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Altes Maß: Staar

baru

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Grüß euch!

Beim Korrekturlesen kam mir Folgendes unter:
Da heißt es in einem Märchen ".... er nahm ein großes Leintuch, leerte sechs Staar Türkenmehl hinein ..."
Es muss sich um ein verhältnismäßig großes Hohlmaß handeln; ich hab den Ausdruck noch nie gehört, auch beim Lesen älterer Bücher bin ich nie darauf gestoßen und in den versch. Mundartwörterbüchern auf sagen.at konnte ich auch nichts finden.

Und weil ich grad beim Fragen bin: An einer anderen Stelle steht zu lesen "...lag der Wolf im Bett und gnaf - verschlang er sie." (die alte Frau)

gnaf - ebenfalls nie gehört; würde W. Busch vielleicht "schwuppdiwupp" o.ä. sagen?

Wäre interessant, wenn jemand etwas darüber wüsste!
 
Hallo Baru,

das ist ein interessanter Fund!
Beim "Staar" dürfte es sich um ein österreichisches Hohlmaß handeln.

Der Volkskundler Ludwig von Hörmann definiert das "Staar":

"Im Pustertale gibt man dem Meßner 20 Staar (1/7 bayerische oder 1/2 Wiener Metzen) Gerste."

Quelle: Wetterläuten und Wetterschießen in: Ludwig von Hörmann, Tiroler Volksleben, Stuttgart 1909. S. 121 - 127.


Hier braucht es jetzt allerdings Kenntnis von der Metze:

"Metze, in Süddeutschland der Metzen, früheres Hohlmaß zu 1/16 Scheffel, in Preußen = 3,43 l, in Sachsen = 6,49 l, in Bayern zu 1/6 Schäffel oder Schaff = 37,06 l, in Österreich zu 1/30 Muth = 61,49 l, in Ungarn = 62,53 (Preßburg) und 93,79 (Pest) l."
Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, 1911


Weitere Definition:

"Man sagt auch dort geradezu, wenn man von einem guten Roggen sprechen will: er hat "Tennmaß", d. i. soviel wie eine "Mutt" oder anderthalb Staar abgegeben."

Quelle: Ernte und Erntegebräuche in: Ludwig von Hörmann, Das Tiroler Bauernjahr, Jahreszeiten in den Alpen, Innsbruck 1899, S. 59 - 73.



Wolfgang (SAGEN.at)
 
Hallo Wolfgang!

das ist ein interessanter Fund!
Jå! Und in meiner Ungeduld hab ich doch noch den google bemüht bin auf einer ganz interessanten Tiroler Seite (Werner Kopp aus Hall i.T. - womöglich kennst ihn eh) fündig geworden (und die letzte Stunde dort hängen geblieben): http://www.similaun.net/geld.htm
Wenn man ein bissl nach unten scrollt, stößt man auf "Star" (ca. 30 1/2 l), und noch viele alte Tiroler Maße - hochinteressant!
 
Zum alten Maß "Metzen" kenn ich auch noch einen Bezugspunkt:

Auf dem Marktplatze Feldbachs steht als bedeutendes Denkmal zur Wirtschaftsgeschichte der Steinerne Metzen, das Mustermaß der Hohl-, besonders Getreidemaße für eine weite Umgebung, die sämtlich ihre Schaffel nach dem weitbekannten „Feldbacher Maß“ eichte.
(kopiert aus: Google - Feldbach - Geschichte)
Bei Interesse könnte ich noch nähere Angaben (Fotos) nachholen.
far.a
 
baru schrieb:
"...lag der Wolf im Bett und gnaf - verschlang er sie." (die alte Frau)

gnaf - ebenfalls nie gehört; würde W. Busch vielleicht "schwuppdiwupp" o.ä. sagen?

Wäre interessant, wenn jemand etwas darüber wüsste!

Grüß Euch,

ich muß mal noch meine (älteren) Geschwister fragen, aber in meiner Kindheit (1956/1962) hörte ich hier in Oberösterreich den Ausdruck "gnaf gnaf" glaub ich im Zusammenhang mit "spotten" oder "nicht ernst nehmen" oder "falsch verstanden und dumme Antwort ":
also wenn einer was antwortete, was irgendwie nicht zur Frage/zum Thema paßte oder Unsinn war, wurde er mit "gnaf gnaf" (im Sinn von "schnicksschnack", "blabla" etc.) nachgespottet und damit auf den Fehler hingewiesen ... in diesem Zusammenhang fällt mir ein und auf, dass es immer "ranghohe" Kinder waren, die "rangniedrige" so bloßstellten, also "hinschnappten" ... und vielleicht wär hier eine Verbindung zu "knaufen" (nörgeln, keifen ... ="verbales Schnappen" - bei alten Semestern oft noch mit "erzieherischer Handgreiflichkeit" wie kleinem korrigierendem Stoß oder zurückhaltendem Zwicken - kneifen - verbunden) herzuleiten?

...also: "... und gnaf=schnapp, verschlang er sie...."

Ist nur so eine Idee (knaf knaf?) und sollte natürlich ein Sprachkundler drüberschauen ;-) ...

Norbert aus'm Steyrtal
 
Noch was zum Feldbacher Metzen:
Ich werde versuchen, so bald wie möglich nach Feldbach zu kommen, um ein originales Foto zu schießen und einige Fakten zu eruieren (Hohlmaß ca. 61,5 Liter, ...).
Im Internet habe ich einen weiteren Metzen in Rastenfeld / Ottenstein im Waldviertel gefunden. Vielleicht kann jemand den genauer unter die Lupe nehmen?!
LG far.a
 
Der Steinerne Metzen von Feldbach
Ich war heute (15.12.2007) in Feldbach, der "Steinerne Metzen" ist leider (witterungsbedingt) geschützt (mit einer Holzschalung verbaut).
Wenn er im Frühjahr wieder frei dasteht, werde ich ein Originalbild nachschießen.
Nach meinen Informationen beträgt das Feldbacher Metzenvolumen ca. 61,5 Liter.
far.a
 
Hallo far.a,

das ist schade, wenn man extra zur Dokumentation anreist und dann ist das Objekt verpackt.

Ist mir übrigens auch mal so gegangen: ich war auf einer Forschungsfahrt nach Paris im Winter begleitend mit, dann war auch das gesuchte Objekt der Begierde (eine Statue) auch winterfest eingepackt... :smi_mitha

Wolfgang (SAGEN.at)
 
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