beobachte die Möwen und das Wasser- Tränen laufen über meine Wangen und mein Herz zerreisst bei dem Gedanken daß ich wieder nach Hause muß...

Um 22.30 gehen wir zum ersten Mal in ein richtiges Restaurant. Wir bekommen einen Platz zugewiesen, hier darf man in einem Teil des Restaurants sogar rauchen ! (Es gibt Restaurants, in denen man umgerechnet bis zu 50.000,- ÖS Strafe zahlt, wenn man raucht !)
Ich esse ein T- Bone- Steak, weil Nija meint, daß man das hier gegessen haben MUSS!
Zu meiner Überraschung schmeckt es wirklich gut- ich esse ja normalerweise kein Fleisch.

9. Tag :

Wir fahren wir über Marmora, Bonarlaw, Springbrook, Harold, Stirling, Quintie West, Belleville, auf die Autobahn 401, nach Tyendinaga- in die Mohawk Reservation. (Marysville Road).
Wir besuchen den Sohn von Joseph Brandt- einem bekannten Mohawk- Häuptling- Tom Maracle. Er ist ein guter Freund von Nija und Augiak- und zeigt uns sein Ferienhaus.
Danach schauen wir uns seinen Laden an, und kaufen dort eine seiner Kassetten, die er später für uns signiert.
Dann fahren wir zu ihm nach Hause, wo wir den ganzen Tag in seiner Garage singen und Musik machen. Er spielt Saxophon, Doug- ein Freund von ihm spielt Schlagzeug, Jerry ist ein Meister auf der Flöte und Augiak spielt total gut Bass.
Ich muß als Österreicherin natürlich jodeln ( was bleibt mir übrig als die alten Schullieder hervorzukramen), und alle sind total begeistert.
Ich muß daraufhin alle Lieder vorsingen die ich kenne und Tom bietet mir an auf seiner nächsten CD mitzusingen.
Jerry fragt mich, woher ich so gut englisch kann, und ein anderes Band- Mitglied fragt, ob ich Overseas ( bei uns) Blues singe !!! haha
(Etwa ein Jahr später sollte ich wirklich eine halb- fertige CD von Tom zugeschickt bekommen und dafür die Texte machen und singen!)

Danach fahren wir zwei Stunden zu einem Imbiss wo wir essen, und fahren wieder zwei Stunden um nochmal bei Tom in der Garage vorbeizuschauen. Inzwischen sind auch die anderen Band- Mitglieder da und sie sofort bekokmme ich wieder ein Mikro vor die Nase und ich singe von Ostbahn- Kurti "I hear di klopf`n", denn die Melodie können die anderen spielen.
Dann noch von Janis Joplin "Bobby Mc Gee", und dann müssen wir leider nach Hause, nicht ohne vorher allen zu versprechen, daß ich bald wieder komme und mit ihnen singe.
Der Tag war absolut gemütlich, total mein Fall- hab mich total wohl gefühlt, weil die Leute absolut natürlich und freunldlich waren, nicht so wie man sich Leute vorstellt, die man zum ersten Mal sieht.
Es war als wäre ich schon immer dabei gewesen. Als ich am Abend bei Nija zu Hause ankam, malte ich ein Bild mit den Symbolen der "Petroglyphes" für Tom- als Dankeschön und gab es Nija, damit sie es ihm nach meiner Abreise geben konnte.
Tom bedankte sich später mal dafür und meinte, er wäre ganz fasziniert gewesen, weil das Bild fast das Selbe war, das er zu der Zeit als Plattencover für seine CD verwendete!)

11. Tag : TORONTO
Wir fahren um 9.30 los, frühstücken gemütlich bei "Jake`s", und fahren dann über Havelock, Kirby, Bowmanville, Oshawa, Whitby, Ajax und Pickering nach Toronto. (2,2 Mio. Einwohner).
Schon die Fahrt dorthin ist für mich HORROR, denn ich habe schon in Österreich Angst vor Autobahnen, hasse es, mit jemandem mitzufahren. Hier ist es tausendmal schlimmer, ich bete leise und bitte meine Krafttiere um Hilfe. 13- spurige Autobahnen, Trucks links und rechts, ich sitze wie auf Nadeln und würde am liebsten rausspringen.
Auf diesen Highways fahren pro Tag etwa 3 Millionen Autos !
Wir fahren die Dixon Road West, rein ins Zentrum.
Am Bahnhof beobachten wir Züge, die so lang sind, daß ich kaum mit dem zählen der Waggons zurechtkomme. Schließlich hab ich es bei einem Zug mit drei Lokomotiven geschafft und komme auf 86 Waggons !!! Tja, was soll ich dazu sagen, die Ybbstalbahn fährt höchstens mit zwei Waggons!
Als wir in die Stadt reinfahren ist das für mich als würde ich erschlagen werden von Eindrücken. Es stinkt, es ist laut, Massen von Menschen, Geräuschen, Farben, Musik, ich komme mir vor als würde ich in einem Video sitzen, das im Schnell- Durchlauf vorwärts gespult wird.
Nach einer Weile schließe ich die Augen, Nija fährt durch Downtown (lauter Bürogebäude) und als ich die Augen wieder öffne und aus dem Autofenster schaue, sehe ich neben mir auf der Straße einen Mann sitzen, der im Schneidersitz dasitzt und mit starrem Blick durch mich durchschaut. Er meditiert zwischen Menschen und Abgasen.
Auf den Gehsteigen sieht man Menschen der verschiedenstan Rassen und Schichten, vor allem Japaner, Chinesen, Schwarze, Bettler, Banker und total über- gestylte Frauen...
Wir fahren weiter und schlagen uns bis zum CN- Tower durch.

Dort angekommen stehe ich erstmal wieder auf festem Boden und bin froh aus dem Auto rauszukommen. Der Tower interessiert mich eigentlich überhaupt nicht, doch Nija meint, den müsse man gesehen haben und will unbedingt daß wir rauffahren mit dem Lift.
Wir stellen uns also in der Warteschlange an und erfahren, daß 5 Stunden Wartezeit sind, was mich freut. Der Turm ist 553,33 Meter hoch, schwankt an der Spitze bis zu 9 m hin und her, bei Gewitter schlagen angeblich alle Blitze in die Spitze ein, und der Lift braucht für diese Höhe nur 58 Sekunden, fährt also mit ca. 22 km/h- was mich stark beeindruckt, aber auf keinen Fall dazu animiert, wirklich rauf zu fahren.
Wir stehen daraufhin unten und ich sehe, wie der Turm ganz langsam hin und her wiegt...


Wir fahren also weiter von Hamilton- über Stoney Creek nach Crimsby (20.000 EW), Lincoln (18.500 EW)- St. Cathrines (150.000 EW) nach NIAGARA ON THE LAKES.
Um 18.30 Uhr erreichen wir endlich die Niagara- Fälle.
Im Auto wurde unterwegs Hagel und Gewitter für diese Gegend angesagt, und so freuen wir uns darüber, daß die Touristen vertrieben werden.
(Andererseits wird auch Wind mit 200 km/h angesagt und schwarze Wolken drängten sich vor uns- es goss in Strömen und Nija meinte lächelnd, daß wir vielleicht einen Tornado sehen könnten, was ich gar nicht so unbedingt wollte...)
Der Tornado blieb uns erspart, auch der Regen ließ dann nach, und tatsächlich, als wir ankommen sind alle Touristen weg, wir sind fast alleine auf dem Gelände und können ganz nahe an den Wasserfall ran.
Genau als wir ankommen kommt die Sonne raus und ein wunderschöner riesiger Regenbogen erstreckt sich über die Wasserfälle. Fotowut bricht aus und wir sind total begeistert.
Ab 21.00 Uhr werden die Fälle beleuchtet, damit die Touristen sie in allen Farben fotografieren können. Kitsch pur. Trotzdem schauen wir uns das Spektakel an.
Gleich neben den Niagara- Fällen sind die amerikanischen Niagara- Fälle, die von den Canadiern verächtlich "Yankee- Falls" genannt werden, weil sie kleiner sind und auf die amerikanische Seite gehören.
Am Abend denke ich darüber nach, wie diese Wasserfälle wohl ausgesehen haben, als der erste Mensch sie entdeckte- ohne die Touristen und Boote und Shops und Parkplätze- als alles noch Wildnis war und mitten in dieser Wildnis das Wasser tosend herunterstürzte. Es muß beeindruckend gewesen sein. Viel beeindruckender, als sie jetzt, trotz den Touristen noch waren...

Nach diesem Tag nehmen wir uns ein Hotel- Zimmer. Nija behauptet einfach daß wir ihre Kinder wären und so bekommen wir ein billiges 4- Bett- Zimmer in einem Motel am Highway in St. Cathrines. Dort übernachten wir, bevor wir noch zum "Whirlpool "fahren, einem Gebiet in Niagara on the Lake, in dem der Fluß eine so starke Biegung macht, daß das Wasser kurzfristig rückwärts fließt ! Da kann man dann mit einer Gondel darüber hinweg schweben und alles von oben sehen- wenn da nicht tausende Touristen wären, die eine Wartezeit von 5 Stunden verursachen). Danach treten wir die die 600 km der Heimreise an.

Gleich neben den Wasserfällen haben findige Touristen- Vereine eine Gegend gegründet, die aussieht, als wäre man in Las Vegas. CLIFTON HILL- TOURIST AERA : Hier gibt es Spiel- Casinos und Leuchtreklamen, Riesen- Fernseher auf der Straße, Musik, Kitsch und Hotels, Horror- Häuser und so weiter... (Man fährt da mit dem Auto durch und meint, man wäre plötzlich in einer anderen unrealistischen Welt...
Kaum verlässt man die "Tourist Aera" kommt man von einem Haus zum anderen wieder in normales Gebiet- die Häuser sind wieder klein und un- beleuchtet, normal und unauffällig. Wir können nicht mal mehr lachen darüber... Wir finden es abartig...

12. Tag :
Heimfahrt von Niagara on the Lake nach Marmora.
Wir landen prompt in der "Rush Hour" in Toronto, und brauchen für 20 Kilometer etwa 4 Stunden.
Während ich vor Rückenschmerzen kaum noch sitzen kann und die Hitze uns dazu veranlasst, die Schiebetür des Van`s mitten auf der Autobahn zu öffnen ( an Abgase denkt hier sowieso keiner mehr), sehe ich immer wieder bewundernd Leuten zu, die fröhlich in ihren Autos singen, Bücher lesen, oder telefonieren, malen oder schreiben, oder andere Tätigkeiten verrichten, während sich die Menge im Schneckentempo vorwärts bewegt. Keiner drängelt, jeder hält Abstand, keiner dreht durch, so wie bei uns auf der Autobahn. Jeder ist den Stau gewöhnt, jeder ist ruhig und gelassen- es wird geflirtet und gelacht. Ich entschließe mich daraufhin, die Leute in den anderen Autos zu fotografieren und so haben wir jede Menge Spaß dort.
Über uns ein großes Schild mit der Aufschrift "STAY ALIVE!"- sehr ermutigend !

Unterwegs halten wir an einer Stelle, wo einst einige Weiße zwei Hasen hatten. BIG APPLE heißt der kleine Ort. Die Hasen kamen ihnen aus und seither gibt es hier eine Hasen- Plage. Es gibt abertausende Hasen hier, überall- am Friedhof, auf der Straße, in den Gärten und Feldern. Einfach genial....

13. Tag :
Wir erholen uns vom Streß des letzten Tages und Nachts um Mitternacht werde ich von Nija und Augiak und Sonja zum Geburtstag überrascht- mit Geschenken und einem Geburtstags- Ständchen. (Nija holt aus dem Kühlschrank mein Geburtstags- Geschenk- eine Flasche Bayleys- Ich bin total verlegen weil ich weiß, daß sie Alkohol nicht ausstehen kann. Und ich hatte auch gar nicht damit gerechnet, daß jemand weiß, wann ich Geburtstag habe ! Sonja hat eindeutig gepetzt und so schimpfe ich sie Nachts noch.
Von Augiak bekomme ich eine kleine geschnitzte Walroß- Figur, die er selbst geschnitzt hat. Sie ist wunderschön. Nija schenkt mir noch einen "Rucksack Guide" und alle umarmen mich und fotografieren wie wild...
Nachdem wir gefeiert haben, will ich unbedingt meine Wölfe heulen hören, und so gehen wir wieder auf die Terasse und heulen laut in die Nacht rein. Augiak läßt die Video- Kamera laufen, weil er die Antwort der Wölfe für mich aufnehmen will. Dann lauschen wir- und bekommen Antwort von Moritz, Nijas Kater, der ein entrüstetes "Miau" hören lässt. Wir kichern und lachen noch lange darüber.

Letzter Tag vor dem Abflug :
Wir fahren Richtung Montreal, lassen unsere letzten Fotos noch dort entwickeln und machen uns auf den Weg nach Sainte Agatha, wo wir einen Freund von Augiak in den "Laurentides" besuchen wollen.
Das sind Berge in der Nähe von Quebec.
Jim, der Freund von Augiak lebt zur Zeit dort in der Wildnis.
Mit ihm gehen wir um 2.00 Uhr Nachts
( nach einer irrsinnig langen Autofahrt- bis wir ihn gefunden haben ) noch Pizza essen, übernachten dann bei ihm, am nächsten Morgen spielen wir noch mit seinem Hund "Coco" und besuchen einen großen Biber- Staudamm in der Nähe seines Hauses.
Danach fahren wir nach Dorval- unserem Flughafen entgegen.
Am Flughafen dann Tränen, Umarmungen und das Versprechen, daß wir bald wieder kommen. Was Nija und Augiak nicht wissen: Ich hab ihnen noch zu Hause bei ihnen einen Abschieds- Brief geschrieben und einige Wochen später bedanken sie sich heulend am Telefon dafür. Was ich nicht weiß: Auch Nija hat schon als wir zu ihnen kamen ein Paket nach Österreich geschickt, mit Prospekten und Geschenken und Büchern von allen Orten, die wir in Canada gesehen hatten. Auch ich heule später am Telefon... Sonja und ich müssen während des ganzen Fluges gegen die Tränen kämpfen und sprechen kaum miteinander.
Dann 5 Stunden Zwischenstop in Frankfurt, weiter nch Salzburg und nach 2 Stunden Autofahrt in Österreich sind wir wieder zu Hause.

Als ich heim komme bin ich alleine, denn mein Mann ist auf einer Geburtstags- Feier. Auf dem Tisch steht ein Blumenstrauß, die ganze Wohnung ist geputzt und ich finde ein Paket, mit Nijas Absender, das ich gleich öffne. Drinnen finde ich einen Brief, in dem sie schreibt :
"Liebe Sonja, wenn Du dieses Paket findest bist Du bereits wieder zu Hause. Hier sind noch einige Andenken an Canada für Dich, wir lieben Dich, Augiak und Nija."
Im Umschlag finde ich einen großen Bildband über Canada, in dem viele der Orte zu finden sind, die wir gemeinsam gesehen haben. Einige Postkarten, ein Holz- Paddel mit Inuit- Aufschrift und Aufnäher.
Wenige Tage später läutet das Telefon und Nija ist dran:" How are you ? Wir vermissen Dich already, wir haben gerade Deinen letter gefunden, den Du für uns im Wohnzimmer hingelegt hast, jetzt hat Du uns auch noch zum weinen gebracht ! Wann kommst Du wieder ?"

Und einige Wochen später meldet sie sich wieder und teilt mir mit: "Wir hatten gerade einen Blizzard, innerhalb von 2 Stunden gab es 90 cm Schnee, und wir haben minus 30° Celsius!"
Nun ist meine nächste Reise vorerst im wahresten Sinne des Wortes "auf Eis gelegt", und es heißt erstmal Abwarten und Tee trinken.

Sonja
 
ich hab wenn ich so zurückdenke eigentlich nur gute dinge in erinnerung. :) das mit dem flugzeug war schnell vergessen. viel eindrücklicher waren die wölfe oder der algonquin park. :)

alles liebe, sonja
 

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ja ich muss ja auch drauf schauen, dass ich so viel wie möglich in mein menschenleben reinquetsche. angenommen wir würden doch nur EINMAL leben, dann geht rumlungern und nixtun überhaupt gar nicht! *lach*
:)

liebe grüße und es freut mich, dass euch der bericht gefällt! (und dass sich überhaupt jemand die mühe macht ihn wirklich zu lesen!)
 
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