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Ausstellung „Reiternomaden in Europa“ in der Schallaburg /Niederösterreich

dolasilla

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So wirklich viel erhofft hab ich mir von der Ausstellung eh nicht, doch meine sowieso schon eher geringen Erwartungen wurden leider unterboten.

Es waren Sätze wie „Die frühmittelalterlichen Reiternomaden waren mehr als brandschatzende Völker“ und „Wie sahen sich die Reiternomaden des frühen Mittelalters selbst“, die mir in der Bewerbung der Ausstellung aufgefallen waren und die mich neugierig gemacht hatten, denn darüber hätte ich wirklich gern etwas gelernt. Ich hatte gehofft, Näheres darüber zu erfahren, vielleicht ähnlich wie bei den Wikingern, die auch eine halbe Ewigkeit nur als plünderndes und mordendes Volk dargestellt wurde – und doch weitaus mehr als das waren.

Doch genau das fehlte leider bzw. wurden diese Themen nur sehr flüchtig gestreift.

Die Begleittexte in der Ausstellung waren überaus schlicht geschrieben und wiederholten sich auch zigmal. Der Schreibstil war sehr flapsig (war wohl lustig gemeint) und sollte damit wohl vor allem ein Publikum bedienen, das sich nicht groß mit wissenschaftlichen Texten aufhalten mag. Ich hingegen hätte ich mir mehr Sachlichkeit und „Wissenschaftlichkeit“ gewünscht.

Heutzutage wird praktisch jede Ausstellung als Familien-Event (Stichworte: Museumspädagogik und Familienprogramm) beworben und danach ausgerichtet. So war es dann auch: Kleine Buben, ausgestattet mit Plastikhelmen und Plastikschwertern, die ihre Eltern offenbar zuvor im hiesigen Museumsshop gekauft hatten, rasten tobend und laut kreischend durch sämtliche Ausstellungsräume. Vielleicht bin ich da altmodisch, doch ich finde, ein Museum ist kein Kinderspielplatz.

Immerhin ein Objekt in der Ausstellung fand ich interessant und allein deswegen hatte sich der Besuch der Ausstellung für mich dann doch gelohnt: Eine Tonscherbe (oder ein Ziegel?), in dem eine Frauenfigur graviert bzw eingeritzt war (deutlich zu erkennen an den Brüsten) wurde als „Schamane“ deklariert. Da musste ich dann wirklich herzlich lachen!

Wirklich geärgert habe ich mich über den Museumsshop: Überall Helme, Schwerter, Lanzen, Schilder (alles aus Plastik) und andere Kriegsgeräte – damit die lieben Kleinen schon früh lernen, was wirklich wichtig ist im Leben: Krieg zu führen und wie man andere Menschen abschlachtet. Ich finde das schlichtweg entsetzlich.

Im letzten Raum gab es dann Tablets, auf denen man sich diverse Interviews von WissenschafterInnen und deren Forschungen anhören konnte. Das fand ich sehr interessant und da hätte ich mir sehr gerne was angehört. Leider war das nicht möglich, weil im selben Raum zwei kleine Buben mit Helmen, Schildern und Schwertern bewaffnet, lautstark grölend Krieg spielten.
 
Liebe Dolasilla, wirklich schade deine Enttäuschung. Auch ich erlebe manches ähnlich und werde dann als altmodisch bezeichnet. Gegen eine gute
Museumspädagogik ist nichts einzuwenden. Leider werden in den shops oft Dinge angeboten, die gar nicht zum Thema passen, natürlich das Museum mitfinanzieren sollen. Kindern könnte man z.B. anbieten etwas kreativ zu sein (Töpfern o.ä.)- zum Toben bitte ein extra Raum und die ernsthaft
interessierten BesucherInnen nicht stören. Zu wissenschaftliche längere Texte wollen, oder können, die meisten nicht lesen. Es ist auch Sache der
Eltern, sie sollten erst zum Schluß im shop etwas kaufen. Gibt es denn dort keine extra Kinder- oder Familienführungen? Natürlich wird es den
Kindern oft langweilig, je nach Alter. - Wünsche Dir nun positivere Erlebnisse und sende viele Grüße!-Ulrike
 
A Gallery talk von Andrea Fraser anschauen. Es geht zwar um ein Kunstmuseum, aber sie hat vor Jahrzehnten schon einiges aufgegriffen. Eben auch das unvermeidliche Museumshop
 
Liebe Ulrike,
mich hat auch sehr geärgert, dass in den Beschreibungstexten der Ausstellung unglaublich oft die Bezeichnungen "Eliten" und "Helden" vorkamen. Allein in einem einzigen Raum kam das Wort "Held" achtmal (!) vor (z.B. "die Geburt eines Helden" u.ä.) . Als ob es nicht schon genug"Helden" und "Eliten" gäbe...

Abgesehen davon verstehe ich auch nicht, warum Erwachsene kleine Kinder in Ausstellungen wie diese mitschleppen. Das Thema "Reiternomaden in Europa" ist für Fünfjährige (und auch ältere Kinder) wohl kaum interessant. Dass ihnen da fad ist, versteh ich durchaus.

Wohl deswegen konnten Kinder im Rahmen der Ausstellung etwas suchen (und auch finden). Das Gesuchte war "natürlich" ein Schwert! Da frag ich mich schon, ob das wirklich notwendig ist? Ich meine, man hätte sie ja auch nach etwas weniger Heroischem suchen lassen dürfen, z.B. ein Perlenarmband (so etwas gab es in der Ausstellung nämlich auch zu sehen). Die nomadischen Reitervölker (die Hunnen, Awaren, Bulgaren und Ungarn) haben nämlich auch sehr schönen Schmuck angefertigt.

Im Museumshop dann wie schon geschrieben: Da gab es Schilder, Schwerte, Helme, Lanzen u.a. Kriegsspielzeug zu erwerben, was offensichtlich von den Eltern auch gern gekauft und in der Ausstellung von den Buben sofort genutzt wurde.

Wer kleine Buben schon frühzeitig lehrt, dass Krieg einfach ein vergnüglicher Zeitvertreib ist, darf sich nicht wundern, wenn sie das lustige Spiel, sobald sie erwachsen sind, auch in die Realität umsetzen.

Liebe Grüße,
Dolasilla
 
Liebe Dolasilla, ein Besuch im Dortmunder Naturkundemuseum machte immer Spaß (ein positives Beispiel), auch Kindergeburtstage mit Grundschulkind. Zum Schluß durften sich die Kinder einen kleinen Halbedelstein aussuchen und als "Schatz" mit nach Hause nehmen.
Genügt so etwas heuer nicht mehr? - Kinder können auch Holzperlen zu Ketten und Armbändern auffädeln, dies spricht allerdings vielleicht
eher die Mädchen an. Ich bin aber keine Museumspädagogin, da es heuer regelrecht dieses Berufsbild gibt, müßten sich die Museen da
etwas einfallen lassen. Wenn kein Geld dafür vorhanden ist-kann man z.B. auch Heimatvereine vor Ort einbinden (dies oft Ehrenamtliche).
Na, was machen wir uns Gedanken ... Dir viele Grüße von Ulrike (unser Heimatmuseum ist schon 5 Jahre geschlossen, dort war ich auch viele
Stunden ehrenamtlich "unterwegs")
 
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